Charakterisierung von HF-Zellen

Eine einheitliche modulare Hard- und Softwareplattform zur Charakterisierung von HF-Zellen durch Messungen auf PCBs und Wafern wurde entwickelt. Die Universalität der Messumgebung ließ sich durch frühzeitige Zusammenarbeit von Design- und Testingenieuren erreichen. Modulare PXI-Testsysteme werden durch eigene Hardware- und Softwaremodule ergänzt. Dadurch verkürzt sich die Entwicklungszeit. Durch die Nutzung von umfassend dokumentierten Standard-HF-Baublöcken wird der Designprozess für kundenspezifische Applikationen beschleunigt. Die vorgestellten Arbeiten flankierten das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt Oktopus (Förderkennzeichen 13N19345) innerhalb des Förderprogramms IKT2020.

Die ISM-Bänder bei 2,4 und 5,8 GHz sowie das 868/915 MHz-Band für „Short Range Devices“ sind zur Datenübertragung über kurze Entfernungen gut geeignet. Neben proprietären Lösungen haben sich Standards wie WLAN, Bluetooth und Zig-Bee bzw. IEEE 802.15.4 etabliert. RFCMOS und „Embedded analog SoC“ (System on Chip) entwickeln sich als gut anwendbare und preiswerte Technologien für Funkapplikationen. Durch die Strukturbreiten von 0,35 μm und kleiner können die Spezifikationen für viele HF-Systeme bis in den GHz-Bereich erfüllt werden. Die Fortschritte in der EDA (Electronic Design Automation) liefern verlässliche Simulationsergebnisse von Bauelementen und komplexen ICs. Zur Parameterextraktion und zur Verifikation der Modelle ist es unerlässlich, diese mit HF-Messungen bis in den GHz-Bereich zu hinterlegen. Standard-Bauelemente und Baugruppen müssen exakt charakterisiert werden, um stabil arbeitende komplexe Designs ohne Hardware-Iterationen im Silizium entwerfen zu können. Der testgerechte (HF)-Entwurf („Design for Test“) ist ein wesentlicher Aspekt des Designprozesses. Die HF-Messungen können auf Evaluierungsboards auf Platinen (PCB) oder direkt auf dem Wafer unter Nutzung eines Waferprobers erfolgen. Die Kontaktierung erfolgt über impedanzkontrollierte HF-Nadeln (ACP-Probes), über eine Probecard oder in einer Testfixture. Als Messgeräte wurden bisher konventionelle Einzelgeräte benutzt. Der Fokus soll nun auf dem Einsatz von modularen Testsystemen auf PXI-Basis liegen. Hierbei können die Messmöglichkeiten durch Softwareerweiterungen individuell den Anforderungen jeder Messaufgabe angepasst werden. So wurden verschiedenste Setups aufgestellt, um die entsprechende HF-Zelle umfassend zu charakterisieren. Ganz allgemein muss eine Vielzahl von Zellen als IPs betrachtet werden. Dazu gehören Bandgaps/Bias-Zellen, Operationsverstärker, Oszillatoren, ADCs/DACs, Spannungsregler und HF-Zellen.

Design einer kundenspezifischen Lösung

Die von der X-Fab bereitgestellten Baublöcke in verschiedenen Technologien und deren detaillierte Daten bilden einen guten Ausgangspunkt für das Design einer kundenspezifischen Lösung. Ein Funktransceiver kann in folgende Blöcke aufgeteilt werden:

  • LNAs
  • Mischer
  • Quarz-Oszillatoren
  • VCOs
  • Taktteiler
  • PLLs
  • Endstufen

Für jede Art von HF-Zellen ist eine angepasste Messkonfiguration erforderlich und der entsprechende Messablauf muss implementiert werden. Gerade hier ist mit modularen Testsystemen eine deutliche Vereinheitlichung und Vereinfachung des Messprogramms und des Datenmanagements zu erreichen. Neben komplexeren HF-Zellen ist es wichtig, passive Einzel-HF-Bauelemente zu charakterisieren, da sich daraus das Verhalten komplexer Schaltungen ergibt. Als Beispiel werden Messungen und deren Ergebnisse an verschiedenen LNA- und VCO-Typen mit unterschiedlicher Schaltungstopologie vorgestellt. Zwei Varianten von integrierten LC-VCOs sind verfügbar. Beide verwenden ein über Kreuz gekoppeltes Transistorpaar. Die Varaktoren sind AC- bzw. DC-gekoppelt, was zu einem unterschiedlichen Abstimmbereich führt. Die LNAs sind als Breitbandvariante beziehungsweise als selektive Schmalband-LNAs mit integrierten Schwingkreisen als Lastwiderstand entworfen worden.

