Zur Durchführung der Tests wird folgendes benötigt: eine galvanisch getrennte Wechselspannungsquelle oder ein Stelltransformator, ein Wattmeter, mindestens vier Multimeter, von denen zwei über eine hochauflösende Strommessfunktion verfügen müssen, ein Oszilloskop mit Hochspannungstastkopf, eine Strommesszange, eine elektronische Last, und die Last, die letztlich an der Stromversorgung betrieben werden soll. Die Tests nehmen etwa ein bis zwei Stunden in Anspruch.
Auf einen Blick
Bei der erstmaligen Inbetriebnahme einer neuen Flyback-Stromversorgung besteht die Gefahr, dass Bauteile beschädigt werden, Funktionsstörungen auftreten oder Designfehler zutage treten. Die oben beschriebenen Tests sind geeignet, diese Risiken zu minimieren, eine neue Stromversorgung sicher hochzufahren und ihre Spezifikationen zu verifizieren. Wenn Sie sich an diese Schritt-für-Schritt-Anleitung halten, werden Sie nicht nur allgemeine Probleme lösen, sondern auch etwaige verborgene Designfehler entdecken.
Test bei niedriger Eingangsspannung
Mit einer einfachen Sichtkontrolle wird geprüft ob alle gepolten Bauteile in der richtigen Orientierung eingebaut sind. Anschließend wird die Stromversorgung zuerst einmal mit einer kleinen Eingangsspannung geprüft. Gegebenenfalls muss zuvor die automatische Unterspannungsabschaltung deaktiviert werden. In der Regel ist es hierfür erforderlich, den UV-Widerstand aus der Leiterplatte zu entfernen. Im Beispiel von Bild 1 sind die UV-Widerstände zwischen der DC-Schiene und dem M-Pin des TOPSwitch-HX-ICs von Power Integrations angeordnet. TOPSwitch-HX ist ein energieeffizientes Spannungswandler-IC mit integriertem 700-V-Leistungs-MOSFET, entwickelt für den Einsatz in Flyback-Stromversorgungen. In diesem Fall müssen die beiden in Bild 1 gelb unterlegten Widerstände entfernt und der M-Pin mit dem Source-Pin verbunden werden.
Nachdem eine relativ kleine Wechselspannung an den Eingang anlegt wurde, wird nun die Ausgangsspannung sowie die Spannung über dem Eingangskondensator gemessen. An den Ausgangsanschlüssen der Leiterplatte und den beiden Messpunkten am Eingangskondensator wird je ein Multimeter angeschlossen und auf Gleichspannungsmessung eingestellt. Bei mehreren Ausgängen werden alle außer dem geregelten Hauptausgang durch Lastwiderstände angeschlossen. Diese müssen so dimensioniert sein, dass sie den für den jeweiligen Ausgang spezifizierten Mindestlaststrom ziehen. Dadurch laden sich die Ausgangskondensatoren dieser Ausgänge nicht auf eine außerhalb der Spezifikationen liegende Spannung auf. Gemessen werden muss auch die AC-Eingangsleistung.
Vor dem Einschalten müssen Stelltransformator oder Wechselspannungsquelle auf 0 V eingestellt sein. Wird die Eingangsspannung allmählich auf etwa 10 VAC erhöht, sollte die AC-Eingangsspannung am Wattmeter beziehungsweise Eingangs-Multimeter entsprechend ansteigen. Ist dies nicht der Fall, gilt es zu überprüfen, ob die Wechselspannungsquelle richtig konfiguriert ist. Ansteigen muss auch die Spannung auf der Gleichspannungsschiene beim Anlegen der Eingangswechselspannung.
Bei Verwendung eines Wattmeters sollte die AC-Eingangsleistung nach Abklingen des Einschaltstromstoßes unter 15 mW liegen. Kommen zwei Multimeter zur Verwendung, sollte dieser Wert 10 mA nicht überschreiten. Eine höhere Eingangsleistung oder ein höherer Eingangsstrom deuten auf einen Fehler in der Schaltung hin.
Überprüfung des Startverhaltens und der Regelung
Beträgt die Eingangsleistung weniger als 15 mW muss die Eingangsspannung auf 50 VAC erhöht werden.Falls der Ausgang geregelt ist, sich im Auto-Restart-Modus befindet oder die Spannung am Ausgangsmultimeter über 0,1 V liegt, ist der Chip unbeschädigt und funktionsfähig. Die Eingangswechselspannung wird weiter erhöht bis zur spezifizierten Mindesteingangsspannung.
Zum Kontrollieren der Kurvenform des Schaltsignals am Drain-Anschluss wird die zum Drain-Anschluss führende Leiterbahn unterbrochen und zwischen Drain-Anschluss und Klemmschaltung ein Stück Draht eingefügt, damit die Strommesszange nur den MOSFET-Strom „sieht“.
