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Einblicke in den Wendelstein 7-X Fusionsreaktor. Der Rekord beim Tripleprodukt weckt Hoffnung auf einen Durchbruch bei der Fusionsforschung. (Bild: Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, Jan Hosan)

TL;DR – Zusammenfassung zum Rekord und Hintergründe im Wendelstein 7-X

Wendelstein 7-X, der weltweit größte Stellarator, hat 2025 einen neuen Weltrekord für das Tripelprodukt bei langen Plasmapulsen aufgestellt – ein entscheidender Schritt in Richtung dauerhafter Fusionsenergie. Dank innovativer Pelletinjektion und internationaler Kooperation gelingt es nun, Plasmen mit hoher Temperatur, Dichte und Energieeinschlusszeit über Dutzende Sekunden stabil zu halten. Damit demonstriert der Stellarator seine potenzielle Überlegenheit für den Dauerbetrieb gegenüber Tokamaks. Die Forschungsanlage in Greifswald prüft zentrale Fragen zur Kraftwerkstauglichkeit, Materialbelastung und Effizienz der Fusion, bleibt aber ein reines Experiment: Kommerzielle Fusionskraftwerke sind weiterhin Zukunftsmusik, aber die Tür dahin steht nun ein Stück weiter offen.

Kernfusion gilt als der Heilige Gral der Energieerzeugung – sauber, sicher und fast unerschöpflich. Doch was steckt hinter all den Schlagzeilen über Mega-Projekte wie Wendelstein 7-X, was kann die Forschung in Deutschland beitragen – und wie weit ist sie wirklich? Ein Blick auf das Herz der deutschen Fusionsforschung, das einen neuen Rekord aufgestellt hat.

Neuer Weltrekord: Was hat Wendelstein 7-X beim Tripelprodukt erreicht?

Groß war die Aufregung, als am 22. Mai 2025 eine Pressemeldung durch den Äther wanderte: Am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald wurde ein Meilenstein der Fusionsforschung erreicht. Was war genau passiert? Wendelstein 7-X (W7-X), der größte und leistungsfähigste Stellarator der Welt, erzielte im Rahmen der OP 2.3-Experimentalkampagne einen neuen Weltrekord für das sogenannte Tripelprodukt bei langen Plasmaentladungen. Über stolze 43 Sekunden hinweg wurde dieser entscheidende Fusionsparameter auf einem bislang unerreichten Niveau gehalten – und das erstmals auf Augenhöhe mit den besten Tokamaks, jedoch mit deutlich längerer Pulsdauer.

Ermöglicht wurde dieser Erfolg durch eine enge internationale Zusammenarbeit, insbesondere mit dem Oak Ridge National Laboratory (USA), das einen neuartigen Pelletinjektor beisteuerte. Dieser schoss während des Rekords etwa 90 Millimeter-große Wasserstoffpellets präzise in das Plasma und sorgte so für die notwendige kontinuierliche Brennstoffzufuhr – eine Technik, die für künftige Fusionskraftwerke essenziell ist.

Die dabei erreichten Plasmatemperaturen lagen bei über 20, in der Spitze sogar 30 Millionen Grad Celsius; die Energiebilanz wurde weiter verbessert und auch beim Verhältnis von Plasma- zu Magnetdruck wurden neue Höchstwerte gemessen. Diese Rekorde sind nicht nur Zahlenspiele, sondern markieren einen substantiellen Fortschritt: Erstmals haben die Forscher gezeigt, dass Stellaratoren bei langen Pulsen das Fusionsniveau führender Tokamaks erreichen können. Ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einem Kraftwerk mit echtem Dauerbetrieb. Aber auch erst einmal nur ein Schritt. Hier beantworten wir wichtige Fragen rund um den Wendelstein 7-X. Für Eilige geht es per Klick direkt zum entsprechenden Abschnitt.

