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Fahrzeugspezifische Netzwerktechnologien erstrecken sich von LIN über CAN bis Ethernet. Sie alle sind im Umbruch, denn die Fahrzeugarchitekturen sind im ständigen Wandel. (Bild: vegefox.com - stock.adobe.com)

Elektronik wird schon seit Jahrzehnten in Fahrzeugen eingesetzt, um nützliche Funktionen bereitzustellen – um die Sicherheit zu verbessern oder für Unterhaltung zu sorgen. Zu Beginn waren viele dieser Funktionen eigenständig und lieferten weder Daten an andere Fahrzeugsysteme noch waren sie auf deren Daten angewiesen. Im Zuge des technischen Fortschritts wurden jedoch die Vorteile der Integration erkannt und es entstanden fahrzeugspezifische Netzwerketechnologien.

Gängige Technologien für IVN

Zu den gängigen Protokollen, die in Fahrzeugen zu finden sind, gehören Local Interconnect Network (LIN), Controller Area Network (CAN/CAN-FD), FlexRay und Media Oriented System Transport (MOST). Jede Lösung ist jedoch einzigartig und bringt unterschiedliche Designüberlegungen und, was noch wichtiger ist, Einschränkungen mit sich, die den Anforderungen heutiger Fahrzeuge mittlerweile nicht mehr gerecht werden.

LIN ist eine kostengünstige Technik und lässt sich für Anwendungen mit niedriger Datenrate (<20 KBit/s) einfach implementieren. Die begrenzte Bandbreite und die Tatsache, dass es auf 12 Knoten beschränkt ist, mindern jedoch seinen Wert in modernen Fahrzeugen.

CAN (und spätere Varianten wie CAN-FD) wird in großem Umfang in Kraftfahrzeugen und anderen sicherheitskritischen Systemen eingesetzt, da es sehr robust und relativ unempfindlich gegenüber elektrischen Störungen und Rauschen ist. Die begrenzte Bandbreite (etwa 2 MBit/s) schränkt jedoch den Einsatz in bestimmten datenintensiven Anwendungen wie Infotainment und Kameras ein und begrenzt die Anzahl der Knoten. Derzeit wird ein neuer CAN-XL-Standard entwickelt, um höhere Geschwindigkeiten mit Ethernet-Tunnelfunktionalität zu ermöglichen, obwohl für viele Entwickler der direkte Übergang zu vollständigem Ethernet die attraktivere Lösung zu sein scheint.

FlexRay bietet präzises Timing und Synchronisation und eignet sich daher für zeitkritische Anwendungen wie Drive-by-Wire. Seine Komplexität im Vergleich zu anderen Optionen schränkt jedoch seine Popularität ein.

MOST wurde ausschließlich für Infotainment verwendet, aber seine begrenzte Anwendbarkeit und die hohen Kosten haben dazu geführt, dass diese Technik durch andere Lösungen ersetzt wird.

Bild 1: Verschiedene Kommunikationsprotokolle wurden für den Einsatz in Fahrzeugen entwickelt
Bild 1: Verschiedene Kommunikationsprotokolle wurden für den Einsatz in Fahrzeugen entwickelt (Bild: onsemi)

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Ethernet auf dem Vormarsch

Ethernet wird von vielen als Nachfolger für viele dieser Lösungen angesehen, da es eine hohe Bandbreite und eine niedrige Latenzzeit bietet. Es gibt jedoch ein Problem mit den bestehenden Protokollen. Die dem Standard-Ethernet eigene CSMA/CD-Funktion (Carrier Sense Multiple Access mit Collision Detection) bedeutet, dass ein deterministischer Betrieb nicht möglich ist, was es für zeitkritische Anwendungen wie Drive-by-Wire ungeeignet macht. Da man jedoch das Potenzial von Ethernet erkannt hat, bieten deterministische Protokolle wie 10BASE-T1S, die eine Kollisionsvermeidung auf der physikalischen Schicht (PLCA) beinhalten (Bild 2), jetzt die für zeitkritische Anwendungen erforderliche Funktion. Darüber hinaus sinken die Kosten für Automotive-Ethernet-ICs rapide, so dass immer mehr Fahrzeughersteller von den hohen Bandbreiten profitieren können.

