Nach wie vor stellen 01005-Bauelemente eine Herausforderung dar. Nicht nur, dass es sich dabei um einen komplexen Prozess handelt, der hochmodernes Equipment verlangt: die Yield-Raten werden auch von vor- und nachgelagerten Fertigungsschritten beeinflusst. Das hat der Elektronikfertigungs-Dienstleister Vierling Production zum Anlass genommen, den gesamten Prozess konsequent unter die Lupe zu nehmen: In Zusammenarbeit mit der Projektgruppe „01005-Prozessfenster“ um den Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS) der Universität Erlangen-Nürnberg bereitete der Elektronikfertigungs-Dienstleister im Jahr 2013 den Einstieg in die Serienfertigung in Bauform 01005 vor, um rechtzeitig fit für künftige Kundenanforderungen zu sein.

Diese Bauteile kommen vor allem in der Massenfertigung von Elektronik zum Einsatz, die seit Jahren überwiegend in Asien stattfindet. „Die Miniaturisierung in der Elektronikfertigung schreitet voran, und Vierling mischt vorne mit“, erklärt Geschäftsführer Martin Vierling. Inzwischen beginnt die 01005-Technologie auch in Europa in anspruchsvolle elektronische Baugruppen in mittleren Stückzahlen vorzudringen. „Dies ist das Marktsegment von Vierling. Zwei unserer Kunden sind 2014 mit ersten 01005-Projekten in Serie gegangen“, erläutert Martin Vierling das Engagement für die 01005-Produktion. „Durch unseren technischen Vorsprung rechnen wir schnell mit weiteren Kunden.“ Der EMS-Anbieter sieht sich als einer der 01005-Vorreiter in Deutschland, speziell für mittlere Serien mit einigen Hundert bis wenigen Tausend Stück.

Aufgrund ihrer Abmessungen (0,4 mm (L) x 0,2 mm (B) x 0,2 mm (H)) stellen 01005-Bauteile besondere Anforderungen an den Fertigungsprozess. Wichtig dabei: Die gesamte Prozesskette vom Lotpastendruck mit Schablonendesign, dem Lotpastentyp und der Lötverbindung über die Bestückung bis hin zum Reflowlöten und der Inspektion muss durchgängig 01005-fähig gestaltet sein. Und das ist alles andere als trivial: Denn wird dieses Prinzip an einer Stelle der Kette durchbrochen, steigt die Fehlerrate und der Fertigungsprozess wird unsicher, ineffizient und teuer.

01005 fehlerfrei in Serie bestücken

„Bei der Frage nach 01005-Bestückung sagen zunächst alle, das sei kein Problem“, nimmt Andreas Lebrecht, Fertigungsleiter von Vierling, Anlauf: „In Europa gibt es aber nahezu keine Elektronikfertiger, die diese Technologie in der Serienproduktion einsetzen“, erläutert er weiter. Die wichtigsten Herausforderungen seien, dass die gängigen Empfehlungen für das Pad-Design und die Bauteilabmessungen der einzelnen Hersteller voneinander abweichen, außerdem sei die Qualität der Zulieferteile höchst sensibel. Um den Prozess von Anfang an korrekt aufzusetzen, ist man bei Vierling Schritt für Schritt die gesamte Prozesskette durchgegangen und hat jeweils überprüft, welche Anpassungen vorzunehmen seien. In Ebermannstadt ging es um die vielen kleinen Anpassungen im Fertigungsprozess, die zur 01005-Einführung erforderlich sind. So wurden mehrere Hunderttausend Euro in die Ausrüstung investiert, unter anderem in einen Siplace-Bestückautomaten der X3-Serie mit 160 Feedern: „Die Anzahl der Feedersteckplätze ist ein wichtiges Kriterium und die Investitionen nicht zu unterschätzen“, begründet Andreas Lebrecht die Investition.

