Andreas Kraus (Kraus Hardware), Thomas Mückl (Zollner Elektronik), Andreas Türk (Göppel Electronic), Marisa Robles (Productronic), Carsten Salewski (Viscom) und Olaf Römer (ATEcare).

Die Experten der Podiumsdiskussion (v.l.n.r.): Andreas Kraus (Kraus Hardware), Thomas Mückl (Zollner Elektronik), Andreas Türk (Göppel Electronic), Marisa Robles (Productronic), Carsten Salewski (Viscom) und Olaf Römer (ATEcare). (Bild: Messe München)

Test und Inspektion in der Elektronikindustrie stehen im ständigen Wandel. Nicht nur die Technologien ändern sich – auch die Anforderungen. Heute kommt eine Elektronikfertigung ohne AOI und SPI gar nicht mehr aus und ist meist im Verbund mit elektrischen Prüfungen wie ICT, FP und FKT im Einsatz. Immer mehr in den Vordergrund rückt die Röntgeninspektion. Doch bei der Vielzahl an leistungsstarken Inspektionslösungen stellt sich schnell die Frage, wie sich die riesigen Datenmengen sinnvoll strukturieren und systematisch auswerten lassen, um die Fehlerraten in der Prozesskette minimieren zu können. Die von Productronic am zweiten Messetag der productronica 2019 organisierte und exklusive Podiumsdiskussion gab Antworten auf die komplexe Themenwelt der Baugruppeninspektion.

Ist 3D ein Allheilmittel?

Nach 2D und 2.5D ist die Baugruppeninspektion in 3D oft die erste Wahl. Was lang als Hype galt, hat sich gerade in den letzten Jahren als gesetzte Technologie für AOI, SPI und auch für AXI etabliert. „3D ist natürlich auch sexy“, startet Olaf Römer, die Diskussion. Der Geschäftsführer und Inhaber von ATEcare begründet dies so: „Man hat andere und bessere Darstellungsformen als früher zur Verfügung. Dadurch eröffnen sich ganz andere Möglichkeiten von hochgenauen Messungen, die wiederrum ganz clever in die Programmierung einfließen können.“

Vor allem die umfangreichen Auswertemöglichkeiten machen die 3D-Röntgentechnik attraktiv. Denn wie bereits beim 3D-AOI und vor allem 3D-SPI fließen die daraus gewonnenen Erkenntnisse beziehungsweise Auswertungen in den Fertigungsprozess zurück, sodass sich Fehler nicht nur schnell erkennen, sondern vor allem beheben lassen. Andreas Türk, Produktmanager AXI von Göpel Electronic nennt einen wesentlichen Vorteil: „Gerade bei beidseitig bestückten elektronischen Baugruppen möchte man ja ein hohes Maß an Prüfabdeckung erreichen. Da ist die 3D-Röntgentechnologie essenziell, um beide Bestückseiten sauber trennen zu können.“ Auch Pseudofehler würden sich mit der 3D-Röntgeninspektion erheblich reduzieren.

Carsten Salewski, Vorstand Vertrieb, Marketing und internationales Geschäft von Viscom, kanalisiert die 3D-Euphorie: „3D hat echte Vorteile für den Anwender, aber es ist nicht das Allheilmittel für alles.“ Nicht alles sei zweifelsfrei mit der 3D-Röntgentechnik erkennbar. Bei Polungen, Beschriftungen, Farbkontrollen oder auch Bad-Panel-Markierung punkten ganz klar AOIs, argumentiert er und merkt weiter an: „Nach wie vor haben 2D und 2.5D vor allem in den geneigten Ansichten durchaus noch ihre Existenzberechtigung. Deshalb kombinieren wir diese langjährig bewährten Technologien in unseren Systemen, um jeweils die beste Prüfstrategie anzuwenden.“

