Bild 2: Querschnitt eines SiC-MOSFETs.

Bild 2: Querschnitt eines SiC-MOSFET (Bild: ON Semiconductor)

Wide-Band-Gap-Materialien, also Halbleiter mit breiter Bandlücke, ermöglichen gegenüber derzeitigen Halbleitertechnologien auf Siliziumbasis einen erheblichen Leistungssprung. Die große Bandgap führt zu einer höheren Durchbruchspannung und einem niedrigeren spezifischen Durchlasswiderstand RSP. Höhere Elektronensättigungsgeschwindigkeiten ermöglichen HF-Designs und einen HF-Betrieb. Geringere Leckströme und eine bessere Wärmeleitfähigkeit erleichtern den Betrieb bei hohen Temperaturen.

Eckdaten

Für die spätere Simulation von WIde-Bandgap-Halbleitern muss eine vorausschauende Modellierung zugrunde liegen. So lassen sich etwa Leistungskennzahlen optimieren und Betriebsbedingungen simulieren. Allerdings liefern viele Entwicklungsumgebungen nicht die gewünschten oder notwendigen Modelle. Die Lösung liegt für ON Semiconductor in physikalisch skalierbaren Modellen. So lassen sich beispielsweise MOSFETs modellieren.

ON Semiconductor bietet ein Ökosystem rund um Halbleiter mit breiter Bandlücke, angefangen bei SiC-Dioden über auf Robustheit und Geschwindigkeit ausgerichtete SiC-MOSFETs bis hin zu IC-Gate-Treibern für SiC-MOSFETs. Neben der Hardware gibt es auch physikalische Spice-Modelle, mit denen Entwickler die Leistungsfähigkeit der Anwendung in einer Simulation anstatt über teure Messzyklen überprüfen können.

Eine vorausschauende diskrete Modellierung ermöglicht eine Simulation auf Systemebene, mit der sich Bauelemente für Leistungskennzahlen wie etwa den Wirkungsgrad bereits auf Systemebene optimieren lassen und nicht erst auf Bauteilebene, wie etwa der RDS(on). Darüber hinaus lassen sich Betriebsbedingungen zuverlässig simulieren, die nicht im Datenblatt aufgeführt sind, etwa unterschiedliche Temperaturen, Busspannungen, Lastströme und Eingangsgatterwiderstände für Schaltanwendungen. Damit dies alles funktioniert, müssen die Modelle physikalisch fundiert, intuitiv, vorhersagend und vor allem genau sein.

Modelle im Überblick

In der Halbleiterbranche waren jahrzehntelang CAD-Entwicklungsumgebungen mit Spice-Modellen für IC-Entwickler von Bedeutung, um die Leistungsfähigkeit von Schaltkreisen genau vorherzusagen und die Fertigungszyklen mit First-Time-Right-Designs zu verkürzen. Bis heute liegen Leistungselektronik-CAD-Umgebungen aufgrund fehlender zuverlässiger Spice-Modelle noch weit hinter denen der IC-Branche. Modelle für Leistungselektronik-Bauelemente basieren auf einfachen Sub-Schaltkreisen und komplexen nicht physikalischen Verhaltensmodellen. Letztlich ist dies jedoch unzuverlässig für die Simulation.

Crss-Diagramm mit Werten eines einfachen Modells (blau), dem physikalischen Modell von ON Semiconductor (grün) und den Messdaten (rot).

Bild 1: Crss-Diagramm mit Werten eines einfachen Modells (blau), dem physikalischen Modell von ON Semiconductor (grün) und den Messdaten (rot) ON Semiconductor

Einfache Sub-Schaltungen sind zu rudimentär, um alle Leistungsmerkmale eines Bauelements angemessen zu erfassen. Bild 1 zeigt ein Crss-Diagramm, das ein einfaches Modell (blau) mit einem physikalischen Modell (grün) und Messdaten (rot) von ON Semiconductor vergleicht. Das einfache Modell kann die nichtlinearen kapazitiven Effekte nicht erfassen, was letztlich zu einer ungenauen dynamischen Schaltungssimulation führt.

Bild 2: Querschnitt eines SiC-MOSFETs.

