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Die Struktur der Leiterbahn wird durch das LDS-Verfahren aufgebracht. LDS ermöglicht Elektronikbaugruppen mit flexiblen geometrischen Formen. Dank dieses Verfahrens werden Handys, Hörgeräte oder Smartwatches immer kleiner und leistungsfähiger.




(Bild: Harting)

Für elektronische Baugruppen bleibt immer weniger Platz, sodass nach Lösungen gesucht wird, um konventionelle Leiterplatten zu ersetzen. LDS ermöglicht die weitere Miniaturisierung und immer komplexere geometrische Bauformen. Das Verfahren ist prozessstabil und zuverlässig und hat sich auch in besonders qualitätskritischen Bereichen wie der Medizintechnik oder bei sicherheitsrelevanten Komponenten für die Automobilindustrie durchgesetzt.

Die Laserdirektstrukturierung macht 3D-MID-Baugruppen (Mechatronic Integrated Devices) möglich. Durch 3D-MID lassen sich elektronische Bauteile direkt auf einen dreidimensionalen Grundkörper bestücken, ohne Leiterplatten und Verbindungskabel. Der Grundkörper wird im Spritzgussverfahren hergestellt, wobei der thermoplastische Kunststoff mit einem nichtleitenden, anorganischen Additiv versehen wird.

Damit das Kunststoffmaterial elektrische Leiterbahnen aufnehmen kann, werden die Additive im Material durch die Laserstrukturierung „aktiviert“. Dabei beschreibt der Laserstrahl die für die Leiterbahnen vorgesehenen Flächen und es entsteht eine mikroraue Struktur. Die freigesetzten Metallpartikel bilden die Kerne für die anschließende chemische Metallisierung. So werden auf den vom Laser markierten Flächen elektrische Leiterbahnen aufgebracht. Die anderen Bereiche des dreidimensionalen Grundkörpers bleiben unverändert. Das Kunststoffbauteil kann anschließend wie eine herkömmliche Leiterplatte in Standard-SMD-Prozessen bestückt werden und ist auch für den Lötprozess im Reflow-Ofen geeignet.

Flexibel einsetzbare Lasertechnik

Harting 3D-MID ist der nach eigenen Angaben der größte Lieferant von 3D- MID-Komponenten außerhalb Asiens. Für das LDS-Verfahren setzt das Unternehmen Hochleistungs-Lasersysteme mit drei parallel arbeitenden Lasern ein, die jeweils um 45 Grad versetzt angeordnet sind. Durch die zusätzliche Drehachse lassen sich Bauteile durch den Laser gleichzeitig von allen Seiten in 360 Grad bearbeiten. Diese Technik ermöglicht flexible geometrische Formen, wie bei Reflektorschalen oder für LED-Leuchten. Trotz der geringen Leiterbahnstärke von 16 bis 20 μm eignen sich die Leiterbahnen für anspruchsvolle Automotive-Komponenten oder für Anwendungen mit Stromstärken bis 10 A, zum Bespiel für Heizwendeln bei Kameras, die ein Beschlagen der Optik verhindern.
Häufige Änderungen während der Elektronikentwicklung oder neue Bauteile mit veränderten Abmaßen führen bei der konventionellen PCB-Herstellung zu aufwändigen Anpassungen. Das Laserlayout lässt sich durch Eingaben in der Steuerungssoftware des Lasers dagegen sehr flexibel anpassen. Änderungen im Spritzguss sind dafür nicht notwendig.

3D-MID-Baugruppen von Harting

Im Vergleich mit herkömmlichen Verfahren ist auch die Herstellung von Prototypen bei LDS einfacher. Harting kann die Kunststoffgrundkörper mit Hilfe von LDS-fähigem Material im 3D-Druck herstellen. Zum Einsatz kommt auch ein Spritzguss mit kostengünstigen Prototypen-Werkzeugen.

Neue Trends beim LDS-Verfahren

Die LDS-Technologie wurde in den letzten Jahren gleich in mehreren Bereichen verbessert und weiterentwickelt:

  • Der Arbeitsbereich der Laser wurde von 160 x 160 x 80mm auf 200 mm x 200 mm x 80 mm vergrößert, was eine höhere Packungsdichte oder die Bearbeitung noch größerer Teile ermöglicht.
  • Die Arbeitsgeschwindigkeit des Lasers konnte durch Optimierung der Servo-Einheiten und Spiegeln für die Führung des Laserstrahls auf 4 m/s verdoppelt und die Bearbeitungszeit somit deutlich verringert werden.
  • Die Verbesserung der Optiken ermöglicht neben einem Laser mit einem Durchmesser von 100 μm auch einen Laser mit einem Feinfokus von 50 μm für die Bearbeitung noch kleinerer Strukturen.