Prüfstrategien sind ein Muss

Doch was nützt eine ausgefeilte 3D-Technologie ohne passende Prüfstrategie? Mit Thomas Mückl, Vice President Global Engineering (GE) von Zollner Elektronik, war auch ein Anwender in der Expertenrunde dabei. Aus der Praxis berichtend, betont er: „Eine einseitige Leiterplatte mit simplen Bauteilen werde ich nicht über ein 3D-Gerät durchlaufen lassen.“ Damit veranschaulicht er die Notwendigkeit einer wirtschaftlich sinnvollen Prüfstrategie. „Sie muss auf die jeweiligen produktspezifischen Anforderungen abgestimmt sein. Dazu ist es notwendig, das passende Test- und Prüf-Equipment auszuwählen.“ Das erschöpfe sich nicht allein auf AOI, SPI oder AXI, sondern auch elektrische Tests müssen hier Berücksichtigung finden.

Als Geschäftsführer und Inhaber von Kraus Hardware hat Andreas Kraus nicht nur eigene Produkte im Programm, sondern bietet auch Dienstleistungen rund um die Elektronik an. Er offeriert als Testdienstleister das komplette Spektrum der optischen und elektrischen Prüftechnik. Mit dieser fundierten Expertise weiß Andreas Kraus wovon er spricht, wenn er sagt: „Es ist sehr, sehr wichtig, dass man am Anfang, also bereits bei der Produktentwicklung, sich viele Gedanken über die spätere Prüfstrategie macht. Wir haben leider sehr häufig die Erfahrung gemacht, dass sich Kunden nicht frühzeitig in der Entwicklungsphase darüber Gedanken gemacht haben, wie sie hinterher die elek-tronische Baugruppe geprüft haben wollen.“ Bereits im Layout müssten Testpunkte für elektrische Tests verankert sein und auch im Layout ist es ausschlaggebend, wie gut sich optische Testverfahren einsetzen lassen, weshalb Kraus mahnend ergänzt: „Egal wie gut ein optisches Messverfahren ist, man wird nie damit allein alle Fehler finden. Eine allumfassende Testabdeckung bekommt man nur aus der Kombination elektrischer und optischer Tests hin. Beides für sich stehend, reicht einfach nicht aus.“

Bei diesem Argumentationsstrang ist der Schritt zum Design for Testability, kurz DfT, nicht weit. Diese hat die Erhöhung der Testbarkeit und Kostenreduktion durch geeignete Maßnahmen im Entwicklungsprozess zum Ziel. Um Fertigungsfehlern möglichst früh zu begegnen, müssen schaltungseigene Möglichkeiten für eine spätere Prüfung bedacht werden. Wer bestimmte Empfehlungen beachtet, erhöht die spätere Testbarkeit der Baugruppen signifikant – und kann somit Kosten reduzieren. So liegt etwa schon bei Auswahl der richtigen Bauelemente oder beim Design der Boundary-Scan-Kette der Fehler oft im Detail. Für Andreas Türk, ist DfT Dreh- und Angelpunkt für eine zuverlässig funktionierende Baugruppe, weshalb er vor einigen Jahren die „Die 10 goldenen Regeln der Design for Testability (DfT) für Röntgeninspektionssysteme“ ausgearbeitet hat. Als Produktmanager AXI hat er die beiden Welten der Hardware- und Software-Entwicklung unter sich, und weiß daher, worauf es hierbei ankommt: „Ein klassisches Beispiel ist, wenn eine hochdichte Spule gegenüber einem Fine-Pitch-Bauteil gesetzt wird. Das in 3D zu inspizieren, kann eine Herausforderung darstellen. Ebenso müssen ein paar Regeln hinsichtlich des Pad-Layouts eingehalten werden.“

Die Experten (v.l.n.r.) Andreas Kraus, Thomas Mückl, Andreas Türk und Carsten Salewski waren nicht immer einer Meinung. Moderiert wurde die Diskussion von Marisa Robles (2.v.r.).