Der Bestückautomat von ASM Assembly Systems ist mit drei Bestückköpfen – zwei CP20 und einer CP12 – ausgestattet und kann neben winzigen 01005-Bauelementen auch alle weiteren Standard-Bauelemente bis zu einer Fläche von 18,5 mm² präzise bestücken. Leistungsmerkmale des Automaten wie beispielweise die justierbare Fördergeschwindigkeit, automatisches Finden der optimalen Bestückreihenfolge durch den Precedence Finder und programmierbare Geschwindigkeitsprofile für die Bestückköpfe ließen die Bestückplattform für den komplexen 01005-Prozess als geeignet erscheinen. Die 01005-Sonderpipetten sind selbstreinigend via Druckluft und werden automatisch auf Verschmutzungen und Verschleiß geprüft. Ein Sensor überprüft die erfolgreiche Aufnahme von Bauelementen am Bestückkopf und das korrekte Absetzen jeder Komponente auf der Leiterplatte. Das digitale Visionsystem stellt die exakte Bestückposition auf der Platine sicher.

Besonderes Augenmerk galt dem Schablonendruck, da dieser einen großen Teil der möglichen Fertigungsfehler begründet. Getestet wurden unter anderem Einflussfaktoren wie die Dicke der Schablonen oder die eingesetzte Lotpaste, um Prozessparameter zu identifizieren und zu bewerten. Beim Bedrucken von Leiterplatten ist die Schablone der Schlüssel zu einem präzisen und wiederholbaren Lotpastenauftrag: Schließlich bestimmt die Auslegung der Schablone über Größe, Form und Position der Depots, und zwar durch ihren Werkstoff und ihre Dicke sowie Größe und Form ihrer Öffnungen. Auch das Herstellverfahren beeinflusst die Ausbildung der Lotpastendepots. Zur Sicherstellung des serigrafischen Prinzips beim Lotpastendruck gilt als Erfahrungswert, dass mindestens fünf Lotkugeln nebeneinander durch die kleinste Öffnungsweite passen sollten. Für eine sichere 01005-Verarbeitung ist ein Pastentyp 4 die Mindestvoraussetzung. Noch bessere Druckergebnisse lassen sich mit Pastentyp 5 erzielen. Auch das Design der Schablone trägt entscheidend zur Prozessstabilität bei. „Deshalb muss die Schablonen-Anfertigung stets in enger Abstimmung mit dem Hersteller erfolgen“, rät Lebrecht.

Problemlos gestaltete sich hingegen der Reflowprozess. Dieser konnte sehr schnell freigegeben werden. Auch bei der AOI – Vierling setzt das AOI-System S3088-III von Viscom ein – ließ sich die Freigabe des Prozessschrittes durch die Nutzung der High-Resolution-Funktion, mit geringen Anpassungen der Prüfalgorithmen und der Integrierten Verifikation relativ einfach erreichen. Als kritisch haben sich die Nacharbeiten und Änderungen mit 01005-Bauteilen herausgestellt und sind bisher nur von wenigen Mitarbeitern realisierbar.

Die Crux mit den Leiterplatten

Viele Leiterplatten beeinflussen die Bauteilmontage negativ durch eine Wölbung und Verwindung, wobei der für 01005-Prozesse erforderliche Grenzwert von maximal 0,5 Prozent häufig nicht erreicht wird. Die Gründe dafür sind vielfältig: ein asymmetrischer Lagenaufbau, der Einsatz unterschiedlicher Materialien oder das Strecken oder Stauchen der Platine bei Prozessen oberhalb des Tg, also des Glasumwandlungstemperaturpunktes, führen hierbei zu nicht tolerierbaren Verformungen der Leiterplatten. Bei der Einführung von 01005-Prozessen sind Absprachen zwischen Fertiger und Leiterplattenhersteller etwa über Fertigungstoleranzen, Schichtdichten oder eine entsprechende Selektion der gefertigten Leiterplatten notwendig.

Auch an das Leiterplattenbild und die Stopplackmaske sind höhere Anforderungen zu stellen. So sollten die Positionstoleranzen zwischen Leiterbild und Stopplack auf ± 50 µm begrenzt werden. Alle diese Maßnahmen wie Selektionen der Leiterplatten oder zusätzliche Prozessschritte erhöhen zwar die Produktionskosten, stabilisieren aber den 01005-Fertigungsprozess und tragen insgesamt zu einer effizienteren Produktion bei. Ein weiterer Aspekt ist auch das Leiterplattenhandling. Denn für die Qualität des zuverlässigen Pastenauftrags in Drucksystemen ist die optimale Leiterplattenunterstützung entscheidend. Deshalb ist das Durchbiegen von Baugruppen während der Belastung des Druckvorgangs unbedingt zu vermeiden.

