
Viele Betreiber stehen vor dem Problem, die Finanzierung der 5G-Infrastruktur mit den nur allmählich wachsenden Einnahmen aus neuen Diensten in Einklang zu bringen. (Bild: jamesteohart - stock.adobe.com)
Auch wenn 5G noch nicht alle Erwartungen erfüllt, die im Vorfeld durch den Hype der Technologie geschürt wurden, sind sich die meisten Brancheninsider einig, dass sich 5G fest in der Phase der „stillen Evolution“ des Hype-Zyklus nach Gartner befindet. Wie bei jeder größeren technologischen Umstellung sind auch beim 5G-Rollout verschiedene Herausforderungen zu bewältigen – es gibt eine Reihe von Hürden, die die Einführung von 5G jenseits verbraucherorientierter Anwendungen verlangsamt haben. Dass der Rollout langsamer als erwartet verläuft, liegt an mehreren Faktoren.
Viele Betreiber stehen vor dem Problem, die Finanzierung der 5G-Infrastruktur mit den nur allmählich wachsenden Einnahmen aus neuen Diensten in Einklang zu bringen. Die Entscheidung der meisten Betreiber, Dienste über 5G-Non-Standalone-(NSA)-Netzwerke an den Start zu bringen, mag die anfänglichen Investitionskosten minimiert haben, es fehlt jedoch weiterhin das große Mehrwertversprechen, was dazu führt, dass zusätzliche Einnahmen eher gering ausfallen. Ohne umfassendere Investitionen in Stand-Alone-(SA)-Netzwerke, mmWave und andere fortgeschrittene 5G-Technologien werden es die Betreiber schwer haben, das volle Potenzial von 5G auszuschöpfen. Dazu gehören Funktionen wie höhere Geschwindigkeiten und innovative Mehrwertdienste, beispielsweise Network-as-a-Service und Network Slicing.
Weitere Faktoren, die den Rollout beeinflussen, finden sich in der schleppend verlaufenden Entwicklung von Killer-Apps in Sektoren wie der Automobilindustrie, wo rechtliche Bedenken und das Fehlen eines regulatorischen Rahmens die Entwicklung des autonomen Fahrens – einer wichtigen Perspektive für die V2X-(Vehicle-to-Everything)-Fähigkeiten von 5G – erschwert haben.
Einer der wichtigsten Faktoren, der den 5G-Rollout bremst, ist jedoch das langsame Wachstum im Bereich IoT-Verbindungen. Prognosen eines explosionsartigen Wachstums des IoT waren maßgebliche Treiber für die Entwicklung von 5G, insbesondere wegen dessen Fähigkeiten im Bereich der Massive Machine-Type Communication (mMTC). Bislang nutzen die meisten IoT-Anwendungen jedoch weiterhin LTE-Konnektivität und verbinden sich mit 4G- Netzwerken mit EPC (Evolved Packet Core).
Um auf diese Situation zu reagieren und die Entwicklung eines 5G-IoT-Ökosystems voranzutreiben, hat das 3GPP (Third Generation Partnership Project) die 5G-Reduced-Capability-(RedCap)-Spezifikationen entwickelt. Dieser Artikel beleuchtet, wie RedCap und Extended RedCap (eRedCap) den 5G-Rollout wieder ankurbeln sollen.
Internet of Things: Erwartungen und die Realität
Insgesamt gab es bis Ende 2023 etwa 3,4 Milliarden mobile IoT-Verbindungen, und laut Prognosen soll diese Zahl bis 2029 auf über 6 Milliarden ansteigen (siehe Bild 1).

