Eine gesicherte Stromzuführung schützt Patienten und Pflegende.

Eine gesicherte Stromzuführung schützt Patienten und Pflegende.Schurter

Mediziner setzen heute eine Vielzahl elektrischer Geräte ein. Von diesen Apparaten darf weder im normalen Betrieb noch im Fehlerfall eine Gefährdung für Patienten oder das pflegende Personal ausgehen. Ein Kurzschluss oder Fehlerstrom kann vorgeschaltete Schutzelemente auslösen und so andere, möglicherweise lebensnotwendige Apparate ausschalten. Deshalb hat die Stromversorgung einen besonderen Stellenwert. Geeignete Gerätestecker-Kombielemente sind gemäß den Bauelementenormen geprüft und so dürfen die Hersteller sie in die meisten Geräte ohne weitere Prüfung einsetzen. Weitergehende Anforderungen bezüglich Sicherheit sind in der Grundnorm für Medizingeräte IEC/UL 60601-1 definiert. Daneben gibt es für jede Gerätekategorie eine Vielzahl von spezifischen Anforderungen gemäß IEC 60601-x-xx. Diese IEC-Normen sind mit UL harmonisiert, somit gelten die gleichen Anforderungen auch für Geräte in Nordamerika.

Stromzuführung und Sicherungshalter

V-Lock-Verriegelungssystem mit US-amerikanischer Hospital-Grade-Kabelverbindung.

V-Lock-Verriegelungssystem mit US-amerikanischer Hospital-Grade-Kabelverbindung.Schurter

Medizingeräte können direkt oder mittels eines steckbaren Netzkabels angeschlossen sein. Eine solche Steckverbindung muss der Norm IEC 60320 entsprechen. Je nach Anwendung empfiehlt es sich, eine Vorrichtung zum Schutz vor unbeabsichtigtem Ausziehen der Gerätesteckdose vorzusehen. Das System V-Lock von Schurter zum Beispiel ist eine Alternative zu gängigen Lösungen mit Sicherungsbügeln. Bei V-Lock rastet die Steckdose mit einem Nocken in die dafür vorgesehene Öffnung im Gerätestecker ein und verhindert so ein unbeabsichtigtes Ausziehen des Netzkabels. Bei diesem System muss der Medizingerätehersteller keine gerätesteckdosenspezifischen Bügelsysteme adaptieren und montieren. Schurter liefert daher verschiedene Gerätekabel mit oder ohne V-Lock für verschiedene Länder. Für Nordamerika empfiehlt sich die Verwendung eines Kabels mit „Hospital Grade“.

Eckdaten

Um weder Patient noch Pflegenden zu gefährden, gelten für Medizingeräte verschiedene Normen. Die Grundnorm ist die IEC/UL 60601-1. Auch gemäß IEC 60601-x-xx müssen Entwickler und Hersteller verschiedene Anforderungen berücksichtigen. Steckverbindungen wie die der steckbaren Netzteile unterliegen der Norm IEC 60320. Um vor unbeabsichtigtem Abziehen der Gerätesteckdose zu schützen, hat Schurter das System V-Lock entwickelt, bei der die Steckdose mit einem Nocken in die dafür vorgesehene Öffnung im Gerätestecker einrastet. Auch bei Sicherungshaltern, Geräteschutzschaltern und Netzfiltern sind die Produkte speziell für die Medizinelektronik angepasst.

Permanent installierte medizinische Geräte verfügen über eigene Sicherungen, welche bei einem Fehler in diesem Gerät verhindern, dass der Leitungsschutzschalter anspricht und weitere, unter Umständen lebenserhaltende Apparate, von der Stromversorgung trennt. Die Gerätehesteller müssen sicherstellen, dass der spannungsführende Polleiter durch eine Sicherung geschützt ist. Einige Stromverteilungsnetze sind aber nicht polarisiert, was bedeutet, dass der Netzstecker sich so einstecken lässt, dass der Spannung führende Leiter auf dem linken oder rechten Pol des Gerätesteckers sein kann. Aus diesem Grund sichern Gerätesicherungen den Neutralleiter ab, was keinen Schutz vor einem Kurzschluss gegen Erde ergibt. Deshalb empfiehlt sich ein zweipoliger Sicherungshalter, bei welchem sichergestellt ist, dass er nur von befugten Personen entfernt oder ausgewechselt werden kann. Da die Grundnorm für Medizingeräte IEC/UL 60601-1 vom Sicherungshalter verlangt, dass sie nur mithilfe eines Werkzeugs geöffnet werden können, bietet Schurter hierfür die Sicherungsschublade „Extra-Safe“ an.

Gehäuseschutzschalter und Netzfilter

Eine wichtige Funktion kommt dem Netzschalter am Stromeingang zu. Wie bei den Sicherungshaltern muss gewährleistet sein, dass das Gerät nach dem Ausschalten komplett vom Netz getrennt ist. Wird in einem nicht polarisierten Stromverteilnetz nur ein Pol unterbrochen, könnte das Gerät noch unter Spannung stehen. Deshalb ist ein Schalter vorzuziehen, der die Stromzuführung zweipolig trennt, so wie der Geräteschutzschalter TA35 mit antibakterieller Schutzhaube und transparenter Schutzabdeckung. Er ist sowohl wasser- als auch staubdicht gemäß Schutzart IP65 und gegen übliche Reinigungs- und Desinfektionsmittel resistent.

