Würfel mit negativ und positiv Aufschrift

(Bild: Costel - stock.adobe.com)

Manchmal benötigt man eine positive Betriebsspannung, während alle positiven Spannungen im System bereits ausgelastet und nur noch negative Spannungen verfügbar sind. In solchen Fällen ist eine Polaritätsumwandlung von negativ zu positiv erforderlich. Das kommt unter anderem in der Automobilelektronik vor – man denke beispielsweise an Audioverstärker – wie auch in der Industrieelektronik und Messtechnik. Auch wenn die Stromversorgung eines Gesamtsystems über eine (bezogen auf Massepotenzial) negative Betriebsspannungsschiene erfolgt, kommt es oft vor, dass darin enthaltene Logikbaugruppen, ADCs, DACs, Sensoren und ähnliche Funktionsblöcke eine oder mehrere positive Schienen erfordern.

Bild 1: Schaltbild eines Negativ-zu-Positiv-Spannungswandlers für Eingangsspannungen von –6 V bis –18 V (–24 V Spitze) und eine Ausgangsspannung von  +12 V bei 6 A.
Bild 1: Schaltbild eines Negativ-zu-Positiv-Spannungswandlers für Eingangsspannungen von –6 V bis –18 V (–24 V Spitze) und eine Ausgangsspannung von
+12 V bei 6 A. (Bild: Analog Devices)

Schaltung und Funktion der Polaritätswandlung

Bild 1 zeigt eine Komplettlösung für die effiziente Umwandlung einer negativen Betriebsspannung in eine positive. Die Lösung basiert auf einer Boost-Spannungswandlertopologie. Die Betriebsspannungsschiene besteht im Wesentlichen aus den Schalter-MOSFETs Q1 und Q2, der Induktivität L1 sowie Eingangs- und Ausgangsfiltern. Das Synchron-Boost-Controller-IC reguliert die Ausgangsspannung durch entsprechende Ansteuerung der Schalter-MOSFETs. Alle in dieser Beschreibung angegebenen Spannungen beziehen sich auf die System-Masse (SYS_GND). Hier ist –VIN die negative Eingangsspannung, +VOUT die positive Ausgangsspannung.

Der Spannungswandler funktioniert folgendermaßen: Wenn der Transistor Q1 leitet, fließt der Strom von SYS_GND zur negativen Schiene. Der Transistor Q2 sperrt dann, und die Induktivität L1 speichert Energie in Form eines Magnetfelds. In der zweiten Phase des Schaltzyklus schaltet Q1 ab und Q2 schaltet ein. Dadurch wird das Magnetfeld abgebaut, und die in L1 gespeicherte Energie bewirkt einen Stormfluss von SYS_GND zur +VOUT-Schiene.

Bild 2: Topologie des Negativ-zu-Positiv-Wandlers.
Bild 2: Topologie des Negativ-zu-Positiv-Wandlers. (Bild: Analog Devices)

Dimensionierung der Schaltung

Bild 2 illustriert das Schaltverhalten des Negativ-zu-Positiv-Spannungswandlers. In der ersten Phase des Schaltzyklus ist der untere Schalter (BSW, Bottom Switch) leitend und der obere Schalter (TSW, Top Switch) offen. Die Dauer dieses Zustands wird durch das Tastverhältnis des Schaltsignals bestimmt. Die Spannung über der Induktivität L ist gleich –VIN. In dieser Phase steigt der Strom durch L an, und über der Induktivität baut sich eine Spannung mit der gleichen Polarität wie –VIN auf. Zugleich wird der Kondensator des Ausgangsfilter entladen und liefert Strom an die Last.

In der zweiten Phase des Schaltzyklus sperrt BSW und TSW leitet. Die Polarität über der Induktivität L wechselt, und die Energie, die während der ersten Phase in der Induktivität gespeichert wurde, liefert einen Strom zur Last und zum Ausgangsfilterkondensator COUT. Der Strom durch die Induktivität verringert sich während dieser Phase kontinuierlich. Die Voltsekunden-Bilanz der Induktivität bestimmt das Tastverhältnis D des Wandlers im kontinuierlich leitenden Betrieb.