Trotz dieses vielversprechenden Wachstums zögern viele IoT-Anwendungsentwickler, die Möglichkeiten der 5G-Konnektivität voll auszuschöpfen. Die Designanforderungen im IoT-Bereich werden derzeit hauptsächlich durch LTE-Spezifikationen wie LTE Cat 4, LTE Cat 1, LTE Cat 1bis, LTE-M sowie auch den NB-IoT-Standard abgedeckt. LTE Cat 1 und Cat 1bis sind für Anwendungen ausgelegt, die mittlere Datenübertragungsraten benötigen und in der Lage sind, Videostreaming mit bis zu 10 Mbit/s im Downlink und 5 Mbit/s im Uplink zu unterstützen. LTE Cat 1bis ist die kostengünstigste, weltweit verfügbare LTE-Kategorie. LTE Cat 4 unterstützt IoT-Anwendungen, die einen höheren Datendurchsatz erfordern, mit Geschwindigkeiten, die von Dutzenden bis zu Hunderten von Mbit/s reichen. LTE-M und NB-IoT sind Standards für Low Power Wide Area (LPWA), die speziell für Anwendungen entwickelt wurden, bei denen eine lange Batterielebensdauer wichtig ist und geringere Datenraten ausreichen.
LTE-M und NB-IoT werden häufig als aufwärtskompatibel mit 5G betrachtet. Jedoch gibt es in der Praxis keine 5G-Netzwerke, mit denen sich diese Technologien verbinden könnten, und bislang hat kein Mobilfunkanbieter die erforderlichen Upgrades angekündigt, die eine Verbindung von LTE-M- oder NB-IoT-Geräten mit dem 5G-Core-Netz ermöglichen würden. Diese Technologien werden voraussichtlich weiterhin auf 4G-RAN- und 4G-EPC-Netzen verbleiben, solange Mobilfunknetzbetreiber (MNOs) beschließen, diese Netzwerke weiter zu nutzen.
Viele IoT-Anwendungen im mittleren Bereich, wie z. B. Überwachung und Steuerung in der Industrie, Sensornetzwerke, Telematik, Videoüberwachung und Wearables, benötigen nicht die Geschwindigkeit und die niedrigen Latenzen der ursprünglichen 5G-Spezifikationen. Bis zu Release 17 des 3GPP, mit dem im Juni 2022 die RedCap-Spezifikation vorgestellt wurde, hatten IoT-Anwendungen mit mittleren Datenraten keinen klaren Migrationspfad zu 5G-Netzwerken.
Wenngleich die Preise für 5G-Modems in den nächsten Jahren voraussichtlich erheblich sinken werden, wird erwartet, dass die niedrigen Kosten von LTE-Lösungen (insbesondere LTE Cat 1bis, LTE-M und NB-IoT) und die prognostizierte Langlebigkeit der LTE-Netze die Umstellung vieler IoT-Produkte auf 5G um weitere drei bis fünf Jahre hinauszögern werden.
Schauen wir uns RedCap genauer an. Die Spezifikation wurde vom 3GPP mit Release 17 und in noch stärkerem Maße mit Release 18 eingeführt, um die Lücke zur 5G-Netzwerkanbindung von IoT-Anwendungen zu schließen.
Was ist 5G RedCap?
5G RedCap baut auf den Spezifikationen von 3GPP Release 15 auf (Bild 2) und zielt auf zahlreiche IoT-Geräte ab, die nicht sämtliche der fortschrittlichen Technologien von 5G benötigen. Dadurch wird unnötige Komplexität vermieden und die Kosten werden gesenkt. RedCap ist darauf ausgerichtet, den adressierbaren Markt für 5G zu vergrößern. Es fördert die Entwicklung kostengünstiger Geräte, die im Vergleich zu aktuellen High-End-5G-Lösungen bei IoT-Anwendungen wichtige Funktionen wie niedrigere Datenraten, längere Akkulaufzeiten, weniger Komplexität und eine höhere Gerätedichte bieten.

5G RedCap unterstützt Anwendungen, die zwischen den Möglichkeiten von 5G eMBB und LTE-M liegen (Bild 3), und löst damit das Problem der Konnektivität im mittleren Datenratenbereich.

Auch wenn RedCap Release 17 die Migration von LTE Cat 1- und LTE Cat 4-Anwendungen auf 5G ermöglicht, ist es nur der erste Schritt zur Reduzierung der Kosten und der Komplexität von 5G-IoT-Verbindungen. Die Weiterentwicklung des RedCap-Standards zu eRedCap wurde kürzlich unter 3GPP Release 18 abgeschlossen und ist darauf ausgerichtet, die Anforderungen des wachsenden Markts für kostengünstige, batteriebetriebene LPWAN-Lösungen zu erfüllen, die von LTE-M- und NB-IoT-Technologien unterstützt werden (Bild 4).

5G und das IoT: Ein Ausblick auf die Zukunft
Die ersten RedCap-Geräte werden voraussichtlich 2024 im Handel erhältlich sein, während die eRedCap-Technologie zwei Jahre später auf den Markt kommen soll. Laut dem Marktforschungsinstitut ReTHINK Research[1] werden RedCap und eRedCap bis 2032-2033 30,17 Prozent aller mobilen IoT-Verbindungen ausmachen und RedCap wird dann 4G LTE als führende IoT-Plattform im Mobilfunkbereich ablösen.
Obwohl der großflächige Einsatz von 5G bei IoT-Geräten wohl noch einige Jahre auf sich warten lassen dürfte, rechnet man damit, dass erste Anwendungsfälle für 5G RedCap bereits 2024 zum Tragen kommen werden, beispielsweise im Bereich Verbraucher-Wearables und bei einigen industriellen Anwendungen. Die Einführung wird in einigen Branchen durch den Bedarf an zukunftssicheren Lösungen vorangetrieben, die gewährleisten müssen, dass Anlagen mit langen Lebenszyklen über eine kontinuierliche Konnektivität verfügen. Weitere Faktoren zugunsten der Einführung von RedCap sind die Möglichkeit, alle Dienste über denselben 5G-Kern zu betreiben, sowie die Vereinfachung der Orchestrierung und Steuerung von Services.
Aus Sicht der Netzbetreiber bietet RedCap die Chance, sowohl frühere als auch zukünftige Investitionen in die 5G-Infrastruktur zu monetarisieren, insbesondere im Hinblick auf den Übergang zu Stand-Alone-5G-Netzen. RedCap unterstützt die Migration von IoT-Verbindungen und IoT-Datenverkehr auf 5G und ist damit eine der Schlüsseltechnologien, die den 5G-Rollout beschleunigen werden. (na)