Schaltsymbol (links) und Zwei-Chip-Bauteilstruktur (rechts) des TP65H035WSQA, der einen GaN-HEMT (High-Electron-Mobility Transistor) mit einem Niederspannungs-Silizium-FET kombiniert.

Bild 1: Schaltsymbol (links) und Zwei-Chip-Bauteilstruktur (rechts) des TP65H035WSQA, der einen GaN-HEMT (High-Electron-Mobility Transistor) mit einem Niederspannungs-Silizium-FET kombiniert. (Bild: Hy-Line)

GaN-Leistungsbauelemente von Transphorm übertreffen die anspruchsvollen Zuverlässigkeitsanforderungen von Automobil- und Industrie-OEMs. Anhand von detaillierten Tests und Analysen konnte gezeigt werden, dass diese GaN-Bauelemente mindestens so zuverlässig sind wie solche aus Silizium oder anderen Materialien mit großer Bandlücke und oft sogar besser als diese.

Folgende Tests wurden am GaN-Leistungsbauelement TP65H035WSQA von Transphorm durchgeführt:

  • Produktqualifizierung
  • stark beschleunigte Lebensdauertests
  • Frühausfalltests
  • Zuverlässigkeit im Feldeinsatz

 

Die Vorteile von Leistungs-FETs auf der Basis von Galliumnitrid (GaN) mit großer Bandlücke (Wide Band Gap – WBG) sind so bedeutend, dass diese Bauelemente in anspruchsvollen Anwendungen wie beispielsweise Stromversorgungs-Subsystemen in Kraftfahrzeugen oder Stromversorgungen von Datenzentren eine immer wichtigere Rolle spielen. Dabei handelt es sich um Anwendungen mit schwierigen Betriebsbedingungen, bei denen Ausfälle aufgrund von Garantiekosten und Gefahren bei Kraftfahrzeugen oder der hohen Kosten für Ausfälle von Rechenzentren nicht toleriert werden können.

Konstrukteure müssen sicher sein können, dass neue Technologien verlässlich, robust und zuverlässig sind. Angesichts der Bedeutung von Qualität und Zuverlässigkeit auf dem Leistungs-MOSFET-Markt hat der von Hy-Line vertretene Hersteller Transphorm in seiner Designphilosophie stets den Schwerpunkt auf die Produktzuverlässigkeit gelegt.

Beispiel eines typischen GaN-Leistungsschalters

Für die hier besprochenen Tests und Analysen konzentrierte sich das Team auf den Transphorm TP65H035WSQA – ein selbstsperrendes Zwei-Chip-Design nach Bild 1 aus einem GaN-Transistor mit hoher Elektronenbeweglichkeit im Verarmungsmodus (HEMT) in Serie mit einem selbstsperrenden Niederspannungs-Silizium-FET. Die wichtigsten Spezifikationen für dieses Bauelement, das in einem TO-247-Gehäuse untergebracht und bei 175 °C nach AEC-Q101 qualifiziert ist:

Uds(min): 650 V

U(TR)DSSmax: 800 V

Rds(on)max: 41 mΩ

Zur Bewertung der Produktzuverlässigkeit gibt es vier Arten von Zuverlässigkeitsinformationen/-daten, mit denen der Konstrukteur feststellen kann, ob das Bauteil für seine Anwendung geeignet ist. Diese sind:

  • Produktqualifizierung
  • stark beschleunigte Lebensdauertests
  • Frühausfalltests
  • Zuverlässigkeit im Feldeinsatz

Produktqualifizierung von GaN-Leistungsschaltern

Zur Produktqualifizierung sind in der Branche die JEDEC JESD 47 für kommerzielle Geräte und die viel strengere Norm AEC-Q101 für Geräte der Automobilindustrie bekannt und gebräuchlich. Beide enthalten eine festgelegte Reihe von Tests, die die Komponenten bestehen müssen, beispielsweise Temperaturzyklus, Hochtemperatur-Reverse-Bias, Hochtemperatur-Gate-Bias u.v.m, bevor ein Produkt als JEDEC-qualifiziert oder Q101-qualifiziert betrachtet werden kann. Transphorm produzierte die ersten Hochspannungs-GaN-Produkte der Branche, die entweder JEDEC- oder Q101-qualifiziert waren, und erhöhte den Anspruch weiter, indem es als erster Anbieter GaN-Bauelemente für 175 °C und Q101-qualifizierte 650-V-Bauelemente und als einziger Anbieter JEDEC-qualifizierte 900-V-GaN-Bauelemente anbietet.

