Marktanalysen zufolge wird die weltweite Nachfrage nach Batterien bis 2030 voraussichtlich auf über 2000 GWh steigen. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 lag die geforderte Kapzität im Batteriesegment noch bei 185 GWh. Im Bereich Lithium-Ionen-Batterien wird eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) von 4,72 Prozent erwartet, was bis 2032 einem Volumen von 123,4 Milliarden US-Dollar entsprechen würde. Und auch wenn Lithium-Ionen-Zellen Bleibatterien (VRLA) in einigen Bereichen ersetzt haben, wächst der Markt: So soll dieser bei einer CAGR von 4,4 Prozent bis 2029 58,65 Milliarden US-Dollar erreichen. Fakt ist: Li-Ionen mit heutigem Stand sind noch immer nicht in der Lage, Bleibatterien in vielen Anwendungen sinnvoll zu ersetzen – weder technisch noch wirtschaftlich.
Lithium-Ionen- und Bleibatterien (VRLA, valve-regulated lead-acid) arbeiten mit völlig unterschiedlichen Technologien. Daher besitzen sie auch unterschiedliche Eigenschaften. VRLA-Batterien sind einfach zu beherrschen, simpel in der Wartung, ohne Einschränkungen erhältlich und gelten als sehr wirtschaftlich. Lithium-Ionen-Batterien hingegen überzeugen mit ihrer Performance hinsichtlich Zyklenfähigkeit, Lade- und Entladeleistung, Energiedichte, geringe Selbstentladungsrate und dem problemlosen Belassen im teilentladenen Zustand. Allerdings wollen diese Vorteile auch gut bezahlt sein.
Es gibt aber auch Anwendungen, die eine Koexistenz fordern und einen parallelen Betrieb beider Technologien erlauben.
Betrieb beider Technologien: Lithium-Ionen und VRLA
Begibt man sich auf die Zellebene, scheint ein gleichzeitiger Betrieb beider Technologien auf den ersten Blick unwahrscheinlich (Bild 1).
Während die Bleibatterie (hier eine AGM, Absorbent Glass Mat) eine Nennspannung von 2 V pro Zelle aufweist, verfügt die Li-Ionen-Zelle (hier eine LMO, Lithium-Manganoxid) über 3,7 V. Über den gesamten Bereich des jeweiligen Ladezustandes weist die Li-Ionen-Zelle eine fast doppelt so hohe Spannung auf wie ihr Blei-Pendant.
Bringt man jedoch die Anzahl der Zellen beider Technologien in das richtige Verhältnis, sodass sich der Spannungsbereich einer Anwendung abbilden lässt, ist es durchaus möglich, diese zusammen in einem System zu betreiben. GS Yuasa hat eine Dual-Chemistry-Lösung entwickelt, die am Beispiel einer 48-V-Applikation verdeutlicht werden soll.
Um 48 V auf Blei-Ebene zu erreichen, kommen vier 12-V/100-Ah-Frontterminal-Batterien des Typs ENL100FT (24 Zellen) zum Einsatz. Auf Lithium-Ebene werden 14 LMO-Zellen des Typs LIM50EN in Serie geschaltet.
In welcher Form die zunächst völlig unterschiedlichen Zelltypen nun zusammenarbeiten, zeigt folgendes Profil (Bild 2). Bis zu 70 Prozent der Kapazität lässt sich der LIM50EN-Batterie entnehmen, um das Spannungslevel zu erreichen, das die Bleibatterie in vollständig geladenem Zustand besitzt. Ab diesem Punkt beginnt das Entladen der Bleibatterie bis zur gewünschten Entladeschlussspannung. Das heißt also, es ist durchaus möglich, eine Lithium-Batterie und eine Bleibatterie parallel zu schalten, um eine geforderte Gesamtkapazität zu erhalten.