Fit für die Zukunft

„In den kommenden Jahren werden die europäischen Elektronikfertiger an einer weiteren Miniaturisierung mit 01005-Bauteilen nicht vorbeikommen“, ist sich Andreas Lebrecht sicher. „Dabei haben wir uns einen Vorsprung erarbeitet.“ An diesem Vorsprung lässt Vierling seine Kunden und interessierte Fachleute mit dem Technologietag „Electronic Engineering and Manufacturing Day“ (EED) teilhaben. Seit dem Jahr 2010 treffen sich jedes Jahr im Sommer Elektronikexperten aus ganz Deutschland, um Technologien und Trends der Branche zu diskutieren. Über 60 Besucher wohnten dem 5. EED bei, dessen Vorträge und Gespräche sich vor allem um dreidimensionale Schaltungsträger (Molded Interconnect Devices, MID), Leiterplattenfertigung in China, die Herstellung von Leistungselektronik sowie Aluminium- und Kupferdrahtbonden drehten. Zudem präsentierten Vierling und der Kunde NCP Engineering ihr aktuelles Fertigungs- und Entwicklungsprojekt.

Über dreidimensionale Schaltungsträger referierte Wolfgang Pilster, Geschäftsführer von MID Solutions. Er erläuterte Design- und Fertigungsanforderungen sowie Anwendungen der MID-Technologie. Viel Positives über Leiterplattenhersteller aus China wusste Achim Trampenau, CEO des Leiterplattenlieferanten Beratronic, zu berichten. Stimmen die Auswahlkriterien, sind in China sehr zuverlässige Hersteller zu finden, die in hoher Qualität produzieren. Herausforderungen der Leistungselektronik an die Verbindungstechnik erklärte Andreas Reinhardt, Forschungsleiter von Seho Systems. Über Aluminium- und Kupferdrahtbonden sprach Christopher Kästle vom Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS) an der Universität Erlangen-Nürnberg. Kästle ging besonders auf robuste Top-Level-Kontaktierungen von Leistungshalbleitern ein.

Georg Herrmann, Bereichsleiter Entwicklung von Vierling, berichtet auf dem 5. EED über die Fertigung und Entwicklung der NCP-Secure-VPN-Govnet-Box.

Georg Herrmann, Bereichsleiter Entwicklung von Vierling, berichtet auf dem 5. EED über die Fertigung und Entwicklung der NCP-Secure-VPN-Govnet-Box.Vierling

Ein Highlight war die Präsentation des aktuellen Fertigungs- und Entwicklungsprojekts von Vierling für NCP Engineering. Vierling fertigt und entwickelt die Hardware der NCP-Secure-VPN-Govnet-Box, einer hochsicheren VPN-Lösung für Anwendungen mit erhöhter Geheimhaltungsstufe. Die Box kommt bei Ministerien, Behörden, der Bundeswehr und Unternehmen im Geheimschutzbereich zum Einsatz. Aus der Perspektive von NCP berichtete Patrick Oliver Graf, Vice President Global Sales & Marketing, über das Projekt. Die Sicht des EMS-Dienstleisters lieferte Georg Herrmann, Leiter Entwicklung bei Vierling. „Mit Vierling haben wir die Entwicklung und die Bemusterung in Rekordgeschwindigkeit abgeschlossen“, berichtet Patrick Oliver Graf. „Darauf hat Vierling innerhalb weniger Monate mehrere Tausend Komplettgeräte gefertigt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Spionageaffären ist der Bedarf am Markt hoch.“

Kosten sparen durch umfassende Vorbereitung

Der 01005-Fertigungsprozess ist anspruchsvoll: Die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen den eingesetzten Materialien und den einzelnen Fertigungsprozessen müssen zwingend bereits in der Produktplanungsphase berücksichtigt werden, um eine spätere teure Nachbearbeitung zu vermeiden. Vierling hat konsequent die gesamte Prozesskette analysiert, um den Prozess von Anfang an korrekt aufzusetzen.

Marisa Robles Consee

ist Chefredakteurin Productronic

(mrc)

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Unternehmen

VIERLING Production GmbH

Pretzfelder Str. 21
91320 Ebermannstadt
Germany