Über einen 100:1-Spannungsteilertastkopf mit einer Spannungsfestigkeit von mindestens 1000 V wird das Oszilloskop an den MOSFET angeschlossen. An den Hauptausgang der Stromversorgung wird eine auf 0 eingestellte elektronische Last angeschlossen. Ein auf Spannungsmessung eingestelltes Multimeter befindet sich am Ausgang, ein zweites, auf Strommessung eingestelltes Multimeter wird in den zur Last führenden Ausgangsstrompfad eingeschleift. Das Multimeter mit der höchsten Auflösung misst den Ausgangsstrom.
Die Wechselspannungsquelle wird wieder an den Eingang der Stromversorgung angeschlossen. Stelltransformator oder die Wechselspannungsquelle müssen auf 0 V stehen. Die Spannung der Wechselspannungsquelle wird bis zur spezifizierten Mindesteingangsspannung erhöht und die Ausgangslast bis auf 25 Prozent der Volllast.
Test bei Volllast
Besitzt eine Schaltung mehrere Ausgänge müssen die Mindestlastwiderstände durch eine elektronische Last ersetzt werden. An jeden Ausgang werden zwei Multimeter angeschlossen, eines für Spannungs- und eines für Strommessung. In unserem Beispiel mit vier Ausgängen sind acht Multimeter erforderlich, von denen mindestens vier über eine hochauflösende Strommessfunktion verfügen sollten. Für die Spannungsmessungen genügt ein Multimeter, das der Reihe nach an die einzelnen Ausgänge angeschlossen wird. Um auszuschließen, dass die Ausgangsspannungen auf Werte außerhalb der Spezifikationen ansteigen, wird aus jedem Ausgang ein kleiner Strom entnommen. Die Lasten sämtlicher Ausgänge werden bis zur jeweiligen Volllast erhöht. Sind alle Ausgänge stabil und die Ausgangsspannungen innerhalb der spezifizierten Toleranzgrenzen, liefert die Stromversorgung ihre maximale Dauer-Ausgangsleistung. Es empfiehlt sich, auch den Wirkungsgrad der Stromversorgung zu überprüfen.
Messung der Drain-Spitzenspannung
Für die Drain-Spitzenspannung muss am Oszilloskop eine schnellere Zeitbasis gewählt und auf Anstiegsflanke der Drainspannung getriggert werden. Ausgehend von Triggerbetriebsart Normal wird der Triggerpegel erhöht bis das Oszilloskop gelegentlich auf die höchste Spitze der MOSFET-Drain-Spannung triggert. Anschließend wird die Eingangswechselspannung in 50-Volt-Schritten bis zur maximalen Netzspannung erhöht und die Spitzenspannung gemessen. Liegt diese über 650 VDC wird die Eingangsspannung nicht weiter erhöht, um die Sperrspannung des MOSFETs nicht zu überschreiten. Muss der Test abgebrochen werden, bevor die maximale Netzspannung erreicht ist, ist entweder die Klemmschaltung unpassend dimensioniert, oder der Transformator weist eine höhere Streuinduktivität auf.
Normalerweise startet die Stromversorgung ab einer Eingangsspannung, die zwischen den beiden Grenzwerten liegt, die durch die Toleranzen des Controllers und der UV-Widerstände bestimmt sind. Sie sollte auch starten, bevor die Eingangswechselspannung die spezifizierte Mindesteingangsspannung der Stromversorgung erreicht.
Nach dem Starten der Stromversorgung wird die Eingangswechselspannung bis zur spezifizierten Mindesteingangsspannung erhöht und der Hauptausgang voll belastet. Beim allmählichen Überlasten des Ausgangs darf die Drain-Spitzenspannung niemals die MOSFET-Sperrspannung von 650 V überschreiten. Falls doch, muss die Klemmschaltung überarbeitet werden.
Bei Erreichen der maximal zulässigen Überlastleistung versagt die Ausgangsregelung. In diesem Fall sollte die Stromversorgung automatisch neu starten oder sich dauerhaft abschalten. Bei Anzeichen von Überhitzung sollte der Test sofort abgebrochen und die Schaltung abgekühlt werden.
Zum Überprüfen der Signalformen der Drain-Spannung und des Drain-Stroms wird die Eingangsspannung bis zum spezifizierten Maximalwert bei voll belastetem Ausgang erhöht. Mit der Triggerbetriebsart Normal wird auf die Anstiegsflanke der Drain-Spannung getriggert. Der Triggerpegel wird bis auf den höchsten Wert erhöht bei dem das Oszilloskop im Normalbetrieb noch triggert. Anschließend schaltet man die Eingangswechselspannung aus und wieder ein. Diese Prozedur wird wiederholt und der Triggerpegel erhöht bis zur höchsten Spitzenspannung, die beim erneuten Einschalten der Eingangswechselspannung beobachtet wurde.