Hoch beschleunigte Lebensdauertests von GaN-FETs

Hoch beschleunigte Lebensdauertests (Highly Accelerated Life Testing, HALT) sind eine gut definierte Methodik zur Belastung von Geräten bis zu deren Versagen unter Bedingungen, die manchmal auch außerhalb ihrer Datenblattgrenzen liegen. Dabei werden gleichzeitig Daten über die Zeit bis zum Versagen (Time to Failure, TTF) gesammelt, sodass geeignete Modelle zur Vorhersage der Verschleißlebensdauer (auch bekannt als intrinsische Lebensdauer) angewendet werden können.

GaN-FETs sind für hohe Spannungen entwickelte laterale Bauelemente. Zwischen der Gatestruktur und dem Drain entsteht im Betrieb ein hohes elektrisches Feld, welches das Dielektrikum des Isolators mit der Zeit bis zum Ausfall verschlechtern kann. Dieser zeitabhängige dielektrische Durchschlag (time dependent dielectric breakdown – TDDB) des Dielektrikums ist ein primärer Ausfallmodus des Bauelements mit einem gut verstandenen Mechanismus. Um die Lebensdauer des Bauelements einschätzen zu können, sind Spannungs- und Temperaturbeschleunigungsfaktoren zu bestimmen, aus denen die intrinsische Lebensdauer unter normalen Nutzungsbedingungen berechnet werden kann.

Chargen von Bauteilen mit einer Nennspannung von 650 V wurden hierzu bei Spannungen zwischen 1050 und 1150 V im ausgeschalteten Zustand in Sperrrichtung getestet, bis die meisten Bauelemente ausgefallen waren. Hieraus errechnet sich nach Bild 2 eine mittlere Zeit bis zum Versagen unter den diversen Betriebszuständen.

Beschleunigung der Ausfälle bei Spannungserhöhung.
Bild 2: Beschleunigung der Ausfälle bei Spannungserhöhung. (Bild: Hy-Line)

In diesem Stadium muss ein geeignetes Modell für den Spannungsbeschleunigungsfaktor ausgewählt werden. In der Industrie ist es üblich, das Exponentialmodell AFV = e-(αΔV) zu verwenden. Der Wert von α = 0,026 wurde experimentell aus diesen Daten abgeleitet. ΔV ist die Differenz zwischen der erhöhten Spannung für den Test und der tatsächlichen Spannung in der Anwendung.

In ähnlicher Weise werden Teile bei drei verschiedenen Temperaturen bis zum Versagen getestet. Dazu wird ein Arrhenius-Modell angewandt, um die Aktivierungsenergie (Eaa) von -0,3 eV zu berechnen. Aus der experimentell abgeleiteten Aktivierungsenergie kann dann ein Temperaturbeschleunigungsfaktor AFT berechnet werden, AFT = exp [(Eaa/k) × (1/TU – 1/TA)]. TU und TA sind die Anwendungs- bzw. zur Beschleunigung erhöhte Temperatur in Grad Kelvin, während k die Boltzmann-Konstante ist.

Es wurden jetzt sechs Datensätze, also drei verschiedene Spannungen und drei verschiedene Temperaturen, alle unter beschleunigten Testbedingungen gewonnen. Die Zeit bis zum Versagen für jeden Test ist unter einem einzigen Satz von Einsatzbedingungen normalisiert, die im Allgemeinen aus dem Einsatzprofil der Anwendung abgeleitet werden.

