Vorstandsvorsitzender von Profinet & Profibus International, Karsten Schneider.

Stecker und Protokoll-Stack gehören für den Vorstandsvorsitzenden von Profinet & Profibus International, Karsten Schneider, zusammen. (Bild: Profinet & Profibus International)

Herr Schneider, wie steht denn Profibus & Profibus International zu Single Pair Ethernet?

Karsten Schneider: Natürlich sehen wir in der Technologie die Vorteile für den Anwender, wie eine vereinfachte Verkabelung. Auch haben wir von Anwendervereinigungen wie der Namur klar signalisiert bekommen, dass in der Prozessindustrie Ethernet nur über SPE im Feld in der Breite Einzug halten wird. Neben der geforderten Eigensicherheit ist die einfache Verdrahtung wie man sie heute von Feldgeräten her kennt, Voraussetzung für den Erfolg. Mit dem Ethernet-APL Projekt adressieren wir alle diese Themen in PI.

Rechtfertigt der Nutzen für die Anwender denn den Aufwand einer komplett neuen Infrastruktur für SPE?

Karsten Schneider: Das hängt sicherlich gerade am Anfang einer Technologie-Einführung immer vom einzelnen Anwendungsfall ab. Letztendlich ist es wie mit jeder neuen Technologie. Die Hürden am Anfang müssen überwunden werden, damit die Vorteile später greifen.

Kann es SPE denn bis ganz runter bis zu den Feld­geräten schaffen?

Karsten Schneider: Wie gesagt, in der Prozessautomatisierung wird es nicht ohne SPE gehen! Und sobald erstmal eine kritische Masse erreicht ist, werden auch andere Anwendungen die Vorteile nutzen wollen.

Welchen Nutzen haben denn die Anwender?

Karsten Schneider: Zum einen ist da natürlich der verringerte Installationsaufwand zu sehen. Einfachere Verkabelung, geringere Anforderungen an die Kabel und damit verbunden natürlich Kostenvorteile. Aber weniger Adern führen natürlich auch zu kleineren Steckern, welche dann wiederum kleinere Geräte erlaubt.

Wie ist der Status von Profinet SPE?

Karsten Schneider: Zum einen haben wir unsere Spezifikationen vorbereitet. Durch SPE kommen ja auch neue Geschwindigkeiten wie 10 Mbit oder später auch Gbit-Ethernet zum Tragen. Hier haben wir unsere Hausaufgaben erledigt. Aktuell steht die Anpassung unserer Testsysteme an.

Ist die Stecker-Diskussion nicht ein leidiges Thema?

 Karsten Schneider: Der Stecker gehört für PI genauso zum Gerät wie der Protokoll-Stack. Wir betrachten das in PI immer als Gesamtsystem. Im Sinne der Handhabbarkeit für den Anwender müssen wir auch diese Themen diskutieren und lösen. So verstehen wir unsere Aufgabe. Daher ist der SPE-Stecker kein leidiges Thema für uns, sondern ein wichtiges, um echte Herstellerinteroperabilität zu erzeugen. Wir haben schon vor Jahren entsprechende Arbeitsgruppen ins Leben gerufen und arbeiten kontinuierlich daran.

Was sagt denn die zuständige Arbeitsgruppe?

Karsten Schneider: Für uns gilt die Maxime: Für einen Anwendungsbereich soll es auch immer nur einen Stecker geben. Nur so können wir sicherstellen, dass Anwender nicht frustriert werden, weil Geräte von einem Hersteller sich nicht oder nur umständlich mit einem anderen verbinden lassen. Daher darf man eben nicht beim Protokoll aufhören, sondern muss das bis zum Stecker und der Verkabelung durch­deklinieren. Dessen ist sich unsere Arbeitsgruppe bewusst, und daran arbeiten deren Mitglieder.

Beim klassischen Ethernet waren wenigstens die Stecker identisch beziehungsweise kompatibel, oder nicht?

Karsten Schneider: Das werden sie auch bei SPE aus Sicht von Profinet sein. Es wird nur einen Stecker pro Anwendungsfeld für uns geben.

Welchen Stecker präferiert denn PI?

Karsten Schneider: Die unterschiedlichen Konzepte werden gerade von den Arbeitsgruppen untersucht. Danach wählen wir einen aus. Der Prozess ist fortgeschritten, die Entscheidung wird daher zeitnah erfolgen.

Gibt es eine übergeordnete Abstimmung mit der ODVA und der CLPA in der Hinsicht? Schließlich stehen alle an der gleichen Weggabelung.

Karsten Schneider: Wir sind hierzu mit anderen Organisationen im Austausch. Ich halte es für sinnvoll, wenn wir uns alle auf ein einheitliches Konzept einigen. PI ist bereit mit anderen zusammenzuarbeiten. Aber das muss natürlich jede Organisation für sich entscheiden.

Es hat lange gedauert, bis Ethernet-basierte Systeme die klassischen Feldbusse überhaupt überflügelt haben. Wird das bei SPE nicht wieder ähnlich lange dauern?

Karsten Schneider: Natürlich wird auch SPE eine Zeit für den Hochlauf brauchen, bis große Stückzahlen abgerufen werden.

Letztendlich ist es wichtig, dass die Anwender auch eine entsprechende Auswahl an Geräten von vielen Herstellern bekommen. Das benötigt Zeit. Aber da Profinet selbst sich durch SPE ja nicht ändert, wird es meiner Meinung nach schon etwas schneller gehen als damals bei der Umstellung von Profibus auf Profinet.

Wird es für die Gerätehersteller nicht wieder teuer, eine weitere Anschaltung integrieren zu müssen und damit eine weitere Gerätevariante vorzuhalten.

Karsten Schneider: Am Ende muss jeder Gerätehersteller sich selbst die Frage beantworten, welchen Markt er mit welcher Technologie angeht.

Es wird Hersteller geben, die zu einem großen Teil auf SPE setzen, andere werden eher ein gemischtes Portfolio anbieten. Ich sehe das so – SPE wird einen neuen Markt erschließen. Das ist also eine Chance für die Gerätehersteller.

Das Interview führte IEE-Chefredakteur Stefan Kuppinger.

Single Pair Ethernet: Hirschmann wechselt den Verein

Dr. Oliver Kleineberg, CTO Hirschmann Automation and Control

Dr. Oliver Kleineberg, CTO Hirschmann Automation and Control, erklärt, wie er einen Steckerkrieg vermeiden will. Hirschmann Automation

Anfang April wird es erst offiziell: Aus der im April 2019 gegründeten Technologiepartnerschaft für Single Pair Ethernet – mit Phoenix Contact, Weidmüller Interface, Reichle & Massari (R&M), Belden/Hirschmann sowie Fluke Networks als Protagonisten – wird die SPE System Alliance. Noch vor der Umbenennung hat sich ein Mitglied bereits zurückgezogen: Hirschmann Automation and Controls (HAC). Wie Dr. Oliver Kleineberg, CTO von HAC, diesen Schritt begründet.

(sk)

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