Al-S bleifreie Röhrenlote ermöglichen jetzt ein direktes Weichlöten von Aluminiumlegierungen und weiteren schwer benetzbaren Werkstoffen – ohne spezielle Vorbehandlungen oder Anlagentechnik. Elsold

Al-S bleifreie Röhrenlote ermöglichen jetzt ein direktes Weichlöten von Aluminiumlegierungen und weiteren schwer benetzbaren Werkstoffen – ohne spezielle Vorbehandlungen oder Anlagentechnik. (Bild: Elsold)

Besonders im Hinblick auf das Leichtbaupotenzial stellt Aluminium als Leiterwerkstoff mit seiner niedrigen Dichte von 2,7 g/cm³ und der guten elektrischen Leitfähigkeit von 37,7·106 A/Vm eine potenziell attraktive Alternative zu Kupfer dar. Kupfer hat eine Dichte von 8,92 g/cm³ und eine Leitfähigkeit von 58,1·106 A/Vm. Davon profitieren können Anwendungen in der Hochfrequenz­technik, im Mobilfunk sowie in weiteren Antennen­systemen, aber auch Transformatoren, Kühlstrukturen und der Automotive-Sektor. Hinzu kommen die im Vergleich zu Kupfer geringeren Kosten (1350 €/ t Aluminium; 5070 €/ t Kupfer; Stand Februar 2016) sowie geringere Preisschwankungen.

Nachteile zeigt Aluminium in der Verarbeitbarkeit in Fügeprozessen. Die deutlich stabileren Oxidschichten sprechen gegen das Weichlöten als Fügetechnologie unter Verwendung konventioneller Lotmaterialien bzw. in entsprechenden Lötprozessen.

Zur Beseitigung dieser stabilen Oxidschichten benötigt man daher in der Regel hoch aktive Flussmittel. Bislang verfügbare Flussmittel für das Aluminiumweichlöten sind in der Regel den Klassen INH1 oder ORH1 zuzuordnen. Beide Klassen bergen ein hohes Korrosionsrisiko. Die höchste Aktivität beim Löten von Aluminium weisen im Allgemeinen INH1-Flussmittel auf, sie erfordern jedoch häufig hohe Löttemperaturen von über 400 °C. Außerdem sind diese hochaktiven Flussmittel nicht in den sonst üblichen Flussmittelapplikationsformen wie Pasten oder Röhrenlote erhältlich. Harzbasierte (ROH1 oder REH1) Flussmittel haben durch die schutzschichtbildende Wirkung der Harze grundsätzlich einen besseren Korrosionsschutz, sind bzw. waren bis jetzt aber nicht kommerziell verfügbar. Alternativ nutzbare Lösungen, wie ultraschallunterstützte Lötprozesse ermöglichen zwar ein flussmittelfreies Löten und vermeiden damit das Korrosionsrisiko, erfordern aber eine spezielle Anlagentechnik und spezielle Lotlegierungen. Sie sind daher in der Industrie nur gering verbreitet.

Neue Flussmittel mit verbessertem Korrosionsschutz

Um das hohe Risiko der Korrosion zu verringern, haben die Spezialisten bei Esold ein neues Röhrenlotflussmittel auf Harzbasis (ROH1) entwickelt, das die Bezeichnung Al-S trägt. Die Herausforderung bestand darin, spezielle Rezepturen und Herstellprozesse zu finden, welche die verschiedenen, hochreaktiven Komponenten sicher und dauerhaft kombiniert. Nur so lassen sich eine wirtschaftliche Fertigung, eine dauerhafte Lagerfähigkeit und ein zuverlässiger Einsatz sicherstellen.

In einer zweiten Produktlinie wurde mit Al-P eine Flussmittelrezeptur mit gesteigerter Aktivität entwickelt, die in Pastenform verfügbar ist und sich selbst für schwierigste Lötaufgaben eignet. Das sind beispielsweise magnesiumhaltige Aluminiumlegierungen mit einer noch stabileren Oxidschicht. Hier kommen lotbildende Zinnsalze (INH1) zum Einsatz, die es ermöglichen die Oxidschichten zu entfernen und eine direkte Benetzung mit einer Zinnschicht zu realisieren. Grundlage bilden bekannte Rezepturen aus der langjährigen Forschung mit Aluminiumflussmitteln. Durch die innovative Kombination verschiedener Salze konnten die bisher sehr hohen Mindestlöttemperaturen von ca. 400 °C auf ca. 235 °C reduziert werden. Dies vereinfacht die Gestaltung der Lötprozesse und vermindert gleichzeitig die dabei auftretenden thermischen Belastungen.