Stellarator vs. Tokamak: Zwei Wege zur Fusion

Beginnen wir mit einem Blick in die Vergangenheit. Seit Jahrzehnten konkurrieren zwei Konzepte um die Krone der kontrollierten Kernfusion: Tokamak und Stellarator (und ja, die Trägheitsfusion gibt es auch noch). Beide verwenden starke Magnetfelder, um das extrem heiße Plasma – ein ionisiertes Gas mit Temperaturen von über 100 Millionen Grad – in einem torusförmigen Vakuumgefäß einzuschließen. Der Tokamak, das bisher am intensivsten erforschte System (ITER, JET, JT-60U), nutzt einen im Plasma selbst induzierten Strom, um die notwendige Feldverdrillung für den Einschluss zu erzeugen. Sein Nachteil: Der Betrieb ist von Natur aus gepulst und auf einige Minuten begrenzt, bevor eine neue „Zündung“ erforderlich ist.

Der Stellarator hingegen, mit Wendelstein 7-X als das prominenteste Beispiel, erzeugt alle benötigten Magnetfelder ausschließlich durch externe, komplex geformte supraleitende Spulen. Dadurch ist der Dauerbetrieb prinzipiell möglich, ohne dass ein Plasma-Strom aufrechterhalten werden muss. Die Herausforderung: Die Konstruktion und präzise Kontrolle der dreidimensionalen Magnetfeldstruktur ist weitaus anspruchsvoller als beim Tokamak.

Die jüngsten W7-X-Ergebnisse zeigen jedoch, dass dank ausgefeilter Optimierung, supraleitender Technik und internationaler Kooperation Stellaratoren nicht nur konkurrenzfähig sind, sondern könnten für den künftigen Dauerbetrieb sogar im Vorteil sein.

Fusionsanlage Wendelstein 7-X – animiert aus Konstruktionsdaten

Was ist Wendelstein 7-X? Aufbau und Funktionsweise einfach erklärt

Abgesehen von der Tatsache, dass es ein Stellarator ist, ist Wendelstein 7-X auch ein Paradebeispiel für moderne Ingenieurskunst und Grundlagenforschung. Im Zentrum steht ein etwa 16 Meter langer, donut-förmiger Torus mit einem Plasmaradius von 5,5 Metern und einem Plasmavolumen von ca. 30 m³. Das Herzstück ist das supraleitende Magnetsystem: 50 nicht-planare Spulen aus Niob-Titan erzeugen ein dreidimensional optimiertes Magnetfeld, das das Plasma in der Schwebe hält. Die Spulen werden mit flüssigem Helium auf 4 Kelvin (-269 °C) gekühlt und ermöglichen so einen praktisch verlustfreien Dauerbetrieb.

Das Plasmagefäß aus Edelstahl ist der komplexen Geometrie des Magnetfeldes angepasst und mit einem ausgeklügelten Wandschutz aus Graphit- und Kupferlegierungen ausgestattet, denn das Plasma darf auf keinen Fall die Gefäßwand berühren. Für die gezielte Abfuhr von überschüssigen Teilchen und Energie sorgt ein Divertor, der die „Abgase“ des Plasmas auf besonders robuste Prallplatten leitet.

Die Plasmaheizung erfolgt primär durch Elektronen-Zyklotron-Resonanzheizung (ECRH) mittels Mikrowellen, unterstützt durch Neutralteilcheninjektion. Moderne Diagnostiksysteme (z. B. Interferometer, Spektrometer, Kameras) ermöglichen die präzise Vermessung aller relevanten Plasmaparameter. Das gesamte System ist in einen riesigen Kryostaten und eine strahlungsgeschützte Experimentalhalle eingebettet.

Das Ziel? Den stationären Einschluss von heißem Plasma zu demonstrieren und alle technischen Hürden zur Realisierung eines künftigen Fusionskraftwerks zu identifizieren und zu überwinden. Was, wenn es gelänge, die Energieversorgung der Zukunft verändern könnte.