HF-Test während des Designprozesses

Ein sehr wichtiger Punkt des Designprozesses vollständig integrierter HF-Schaltkreise ist der (HF)-Test, welcher oft oberflächlich betrachtet wird. Viele Probleme und Missverständnisse können vermieden werden, wenn ein schlüssiges Testkonzept bereits während der Entwurfsphase ausgearbeitet wird. Ein erster Schritt zum Erfolg kann hier das Gespräch des Designers mit einem erfahrenen Test-Ingenieur, oder der aufklärende Besuch im Testlabor sein.

Wesentliche Entscheidungen bei der Festlegung von Testsignalen und deren Charakterisierung sind die Wahl des Gehäusetyps und des Pin-outs für die Nutzung vorhandener Standardboards, die eine sehr schnelle Inbetriebnahme und erste DC-Funktionstests ermöglichen. Diese sind meist mit einfacher Messtechnik, Spannungs- und Stromquellen, Multimeter oder Ähnliches möglich und erlauben eine schnelle Aussage über die prinzipielle Funktionalität des ICs. Um derartige Schnelltests durchführen zu können, muss das zu untersuchende DUT (Device Under Test) bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Speziell für den Test von analogen, mixed-signal- und HF-Test-ICs hat sich in der Vergangenheit ein grundsätzliches Paradigma als vorteilhaft erwiesen:

  • möglichst wenig Steuersignale
  • notwendige Steuersignale mit Pull-up- bzw. Pull-down-Funktion als Defaultwert
  • DUT ist aktiv/enabled im Power on-/Default-Mode
  • on-chip-Regler sind zunächst im Modus standby/disabled
  • wichtige DC-Referenzsignale sind testbar, (Bandgapspannung, Referenzströme).

Für einen testgerechten Schaltungsentwurf (DfT – Design for Test) ist es wichtig, dass alle Layoutvarianten einem definierten Standard entsprechen, der die Lage der HF- und Masse-Pins festlegt. Damit wird es möglich, auf einer Hardwareplattform alle HF-Zellen messtechnisch zu behandeln. Das Hardware-Setup erstreckt sich dabei von der Anordnung der Nadeln bei Messungen on wafer, über die Probecard bis hin zum PCB-Layout der Evaluationboards. Diese unterscheiden sich letztendlich nur in der Bestückung der externen Bauelemente bei einheitlichem Grundlayout voneinander. Dieses Layout erlaubt die Evaluierung von LNAs, Mischern, VCOs/PLLs bis hin zu PAs. Ein einheitlich definiertes Interface zur Messtechnik wird so geschaffen.

Testaspekte frühzeitig einbeziehen

Durch die frühzeitige Einbeziehung von Testaspekten in den Design-Flow wurde für die Mehrzahl der HF-Zellen ein ähnliches Padlayout gewählt: Zwei HF-Ports an den gegenüberliegenden Seiten, optional einen HF-Port „oben“ (zum Beispiel für den LO beim Mischer beziehungsweise die geschirmte Kontaktierung der Abstimmspannung beim VCO) und diverse DC-Pins zur Steuerung und Stromversorgung der Schaltungen. Für den Einsatz auf PCBs wurden SMD SO-16 Gehäuse verwendet. Für höhere Frequenzen ist die Verwendung von QFN32-(5x5mm²) Gehäusen vorgesehen. Als IC-Messfassungen können die im Produktionstest verwendeten Testfixtures benutzt werden. Diese sind dort bereits bekannt und in ihren Eigenschaften charakterisiert, womit sich die Lücke zwischen Labormessungen und Produktion schließen lässt. So können Bauelemente unterschiedlichster Technologien auf bekannter und messtechnisch charakterisierter Hardware direkt miteinander verglichen werden. Für die Messumgebung werden die Entwicklungszeit und die Kosten deutlich minimiert.