Bild 3: Wirkungsgrad bei Eigenspannungen von –12 V bzw. –18 V und natürlicher Konvektionskühlung.
Bild 3: Wirkungsgrad bei Eigenspannungen von –12 V bzw. –18 V und natürlicher Konvektionskühlung. (Bild: Analog Devices)

Timing und Bauteilstress des MOSFET berechnen

Die nachfolgenden Formeln beschreiben das Timing des Schaltvorgangs und den Bauteilstress der MOSFETs.
Das Tastverhältnis D bestimmt die Ein/Aus-Zeiten der Schalter:

D = VOUT / (|VIN| + VOUT)

Der Mittelwert des Ausgangsstroms IOUT, ist der Eingangsstrom:

IIN = IOUT / (1 – D)

Der Spitzenwert des Spulenstroms ist gegeben durch:

IL = IIN + (dI/dt) / 2

Der Spannungsstress der MOSFETs ist:

VDS = |VIN| + VOUT

Der Mittelwert des durch den unteren MOSFET fließenden Stroms ist:

IQ1 = IIN × D

Für den Mittelwert des durch den oberen MOSFET fließenden Stroms gilt:

IQ2 = IOUT

Diese Formeln tragen dazu bei, die Funktionalität der Topologie besser zu verstehen, und helfen bei der Vorauswahl passender Bauteile. Für die endgültige Bauteilauswahl und den endgüligen Entwurf empfiehlt sich die Modellierungs- und Simulationssoftware LT-Spice.

Bild 4: Ausgangsstrom-Derating für Eingangsspannungen, die unterhalb von –9 V liegen.
Bild 4: Ausgangsstrom-Derating für Eingangsspannungen, die unterhalb von –9 V liegen. (Bild: Analog Devices)

Funktionalität der Regelschleife

Die Erfassung der Ausgangsspannung und die Pegelumsetzung der Steuerspannung werden von den PNP-Transistoren Q3 und Q4 gehandhabt, die zusammen einen Stromspiegel bilden. Der Feedback-Strom IFB (in diesem Beispiel 1 mA) bestimmt die Werte der Widerstände im Regelkreis:

RFB(B) = VC / IFB,

wobei VC die Referenzspannung des Fehlerverstärkers ist, sowie

RFB(T) = VOUT / IFB,

wobei RFB(T) der Widerstand ist, über den die Ausgangsspannung erfasst wird.

Der in Bild 1 gezeigte Regelkreis ist eine kostengünstige Lösung, allerdings weist die Ausgangsspannung wegen der Toleranzen der Basis-Emitter-Spannung diskreter Transistoren unter Umständen einen relativ großen Temperatur-Drift auf. Zur Verbesserung der Genauigkeit kann ein Dual-Transistor verwendet werden, bestehend aus zwei gepaarten Transistoren.  Die Ansteuerung der Leistungs-MOSFETs erfolgt durch den Boost-Controller LTC7804. Dieses IC wurde ausgewählt, weil es wegen der integrierten Synchrongleichrichter und seines geringen Ruhestroms energieeffizient ist. Außerdem ist es einfach anzuwenden und erlaubt hohe Schaltfrequenzen und dadurch die Ver-wendung kleiner Induktivitäten.
Testergebnisse und Grenzen

Die vorgestellte Lösung wurde gründlich getestet und verifiziert. Bild 3 zeigt, dass der Wirkungsgrad über einen weiten Laststrombereich hoch bleibt und annähernd 96 Prozent erreicht. Dabei ist zu beachten, dass mit abnehmender Eingangsspannung der Eingangs- und der Spulenstrom an-steigen. Ab einem bestimmten Punkt kann der Spulenstrom den Maximal- oder Sättigungsstrom der verwendeten Induktivität überschreiten. Die Derating-Kurve, die in Bild 4 dargestellt ist, verdeutlicht diesen Effekt. Bei Eingangsspannungen von –9 V bis –18 V beträgt der maximale Laststrom 6 A, unterhalb von –9 V fällt er ab. Bild 5 zeigt das Wärmebild bei -12 V Eingangsspannung, 12 V Ausgangsspannung und 6 A Lasstrom der in Bild 6 gezeigten Implementierung des Wandlers.

Bild 5: Wärmebild des Wandlers bei –12 V Eingangsspannung, +12 V Ausgangsspannung, 6 A Laststrom und natürlicher Konvektionskühlung in ruhender Luft.
Bild 5: Wärmebild des Wandlers bei –12 V Eingangsspannung, +12 V Ausgangsspannung, 6 A Laststrom und natürlicher Konvektionskühlung in ruhender Luft. (Bild: Analog Devices)

Polaritätsumwandlungslösung mit Boost-Topologie und hohem Wirkungsgrad

Für eine Polaritätsumwandlung von negativ zu positiv steht Entwicklern eine Komplettlösung mi einem energieeffizienten und relativ einfachen Design zur Verfügung, das auf einem Abwärtsregler-Controller basiert. Testdaten belegen den hohen Wirkungsgrad und die guten thermischen Eigenschaften des Designs. Darüber hinaus ermöglicht es die in dieser Lösung verwendete Boost-Topologie, einen vorqualifizierten Boost-Controller zu verwenden.

Bild 6: Eine Implementierung des Wandlers LTC7804.
Bild 6: Eine Implementierung des Wandlers LTC7804. (Bild: Analog Devices)

Victor Khasiev

Senior Applications Engineer bei ADI

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