Technische Daten und Kennzahlen des Fusionsreaktors im Überblick

Parameter Wert
Anlagentyp Stellarator (HELIAS-Konzept, quasi-isodynamisch optimiert)
Plasmaradius (groß/klein) 5,5 m / 0,53 m
Plasmavolumen 30 m³
Plasmamasse 5-30 mg
Plasmatemperatur 20-60 Mio. °C (Spitzenwert: 130 Mio. °C)
Plasmadichte 3 × 10²⁰ Teilchen/m³ (je nach Betriebsmodus)
Magnetfeldstärke bis 3 Tesla
Heizleistung (max.) 14 MW (ECRH/Mikrowellen), plus Neutralteilcheninjektion
Entladungsdauer (maximal) bis zu 30 Minuten (theoretisch), Rekord: 8 min (2023), 43 s auf Weltrekordniveau (2025)
Energieumsatz (Rekord) 1,8 GJ (bei 360 s Plasmadauer, OP 2.3), 1,3 GJ (bei 480 s, 2023)
Tripelprodukt (n∙T∙τ) Weltrekord für lange Pulse: > Tokamak-Niveau (bei 43 s, 2025)
Plasmazusammensetzung Wasserstoff, Deuterium (kein Tritiumbetrieb)
Magnetspulen 50 supraleitende, nicht-planare Spulen (NbTi), 20 kA je Spule
Kühlung Flüssiges Helium (4 K)
Investitionskosten (bis 2021) 460 Mio. Euro, Gesamt (inkl. Standort): ca. 1,44 Mrd. €
Blick in den Vakuumbehälter von Wendelstein 7-X in Greifswald.
Blick in den Vakuumbehälter von Wendelstein 7-X in Greifswald. (Bild: Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, Jan Hosan)

Was sind die wissenschaftlichen Ziele von Wendelstein 7-X?

Wie schon angedeutet, ist das Hauptziel von Wendelstein 7-X die Demonstration, dass Stellaratoren für den Dauerbetrieb eines Fusionsplasmas geeignet sind und die von der Theorie vorhergesagten guten Einschluss- und Stabilitätseigenschaften tatsächlich praxisrelevant erreichbar sind. Besonderes Augenmerk liegt auf:

  • Langzeitstabilität: Ein heißes Plasma soll bis zu 30 Minuten stabil eingeschlossen werden können.
  • Optimierung des Magnetfeldes: Minimierung von Energie- und Teilchenverlusten durch eine ausgeklügelte, dreidimensionale Feldstruktur.
  • Divertorkonzept: Effiziente Entfernung von Verunreinigungen und überschüssigen Teilchen aus dem Plasma, ohne die Stabilität zu gefährden.
  • Material- und Komponentenforschung: Belastungstests für Wände, Divertor und Diagnostik unter realitätsnahen Bedingungen.
  • Plasma-Wand-Wechselwirkung: Untersuchung von Erosions- und Depositionsprozessen, Entwicklung von Strategien zur Minimierung von Verunreinigungen und zur Maximierung der Lebensdauer der Komponenten.
  • Kontinuierliche Brennstoffzufuhr: Erprobung von Pelletinjektion und deren Wirkung auf den Langzeitbetrieb.
  • Vergleich Tokamak/Stellarator: Experimenteller Nachweis der Praxistauglichkeit und Vorteile des Stellarator-Prinzips gegenüber dem Tokamak.

In enger Kooperation mit europäischen und internationalen Partnern werden zudem Diagnostik, Simulation und Theorie weiterentwickelt, um den physikalischen und technischen Fortschritt punktgenau zu begleiten. Dazu später mehr.



Wie wird das Plasma erhitzt und wie läuft der Langzeitbetrieb?

Die Erzeugung und Aufrechterhaltung eines Fusionsplasmas erfordert enorme Energiemengen, also wirklich enorm. Weit mehr, als ein gewöhnlicher Industriestandort bereitstellen könnte. Bei W7-X kommt vor allem die Elektronen-Zyklotron-Resonanzheizung (ECRH) zum Einsatz: Zehn Gyrotronsender liefern Mikrowellenstrahlen mit einer Frequenz von 140 GHz und einer Gesamtleistung von bis zu 14 MW. Diese werden über Spiegel gezielt ins Plasma eingekoppelt und bringen die Elektronen auf die nötige Temperatur, wodurch auch die Ionen (z. B. Wasserstoffkerne) indirekt aufgeheizt werden.

Ergänzend steht die Neutralteilcheninjektion (NBI) zur Verfügung: Wasserstoffionen werden beschleunigt, neutralisiert und als schnelle Atome ins Plasma eingebracht, wo sie durch Kollisionen zusätzliche Heizleistung liefern. Zusätzliche Heiz- und Diagnosesysteme werden fortlaufend optimiert und erweitert.