Worauf kommt es an bei der CT-Röntgeninspektion? Die Experten (v.l.n.r.) Andreas Kraus, Thomas Mückl, Andreas Türk und Carsten Salewski waren nicht immer einer Meinung. Moderiert wurde die Diskussion von Marisa Robles (2.v.r.). Messe München

An einer allumfassenden Teststrategie will Olaf Römer nicht rütteln. Als Distributor für optische und elektrische Test- und Inspektionslösungen sieht er jedoch, dass Kunden zwar sehr häufig einen hohen Beratungsbedarf haben, aber: „Gerade bei kleinen und mittleren Elektronikfertigern ist das Investitionsbudget limitiert. Letztendlich entscheidet der Preis, wie produktnah sich Testszenarien aufsetzen lassen. Sie müssen sich irgendwie arrangieren.“

Haben Testdienstleister demnach eine goldene Zukunft? Wenngleich Kraus Hardware mit seiner umfassenden Testdienstleistung eher im Analysebereich unterwegs ist, bekräftigt der Firmenchef: „Ja, wir sind käuflich, sogar stundenweise.“ Was Andreas Kraus damit meint: „Wir müssen schnell reagieren, wenn irgendwo in einer Fertigung ein Fehler auftaucht. Wenn die Produktionsbänder gerade bei Automobilzulieferern stillstehen, haben wir sehr wenig Zeit, um den Fehler in der Baugruppe zu lokalisieren.“ Das Kernelement der Testdienstleistung sei eher in der Begutachtung von Rohleiterplatten zu sehen. Auch die Prüfung von Baugruppen, die sich nicht Inline bearbeiten lassen, weil beispielsweise der Nutzenrahmen nicht mehr vorhanden ist oder viele große und schwere Bauteile auf der Platine die Inlinefertigung erschweren, fallen unter die Testdienstleistung von Kraus Hardware.

Das geht Olaf Römer indes nicht weit genug. Er mahnt die „Zusammenarbeit mit den Playern der gesamten SMT-Fertigungskette und Universitäten“ an, denn: „Es tauchen immer mehr Bausteine auf, wo wir noch gar nicht wissen, welche Profile wir benötigen werden.“ Als Beispiel nennt er den relativ neuen Pinocchio-Effekt, der durch Voids unter einem LGA entstehen kann: „Auch in Zukunft werden wir vermehrt neue Phänomene kennenlernen, weshalb es wichtig ist, als Inspektionslösungsanbieter in Forschungsprojekten aktiv zu sein, um daraus Analysen für weitere Algorithmen ableiten zu können.“

Stufenlos durchscrollen mit CT

Um eine zuverlässige Prüfung durchführen zu können, sind gute Eingangsdaten notwendig. Sie entscheiden über die ausgegebene Bildqualität. Dafür sind eine stabile Hardware, um Bilder überhaupt präzise aufnehmen zu können, genauso entscheidend wie die anschließende dreidimensionale Bildrekonstruktion mittels Software. Um die Reproduzierbarkeit des Messergebnisses sicherzustellen, ist es ebenso wichtig, dass sich das Röntgeninspektionssystem anhand zuvor programmierter Referenzalgorithmen selbst überwacht, da die Röntgenquelle und der Detektor dem Verschleiß unterliegen.

Grundlage für ein aussagekräftiges 3D-Bild sind immer die Schrägdurchstrahlungsbilder, die sich schichtweise durch die zu prüfende Baugruppe durcharbeiten. Unterschieden wird hierbei zwischen einem Vollwinkel-CT und einem Planar-CT. Um anschließend ein dreidimensionales Volumenmodell erstellen zu können, haben sich verschiedene Verfahren wie die Laminographie und Tomosynthese etabliert. Hochpräzise Algorithmen wie das FDK-Rückrechnungsverfahren (Feldkamp, Davis, Kress), einem speziellen Verfahren der gefilterten Rückprojektion, liefert insbesondere für BGAs bessere Schichtbildrekonstruktionen. Dafür ist es aber etwas rechenzeitaufwendiger und damit langsam. Eine weitere hochpräzise Technik ist jene der TDI-Röntgendetektoren (Time Delay Integration): Objekte können in der Bewegung mit deutlich verbesserter Bildqualität aufgenommen werden – ähnlich wie bei den Sicherheitskontrollen am Flughafen. Das Röntgenbild wird über die CCD-Sensoren mit dem TDI-Verfahren zeilenweise eingelesen und im Weiteren als digitales Bild ausgegeben.

