
(Bild: Pickering Interfaces)
Eck-DATEN
Auch bei kleinen Schaltsystemen können sich Programmierfehler einschleichen, die das Potenzial haben, die Testsystem-Hardware und/oder den Prüfling zu beschädigen. Deshalb empfiehlt es sich, eine Signalpfad-Routing-Software einzusetzen, die nicht nur das Risiko von Programmierfehlern eliminiert, sondern auch die Testentwicklung beschleunigt.
Programmierbare Schaltsysteme werden routinemäßig in automatischen Testsystemen (ATE, Automatic Test Equipment) eingesetzt, um den flexiblen Anschluss von Prüflingen (DUTs, Devices Under Test) an Messgeräte, Stimulussignalquellen, Stromversorgungen, Lasten und andere Geräte wie Sensorsimulatoren zu ermöglichen. Der zunehmende Funktionsumfang von Elektronikprodukten und die gängige Praxis, mehrere Prüflinge gleichzeitig zu testen, führen zu einer immer höheren Komplexität der Schaltsysteme. Je komplexer ein Schaltsystem ist, desto komplexer gestaltet sich auch die Entwicklung von sicherer und zuverlässiger Signalrouting-Software. Selbst bei einfachen Schaltaufgaben muss sichergestellt sein, dass Kurzschlüsse oder falsch programmierte Schaltvorgänge, die den Prüfling oder das Testsystem beschädigen könnten, vermieden werden.
Ein typischer Ansatz für die Entwicklung von Software für Funktionstestsysteme ist die Verwendung einer Tabelle, die sämtliche Testschritte mitsamt den zugehörigen Geräteeinstellungen und den erforderlichen Schaltsystem-Signalpfaden auflistet. Eine genaue Kenntnis des gesamten Schaltsystems ist unerlässlich: Welches Relais an welcher physikalischen Adresse muss zu welchem Zeitpunkt und bei welchem Test geschaltet werden? Wie sind die aktuellen Zustände aller übrigen Relais, stören sich irgendwelche geschalteten Pfade gegenseitig? Der Anwender weist also das Testsystem an, welche Relais zu welchem Zeitpunkt in welcher Weise geschaltet werden müssen, damit sich die für den jeweiligen Test erforderlichen Signalwege ergeben. Aber sollte es nicht genau umgekehrt sein – das heißt der Anwender gibt einen Signalpfad vor und ein Schaltsystem konfiguriert die benötigten Schalter entsprechend?
Bild 1 zeigt ein einfaches Schaltsystem, bestehend aus drei miteinander verbundenen Schaltermodulen (oder Subsystemen), die mit einpoligen Einschalt-Relais bestückt sind. Diese Anordnung ermöglicht es, alle erdenklichen Signalpfade zwischen den Endpunkten M, N, O und P zu konfigurieren. Die Ruhekontakte K4 und K5 müssen besonders beachtet werden, da sie geschlossen sind, wenn alle Relais deaktiviert sind. Bei einer fehlerhaften Relais-Ansteuerung können leicht ungewollte Kurzschlüsse zu anderen Knoten im System auftreten. Deshalb erfordert die Systemkonfiguration größte Sorgfalt bei der Programmierung.
Das folgende Szenario zeigt drei voneinander unabhängige Signalpfade, die nacheinander geschaltet werden sollen:
- Signalpfad von M nach N (blau)
- Signalpfad von M nach O (rot)
- Signalpfad von M nach P (grün)
Wie geht man vor, worauf ist zu achten?
1. Pfad M – N: Startbedingung = Reset = alle Arbeitskontakte offen, alle Ruhekontakte geschlossen
a. Close – K1 wird geschlossen, Pfad M – N ist hergestellt
2. Pfad M – O: K1 bleibt geschlossen
a. Open K4: K4 wird geöffnet, um eine unerwünschte Verbindung mit N zu verhindern
b. Open K5: K5 wird geöffnet, um eine unerwünschte Verbindung mit P zu verhindern
c. Close K3: K3 wird geschlossen
d. Close K2: K2 wird geschlossen, der Pfad M – O ist hergestellt
3. Pfad M – P: K1, K2 und K3 sind noch geschlossen
a. Open K2: K2 wird geöffnet, um die Verbindung mit O zu unterbrechen
b. Close K5: Der Pfad M – P ist hergestellt
4. Reset: Alle Arbeitskontakte werden geöffnet, alle Ruhekontakte geschlossen
Das obige Szenario funktioniert nur dann ohne unerwünschte Kurzschlüsse, wenn die Relais-Einstellungen in der angegebenen Reihenfolge vorgenommen werden. Wenn ein Relais-Signalpfad hergestellt werden soll, ohne dass bekannt ist, in welchen Schaltzuständen sich die Relais befinden, muss das Schaltsystem vor dem Herstellen des gewünschten Signalpfads in einen sicheren Zustand versetzt werden.