Ein entscheidender Fortschritt ist der neue Pelletinjektor, entwickelt am Oak Ridge National Laboratory. Er ermöglicht die kontinuierliche Einspeisung von gefrorenen Wasserstoffpellets (jeweils 3 mm Durchmesser, 3,2 mm Länge) mit Geschwindigkeiten von 300 bis 800 m/s ins Plasma. Durch variable Pulsraten kann das Plasma über viele Sekunden stabil "nachgetankt" werden – eine direkte Vorübung für den Dauerbetrieb künftiger Kraftwerke. Während des Weltrekords wurden 90 Pellets in 43 Sekunden präzise synchronisiert mit der Heizleistung injiziert.

Mit dieser Technik und der präzisen Abstimmung aller Betriebsparameter konnte W7-X erstmals das Tripelprodukt auf Tokamak-Niveau bringen und dabei den Puls deutlich verlängern.

Plasma-Wand-Wechselwirkungen und Materialforschung

Die Schnittstelle zwischen dem extrem heißen Plasma und den vergleichsweise kühlen Wänden der Fusionskammer ist eine der größten Herausforderungen der Fusionstechnologie. In Wendelstein 7-X werden daher umfangreiche Untersuchungen zur Plasma-Wand-Wechselwirkung durchgeführt. Dazu zählen:

  • Gezielte Gasinjektion: Helium oder Wasserstoff werden in die Plasmarandschicht injiziert, um die lokalen Plasmaparameter und das Verhalten von Verunreinigungen zu studieren.
  • Mess-Manipulatoren: Spezielle Sonden messen Temperatur, Dichte, Fluktuationen und Magnetfeldstrukturen direkt im Randplasma.
  • Materialtests: Komponenten werden gezielt dem Plasma ausgesetzt und anschließend auf Erosion und Materialablagerung analysiert.
  • Laser- und Mikrowellen-Diagnostik: Innovative Methoden erlauben die Untersuchung von Strukturen und Prozessen an der Wand.
  • Simulation und Modellierung: Experimentelle Resultate werden durch umfangreiche Computerberechnungen interpretiert und für die Entwicklung zukünftiger Kraftwerksmaterialien genutzt.

Ziel ist es, Werkstoffe und Designs zu identifizieren, die den extremen Belastungen durch Hitze, Teilchenbeschuss und Neutronen standhalte. Das ist ein kritischer Schritt auf dem Weg zum wirtschaftlichen Fusionskraftwerk.

Tripelprodukt und Lawson-Kriterium: Was sagt der neue Weltrekord in der Fusionforschung aus?

Der Schlüssel zum Erfolg in der Fusionsforschung ist das sogenannte Tripelprodukt (n∙T∙τ, Lawson-Kriterium). Es beschreibt das Zusammenspiel von Plasmadichte (n), Temperatur (T) und Energieeinschlusszeit (τ). Nur wenn das Produkt dieser drei Größen einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, kann das Plasma mehr Energie durch Fusion erzeugen, als zum Heizen aufgewendet werden muss. Sonst bringt der ganze Aufwand (langfristrig) gesehen nichts, denn wer möchte schon ein Kraftwerk, das Energie verbraucht.

Für einen Fusionsreaktor mit Deuterium-Tritium-Brennstoff liegt die Zielmarke bei etwa 3 × 10²¹ m⁻³ · keV·s. Wendelstein 7-X hat 2025 erstmals bei langen Pulsen Werte erreicht, die den besten Tokamak-Rekorden für diese Pulsdauern entsprechen, und damit eindrucksvoll die Fortschritte des Stellarator-Prinzips unter Beweis gestellt.

Die Messung des Tripelprodukts erfordert hochpräzise Diagnostik, etwa zur Bestimmung der Ionentemperatur (X-ray-Spektrometer), der Plasmadichte (Interferometer) und der Energieeinschlusszeit (verschiedene Sensoren). All diese Systeme werden am W7-X ständig weiterentwickelt, um die Grenzen des Machbaren auszuloten.