Harting ist nach eigenen Aussagen der einzige 3D- MID-Produzent weltweit, der ein Lasersystem mit drei Feinfokus-Optiken von 50 μm hat. Durch den Feinfokus-Laser werden nochmals geringere Leiterbahnabstände erreicht. So ist auf dem gleichen Bauteil eine größere Anzahl an Leiterbahnen erstellbar und eine höhere Packungsdichte erreichbar. Sie wird u.a. für Sicherheitstechniken genutzt, weil die eng nebeneinanderliegenden und verschlungenen Leiterbahnen selbst bei kleinsten physischen Eingriffen Sicherheitsalarme auslösen.

Fortschritte beim Material und bei der Wirtschaftlichkeit

Für das LDS-Verfahren sind nur ausgewählte thermoplastische Kunststoffe zertifiziert und ab Lager verfügbar. Weitere Verbesserungen des Verfahrens betreffen kundenspezifische Anpassungen beim Kunststoff-Material:

  • Harting nutzt ein Verfahren, um auch nicht zertifizierte Werkstoffe durch LDS-Additive MID-tauglich zu machen.
  • Durch Farbpigmente und spezielle LDS-Additive lassen sich bei MID-Kunststoffen spezifische RAL- oder Pantone-Farbtöne erreichen.
  • Durch die Auswahl geeigneter Additive können je nach Frequenzbereich auch besondere RF-Eigenschaften erzeugt werden.

Um die Wirtschaftlichkeit des Herstellprozesses weiter zu verbessern, setzt das Unternehmen auf die Automatisierung durch Robotersysteme. Die LDS-Lasersysteme sind mit einem Rundschalttisch ausgerüstet, damit ein Bauteil eingelegt bzw. entnommen werden kann, während ein anderes Bauteil noch bearbeitet wird. Robotertechnik automatisiert das Zuführen und Entnehmen. So wird der Durchsatz und die Autonomie erhöht und eine Integration in automatisierte Produktionsabläufe ermöglicht. Einen weiteren Automatisierungsschritt nutzt der Dienstleister beim Spritzgussverfahren. Auch hier übernimmt ein Roboter das Entnehmen von Spritzgussteilen. Der Robotereinsatz erhöht zudem die exakte Reproduzierbarkeit der Prozesse und verbessert damit auch die Produktqualität.

BU_3_Sicherheitskappe

Die Sicherheitskappen für Zahlungsterminals schützen das Auslesen von Kreditkarteninformationen. Die 3D-MID Kappen schützen die Elektronik mechanisch und elektronisch vor unautorisiertem Zugriff. Eine hochpräzise Mäanderstruktur detektiert jeden noch so kleinen Eingriff und verhindert somit den Datendiebstahl. Das Bild veranschaulicht die Flexibilität des Bauteilträgers,bei dem die Komponenten auf unterschiedlichen Flächen bestückt sind. Harting

Weiteres Wachstum für 3D-MID

Harting berichtet von steigenden Anfragen für MID-Projekte und hat den Geschäftsbereich 3D-MID durch Investitionen in den Maschinenpark und durch die Übernahme der Geschäftstätigkeiten eines Wettbewerbers weiter ausgebaut. Zum weiteren Wachstum tragen auch innovative Eigenprodukte bei. Das Unternehmen hat basierend auf der 3D-MID-Technologie einen Bauteilträger entwickelt, der direkt mit elektronischen Bauteilen bestückt werden kann und somit flexible Leiterplatten ersetzt. Der Bauteilträger kann anstelle der Flex-Leiterkarte direkt mit elektronischen Bauteilen bestückt werden und somit bis zu zwei Drittel der Kosten einsparen. Der Kostenvorteil ergibt sich durch den Wegfall des oft komplexen Handlings flexibler Leiterplatten wie bestücken, kleben und montieren. Das Verfahren ist selbst bei kleinen Stückzahlen im Vorteil, da der Bauteil-Träger unverändert für unterschiedliche Anwendungen genutzt werden kann und keine Kosten für ein neues Spritzgusswerkzeug entstehen. Im Vergleich zu Flex-Leiterplatten werden auch eine präzisere Positionierung der Bauteile und eine größere Wiederholgenauigkeit erreicht.
Der mit diesem Verfahren entwickelte Bauteil-Träger ist flexibel für unterschiedliche Anwendungen einsetzbar. So ist er mit mehreren Sensoren bestückbar, die zum Bespiel für eine Messung in drei Achsen (X, Y, Z) in drei Richtungen ausgerichtet werden. Die Bauteile lassen sich gleichzeitig auf zwei parallele Flächen auf der Vorder- und der Rückseite, sowie auf der Stirnfläche aufbringen. Für den Bauteil-Träger hat Harting ein Patent angemeldet.