Ethernet entwickelt sich ständig weiter, um den wachsenden Bandbreitenanforderungen moderner Fahrzeuge gerecht zu werden. Der Fortschritt wird von Organisationen wie der OPEN Alliance vorangetrieben. Neue Standards wie IEEE P802.3dh versprechen den Einsatz von Glasfaser in zukünftigen Fahrzeugen und unterstützen anspruchsvolle Technik wie 4K-Video mit niedriger Latenz und Augmented Reality.

Bild 2: In einem PLCA-Zyklus beginnt der Master die Kommunikation über ein Beacon, bevor jeder Slave Daten sendet. Dies vermeidet Kollisionen und den damit verbundenen Overhead für die erneute Übertragung.
Bild 2: In einem PLCA-Zyklus beginnt der Master die Kommunikation über ein Beacon, bevor jeder Slave Daten sendet. Dies vermeidet Kollisionen und den damit verbundenen Overhead für die erneute Übertragung. (Bild: onsemi)

Funkbasierte Protokolle wie Bluetooth, Wi-Fi und Mobilfunk werden von Fahrern und Passagieren verwendet, um ihre Mobilgeräte zu nutzen. Die Hauptnachfrage nach funkbasierter Kommunikation wird durch ihre Fähigkeit befeuert, bestimmte Funktionen zu erfüllen, bei denen eine kabelgebundene Verbindung nicht möglich ist, z. B. Reifendrucküberwachung (TPMS) und schlüsselloser Zugang, um nur zwei zu nennen. Mit der Ausweitung von Vehicle-to-Everything (V2X), die es Fahrzeugen ermöglicht, mit anderen Fahrzeugen und ihrer Umgebung zu kommunizieren, steigt die Nachfrage nach Funkkommunikation weiter an, doch damit geht auch der Bedarf an mehr Datensicherheit einher.

Zonale Fahrzeugarchitekturen

Angesichts der zahlreichen Subsysteme und Sensoren, die sich überall im Fahrzeug befinden, müssen die Automobilhersteller die Fahrzeugarchitektur sorgfältig auswählen. In erster Linie gibt es zwei Optionen: domänen- oder zonenbasiert. Bestehende domänenbasierte Architekturen gruppieren Elemente mit ähnlicher Funktion (z. B. Antriebsstrang, Fahrwerk und Komfort) zusammen – obwohl ihre Standorte weit über das Fahrzeug verteilt sein können, was mehr Verkabelung erfordert und so mehr Gewicht und Kosten verursacht.

Um dieses Problem zu vermeiden, bevorzugen viele Fahrzeughersteller heute einen zonalen Ansatz, bei dem trotz unterschiedlicher Funktionen Teilsysteme, die sich in unmittelbarer Nähe befinden, in Gruppen zusammengefasst werden. Die Zonen können daher als „vorne rechts“, „hinten links“ usw. bezeichnet werden. Das reduziert zwar den Verkabelungsaufwand, belastet aber auch den Kommunikations-Backbone des Fahrzeugs zwischen den Zonen mit einer größeren Datenmenge, was eine höhere Leistung/Bandbreite des IVN erfordert.

In der Regel ist jede Zone hoch integriert und verfügt über eigene Rechenressourcen, die über ein schnelles (und deterministisches) Kommunikations-Backbone mit der Haupt-CPU verbunden sind, um Echtzeitanwendungen wie fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme (ADAS) und Drive-by-Wire zu unterstützen. Eine zonale Architektur bietet mehr Flexibilität bei der Integration, beim Entfernen oder Aufrüsten von Fahrzeugfunktionen. Sie ist einfach zu skalieren und lässt sich an wechselnde Anforderungen anpassen.

Während die zonale Architektur zahlreiche Vorteile bietet, kann die Umsetzung zu einer erhöhten Leistungsanforderung an die bordeigenen Netzwerke führen. Dies ist auf den höheren Datenverkehr, geringere Latenz, Redundanz, Skalierbarkeit und verbesserte Sicherheits- und Diagnosefunktionen zurückzuführen.

Funktionale Sicherheit

Da Fahrzeuge immer autonomer werden, steigt auch der Bedarf an funktionaler Sicherheit und erhöhter Redundanz. Immer mehr Systeme erfordern jetzt höhere ISO26262-Sicherheitsintegritätsstufen (ASIL; Automotive Safety Integrity Level), die von A und B zu den strengen C- und D-Bewertungen übergehen, da sich Fahrer immer mehr auf die Entscheidungen und Maßnahmen verlassen, die das Fahrzeug selbst trifft. Funktionale Sicherheit umfasst alle Aspekte des Designs, vom Konzept bis hin zur Stilllegung des Fahrzeugs.