FAQ: Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um Wendelstein 7-X und Fusion

  • Wie funktioniert Wendelstein 7-X?
    Die supraleitenden Magnetspulen werden mit flüssigem Helium auf 4 K gekühlt und erzeugen ein komplexes Magnetfeld, das das Plasma stabil einschließt. Einmal eingespeister Strom kann widerstandslos zirkulieren und das Feld dauerhaft aufrechterhalten – Voraussetzung für den Dauerbetrieb.
  • Wie erzeugt ein Fusionsreaktor Strom?
    Analog zu konventionellen Kraftwerken: Die durch Fusion freigesetzte Wärme erhitzt Wasser (bzw. ein anderes Medium), der entstehende Dampf treibt eine Turbine an, ein Generator wandelt die Rotationsenergie in Strom um.
  • Wie viel Strom könnte ein Fusionskraftwerk liefern?
    Ein künftiges Fusionskraftwerk wird auf etwa 1000 Megawatt elektrische Leistung ausgelegt – ideal für die Grundlastversorgung.
  • Wie funktioniert Kernfusion in Sternen?
    In Sternen verschmelzen Wasserstoffkerne bei extrem hohen Temperaturen (über 10 Mio. °C) zu Helium, wobei gewaltige Energiemengen freiwerden. Im Labor versucht man, diese Bedingungen nachzustellen – mit Magnetfeldern statt Gravitationsdruck.
  • Hat Kernfusion radioaktive Abfälle?
    Im Unterschied zur Kernspaltung entstehen bei der Fusion keine langlebigen, hochradioaktiven Abfälle. Aktivierung entsteht primär durch Neutronen aus Fusionsreaktionen, etwa in Wandmaterialien – diese sind aber weitaus weniger problematisch als Spaltprodukte.
  • Was ist besser: Tokamak oder Stellarator?
    Jeder Ansatz hat Vor- und Nachteile. Tokamaks sind einfacher zu bauen und besser erforscht, arbeiten aber nur im Pulsbetrieb. Stellaratoren wie Wendelstein 7-X sind komplexer, ermöglichen jedoch echten Dauerbetrieb, was für Kraftwerke ein entscheidender Vorteil sein könnte.
  • Wie teuer ist so eine Anlage?
    Die Investitionskosten für Wendelstein 7-X lagen bis 2021 bei rund 460 Mio. €; einschließlich Standort, Betrieb und Personal bei etwa 1,44 Mrd. €. Zum Vergleich: ITER (Tokamak) wird auf 18–22 Mrd. € geschätzt.
  • Wo stehen die wichtigsten Fusionsanlagen?
    In Europa: Wendelstein 7-X (Greifswald, Stellarator), ASDEX Upgrade (Garching, Tokamak), ITER (im Bau, Frankreich), JET (UK, Tokamak, bis 2023). Weltweit: JT-60SA (Japan), EAST (China), KSTAR (Südkorea).
  • Wie groß ist Wendelstein 7-X?
    Plasmaradius: 5,5 m, Plasmavolumen: 30 m³, Gesamtdurchmesser der Anlage: ca. 16 m.
  • Wie weit ist die Fusionsforschung?
    Große Fortschritte, aber es bleibt noch ein weiter Weg: Ein erstes Fusionskraftwerk (DEMO) wird frühestens in 20–25 Jahren erwartet. Die jüngsten Rekorde am W7-X zeigen aber, dass die technische Machbarkeit näher rückt.
  • Kann ich den Wendelstein 7-X besichtigen?
    Ja. Nach Voranmeldung bietet das Max-Planck-Institut Führungen in Greifswald an (Mo–Fr, Gruppen und Einzelpersonen, ca. 2 Stunden, kostenlos).
In einem künftigen Fusionskraftwerk muss ein Plasma mit einem hohen Tripelprodukt (y-Achse, logarithmische Skala) über lange Zeiträume aufrechterhalten werden (x-Achse). Bisherige Fusionsexperimente erreichten hohe Werte nur bei Plasmadauern von wenigen Sekunden. Am 22. Mai 2025 erzielte Wendelstein 7-X den Weltrekord für Plasmadauern von mehr als 30 Sekunden mit einem hohen Fusionsprodukt. In dieser OP2.3-Experimentierkampagne wurden weitere Bestwerte für Plasmadauern zwischen 30 und 40 Sekunden erreicht. Tokamaks bleiben die Rekordhalter für kurze Plasmazeiten.
In einem künftigen Fusionskraftwerk muss ein Plasma mit einem hohen Tripelprodukt (y-Achse, logarithmische Skala) über lange Zeiträume aufrechterhalten werden (x-Achse). Bisherige Fusionsexperimente erreichten hohe Werte nur bei Plasmadauern von wenigen Sekunden. Am 22. Mai 2025 erzielte Wendelstein 7-X den Weltrekord für Plasmadauern von mehr als 30 Sekunden mit einem hohen Fusionsprodukt. In dieser OP2.3-Experimentierkampagne wurden weitere Bestwerte für Plasmadauern zwischen 30 und 40 Sekunden erreicht. Tokamaks bleiben die Rekordhalter für kurze Plasmazeiten. (Bild: MPI für Plasmaphysik, Dinklage et al (wird noch veröffentlicht) / X. Litaudon et al 2024 Nucl. Fusion 64 015001)