Der Charme der Computer-Tomographie (CT) ist, dass der Anwender sich durch die Bildrekonstruktion stufenlos durch-scrollen kann – ähnlich wie im Medizinbereich den gesamten Körper. Die elektronische Baugruppe lässt sich in der dreidimensionalen Volumen-Rekonstruktion Schicht für Schicht und aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten, wodurch sich Fehler zweifelsfrei detektieren und somit prozesstechnische Aussagen treffen lassen. Gerade bei komplexen elektronischen Baugruppen mit einer hohen Packungsdichte wird die Durchscrolltechnik immer attraktiver. Denn selbst die Leiterplatte kann schwankende Qualitäten aufweisen. Durchwölbungen, Verbiegungen und Torsionen können etwa bewirken, dass Nachbar-Komponenten oder der Nachbar-Ball eines BGAs plötzlich in einer anderen Ebene zu finden sind, um sie zu inspizieren.

Andreas Türk, Carsten Salewski und Olaf Römer gaben Ausblicke (v.l.n.r.).

Welche Rolle werden die Cloud und KI spielen? Andreas Türk, Carsten Salewski und Olaf Römer gaben Ausblicke (v.l.n.r.). Messe München

An sich ist die CT-Technik auch in der elektronischen Baugruppenfertigung nicht neu. Bestimmender Trend ist jedoch, dass diese Technologie nun auch taktzeitfähig wird. Doch dafür ist eine enorme Rechenzeit notwendig, weshalb Andreas Türk anmerkt: „Erst mit dem Einzug der 64-Bit-Welt vor wenigen Jahren ist die 3D-Röntgentechnik erst richtig möglich geworden. Gerade die Datenmengen, die für die 3D-Technik verarbeitet werden müssen, sind riesig, genauso wie die Speicherbedarfe.“ Eine potente IT-Infrastruktur und damit leistungsfähige Server und Rechner sind notwendig, um diese steigenden Anforderungen handhaben zu können.

Und nicht nur die: Neben schnellen Rechnern ist eine gewisse GPU-Power unabdingbar, denn typischerweise kommen Graphikkarten hier zum Einsatz, um die Bilder schnellstmöglich umzurechnen und damit Inline-konforme Prüftaktzeiten bewerkstelligen zu können. „In früheren Systemen waren mehrere Rechner enthalten, um überhaupt die Taktzeiten schaffen zu können. Selbst heute im Highend-Bereich sind die CT-Systeme immer noch nicht ganz so schnell wie vielleicht ein Automotive-Hersteller es gerne haben möchte“, argumentiert Olaf Römer. Wer sich also mit der Investition eines 3D-Röntgensystems trägt, sollte darauf achten, dass hier verschiedene Konstruktionsalgorithmen unterstützt werden – je nach Detailschärfe, die für die jeweiligen Prüfanforderungen notwendig sind.

Bei einer preislichen Bandbreite von 50.000 bis 500.000 Euro für ein 3D-Röntgensystem stellt sich schnell die Frage: Wie tief muss eine Testtiefe denn wirklich sein? Wie viele Kosten verträgt das Produkt überhaupt? Viscom verfügt über eine sehr umfangreiche Plattform an 3D-Röntgeninspektionssystemen, die je nach Anwendungsfall ihre vollen Vorteile für die Sicherung der nachhaltigen Produktqualität ausspielen können. So macht Carsten Salewski klar: „Ausschlaggebend ist das richtige Verfahren für die richtige Anwendung. Neben der hochgenauen 3D CT ist manchmal auch „schnell“ mit weniger Bilddaten gut genug, um sicher zwischen gut und schlecht unterscheiden zu können. Deshalb kombinieren wir verschiedene Technologien und Auflösungen in unseren Systemen, so dass sich die Prüfverfahren mit 3D-, 2D- und 2.5D anwenden lassen.“