Dies hat erheblichen Einfluss auf die Gesamtarchitektur des Fahrzeugs und damit auch auf das IVN. Für leistungsstarke ADAS-Funktionen wie automatische Notbremsung und adaptive Geschwindigkeitsregelung ist ein Datentransport mit geringer Latenzzeit unerlässlich. Der Einsatz von Redundanz bei Sensoren und Kommunikationspfaden sowie ausgefeilte Mechanismen zur Fehlertoleranz sind notwendig, um funktionale Sicherheit zu gewährleisten.

Zeitkritische Netzwerke (TSN) sind zwar für sicherheitskritische Funktionen in allen Fahrzeugen erforderlich, aber der Übergang zu zonalen Architekturen verstärkt diesen Bedarf noch. Die präzise Abstimmung des Timings und die Kompensation von Latenzzeiten sind entscheidend, um den korrekten Betrieb einer ADAS-Funktion zu gewährleisten, insbesondere wenn Elemente wie Bildsensoren, LiDAR-Module und Steuerelektronik über verschiedene Zonen eines Fahrzeugs verteilt sind. Selbst für Anwendungen wie die Geräuschunterdrückung mit Mikrofonen in verschiedenen Zonen ist TSN erforderlich, um effektiv zu funktionieren. Für Ethernet-Lösungen gibt es bestehende TSN-Ethernet-Protokolle, die für Fahrzeugzwecke wiederverwendet werden können.

Für Bildsensoren und Kameras unterstützen die Schnittstellen MIPI CSI-2 (Camera Serial Interface) und DSI-2 (Display Serial Interface) schnelle Daten und eignen sich daher ideal für die Übertragung großer Datenmengen innerhalb von Kamerasystemen, Displays und Infotainmentsystemen. Aber auch hier gibt es Weiterentwicklungen. So wird von der MIPI Alliance und der Automotive SerDes Alliance (ASA) eine standardisierte SerDes-Lösung entwickelt. Letztendlich wird ASA Motion Link (ASA ML) für die native Integration mit MIPI CSI-2 zugelassen. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wird auch an verbesserter Sicherheit für MIPI-Protokolle und asymmetrischem Ethernet für Kameras geforscht (Übertragung mit hoher Bandbreite, Empfang mit niedriger Bandbreite).

Aktuelle IVN-Lösungen

Onsemi ist seit über drei Jahrzehnten im IVN-Bereich tätig und bietet innovative Produkte und erstklassigen Anwendungssupport. Derzeit basiert das Angebot auf vielen der bestehenden IVN-Techniken, darunter LIN, CAN und FlexRay. In den nächsten Jahren werden verbesserte Versionen von Produkten für LIN und CAN auf den Markt kommen, während das erwartete Ende von FlexRay kaum oder gar keine Investitionen in dieses Protokoll bedeutet.

10BASE-T1S-Ethernet wird eindeutig ein Schwerpunktbereich für den Fahrzeugbau sein. onsemi hat seine ersten Produkte bereits auf den Markt gebracht und arbeitet derzeit an seinem Angebot der zweiten Generation für dieses Protokoll. Da erwartet wird, dass die meisten Fahrzeughersteller die zonale Architektur übernehmen, wird 10BASE-T1S in Zukunft ein grundlegender Bestandteil der Kommunikation im Fahrzeug sein. Dies gilt gerade für Anwendungen, die einen hohen Durchsatz, eine hohe Bandbreite und Sicherheit erfordern, z. B. ADAS-Funktionen, einschließlich des vollständig autonomen Fahrens.

Trotz der Vorteile von Ethernet im Fahrzeug werden etablierte Protokolle (wie LIN und CAN) weiterhin in Zonen verwendet, in denen die Latenz nicht kritisch ist (Öffnen der Fenster, Einklappen der Außenspiegel, Sitzpositionierung etc.). Wir beobachten jedoch bereits, dass Ethernet einen Teil des Marktanteils von CAN übernimmt und gehen davon aus, dass es bis zum nächsten Jahr die bevorzugte Kommunikationstechnik mit geringer Latenz und hoher Bandbreite sein wird. (na)

 

Min Su You

Senior Marketing Manager, Advanced Solutions Group, bei onsemi

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