Gutes Löt- und Benetzungsverhalten

Benetzungsflächen von SAC305 in Kombination mit 10 % Al-P und 3,5% Al-S auf Aluminiumlegierungen und als Vergleich typische ROL0/REL0 Flussmittel (mit SAC305) und REH1 Flussmittel (mit SC07) auf Kupfer (Löttemperatur jeweils 252 °C, je 0,4 g Lot) Elsold

Benetzungsflächen von SAC305 in Kombination mit 10 % Al-P und 3,5% Al-S auf Aluminiumlegierungen und als Vergleich typische ROL0/REL0 Flussmittel (mit SAC305) und REH1 Flussmittel (mit SC07) auf Kupfer (Löttemperatur jeweils 252 °C, je 0,4 g Lot) Elsold

Um das Löt- bzw. Benetzungsverhalten zu charakterisieren und ins Verhältnis zum Kupferlöten zu setzen, erfolgten Benetzungsversuche bei 252 °C mit der bekannten Lotlegierung SAC305 und den Flussmitteln Al-S und Al-P. Als Grundwerkstoffe wählte man Reinaluminium Al99.5 – prädestiniert als Leiterwerkstoff –, sowie die magnesiumhaltige Aluminiumlegierung 6061 als schwer lötbare Variante.

Auf Reinaluminium bieten sowohl die Flussmittelpaste Al-P als auch das Röhrenlot mit Flussmittel Al-S eine gute Benetzung (Benetzungswinkel < 30 °). Die Benetzungsflächen ähneln denen von niedrig aktivierten Flussmitteln auf Kupfer, wie sie überwiegend bei Röhrenloten in der Industrie etabliert sind. Somit ist davon auszugehen, dass das Benetzungsverhalten grundsätzlich auch die Anforderungen einer typischen industriellen Fertigung erfüllt. Außerdem bestätigen die Messergebnisse, dass zur Benetzung der magnesiumhaltigen Legierung 6061 auf Grund der stabileren Oxidschicht eine besonders hohe Aktivität notwendig ist. Hier zeigt die hochaktive Flussmittelpaste Al-P klare Vorteile. Sie führt zu einer noch als gut zu bewertenden Benetzung. Das legt nahe, dass auch Bauteile aus einer solchen Legierung grundsätzlich mithilfe der Flussmittelpaste Al-P industriell gefügt werden können.

Bedeutung des Korrosionsverhaltens beim Aluminiumlöten

Auf Grund der Aktivität der Flussmittel beim Weichlöten von Aluminium ist besonderes Augenmerk auf das Korrosionsverhalten zu legen. Um dieses zu beurteilen, wurden sowohl gewaschene als auch ungewaschene Proben für sieben Tage ausgelagert, in Anlehnung an IPC-TM-650-2.6.15 bzw. DIN EN ISO 9455-15 bei 40 °C und 93% r. F. Bei beiden Flussmitteln wiesen die gewaschenen Proben keine oder nur minimale Korrosion auf. Die mit Flussmittelpaste Al-P gelöteten, nicht gewaschenen Proben zeigten eine starke Korrosion des Aluminiums, wie bei einem INH1-Flussmittel zu erwarten. Das Lot blieb weitgehend unbeschädigt – ein ähnliches Verhalten, wie es bei den übrigen, bislang verfügbaren Aluminiumweichlötflussmitteln der Klassen INH1 und ORH1 auftritt. Dies unterstreicht die Bedeutung der Themen Korrosion und Reinigung beim Aluminiumweichlöten. Bei den mit Röhrenlot mit Flussmittel Al-S gelöteten, nicht gewaschenen Proben schützt der beim Löten an den Flussmittelrückständen entstehende Harzfilm die Proben wirksam vor Korrosion. Sie ist bei der magnesiumhaltigen Legierung 6061 als gering und bei Reinaluminium Al99.5 als sehr gering zu bewerten.

