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Die Anwendungsmöglichkeiten für Embedded-KI sind vielfältig und viele Unternehmen sind sich des enormen Potenzials noch nicht bewusst. (Bild: Aitad)

Embedded-KI sind Elektroniksysteme, in denen Künstliche Intelligenz (KI) autark und lokal wirkt. Das Marktpotenzial ist enorm – unter anderem verursacht durch Mitläufertrends wie (I)IoT, entsprechende Connectivity, Security und Cloud Services. Allied Analytics schätzt den KI-Halbleitermarkt im Jahre 2030 auf über 190 Mrd. US-Dollar Volumen. Zum Vergleich: das Wachstum des AI-as-a-service-(Cloud-)Marktes wird auf fast 44 Mrd. US-Dollar im gleichen Zeitraum geschätzt. Embedded-KI ist erst am Anfang seines Entfaltungspotenzials, sodass dies im aktuellen Stadium jedem Produkt einen Unique Selling Point (USP) verpasst. Wichtig ist jedoch stets, dass Einsatz und Nutzen für Hersteller und Anwender miteinander in Einklang sind.

In der Praxis lässt sich Embedded-KI in drei wesentliche Einsatzgruppen aufteilen: funktionale Innovationen, User Interaction und Predictive/Preventive Maintenance. Ersteres ermöglicht neuartige Funktionen, die den Zielnutzen eines Produkts oder Prozesses optimieren oder gar verändern. Als zusätzliches, sich daraus ergebendes Feld wird User Interaction ausgelagert. Diese erstreckt sich von einfacher Sprach-Befehlseingabe (KWS, Keyword Spotting) über Gestenerkennung bis hin zu komplexen Mensch-Maschine-Kollaborationen wie Bedienertracking, Augentracking oder Werkstückerfassung. Als wohl größte, nicht unmittelbar sichtbare Herausforderung vieler Produkthersteller sind aktuell die typischen Wartungsthemen wie die vorausschauende Wartung oder vorbeugende Wartung anzusehen, die über einfaches Condition Monitoring hinausgehen und wirklich frühzeitige und intelligente Vorhersagen über konkrete Fehlerbilder liefern.

„Die meisten Unternehmen wissen oft gar nicht, was in ihren Produkten für Möglichkeiten stecken“, erklärt Viacheslav Gromov, Geschäftsführer des Embedded-KI-Anbieters Aitad. Das Unternehmen verfügt über ein Labor, in dem es Daten sammelt, aber auch in wenigen Stunden Hardware produzieren und für die Serie testen kann. Die meisten Kunden seien sichtlich überrascht von der Vielzahl der Möglichkeiten, Embedded-KI zu integrieren. In den Kunden-Prototypen kommen aber nur die Komponenten, die den größtmöglichen Nutzen für den Kunden und Anwender haben. „Der Embedded-KI-Markt ist teilweise noch sehr undurchsichtig. Hier braucht es definitiv noch mehr Aufklärungsbedarf – vom Management bis hin zu den Entwicklern.“

Höhere Daten- und Systemsicherheit

Cloud-KI allein ist nur ein Übergang, die Zukunft liegt bei dezentraler Verarbeitung, ist sich Gromov sicher: „Wir arbeiten am Sensor auf der Platine mit derart großen Datenmengen, dass wir sie gar nicht weiter übertragen könnten. Die KI muss die Daten direkt vor Ort weiterverarbeiten und verwerfen, um die gewollten, tiefgehenden Zusammenhänge aufzuspüren.“

Embedded-KI ermöglicht die lokale Verarbeitung großer Datenmengen, sodass das Risiko des Abfangens oder Manipulieren von sensiblen Daten sinkt. Das führt zu höherer Daten- und Systemsicherheit. Ein Gerät muss keine performante Netzwerkinfrastruktur vorhalten, um Daten verarbeiten zu können. Somit ist weniger Konnektivität erforderlich, was wiederum Produktionskosten reduziert. Embedded-KI lebt außerdem auf beschränkten Ressourcen, was Stromversorgung (auch Batteriebetrieb), Rechen- und Speicherleistung angeht. Solche Komponenten erfassen und verarbeiten die Daten sofort und können darauf in Millisekunden reagieren, was bei vielen Anwendungen ein Muss ist. Ebenso kann das Gerät Daten in Echtzeit analysieren und überträgt nur, was für die weitere Analyse in der Cloud relevant ist (Stichwort: Datenmengen reduzieren).

Individuell entwickelte Embedded-KI ist entscheidend

Der Embedded-KI-Markt ist noch weitgehend unbesetzt, wobei immer mehr Insellösungen oder niederschwellige Angebote hinzukommen. Spezifische Lösungen (oft auch closed-source) können im Einzelfall und wenn die Integration frühzeitig erfolgt, durchaus ein Gewinn fürs Unternehmen sein. Niederschwellige Softwareangebote verschiedener Halbleiterhersteller oder eher übergreifende Tools wie Edge Impulse oder NanoEdge AI sind Fluch und Segen zugleich: Sie kommen zwar schnell zum Ergebnis (teilweise dank AutoML-Funktionalität, also automatisiertem Modell-Erstellungsprozess), die gesamte, vom Verständnis des jeweiligen Entwicklers abhängige Entwicklungskette ist jedoch eingeschränkt.

Die Halbleiterindustrie bietet auch eine Reihe von auf Embedded-KI-Use-Cases wie beispielsweise auf Bildverarbeitung zugeschnittene Chips. Auch Aitad beteiligt sich an einigen Forschungsprogrammen und fördert diesen disruptiven Trend der Grundlagenforschung. Doch auch diese Diversifizierung des Hardwaremarktes bringt Verwirrung mit sich.

Gromov empfiehlt Unternehmen ganz klar einen Ansatz weg von fertigen Insellösungen. Denn diese können nur begrenzt auf die Bedürfnisse angepasst werden, mit kleineren oder größeren Abstrichen. Individuelle Systemanfertigungen hingegen haben einen viel größeren Spielraum. Das heißt herauszufinden, welches KI-Modell ins Produkt passt, wie sie sich effektiv auf Hardware umsetzen lässt, dafür die entsprechenden Systemkomponenten anhand gesammelter und ausgewerteter Daten zu entwickeln, das Ganze anhand eines Prototyps umzusetzen und in Praxis zu testen. „Das klingt nach viel Aufwand. Wenn man sich aber anschaut, wie lange das Produkt auf dem Markt ist und welche Vorteile Unternehmen und Nutzer zum Beispiel auch gerade im Bereich Preventive/Predictive Maintenance davon haben, dann lohnt sich die Investition auf jeden Fall,“ verspricht Gromov.

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