Der mit diesem Verfahren entwickelte Bauteil-Träger ist flexibel für unterschiedliche Anwendungen einsetzbar. So kann er mit mehreren Sensoren bestückt werden, die zum Bespiel für eine Messung in drei Achsen (X, Y, Z) in drei Richtungen ausgerichtet werden. Die Bauteile können gleichzeitig auf zwei parallele Flächen auf der Vorder- und der Rückseite, sowie auf der Stirnfläche aufgebracht werden. Für den Bauteil-Träger hat Harting ein Patent angemeldet.

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Elektronische Bauteile können direkt auf den neuen Bauteil-Träger automatisch bestückt werden. Das oft komplexe Handling flexibler Leiterplatten entfällt. Die Kosten sind dadurch um bis zu zwei Drittel geringer. Harting

Bauteil-Träger ersetzt flexible Leiterplatten

Der Bauteil-Träger dient als Verbindungselement zwischen der Leiterplatte (PCB) und elektronischen Bauteilen, wie LEDs, ICs, Fotodioden oder Sensoren. Die be-stückten Bauteil-Träger werden in Blister-Gurten auf Rollen (Tape & Reel) ausgeliefert und lassen sich als Standardbauform, wie andere SMD-Elektronikkomponenten, durch eine automatische Bestückung verarbeiten. Aktuell gibt es  zwei verschiedene Baugrößen, auf denen Elektronikkomponenten mit der Standardbaugröße SOIC-8 und kleiner bestückt werden können.

BU_5_Bauteilträger klein groß

Die kleinere Bauform des Bauteilträgers ist für Komponenten der Größe SOT23 und kleiner vorgesehen – mit den filigranen Abmessungen von ca. 5x4x3mm. Harting

Anwendungen für den Bauteil-Träger

Bauteile im 90°-Grad Winkel zur Leiterplatte: Der Bauteil-Träger ist geeignet, wenn elektrische Komponenten wie Sensoren rechtwinklig zur Leiterplatte positioniert werden sollen. Der automatische Bestückungsprozess ermöglicht eine hohe Genauigkeit in der Platzierung der Temperatur- und Hallsensoren, was zu exakten, wiederholgenauen Messresultaten führt. Ein weiteres Anwendungsbeispiel sind optische Komponenten wie LEDs oder Fotodioden zur Realisierung von präzisen Lichtschranken.

Abstand zur Leiterplatte: Der Bauteil-Träger ermöglicht auch einen Abstand zwischen der Leiterplatte und einem elektronischen Bauteil. Ein Temperatursensor ist somit für die Temperaturmessung im Gehäuse einsetzbar, ohne dass das Messresultat durch die Abwärme von weiteren Komponenten auf der PCB beeinflusst wird. Eine LED lässt sich auf diese Weise in einem Abstand zur Leiterkarte platzieren, wodurch mögliche Schattierungen umliegender Komponenten vermieden werden.

Antennenfunktion: Der Bauteil-Träger ist mit verschiedenen Grundpolymeren herstellbar. Dabei können elektrische Eigenschaften, wie Dielektrizitätskonstante und Verlustfaktor der Materialien berücksichtigt werden, die für Antennen geeignet sind. Das anwendungsspezifische Antennenlayout kann für diverse Applikationen im MHz und GHz-Frequenzbereich verwendet werden, wie Bluetooth, WiFi, ZigBee oder 5G.

Harting nennt als weiteren Vorteil des Bauteil-Trägers die geringe Projektlaufzeit bis zur Auslieferung fertiger Komponenten. Da der Kunststoffträger unverändert bleibt, reichen Vorgaben zur Platzierung der Elektronikbauteile. Die Experten für 3D-MID erstellen daraus einen fertigungsoptimierten Layout-Vorschlag. Für die Anpassung der elektrischen Leiterbahnen an die jeweilige Anwendung reicht eine Anpassung des Laserprogramms aus. Die Auslieferung der ersten Muster aus der Fertigung ist nach Freigabe durch den Kunden und der Anlieferung der Komponenten innerhalb von zwei bis drei Wochen möglich – falls nötig auch schneller.

Über HARTING 3D-MID

Harting 3D-MID aus Biel/Schweiz bietet die vollständige Wertschöpfungskette für 3D-MID-Technologien unter einem Dach, einschließlich Entwicklung/Prototyping von kundenspezifischen Produkten, Spritzguss, Laserdirektstrukturierung, Metallisierung, Aufbau- und Verbindungstechnik sowie Endprüfung. Kerngeschäft ist die Produktion mechatronischer Komponenten für Automobilbau, Industrie, Medizintechnik und Sensorik. Harting ist laut eigenen Angaben der größte Lieferant von 3D-MID-Komponenten außerhalb Asiens. Das Unternehmen ist ein Geschäftsbereich der Harting Technologiegruppe mit Sitz in Espelkamp.

Dirk Rettschlag

(Bild: Harting AG)
Project Manager & IE MID, Harting AG

(pg )

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