Die richtige Dokumentation der gesammelten Daten

Dreidimensionale Volumenbilder erzeugen sehr viele Daten. Der Anwender sieht sich mittlerweile mit einer fast schon unermesslichen Datenflut konfrontiert. Wie lässt sich diese sinnvoll kanalisieren? „Wenn Sie einen Feldrückläufer haben, möchten Sie diesen scannen und möchten möglichst viele Bilder und Messwerte zur Verfügung haben, um beweisen zu können, dass bei Ihnen dieser Fehler nicht vorlag“, bringt Andreas Türk den Segen der Datenflut auf den Punkt.

Aus einer Million produzierter Baugruppen lassen sich ebenfalls gute Rückschlüsse ziehen, um den Fertigungsprozess weiter zu verbessern. „Zwar werden hier sehr viele Daten gesammelt, aber leider wird das schlummernde Potenzial noch nicht wirklich ausgeschöpft“, merkt er an. Auch hierfür seien IT-Strukturen unabdingbar, wirft Olaf Römer sogleich in die Diskussion: „Ich benötige sehr schnelle Zugriffe, um aus diesen Daten, die ich vielleicht voluminös gestaltet habe, die wichtigen Dinge herauszusortieren.“ Niemand habe die Zeit, sich durch einen riesigen Datenwust zu wühlen. „Ich brauche einen schnellen Überblick“, konstatiert er daher. Entscheidend sei, nicht nur wann was geprüft oder analysiert wurde, sondern wo die Daten innerhalb der IT-Struktur abgelegt werden. Auch die Fragestellung, inwiefern heutige 3D-Bilder vielleicht in drei Jahren noch notwendig sein könnten, muss in die Waagschale geworfen werden.

Teilnehmer

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion „Optimale Baugruppeninspektion – wie?“ in alphabetischer Reihenfolge:

Andreas Kraus, Geschäftsführer von Kraus Hardware

Thomas Mückl, Vice President Global Engineering (GE) von Zollner Elektronik

Olaf Römer, Geschäftsführer und Inhaber von ATEcare

Carsten Salewski, Vorstand Vertrieb, Marketing und internationales Geschäft von Viscom

Andreas Türk, Produktmanager AXI von Göpel Electronic

Moderation: Marisa Robles, Chefredakteurin Productronic

Wer jetzt denkt, ein MES wäre die probate Plattform, dem erteilt Thomas Mückl eine Absage. Zollner Elektronik ist ein global agierender Elektronikfertigungs- und Mechatronik-Dienstleister, mit komplexen MES-Strukturen über alle weltweiten Fertigungsstandorte hinweg. „Es ist entscheidend, dass man ein Datenkonzept hat.“ Damit sei einerseits sichergestellt, dass alles dokumentiert sei, was der Kunde benötigt. Andererseits ließe sich dadurch jederzeit der Nachweis für eine ordnungsgemäß ausgeführte Prüfung erbringen. „Ich kann aber nicht irgendwelche Bilder in einer Datenbank vom MES ablegen. Denn das beeinträchtigt die komplette Datenbank enorm hinsichtlich der Zugriffszeiten. Daher muss man zweigleisig fahren. Denn ein MES, das mir die Daten für eine Rückverfolgbarkeit bereithält, ist dafür ausgelegt, Daten schnell aufzunehmen, aber keine Bilder.“

