Eine Forschungsgruppe der Chalmers University of Technology in Schweden stellt Fortschritte bei der so genannten masselosen Energiespeicherung vor – eine strukturelle Batterie, die das Gewicht eines Laptops halbieren, das Mobiltelefon so dünn wie eine Kreditkarte machen oder die Reichweite eines Elektroautos mit einer einzigen Ladung um bis zu 70 Prozent erhöhen könnte.
"Es ist uns gelungen, eine Batterie aus Kohlefaserverbundwerkstoff herzustellen, die so steif wie Aluminium und energiedicht genug ist, um kommerziell genutzt zu werden. Wie ein menschliches Skelett hat die Batterie mehrere Funktionen gleichzeitig", sagt Chalmers-Forscherin Richa Chaudhary, die Erstautorin eines wissenschaftlichen Artikels ist, der kürzlich in Advanced Materials veröffentlicht wurde.
Chalmers forscht schon seit vielen Jahren an strukturellen Batterien, in einigen Phasen auch gemeinsam mit Forschern der Königlichen Technischen Hochschule in Stockholm, Schweden (KTH). Als Professor Leif Asp und Kollegen 2018 ihre ersten Ergebnisse darüber veröffentlichten, wie steife, starke Kohlenstofffasern elektrische Energie chemisch speichern können, erregte dieser Fortschritt große Aufmerksamkeit. Die Nachricht, dass Kohlenstofffasern als Elektroden in Lithium-Ionen-Batterien fungieren können, fand weite Verbreitung und wurde von der renommierten Zeitschrift Physics World als einer der zehn größten Durchbrüche des Jahres eingestuft.
Geringeres Gewicht erfordert weniger Energie – und damit steigt die Reichweite bei E-Autos
Seitdem hat die Forschungsgruppe ihr Konzept weiterentwickelt, um sowohl die Steifigkeit als auch die Energiedichte zu erhöhen. Der letzte Meilenstein wurde im Jahr 2021 erreicht, als die Batterie eine Energiedichte von 24 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg) aufwies, was etwa 20 Prozent der Kapazität einer vergleichbaren Lithium-Ionen-Batterie bedeutet. Jetzt sind es bis zu 30 Wh/kg. Das ist zwar immer noch weniger als bei den heutigen Batterien, aber die Bedingungen sind ganz anders. Wenn die Batterie Teil der Konstruktion ist und zudem aus einem leichten Material hergestellt werden kann, wird das Gesamtgewicht des Fahrzeugs stark reduziert. Dann wird nicht mehr so viel Energie benötigt, um zum Beispiel ein Elektroauto zu betreiben.
"Die Investition in leichte und energieeffiziente Fahrzeuge ist eine Selbstverständlichkeit, wenn wir Energie einsparen und an künftige Generationen denken wollen. Wir haben Berechnungen für Elektroautos angestellt, die zeigen, dass sie bis zu 70 Prozent länger fahren könnten als heute, wenn sie über wettbewerbsfähige strukturelle Batterien verfügten", sagt Forschungsleiter Leif Asp, Professor am Department of Industrial and Materials Science von Chalmers.
Wenn es um Fahrzeuge geht, werden natürlich hohe Anforderungen an die Konstruktion gestellt, die ausreichend stark sein muss, um die Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Die strukturelle Batteriezelle des Forscherteams hat ihre Steifigkeit, genauer gesagt den in Gigapascal (GPa) gemessenen Elastizitätsmodul, von 25 auf 70 erhöht. Das bedeutet, dass das Material genauso belastbar ist wie Aluminium, aber ein geringeres Gewicht hat. "In Bezug auf die multifunktionalen Eigenschaften ist die neue Batterie doppelt so gut wie ihre Vorgängerin - und sogar die beste, die jemals auf der Welt hergestellt wurde", sagt Leif Asp, der seit 2007 an strukturellen Batterien forscht.
Mehrere Schritte zur Kommerzialisierung der strukturellen Batterie
Von Anfang an bestand das Ziel darin, eine Leistung zu erreichen, die eine Kommerzialisierung der Technologie ermöglicht. Parallel zur Fortsetzung der Forschung wurde die Verbindung zum Markt gestärkt - durch das neu gegründete Chalmers-Venture-Unternehmen Sinonus AB mit Sitz in Borås, Schweden. Es ist jedoch noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten, bevor die Batteriezellen den Schritt von der Laborfertigung in kleinem Maßstab zur Produktion in großem Maßstab für unsere technischen Geräte oder Fahrzeuge geschafft haben.
"Man kann sich vorstellen, dass kreditkartendünne Mobiltelefone oder Laptops, die nur halb so viel wiegen wie heute, zeitlich am nächsten dran sind. Es könnte auch sein, dass Komponenten wie die Elektronik in Autos oder Flugzeugen durch strukturelle Batterien betrieben werden. Es wird großer Investitionen bedürfen, um den anspruchsvollen Energiebedarf der Verkehrsindustrie zu decken, aber hier könnte die Technologie auch den größten Unterschied machen", sagt Leif Asp, der ein großes Interesse der Automobil- und Luftfahrtindustrie festgestellt hat.
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Was sind strukturelle Batterien und wie weit ist die Forschung?
Strukturbatterien sind Materialien, die nicht nur Energie speichern, sondern auch Lasten tragen können. Auf diese Weise kann das Batteriematerial Teil des eigentlichen Konstruktionsmaterials eines Produkts werden, was bedeutet, dass z. B. bei Elektroautos, Drohnen, Handwerkzeugen, Laptops und Mobiltelefonen ein wesentlich geringeres Gewicht erreicht werden kann.
Die neuesten Fortschritte in diesem Bereich wurden in dem Artikel Unveiling the Multifunctional Carbon Fibre Structural Battery in der Zeitschrift Advanced Materials veröffentlicht. Die Autoren sind Richa Chaudhary, Johanna Xu, Zhenyuan Xia und Leif Asp von der Chalmers University of Technology. Das entwickelte Batteriekonzept basiert auf einem Verbundwerkstoff und hat Kohlenstofffasern als positive und negative Elektroden - wobei die positive Elektrode mit Lithiumeisenphosphat beschichtet ist. Bei dem zuvor vorgestellten Batteriekonzept bestand der Kern der positiven Elektrode aus einer Aluminiumfolie.
Die im Elektrodenmaterial verwendete Kohlefaser ist multifunktional. In der Anode dient sie als Verstärkung sowie als elektrischer Kollektor und aktives Material. In der Kathode dient sie als Verstärkung, Stromkollektor und als Gerüst, auf dem sich das Lithium aufbauen kann. Da die Kohlenstofffasern den Elektronenstrom leiten, werden Stromkollektoren, z. B. aus Kupfer oder Aluminium, weniger benötigt, was das Gesamtgewicht noch weiter reduziert. Auch werden bei dem gewählten Elektrodendesign keine so genannten Konfliktmetalle wie Kobalt oder Mangan benötigt.
In der Batterie werden die Lithium-Ionen zwischen den Batteriepolen durch einen halbfesten Elektrolyten statt durch einen flüssigen transportiert, was eine Herausforderung darstellt, wenn es darum geht, eine hohe Leistung zu erzielen, und wofür weitere Forschung erforderlich ist. Gleichzeitig trägt das Design zu einer erhöhten Sicherheit in der Batteriezelle bei, da das Brandrisiko verringert wird.