Die Kurvenform des Drain-Stroms muss hinsichtlich einer Sättigung des Transformators geprüft werden. Die linke untere Kurve in Bild 2 zeigt einen normalen Drain-Stromimpuls, der nach dem Einschalten linear ansteigt und nach dem Ausschalten innerhalb kurzer Zeit wieder abfällt. Die rechte untere Kurve zeigt einen Drain-Stromimpuls, der kurz vor dem Ausschaltzeitpunkt exponenziell ansteigt. Das deutet darauf hin, dass sich der Transformatorkern in der Sättigung befindet und keine Energie mehr speichern kann. Dadurch können die primärseitigen Ströme abrupt ansteigen, und das IC oder sonstige Bauteile auf der Primärseite der Schaltung beschädigt werden.
Die häufigste Ursache für eine Transformatorsättigung ist eine zu hohe magnetische Flussdichte im Kern. Diese lässt sich reduzieren indem die Windungszahl des Transformators erhöht oder die zulässige Fertigungstoleranz für die Primärinduktivität eingeengt wird. Das Design-Tool PI Expert für Spannungswandler-ICs von Power Integrations vergrößert die Anzahl der Primärwindungen automatisch proportional, wenn die Anzahl der Sekundärwindungen vergrößert werden. Die Flussdichte lässt sich auch durch einen höheren KP-Wert reduzieren. Die Ursache einer Transformatorsättigung ist auch auf eine zu hohe Kerntemperatur zurückzuführen.
Berechnung der Primärinduktivität des Transformators
Als nächstes wird mit dem Oszilloskop die Slew-Rate (di/dt) des Drain-Stroms im „linearsten“ Bereich der Rampe gemessen. In der Regel ist das der Bereich zwischen 25 und 75 Prozent des Maximalstroms. Gleichzeitig wird die mittlere Spannung auf der DC-Schiene gemessen. Aus diesen beiden Werten lässt sich nach der Gleichung U = L ∆i/∆t die Primärinduktivität des Transformators berechnen.
Bei der unmittelbar nach dem Einschalten des MOSFETs auftretenden Stromspitze ist meist am Anfang der Anstiegsflanke des Drain-Stroms ein Spike zu erkennen. Dieser wird durch parasitäre Kapazitäten hervorgerufen, die sich über den MOSFET schnell entladen; dieses Phänomen ist bei Schaltstromversorgungen ganz normal.
Einige Spannungswandler-ICs deaktivieren nach dem Einschalten des MOSFETs eine bestimmte Zeit den Strombegrenzungssensor. Diese „Austastung“ verhindert, dass der Spike am Anfang der Strom-Anstiegsflanke die Strombegrenzung zum Ansprechen bringt, wodurch der Stromimpuls vorzeitig beendet würde. Es kann jedoch vorkommen, dass der Spike ungewöhnlich breit ist und dann die Strombegrenzung trotz der „Austastung“ anspricht und die zum Ausgang gelangende Leistung begrenzt.
Spannung über der Bias-Wicklung
Bei einer Bias-Wicklung wird mit dem Oszilloskop die kleinste Spannung, die während eines kompletten Zyklus über dem Bias-Wicklungs-Kondensator auftritt, gemessen. Als nächstes wird die Spitzen-Umkehrspannung (PIV, Peak Inverse Voltage) über der Ausgangsdiode geprüft. Die Gleichspannung über der Diode sollte im leitenden Zustand annähernd 0 sein und beim Abschalten kurzzeitig einen negativen Wert, die Umkehrspannung, annehmen. Die größte negative Spannung, die während eines Zyklus über der Diode auftritt, wird mit der PIV-Spezifikation der Diode verglichen. Ist der gemessene Wert größer oder gleich dem spezifizierten PIV-Maximalwert, besteht die Gefahr, dass die Diode vorzeitig ausfällt. Im Interesse der Systemzuverlässigkeit ist es empfehlenswert, einen Sicherheitsabstand von 20 Prozent zwischen der gemessenen PIV und dem für die Diode spezifizierten Maximalwert einzuhalten.
Die Temperaturen aller kritischen Bauteile wie Dioden, Elektrolytkondensatoren, Gleichtaktdrosseln, Transformatorkern, Wicklungen und MOSFET/Controller-IC sollten mindestens 20 Minuten lang unter Volllast gemessen werden, sowohl bei der Mindest-Eingangsspannung als auch bei der maximalen Eingangsspannung.
Für den Test der Schaltung an der tatsächlichen Last wird zur Überwachung der Ausgangsspannung ein Multimeter an den Ausgang der Stromversorgung angeschlossen. Ist die Wechselspannungsquelle auf die spezifizierte maximale Eingangsspannung der Stromversorgung eingestellt, wird eingeschaltet. Fährt die Stromversorgung hoch und liefert die spezifizierte Ausgangsspannung an die Last wird das System hinsichtlich der spezifizierten Mindest-Eingangsspannung getestet.
Es muss geprüft werden, ob die Stromversorgung unter allen in der Praxis denkbaren Lastbedingungen korrekt arbeitet und niemals in den Auto-Restart übergeht. Sollte Letzteres der Fall sein, zieht die Last eine größere Leistung, als die Stromversorgung abzugeben imstande ist und das Design ist unterdimensioniert.
Paul Lacey
(ah)