Ein zentrales Schutzelement ist der Netzfilter. Er schützt das Gerät vor HF-Störungen von außen und reduziert die vom Gerät ausgesandten HF-Störungen. Ein Netzfilter ist oft nötig, um die EMV-Normen für die CE-Deklaration zu erfüllen. Da die Netzfilter dauernd unter Spannung stehen können, sind sie strengen Anforderungen unterworfen bezüglich Ableitströmen, Kondensatoren und der Spannungsfestigkeit.

Ableitströme und Kondensatoren

Kondensatoren, die im Netzfilter zwischen Polleiter und Erde verdrahtet sind, nennt man Y-Kondensatoren. Sie verursachen einen der Kapazität und Netzfrequenz entsprechenden Ableitstrom gegen Erde. Dieser Fehlerstrom kann, wenn er zu groß wird, das Fehlerstromschutzelement FI auslösen und damit die Stromversorgung abschalten. Deshalb dürfen die berührbaren Ableitströme für medizinische Geräte unter normalen Bedingungen nicht größer als 100 µA sein, für Geräte mit direkten Patientenkontakt sogar nur 10 µA. Deshalb haben Netzfilter für medizinische Geräte keine Y-Kondensatoren, was einen maximalen Ableitstrom von 5 µA ergibt, oder nur sehr kleine Y-Kondensatoren, wie 470 pF, was einen maximalen Ableitstrom von 80 µA ergibt. Dabei ist zu beachten, dass weitere Bauteile im Gerät einen Ableitstrom verursachen können. Es muss immer der Ableitstrom für das ganze Gerät gemessen werden.

Die in den Netzfiltern verwendeten Kondensatoren müssen strenge Kriterien erfüllen. Sie sind direkt zwischen den spannungsführenden Leitern (X-Kondensatoren) oder zwischen den spannungsführenden Leitern und Erde (Y-Kondensatoren) verdrahtet. Auch sind sie ohne weiteren Schutz dauernd unter Netzspannung. Gängige Gerätenormen wie die IEC 60950 (IT-Geräte) verlangen für Kondensatoren zwischen Pol- und Neutralleiter mindestens Klasse X2 und für Kondensatoren zwischen Pol-/Neutral- und Erdleiter mindestens Klasse Y2: Für medizinische Geräte ohne direkten Patientenkontakt (MOOP, Means of Operator Protection) reichen Kondensatoren der Klasse Y2 gegen Erde, für Geräte mit direktem Patientenkontakt (MOPP, Means of Patient Protection) sind Y1-Kondensatoren erforderlich.

Kondensatoren speichern Energie entsprechend ihrer Kapazität. Zieht man das Kabel aus dem Gerätestecker, ist an den Anschlussstiften noch die gespeicherte Spannung aus dem X-Kondensator vorhanden. Diese kann bei Berührung zu einem elektrischen Schock führen. Medizinische Geräte mit steckbarem Netzanschluss dürfen deshalb eine Sekunde nach dem Ausstecken der Zuleitung maximal 60 V an den berührbaren Steckkontakten haben. Um dies zu erreichen, wird zwischen Pol- und Neutralleiter ein Entladewiderstand geschaltet. Dieser entlädt den Kondensator in kurzer Zeit.

KFA: Kompakter Gerätestecker-Netzfilter mit Erdleiterdrossel.

KFA: Kompakter Gerätestecker-Netzfilter mit Erdleiterdrossel.Schurter

Spannungsfestigkeit

Für medizinische Anwendungen sind erhöhte Spannungsfestigkeiten erforderlich. Dabei sind die Spannungsabstände ein wichtiges Sicherheitsmerkmal. Die Grundnorm für Medizingeräte IEC/UL 60601-01 verlangt Luft- und Kriechstrecken von mindestens 3 mm zwischen spannungsführenden Teilen unterschiedlicher Polarität und 4 mm zwischen spannungsführenden Leitungen und Erde. Zu beachten ist hier, dass verschiedene UL-Normen kleinere Abstände als die IEC-Normen erlauben. Schurters Gerätestecker sowie Kombielemente mit und ohne Filter erfüllen die IEC-Anforderungen. Hersteller können sie daher ohne weitere Prüfung in der Medizintechnik verwenden.

5008: Kompakter C8-Gerätestecker mit EMV-Netzfilter der Schutzklasse 2.

5008: Kompakter C8-Gerätestecker mit EMV-Netzfilter der Schutzklasse 2.Schurter

Neben den Luft- und Kriechstrecken müssen Entwickler zusätzlich auf die inneren Spannungsabstände der Filter achten. Diese können sie gemäß der Grundnorm für Medizingeräte teilweise reduzieren, wenn der Filter vergossen ist. Als Sicherheitsprüfung sieht die Grundnorm außerdem einen Hochspannungstest von 1,5 kVAC zwischen L und N, sowie zwischen L/N und Erde vor. Da Kondensatoren bei Hochspannungstests Schaden nehmen könnten, dürfen Entwickler sie entfernen, sofern sie nach IEC 60384-14 geprüft sind. Alle in Filtern von Schurter eingesetzten Kondensatoren sind nach dieser Norm geprüft und somit ist kein zusätzlicher Hochspannungstest nötig. Alle Filter des Schweizer Herstellers sind nach der Fertigung einem Hochspannungstest unterzogen. Filter der Schutzklasse 2, die in Medizingeräten für den Heimbereich eingesetzt werden und keine Anschlussleitungen ohne Schutzleiter haben, prüft Schurter mit 4 kVDC.

Herbert Blum

ist Product Manager bei Schurter in Luzern.

(jck)

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Werkhofstrasse 8-12
6002 Luzern
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