Bild 2: Querschnitt eines SiC-MOSFET ON Semiconductor

Genauere, komplexere Verhaltensmodelle führen zu Konvergenzproblemen. Hinzu kommt, dass solche Modelle häufig in proprietären Simulator-Verhaltenssprachen wie MAST verfasst sind und daher nicht auf mehrere Simulatorplattformen übertragbar sind. Leistungselektronik-Modelle basieren im Allgemeinen nicht auf der Prozesstechnologie und dem Layout, ebenso wenig ist die Skalierbarkeit des Chip-Grundrisses offensichtlich.

Mit physikalisch skalierbaren Modellen lassen sich Modelle entwickeln, die für die gesamte Technologieplattform gelten. Es handelt sich also nicht um eine Bibliothek mit einzelnen Modellen, die mit empirischen Anpassungsparametern ausgestattet sind und letztendlich für jedes Produkt passend sind. Durch die Chipskalierung kann ON Semiconductor eine schnelle Umsetzung innerhalb einer Technologie erzielen, indem sie einfach die Layout-Parameter für einen bestimmten Chip-Grundriss auswählt.

Auf der nächsten Ebene lassen sich mithilfe der physikalisch basierten Prozessabhängigkeit innerhalb der Modelle die Auswirkungen neuer virtueller Technologieänderungen vorhersagen. Ein frühzeitiges Design hilft dabei, die technologischen Anforderungen aus der Sicht der Anwendung zu erfüllen und die Markteinführung zu beschleunigen. Zum einen verwenden Prozess- und Chipentwickler die Finite-Elemente-Chipsimulation (TCAD), zum anderen nutzen Entwickler auf Anwendungs- und Systemebene Spice-basierende Simulationsumgebungen. Die auf Prozessparametern basierenden Spice-Modelle helfen dabei, diese beiden Aspekte zusammenzuführen.

Bild 3: Schaltdiagramm des Sub-Schaltkreismodells.

Bild 3: Schaltdiagramm des Sub-Schaltkreismodells ON Semiconductor

Modellierung eines MOSFET-Kanals

Einige Elemente des Modells werden nun vorgestellt – zuerst die wichtigsten Kanalregionen. Um das Rad nicht neu zu erfinden, nutzt On Semiconductor das Berkeley-BSIM-3v3-Modell und versucht damit, einen MOSFET-Kanal zu modellieren, für den sich das BSIM-Modell gut eignet. Das Modell ist physikalisch aufgebaut und erfasst die Übergänge durch unterschwellige, schwache und starke Ladungsinversionen äußerst präzise. Darüber hinaus verfügt es über eine hohe Geschwindigkeit und Konvergenz der Eigenschaften, die auf mehreren simulierten Plattformen hinweg weit verbreitet sind.

Als nächstes müssen die Entwickler den einflussreichen Gate-Drain-Kondensator Cgd abdecken, der durch die Polyüberlappung des EPI-Bereichs entsteht. Er ist ein stark nichtlinearer Metalloxid-Halbleiter-Kondensator (MOS-Kondensator). Dessen Verarmungsbereich wird durch eine komplexe Abhängigkeit der Prozessparameter einschließlich der Dotierung, des Abstands zwischen den p-Gräben dpw und der Dicke der Epitaxieschicht gesteuert. Ein physikalisches Modell, das alle diese Effekte berücksichtigt, wird über einen Spice-agnostischen Verhaltensansatz implementiert.

Bild 4: Chip-Grundriss mit aktiven Bereich (grau) und nicht-aktiven Bereich (blau).

Bild 4: Chip-Grundriss mit aktivem Bereich (grau) und nicht aktivem Bereich (blau) ON Semiconductor

Ausgehend vom Querschnitt gibt es verschiedene Konzepte und Aufbauten bei der Skalierbarkeit des Chip-Grundrisses. Der graue Bereich ist der aktive Bereich, wohingegen der blaue, nicht aktive Bereich den Chipkanten, dem Gate-Pad und den Gate-Kanälen (Runners) zugeordnet ist (Bild 4). Physikalische geometrische Ableitungen bestimmen die Verteilung zwischen nicht aktiven und aktiven Bereichen, die für die Skalierbarkeit erforderlich sind. Dabei müssen besonders die parasitären Kapazitäten berücksichtigt werden, die sich in den Grenzregionen zwischen aktivem und nicht aktivem Bereich bilden. Sobald Chipdesigner anfangen parasitäre Kapazitäten im Layout zu ignorieren, stellt sich die Frage, ab wann man diese ignoriert. Alle vernachlässigbaren Kapazitäten summieren sich schließlich und werden zu einem Problem. Eine Skalierung lässt sich dann nicht erzielen.

