Adwin-Systeme eignen sich mit ihrem Echtzeit-Prozessor dazu, Simulink-Modelle auszuführen. Denn in den aktuellen Adwin-Gold-II- und Adwin-Pro-II-Geräten sorgt der Signalprozessor Tigersharc TS101S von Analog Devices für eine hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit. Mit den Ein- und Ausgabeschnittstellen, die nahtlos und ohne wartungsaufwendige Treiber an die CPU gekoppelt sind, kann der Anwender die Rechengeschwindigkeit voll ausnutzen. Die Echtzeitsysteme lassen sich mit ihren schnellen und genauen analogen Ein- und Ausgängen, Digital-I/Os, multifunktionalen Zählereingängen, SSI-Eingängen, PWM-Ausgängen, CAN, LIN und Ethercat flexibel an die jeweilige Aufgabe aus den Bereichen Regel-, Mess- und Steuerungstechnik anpassen. Für schnelleren Zugriff auf die Ein- und Ausgänge und für die komfortable FPGA-Programmierung kommt der integrierte Tico-Prozessor (Timing Controller) zum Einsatz. Zwischen dem Tico-Prozessor und dem Simulink-Modell lassen sich Daten über vordefinierte globale Variablen austauschen. Das Laden von Simulink-Modellen und die Kommunikation zwischen laufendem Modell und PC erfolgen über die Ethernet-Schnittstelle und den Adwin-Treiber. Durch den optionalen Bootloader ist der Betrieb auch als PC-unabhängiges System möglich.
Reglerentwicklung und Prüfstandssimulation
Bei der Entwicklung von Prüfständen ermöglicht ein Anlagenmodell in Simulink dem Anwender, alle Systemfunktionen zu untersuchen, bevor das reale System aufgebaut ist. Das Gesamtmodell lässt sich dazu in Untersysteme gliedern, die klar abgegrenzte Teile wie den mechanischen Prüfstandsaufbau oder die Regelung darstellen. Nach einer erfolgreichen Simulation der aufwendigen Mechanik mit ihren komplexen Bewegungen auf dem PC werden die Signallinien zwischen den Modellteilen aufgetrennt. Aus dem in Adsim enthaltenen Adwin-Blockset wählt der Anwender die Blöcke für die analogen und digitalen Ein- und Ausgänge der Adwin-Systeme aus und ordnet sie den physikalischen Schnittstellen der Teilmodelle zu. Die Signalverbindungen werden daraufhin extern zwischen den Ein- und Ausgängen hergestellt.
Technik im Detail
Model-Based Design
Im Rahmen der modellbasierten Entwicklung erstellen Ingenieure auf dem PC mathematische Beschreibungen von physikalischen Systemen, Regelalgorithmen oder Programmabläufe für Kommunikationsprotokolle. Anwendungsschwerpunkte sind die Automobilindustrie, die Luft- und Raumfahrttechnik, die Verfahrenstechnik und der Testsystembau für automobile Komponenten. Die Vorteile dieser Entwicklungsmethode liegen in der Wiederverwendbarkeit von bestehenden Modellen, dem Vorabgewinn von Systemkenntnissen, der Lesbarkeit der Algorithmen und der einfachen Modularität. Die Simulation des Modells auf dem PC erreicht jedoch ihre Grenzen, wenn der Bezug auf ein physikalisches System gefordert ist. Zum Testen des Modellverhaltens unter Echtzeitbedingungen ist der Einsatz von eigenständigen und mit einem eigenen Prozessor ausgestatteten Geräten unverzichtbar.
Mit nur einem Klick im Modell startet der komplette Ablauf aus C-Code-Generierung, Kompilierung, Laden und Starten des Modells auf dem System. Die integrierte Oberfläche Adsimdesk stellt die Modellhierarchie als Baumstruktur dar und zeigt den Verlauf der Kompilierung, die mittlere CPU-Auslastung und die maximale Ausführungszeit des Modells an. Für schnelles Entwickeln, Debuggen und die einfache Visualisierung lassen sich aus der Baumstruktur per Drag-and-Drop die Parameter, Signale und globalen Adwin-Variablen den Anzeigeelementen zuordnen.
Singletasking, Multitasking oder Multirate
Im Standardfall laufen die Simulink-Teilmodelle für Regler und Prüfstand im Singletasking-Modus mit gleicher Abtastrate, hoher Priorität und exaktem Timing auf dem System. Falls Regler- und Prüfstandsmodell unterschiedliche Abtastraten aufweisen, werden sie in Form eines Multiraten-Modells zu den jeweils erforderlichen Zeitpunkten präzise ausgeführt. Darüber hinaus unterstützt Adsim das Multitasking in Modellen und ermöglicht das Auslagern von selten ausgeführten aber rechenintensiven Modellteilen in einen unterbrechbaren Programmabschnitt mit niedriger Priorität. Sowohl im Single- als auch im Multitasking-Modus können Parameter, Signale oder Teile des Modells bei der Kompilierung wahlweise im internen oder externen Programmspeicher der Systeme platziert werden. Bei großer Komplexität bietet sich der Einsatz eines Systems für jedes Teilmodell an.
Freie Wahl für eigene Bedienoberflächen
Die effizienteste Lösung für komfortables Bedienen, Visualisieren und Parametrieren der Modelle ist es, eine eigene Bedienoberfläche auf dem PC zu erstellen. Grafische und numerische Anzeigeelemente, Start/Stopp-Funktionen, Laden und Speichern von Setups und die Archivierung von Mess- und Auswertedaten können exakt so definiert werden, wie sie für die Aufgabenstellung erforderlich sind. Die kompilierten Simulink-Modelle laufen dabei auf der Hardware, ohne dass Matlab/Simulink oder Adsimdesk geöffnet sein müssen. Die Kommunikationsschnittstelle tauscht über die globalen Adwin-Variablen Daten zwischen Oberfläche und Modell aus. In Verbindung mit dem zusätzlichen Adsim-Treiber ist auch der direkte Zugriff auf die Parameter und Signale des Modells möglich. Für die schnelle Realisierung bieten sich die in Adwin enthaltenen Adtools an. Bei der Interaktion mit dem laufenden Modell leisten die kleinen Hilfsprogramme durch ihre Parametrierbarkeit ohne Programmieraufwand praktische Dienste.
Für umfangreichere Bedienoberflächen kann der Anwender alle gängigen Messdatenerfassungs-Programme, Skriptsprachen oder Programmierumgebungen einsetzen, wie Matlab mit Guide, Visual Studio, Labview, C/C++, Delphi, Diadem, Java und Python. Die Kommunikation ermöglicht außerdem den gleichzeitigen Zugriff von mehreren Bedienoberflächen auf das laufende Modell. Parallel zu einer bestehenden Oberfläche lässt sich beispielsweise zu Testzwecken eine temporäre Bedienung über die Adtools oder den Adwin-Matlab-Treiber realisieren.
Volker Hermann
Norbert Siegel
(mf)