Entlang dem Materialfluss dieser Produktionslinien sammelt das MES-System im optimalen Fall kontinuierlich alle anfallenden Betriebsdaten und stellt diese dem übergeordneten ERP-System zur Verfügung. Auf diese Weise kann dann eine lückenlose Rückverfolgbarkeit (Traceability) von Produkten, Bauteilen oder Chargen sichergestellt werden. Gerade im Hinblick auf das Produkthaftungsgesetz wird so die Basis für die Dokumentation der Produktentstehung gelegt.
Aber auch Optimierungspotenziale und Prozessverbesserungen lassen sich nur mittels dieser Betriebsdaten erkennen und ausschöpfen. Sie sind die Grundlage aller Entscheidungen und daher so fundamental wichtig.
Auftragsdatenerfassung und SPI
Der koreanische Hersteller Koh Young Technology hat sich auf dem Gebiet der 3D-Lotpasteninspektion (SPI) weltweit einen Namen gemacht. Die übliche Vorgehensweise zur Ansteuerung einer SPI-Maschine setzt zunächst die Erstellung der Leiterplatine durch ein CAD-Programm voraus. Mittels des Extended-Gerberformats werden die Layoutdaten der Leiterplatine anschließend zwischen dem CAD-Programm und der SPI-Maschine ausgetauscht. Aus diesen Daten generiert die SPI-Software dann eine Jobdatei, in der alle notwendigen Informationen zu den zu inspizierenden Lotpastenstellen (Pads) enthalten sind. Diese Jobdatei ist dann Grundlage für die eigentliche Lotpasteninspektion (Bild 2).
Bei diesem Prozess der Jobdatei-Erstellung gehen jedoch weitgehend solche Informationen verloren, die für den eigentlichen SPI-Prozess ohne Belang sind. Darunter fallen insbesondere Informationen über den Hersteller der elektronischen Komponenten, der eingesetzte Gehäusetyp, die Klassifizierung in Libraries und vieles mehr. Werden solche Informationen für spätere Analysezwecke der erfassten Auftragsdaten benötigt, müssen diese nachträglich wieder eingebunden werden.
Als fester Bestandteil einer Produktionslinie erhält die SPI aus dem Materialfluss die zu überprüfenden Leiterplatinen und führt dann mithilfe der zuvor erstellten Jobdatei die Lotpasteninspektion durch. Die Ergebnisse dieser Inspektion werden anschließend für jedes Pad einzeln in lokal gespeicherten Datenbanken abgelegt (Bild 3).
Der dabei pro Leiterplatte erzeugte Datenumfang ist direkt von der Anzahl der inspizierten Pads abhängig und in der Regel sehr umfangreich. Sollten etwaige Pads nicht den vorgegebenen Grenzwerten entsprechen, so wird zusätzlich Bildmaterial für eine spätere manuelle Bewertung abgespeichert, wodurch die Datenmenge erneut ansteigt.
Der Maschinen-Integration-Layer
Die Aufgabe des Maschinen-Integration-Layers (MIL) besteht nun darin, alle geforderten Daten aus dem Inspektionsprozess dem MES-System zur Verfügung zu stellen. Diese Daten werden dabei sowohl aus der Ergebnisdatenbank wie aus der Jobdatei gewonnen.
Doch aufgrund des immensen Datenvolumens, das pro Leiterplatine anfällt, müssen bereits im MIL umfangreiche Auswertungen durchgeführt werden, um die Datenmenge für die Übergabe an die MES-Softwareschicht auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Diese Ergebnisaufbereitung ist natürlich von den Erfordernissen der MES-Schicht abhängig. Dadurch kann es durchaus vorkommen, dass Informationen, die bei der Erstellung der SPI-Jobdatei verlorengingen, nun vom MES-System in Verbindung mit den Ergebnisdaten wieder benötigt werden. Ist das der Fall, muss bereits im MIL das Joining der Gerberdaten mit den Ergebnisdaten durchgeführt werden.
Der Informationsverlust, der bei der Erstellung der SPI-Jobdatei auftritt, und das gewaltige Datenvolumen, das für jede inspizierte Leiterplatine anfällt, erfordern eine intelligente Schnittstelle zum übergeordneten MES-System. Diese Schnittstelle muss modular konstruiert sein, um die Anforderungen unterschiedlicher MES-Systeme erfüllen zu können (Bild 4).
Da die MES-Branche eine vergleichsweise junge Softwarebranche ist, setzt der Kunde häufig noch proprietäre Systeme ein, die nicht selten aus Eigenentwicklungen hervorgegangen sind. Gerade hier ist aufgrund fehlender Schnittstellen oft die Integration weiterer Daten bei der Ergebnisaufbereitung nach dem SPI-Prozess erforderlich.
Aber auch die anfangs erwähnten Ziele wie die lückenlose Rückverfolgbarkeit von Bauteilen (Traceability) oder das Produktionsmanagement erfordern eine Spezialisierung der Anbindungssoftware an die übergeordneten Systeme. Nur durch die Vergabe einer eindeutigen Referenznummer für jede Systemkomponente durch das ERP-System kann z.B. die lückenlose Dokumentation während des Herstellungsprozesses garantiert werden. Da diese Referenznummern aber für den eigentlichen CAD- oder SPI-Prozess irrelevant sind, müssen diese mit den Ergebnisdaten der SPI-Maschinen möglichst frühzeitig wieder zusammengeführt werden. Das modulare Konzept unterstützt dabei, die Zusatzdaten der verschiedenen ERP-Anbieter in die Anbindungssoftware zu integrieren.
Die Vielfalt neuerer und älterer Maschinen hat dagegen zu einer heterogenen Integrationsumgebung geführt, die nicht durch einige wenige Schnittstellen abgedeckt werden kann. Vielfach sind die Schnittstellen gerätespezifisch und fernab von Industriestandards, sodass die Modularisierung zur Maschinenanbindung zwingend notwendig ist.
Ausblick
Das stetig steigende Datenvolumen, die Durchdringung der Systemebenen mit Zusatzinformationen und das heterogene Soft- und Hardwareumfeld des Kunden erfordert eine modularisierte Anbindung der Maschinen an die übergeordneten Systeme.
Eine solche modulare Anbindung ist seit geraumer Zeit verfügbar und hat sich im produktiven Einsatz bestens bewährt. Auch die exemplarisch erwähnte Anbindung an die Koh Young-SPI-Maschine kam zahlreich zum Einsatz und läuft im Kontext unterschiedlicher MES-Systeme. Durch das modulare Konzept ist auch eine kundenspezifische Erweiterung problemlos möglich, sodass diese Anbindung auch als Standalone-Anwendung ohne übergeordnete MES- und ERP-Systeme zur Anwendung kam.
(hb)