SiC-MOSFETs unterstützen sehr schnelle dV/dt-Werte von etwa 50 bis 100 V/ns und dI/dt-Werte von etwa 3 bis 6 A/ns. Der intrinsiche Gate-Widerstand des Bausteins ist entscheidend, denn er kann elektromagnetische Störungen (EMI) verringern. Im Bild 4 weist das rechte Design weniger Gate-Kanäle und daher einen höheren Rg auf, um Ringing zu begrenzen. Dahingegen verfügt das linke Design in Bild 4 über viele Gate-Kanäle und daher einen niedrigeren Rg. Es eignet sich für schnelles Schalten, geht aber auch mit einem höheren RDS(on) pro Fläche einher, da die Gate-Kanäle den aktiven Bereich einnehmen.

Modellverifizierung im Detail

Bild 5: Mit dem Modell lässt sich der gesamte Bias-Bereich einschließlich der Driftregion voraussagen.

Bild 5: Mit dem Modell lässt sich der gesamte Bias-Bereich einschließlich der Driftregion voraussagen. ON Semiconductor

Bild 5 zeigt links die Ausgangsstrom-Spannungskennlinie. Das Modell sagt den gesamten Bias-Bereich genau voraus, einschließlich der Driftregion, die bei hohen Gate- und Drain-Vorspannungen begrenzt wird. Die genaue Leitungssimulation im Diagramm verdeutlicht die Kontinuität der Modelle, die für robuste Konvergenzergebnisse wichtig ist. Neben einer linearen kommt auch eine logarithmische Skala zum Einsatz, um versteckte Ungenauigkeiten und Diskontinuitäten aufzudecken.

In Bild 6 sind die die Ergebnisse für Stromspannung, RDS(on) und Schwellenspannung über einen weiten Temperaturbereich zu sehen. SiC-MOSFETs sind vor allem aufgrund ihrer stabilen Temperaturbeständigkeit interessant. Durch die hochgenaue Modellierung über der Temperatur können Entwickler diesen Vorteil voll ausnutzen.

Bild 6: Ergebnisse für Stromspannung, RDS(on) und Schwellenspannung über einen weiten Temperaturbereich.

Bild 6: Ergebnisse für Stromspannung, RDS(on) und Schwellenspannung über einen weiten Temperaturbereich ON Semiconductor

Die Ergebnisse der physikalischen Modellierung der komplexen Bauteilkapazitäten sind in Bild 7 dargestellt. Auf der linken Seite verfolgt die Crss-/Cgd-Simulation die mehrfache Änderung der Daten über mehr als zwei Größenordnungen, die nur im logarithmischen Maßstab ersichtlich sind.

Bild 7: Physikalische Modellierung der komplexen Bauteilkomponenten.

Bild 7: Physikalische Modellierung der komplexen Bauteilkomponenten ON Semiconductor

Mit genau modellierten Eigenkapazitäten und Bauteil-Layout-Parasitäten ergeben sich Schaltergebnisse, ohne dass eine zusätzliche Modellabstimmung erforderlich ist. Dieses Maß an Genauigkeit gibt Anwendungsentwicklern die Gewissheit, Wechselwirkungen zwischen Bauelementen wie dV/dt, dI/dt, Schaltverluste und EMI präzise zu simulieren. Weitere Interaktionen zwischen Gate-Treiber und Leistungsregelung lassen sich so untersuchen und optimieren.

Fazit

Es ist wichtig die unterschiedlichen Anforderungen von Anwendern an die Simulationsplattform zu erfüllen, daher ist ein agnostischer Ansatz entscheidend. Mit agnostisch ist gemeint, dass nur die Konstrukte mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner unter der Branchenstandard-Simulationssoftware verwendet werden, die sich von simulatorabhängigen proprietären Lösungen unterscheiden.

ON Semiconductor bietet verschiedene fortschrittliche WBG-Halbleiterbauelemente und Simulationsumgebungen. Dieses umfassende Angebot bildet ein Ökosystem, das es ermöglicht, das volle Potenzial neuer und aufregender Anwendungen und Systeme auf Basis von WBG-Halbleitern auszuschöpfen.

(prm)

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