Damit rückt die Cloud und Künstliche Intelligenz immer mehr ins Blickfeld. Noch sei das Gros der Kunden nicht bereit, der Cloud sensible Daten anzuvertrauen, macht Carsten Salewski trotz Big-Data die Erfahrung: „Wir sehen eine deutlich steigende Nachfrage, dass unsere Systeme super flotte Ethernet-Netzwerkkarten von wenigstens 10 GBit enthalten, weil der Kunde ein großes Interesse daran hat, seine Daten bei sich abzuspeichern und zu verwalten. Aber eben nicht in der Cloud.“ Eine Cloud benötige Künstliche Intelligenz im Hintergrund. „Ich denke, dass es noch ein paar Jahre dauern wird, bis das Endkunden, insbesondere aus dem Automobilbereich, akzeptieren werden, dass eine Künstliche Intelligenz besser Entscheidungen treffen kann als der Mensch.“ Die nachrückende Generation Z stünde der digitalen Welt viel aufgeschlossener gegenüber als wir es derzeit täten. „Deshalb engagieren wir uns hinsichtlich der Cloud- und KI-Infrastruktur, aber die Software auf den Inspektionssystemen ist sozusagen der bestimmende Faktor an dieser Stelle.“

Der ewige Faktor Mensch

Ob KI den Menschen selbst bei der Interpretation von Prüf-ergebnissen ablösen wird, bleibt abzuwarten. „Der Faktor Mensch ist immer ausschlaggebend bei der Beurteilung“, bekräftigt Thomas Mückl. Für fundierte Entscheidungen seien präzise und aussagekräftige Informationen notwendig: „Als Eingangsbasis brauche ich eine stabile, validierte Software, die mir auch reproduzierbare Ergebnisse liefert“, unterstreicht er. Ob beispielsweise eine Voidrate von 28 Prozent noch hinnehmbar ist, liegt in der Entscheidung des Anwenders, der sich allerdings sicher sein muss, dass „dieser Wert mit einer gewissen Schwankungsbreite wirklich reproduzierbar darstellbar ist“ und er sich somit darauf verlassen kann.

Sicherlich gibt es Regelmechanismen, in die der Mensch eingreifen kann, um Pseudofehler und Schlupf beurteilen zu können, argumentiert Andreas Kraus: „Die hinterlegten Bibliotheken in den Inspektionslösungen allein reichen da nicht aus. Die Expertise der Mitarbeiter ist hier Dreh- und Angelpunkt. Sie müssen die Bilder zügig richtig interpretieren können, also in Bildern lesen können.“

AOXI – Das Beste aus beiden Welten

AOXI, also die Kombination von AOI und AXI, spielen nicht die Hauptrolle im weiten Feld der Inspektionslösungen. Ihr großer Vorteil liegt im Footprint, wenn also der Platz in der SMT-Fertigungslinie knapp ist. Auch die Programmierung vereinfacht sich, weil sich gleiche Werkzeuge nutzen lassen. Bei Viscom sind die Systeme so ausgelegt, dass im vorderen Bereich (Kammern) die 3D-AOI und gleichzeitig im hinteren Maschinenbereich das 3D-AXI stattfindet. Dadurch lassen sich zwei Baugruppen weitestgehend parallel inspizieren. Göpel Electronic geht da den umgekehrten Weg, also zuerst die Röntgen- und anschließend die AOI-Station – und zwar in ein und derselben Kammer. Mit diesem Ansatz verspricht sich Göpel eine schnellere Taktzeit. So clever die Idee, so unumgänglich ist ein gut ausbalancierter Prüfplan. Denn wenn eine der beiden Baugruppen aufwendiger zu inspizieren ist und damit länger dauert, müssen die nachfolgenden Baugruppen in der Warteschleife verharren. Und sollte eines der Teilsysteme des AOXI ausfallen, lässt sich das zweite Teilsystem ebenfalls nicht verwenden. Zollner Elektronik sieht in AOXIs eine bewährte Technik, erläutert Thomas Mückl und unterstreicht: „Den Vorteil den wir sehen ist, dass es eine einheitliche Oberfläche für den Programmierer gibt. Er muss nicht zwischen verschiedenen Hersteller-Systemen unterschiedliche Entscheidungen treffen.“ Überdies erleichtere der Zugriff auf SPIs die Beurteilung respektive Interpretation der Bilder: „Der Mitarbeiter wird bei der Beurteilung ein stückweit entlastet, da er viel mehr Informationen über den Lebenslauf der Baugruppe bekommt.“

Marisa Robles

Chefredakteurin Productronic

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