Anwendungsmöglichkeiten von Dual Chemistry
Von der Kombination der Vorteile beider Technologien und der optimierten Wirtschaftlichkeit profitieren u. a. die folgenden Szenarien:
Regionen mit schlechter Netzversorgung setzen häufig auf zyklische Bleibatterien zur Pufferung von z. B. 48-V-Telekom-Basisstationen. Bei mehreren aufeinanderfolgenden Stromausfällen pro Tag werden die Batterien mehrfach entladen und geladen. Je nach Charakter des Lastprofils tritt jedoch sehr oft der Fall auf, dass die relativ schlechte Ladeakzeptanz der Bleibatterie in Verbindung mit nur sehr kurzen Ladezyklen nie zu einer vollständigen Aufladung der Batterie führt. Diese dauerhafteTeilaufladung verkürzt die Lebensdauer der Batterie massiv.
Bei einer Dual Chemistry-Lösung, könnte die zyklenstarke Li-Ionen-Batterie die kurzen Zyklen abfangen und bei längeren Ausfällen die Bleibatterie unterstützen. Auch während einer kurzen Netzverfügbarkeit ist die Li-Ionen-Batterie durch die hohe Ladeakzeptanz schnell wieder geladen. Darüber hinaus kann sie in teilentladenem Zustand belassen werden. Einen Stromausfall könnte die Li-Ionen-Batterie nicht nur überbrücken, sondern im Bedarfsfall sogar die VRLA parallel mitladen. Deren Lebensdauer würde sich dadurch wesentlich verlängern und die TCO (Total Cost of Ownership) verringern.
Bei sog. Inselbetrieb in Regionen ohne Anbindung an ein öffentliches Stromnetz erfolgt die Versorgung während der Sonnenstunden mittels PV-Anlagen. Die überschüssige Energie wird für Phasen ohne Sonneneinstrahlung in einer Batterie gespeichert. Entsprechend starken Beanspruchungen unterliegt der Batteriespeicher. Aufgrund häufiger Zyklen, seltener Vollladung und hohen Umgebungstemperaturen wäre die Gebrauchsdauer einer Bleibatterie in dieser Anwendung drastisch verkürzt.
Eine reine Li-Lösung wäre zwar möglich aber unwirtschaftlich. Blickt man auf das Lastprofil einer solchen Anwendung, kommt auch hier die Batterie – je nach Stärke der Sonneneinstrahlung – mehrmals täglich für kurze Perioden zum Einsatz. Im Unterschied zu Szenario 1 wechseln sich die kurzen Ausfälle aber mehr oder weniger regelmäßig mit langen Ausfallperioden, wie z. B. wiederkehrende Regenzeiten oder die Nacht, ab. Würde hier rein auf Lithium gesetzt werden, würde ein großer Teil ihrer Kapazität nur selten genutzt werden.
Bei einem Dual-Chemistry-Ansatz könnte eine kleine projektierte Li-Ionen-Batterie wiederkehrende kurze Ausfälle puffern und lange Autonomien so lange stützen, bis die Bleibatterie einsetzt und die Pufferung übernimmt. Kehrt die Einspeisung zurück und lädt beide Batterien wieder auf, führt die hohe Ladeakzeptanz der Li-Ionen-Batterie zu einer schnellen Bereitschaft, während die VRLA genügend Zeit hat, um sich vollständig zu laden.
Qualitätsbatterien für das Dual-Chemistry-Konzept
Das Dual-Chemistry-Konzept lässt sich an eine Vielzahl von Anwendung anpassen, die den oben beschriebenen Charakter aufweisen. Bei GS Yuasa ist diese Lösung bereits verfügbar. Als einziges Unternehmen weltweit entwickelt und produziert es in relevantem Maßstab beide Technologien, was ein hohes Maß an Qualität gewährleistet. Innerhalb der jeweiligen Technologie variieren verschiedene Konstruktionsarten. Im Bleibereich gibt es sowohl verschlossene AGM-Typen als auch geschlossene Batterien mit „freier“ Säure. Bei Lithium-Ionen stehen ebenfalls unterschiedliche Zellen zur Verfügung, die je nach Anwendungsbereich mit einer maximalen Hochstromfähigkeit (high power) oder mit einer möglichst hohen Energiedichte (high energy) entwickelt wurden. (neu)