In diesem Fall wird ein extremer Satz von Bedingungen für die Berechnung der Lebensdauer bei 650 V und 175°C bei 100% Duty Cycle gewählt. Der Gesamtbeschleunigungsfaktor AFtotal ist gleich dem Produkt aus AFT und AFV für jeden Satz beschleunigter Bedingungen. Die Zeit bis zum Versagen unter Betriebsbedingungen (TTFuse) ist gleich dem Produkt aus (AFTotal) und der Zeit bis zum Versagen unter Testbedingungen (TTFtest).

TTFuse = AFTotal x TTFtest

Die Daten aller Tests können in einem einzigen Modell kombiniert werden, das in Bild 3 zu sehen ist und als „Use Plot“ bezeichnet wird. Es zeigt die Versagenswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit von der Zeit bis zum Versagen unter Einsatzbedingungen. Es ist üblich, die Lebensdauer des Geräts so zu definieren, dass die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls 100 ppm beträgt, was in diesem Fall 106 Stunden, also über 100 Jahre Dauerbetrieb bedeutet.

Use plot: Ausfallwahrscheinlichkeit vs. Betriebszeit
Bild 3: Use plot: Ausfallwahrscheinlichkeit versus Betriebszeit. (Bild: Hy-Line)

Früh-Ausfall eines GaN-Bauteils testen

Early-Life-Failure-Tests sollten zur Berechnung des Garantierisikos innerhalb einer Anwendung verwendet werden und dienen dazu, die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls vor der Verschleißphase zu prüfen. Frühzeitiger Ausfall (Säuglingssterblichkeit) tritt typischerweise aufgrund von Defekten im Herstellungsprozess auf, die nicht erkannt und aussortiert wurden und die allgemein als „latente Defekte“ bezeichnet werden. Im Falle eines GaN-Bauteils können latenten Defekte zu einer Verzerrung des elektrischen Feldes und infolge zu beschleunigtem Ausfall an der Fehlerstelle führen.

Um einen aussagekräftigen Test zu haben, sollte versucht werden, eine viel größere Stichprobe von Bauelementen zu testen als bei den zuvor beschriebenen HALT-Tests, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass ein latenter Defekt eingefangen wird. Die verwendeten Methoden sind in der JEDEC-Norm JESD 74A, die auf der JEDEC-Website verfügbar ist, vollständig dokumentiert.

Um die Qualität des Produktionsprozesses über einen längeren Zeitraum zu beurteilen, wurden Stichproben von jeweils etwa 40 Einheiten nach dem Zufallsprinzip aus den Produktionslosen ausgewählt, bis über 2200 Muster aus einer mehrmonatigen Produktion vorhanden waren. Jedes Muster wurde dann im ausgeschalteten Zustand jeweils 500 Stunden lang bei 800 V und 85 °C beansprucht, was, wenn der Beschleunigungsfaktor angewendet wird, einer Beanspruchung jedes Bauteils über 90 Jahre bei einer Gebrauchsspannung von 520 V bei 100 % Einschaltdauer entspricht. Bei diesem Test sind keine Teile ausgefallen.

Nun kann die Zuverlässigkeit der Probe berechnet werden, wobei JESD 74A als Richtlinie verwendet wird. Frühe Lebensdauerausfälle werden üblicherweise in FITs oder in PPM/Jahr berechnet. Die Daten in Tabelle 1 zeigen sehr niedrige FIT-Raten, was eine potenziell sehr gute Zuverlässigkeit im Feld vorhersagen würde. (neu)

Frühausfälle vs. Spannung
Tabelle 1: Frühausfälle versus Spannung

Autor

Ron Barr Transphorm

Ron Barr ist Vice President of Quality and Reliability bei Transphorm.

Wolf-Dieter Roth Hy-Line Power Components

Wolf-Dieter Roth ist technischer Redakteur bei Hy-Line Power Components.

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