Einfache Umsetzung in industriellen Lötprozessen

Benetzungsproben im gewaschenen Zustand: Gute Benetzung von SAC305 in Kombination mit 10 % Al-P (links) und 3,5% Al-S (rechts) auf Al99.5 (oben) und teilweise auch auf schwer lötbarem Aluminium 6061 (unten) Elsold

Benetzungsproben im gewaschenen Zustand: Gute Benetzung von SAC305 in Kombination mit 10 % Al-P (links) und 3,5% Al-S (rechts) auf Al99.5 (oben) und teilweise auch auf schwer lötbarem Aluminium 6061 (unten) Elsold

Die neuen Al-S bleifreien Röhrenlote ermöglichen ein direktes Weichlöten von Aluminiumlegierungen und weiteren schwer benetzbaren Werkstoffen – ohne spezielle Vorbehandlungen oder Anlagentechnik. Dies erleichtert in vorhandenen Anlagen und Prozessen eine direkte Umstellung von Kupfer auf Aluminium, sei es beim Handlöten oder auch in automatisierten Kolbenlötprozessen. Durch neue Rezepturen und Herstellprozesse bietet dieses Flussmittel erstmals sowohl eine gute und zügige Benetzung als auch ein verbessertes Korrosionsverhalten. Gerade das Korrosionsverhalten ist sonst bei weichgelöteten Aluminiumverbindungen äußerst kritisch. Ursachen sind die elektrochemischen Potenziale der beteiligten Metalle und die hohe Aggressivität des Flussmittels. Die Nutzung von modifiziertem Kolophonium als Basis von Al-S und der sich ausbildende Schutzfilm senken das sonst bei nicht vollständiger Reinigung vorhandene Korrosionsrisiko erheblich. Für unkritische Anwendungen kann auf eine Reinigung gegebenenfalls verzichtet werden.

Al-P Flussmittelpaste bietet für Anwendungen, in denen auf Grund der eingesetzten Aluminiumlegierungen eine besonders hohe Aktivität benötigt wird, erfolgreiche Lösungen für verschiedenste Lötverfahren. Dies sind insbesondere Ofenlötungen oder Flammlötungen. Beide Produkte haben den Einsatztest in industriellen Fertigungsprozessen bereits erfolgreich bestanden und bieten somit die Chance, bisherige Hemmnisse beim Einsatz von Aluminium-Weichlöten zu überwinden.

SMT Hybrid Packaging 2016: Halle 6, Stand 310

Stark verbessertes Korrosionsverhalten von mit Al-S gelötetem Aluminium: SAC305 in Kombination mit 10 % Al-P (links) und 3,5% Al-S (rechts) auf Al99.5 (oben) und 6061 (unten) nach Korrosionsprüfung im ungewaschenen Zustand für 7 Tage bei 40 °C und 93% r. F.; Foto im gewaschenen Zustand nach dem Korrosionstest  Elsold

Stark verbessertes Korrosionsverhalten von mit Al-S gelötetem Aluminium: SAC305 in Kombination mit 10 % Al-P (links) und 3,5% Al-S (rechts) auf Al99.5 (oben) und 6061 (unten) nach Korrosionsprüfung im ungewaschenen Zustand für 7 Tage bei 40 °C und 93% r. F.; Foto im gewaschenen Zustand nach dem Korrosionstest Elsold

Weichlöten für Aluminium

Aluminium hat einige Vorteile im Vergleich zu Kupfer: geringes Gewicht, geringe Dichte, attraktiver Preis und gute elektrische Leitfähigkeit. Nachteilig sind die stabileren Oxidschichten, die hohe Herausforderungen an die Lotmaterialien stellen. Mit innovativen Flussmitteln lässt sich ein Löt- und Benetzungsverhalten erzielen, das dem von  konventionellen Kupferlötungen ähnlich ist.

Nils Kopp

Forschung und Entwicklung, Elsold

(mrc)

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