Wie wird Wendelstein 7-X finanziert und wer kooperiert?

Wendelstein 7-X wurde zu etwa 80 % aus deutschen Mitteln (Bund und Land Mecklenburg-Vorpommern) und zu etwa 20 % von der Europäischen Union finanziert. Die USA steuerten im Rahmen des „Innovative Approaches to Fusion“-Programms rund 7,5 Millionen Dollar bei, insbesondere für die Entwicklung der Pelletinjektion und Diagnostik. Weitere wichtige internationale Partner sind Institute in Frankreich, Spanien, Polen, Ungarn, Belgien, den Niederlanden und Japan.

Das Projekt wird vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik koordiniert, mit Beiträgen von Universitäten (Berlin, Greifswald, Stuttgart), Forschungszentren (Jülich, Karlsruhe), nationalen und internationalen Laboratorien. Das enge Zusammenspiel von experimenteller Forschung, Theorie und Simulation ist ein Markenzeichen der Wendelstein-Kooperationen.

Ausblick: Wie nah sind wir am funktionierenden Fusionskraftwerk?

Die jüngsten Erfolge am Wendelstein 7-X zeigen: Die kontrollierte Kernfusion rückt als Energiequelle für die Zukunft näher. Doch für wahre Euphorie gibt es noch nicht genug Gründe, denn es bleibt ein steiniger Weg. Die nächsten Schritte sind:

  • Weitere Steigerung des Tripelprodukts und der Plasmadauer
  • Systematische Erprobung aller Komponenten im Dauerbetrieb
  • Übertragung der Erkenntnisse auf den Bau eines DEMO-Kraftwerks (dem ersten Demonstrationskraftwerk, geplant ab ca. 2050)
  • Weiterentwicklung der Materialforschung, insbesondere für das sogenannte Blanket (Neutronenwandler und Wärmeübertrager)
  • Optimierung der Pelletinjektion und Brennstoffversorgung für den Dauerbetrieb

Viele Fachleute rechnen mit einem ersten, ans Netz gehenden Fusionskraftwerk frühestens in 20 - 25 Jahren. Die jüngsten Rekorde sind jedoch ein starkes Signal: Die Physik funktioniert, die Technik wird immer reifer –und der Traum von „Sonnenenergie auf Erden“ könnte noch in diesem Jahrhundert Realität werden. Neben den großen staatlichen Fusionsforschungen gibt es auch viele private Initiativen, die auch andere Ideen und Wege verfolgen.

Wie kann man Wendelstein 7-X besichtigen?

Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald bietet regelmäßig Führungen durch die Anlage an, sowohl für Gruppen als auch für Einzelpersonen (nach Anmeldung, werktags, kostenlos, ca. zwei Stunden). Dabei erhalten Besucher einen Einblick in die Technik, die wissenschaftlichen Ziele und den aktuellen Stand der Forschung. Auch online gibt es vielfältige Informationsmaterialien, Videos und Podcasts, z. B. auf den Seiten des IPP und von EUROfusion.

Diese gezielte Öffentlichkeitsarbeit soll die Akzeptanz und das Verständnis für die Fusionsforschung in der Gesellschaft stärken. Nicht zuletzt, um den langen Atem, der für diese Großprojekte nötig ist, auch politisch und gesellschaftlich zu sichern.

Quellen

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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