Bauelemente detailliert charakterisieren

Um die Bauelemente detailliert zu charakterisieren, wurde ein Satz von HF-Messungen in Labview implementiert. Die ersten Untersuchungen dazu erfolgten manuell im Labor. Darauf aufbauend wurde ein Programmsystem in Labview entwickelt, welches automatisierte Messungen von vollständigen Wafern ermöglicht. Entsprechend der Testspezifikation wurden verschiedene Arten von Messungen implementiert. Dazu gehören S-Parameter-Messungen, Spektralanalyse, Rauschmessungen, Transiente Messungen, Großsignalmesungen und DC-Messungen.

Bei den DC-Messungen besteht die Herausforderung darin, Standby-Ströme bis in den nA-Bereich reproduzierbar zu messen. Auch die spektrale Reinheit der Stromversorgung ist kritisch bei PLL- und VCO-Messungen. Bei den Labormessungen wurden zunächst Sourcemeter, Spektralanalysatoren und Signalanalysatoren eingesetzt. Diese Geräte stellen Messroutinen zur VCO/PLL-Charakterisierung und darauf zugeschnittene Hardware zur Verfügung. Nachteilig waren hier die Messgeschwindigkeit, die durch den externen GPIB-Bus bestimmt wurde, die Kosten für die eingesetzte Messtechnik sowie die unübersichtliche Verkabelung der Geräte. Bei allen Messungen muss zwischen dem Aufwand an Messhardware, automatisiertem Testequipment inklusive der Software zur Steuerung und der Anzahl der zu messenden Bauelemente abgewogen werden.

Nutzung modularer Testsysteme

Die Nachteile der Labormessungen führten zur Nutzung modularer Testsysteme. So wurden die Labormessungen auf PXI-Kleintestern unter Verwendung von Labview umgesetzt. Neben den verfügbaren PXI-Karten wie HF-Downkonverter, Digitizer, HF-Signalgeneratoren, Relaistreiber und Stromversorgung wurden auch PXI-Karten zur Erweiterung der Messmöglichkeiten entwickelt. So beispielsweise eine PMU-Karte, die als 32-kanaliges Sourcemeter eingesetzt werden kann. Das ermöglichte einen Anschlusstest an 32 Pins und eine rauscharme Stromversorgung des VCOs. Außerdem konnten nun Ströme bis unter 1 nA gemessen werden. Auch lässt sich die Karte als 32-kanaliges Digitalmultimeter verwenden. Modulare PXI-Testsysteme bietet viele Vorteile:

  • kompakte Geräteanordnung
  • übersichtliche, kurze Verkabelung
  • Integration verschiedenster Messkarten
  • deutlich kürzere Messzeiten
  • flexibles Messdatenmanagement
  • modulare komplexe Messabläufe
  • Spezialmessungen in Software-Energieeinsparung
  • schnellere Programmentwicklung
  • Wiederverwendbarkeit der Programme
  • flexible Skalierbarkeit/Erweiterbarkeit
  • Datenauswertung online möglich

Sollte eine Messfunktion nicht mit dem PXI-Testsystem zu erfüllen sein, kann ein externes Messgerät über LAN oder GPIB oder Ähnliches integriert werden. Dies wurde zur Messung von S-Parametern an Mischern und LNAs unter Verwendung eines Netzwerkanalysators praktiziert, da eine PXI-Karte dafür nicht verfügbar war und die Entwicklung einer solchen vom Aufwand her nicht vertretbar wäre. Auch die finale Applikation kann mit demselben Messequipment charakterisiert, evaluiert und getestet werden.

Björn Bieske

: IMMS Institut für Mikroelektronik- und Mechatronik-Systeme, Ilmenau.

Klaus Heinrich

: X-Fab Semiconductor Foundries, Erfurt.

(ah)

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