Beispiel: Pfad M – P
a. Reset
b. Open K4: K4 wird geöffnet, um eine unerwünschte Verbindung mit N zu verhindern
c. Open K5: K4 wird geöffnet, um eine unerwünschte Verbindung mit P zu verhindern
Jetzt sind alle Anschlüsse voneinander getrennt, es existiert kein Signalpfad.
d. Close K1
e. Close K3
f. Close K5: Der Pfad M – P ist hergestellt
Dieses einfache Beispiel zeigt, wie komplex die Programmierung eines einfachen Schaltsystems sein kann und warum man das Gesamtsystem im Detail kennen muss. Wenn zu einem bestehenden Signalpfad ein weiterer hinzugefügt wird, ohne dass zuvor Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, sind Kurzschlüsse nahezu unvermeidlich.
Was leistet die Signalrouting-Software?
Zur Programmierung konfiguriert der Anwender einfach den Signalrouting-Software Switch Path Manager (SPM) von Pickering Interfaces, indem er alle im System eingesetzten Schaltmodule einschließlich der physischen Verbindungen zwischen diesen auflistet und die Endpunkte der Schaltpfade definiert.
Endpunkte sind Knoten an den Rändern des Schaltsystems, die mit den Messanschlüssen des Testsystems und dem Prüfling verbunden sind. Nachdem der SPM konfiguriert wurde, kann der Anwender das Schaltsystem als eine Black-Box betrachten, ohne sich um interne Relais und deren Verdrahtung kümmern zu müssen.
Zum Schalten eines Signalpfades wählt der Anwender einfach mit dem SPM-Befehl Connect den Start-Endpunkt und den (oder die) Ziel-Endpunkt(e), die miteinander verbunden werden sollen. Welche Relais wie geschaltet werden, bestimmt dann der SPM. Der SPM-Signalrouter vermeidet stets etwaige Konflikte mit bestehenden Signalpfaden oder nicht-abgetrennten Endpunkten und findet erforderlichenfalls eine alternative Route; falls dies nicht möglich ist, bricht er den Prozess mit einer entsprechenden Fehlermeldung ab.
Mit SPM in drei Schritten zum fertigen Test
- 1. Pfad M – N
a. Disconnect All: Alle Arbeitskontakte werden geöffnet, alle Ruhekontakte werden geöffnet
b. Connect M, N
2. Pfad M – O
a. Disconnect All
b. Connect M, O
Ohne einen Disconnect-All-Befehl zu Beginn der Tests würde der Befehl Connect M, O wegen der Ruhekontakte K4 und K5 nicht nur eine Verbindung von M nach O, sondern auch eine unerwünschte Verbindung von M nach N und P herstellen. Der SPM würde erkennen, dass ein an N und/oder P anliegendes Signal auch zu M und 0 geroutet würde; deshalb würde er den Pfad M zu O blockieren (nicht schalten) und eine Fehlermeldung ausgeben.
3. Pfad M – P
a. Disconnect All
b. Connect M, P
Wenn bereits ein Pfad geschaltet ist, kann ein weiterer Pfad nur dann geschaltet werden, wenn er nicht mit dem vorhandenen Pfad kollidiert; dazu die beiden Beispiele.
Möglich:
1. Disconnect All
2. Connect M, N
3. Connect O, P
Nicht möglich:
1. Disconnect All
2. Connect M, N
3. Connect O, N: Der Befehl würde nicht ausgeführt, und der SPM würde eine Fehlermeldung ausgeben.
Auch Punkt-zu-Mehrpunkt-Pfade sind möglich und können separat geschlossen und geöffnet werden:
1. Disconnect All
2. Connect M, N+P: Erwünschte Verbindung von M nach N und P
3. Disconnect M, N: Die Verbindung M – N wird unterbrochen, die Verbindung M – P bleibt bestehen.
Matthias von Bassenheim
(jj)
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