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Infineon Technologies AG

Durch die Zunahme elektrischer Systeme und Funktionen ist der Verbrauch elektrischer Energie in den Bordnetzen von Kraftfahrzeugen stetig gestiegen. Folglich hat sich der Leistungsbedarf von Steuergeräten in den letzten 15 Jahren um zirka das 20fache erhöht. Bisher optimierten Entwickler die Elektronik überwiegend auf geringen Energieverbrauch bei geparktem Fahrzeug. Aufgrund der ab 2020 gültigen  Emissionsgrenzen von 95 g CO2/km für die Fahrzeugflotten in Europa sowie aufgrund der Einführung von Elektrofahrzeugen arbeiten die Automobilhersteller intensiv daran, den Energieverbrauch und die Effizienz  von Steuergeräten auch im aktiven Fahrzeugzustand zu optimieren.

Gleichzeitig entwickeln OEMs und Zulieferer neue beziehungsweise erweiterte (Komfort-)Funktionen, um sich im hart umkämpften Automobilmarkt abzuheben. Ein Beispiel dafür ist die elektronische Ansteuerung für elektrische Fensterheber ohne Relais, die einen sanfteren und geräuschärmeren Betrieb des Fensters sowie eine längere Lebensdauer der Funktion ermöglichen.

Bild 1: Ein Türsteuergerät muss zahlreiche Funktionen im Fahrzeug abdecken.

Bild 1: Ein Türsteuergerät muss zahlreiche Funktionen im Fahrzeug abdecken.Infineon Technologies AG / Leopold Kostal GmbH

Um dem Kunden diese Vielfalt der Funktionen und Ausstattungsvarianten kosteneffizient anbieten zu können, setzen immer mehr Automobilhersteller auf den Plattformgedanken. Dafür benötigt der Zulieferer  ein innovatives Steuergerätekonzept mit verschiedenen Bestückungsoptionen, und der Halbleiterhersteller muss die passenden Bausteinfamilien dazu anzubieten können.

Dieser Beitrag beschreibt, wie sich mit der neusten Generation von System-Basis-Chips (SBCs) aus dem Hause Infineon energieeffiziente und innovative Türsteuergeräte für die kommenden Plattformgenerationen  der Automobilhersteller realisieren lassen und wie diese Systeme den CAN-Teilnetzbetrieb (CAN Partial Network) gemäß dem  Draft-Proposal der ISO 11989-6 unterstützen.

Anforderungen an die Türsteuergeräte von morgen

Aufgrund der gestiegenen Anzahl von Komponenten wie Aktuatoren, Sensoren und Bedienelementen in den Türen kommen in vielen Fahrzeugen Türsteuergeräte (TSGs) zur Steuerung vielfältiger Funktionen zum Einsatz.

In einer Entwicklungshistorie von über 25 Jahren entwickelte die Firma Kostal die elektrische Fensterhebersteuerung mit dem Einklemmschutz zu einem weltweit anerkannten Verfahren. Diese Fensterhebersteuerung bildet neben weiteren Funktionen wie Zentralverriegelung, Spiegel- und Beleuchtungsfunktionen den Schwerpunkt der verschiedenen TSGs. Volkswagen setzte 1995 im Passat B5 mit einem der ersten CAN-TSG einen Meilenstein bei den vernetzten TSGs. Die Komplexität hielt sich noch in Grenzen, wie Mikrocontroller mit ROM-Größen von 16 KByte der ersten Generation belegen; für die kommende Generation planen die OEMS bereits mit bis zu 512 KByte Flash-Speicher.
Themen wie Systemintegration, weitere Innovationen im Einklemmschutz, sensorlose Fensterhebersteuerung und PWM-Steuerung bestimmen die zukünftigen Herausforderungen im Produktfeld TSG. Zusätzlich rückt die Effizienzsteigerung in den Vordergrund – unter anderem durch eine Optimierung von Betriebs- und Ruheströmen aufgrund der Forderung nach einer weiteren Senkung des CO2-Ausstoßes.

Die vom OEM abgefragte Funktionsgraduierung spiegelt sich in der Ausführung der TSG wider. Ausgehend von einem Masterdesign werden über Minderbestückung und Softwareadaptionen  zahlreiche Varianten generiert. Bei komplexen Bauteilen ist es sehr vorteilhaft, skalierte Derivate wie Mikrocontroller, SBC und Leistungstreiber vorzufinden.

System Basis Chip

Ein Beispiel hierfür stellt der TLE9267 mit diversen Derivaten dar, die untereinander pin- und softwarekompatibel sind:

  • CAN-Tansceiver mit/ohne Teilnetzbetrieb
  • Nur mit CAN-Transceiver
  • Mit CAN- und LIN-Transceiver oder nur mit LIN-Transceiver
  • Fensterheber-Ansteuerung  per Relais oder Halbleiterlösung mit PWM-Fähigkeit

Die Wiederverwendung von Hardware- und Software-Modulen wirkt sich sowohl positiv auf  Design und Validierung aus als auch auf die Zuverlässigkeit der Elektronik. Nicht zuletzt erhöht die Skalierung auch die Flexibilität gegenüber Kundenanforderungen.

Anwendung der SBC Module im Steuergerät

Bei der Entwicklung und Partitionierung des TLE9267 stand als Applikation das TSG im Fokus. Neben den bekannten Grundfunktionen eines SBCs sind zum Beispiel die sechs Highside-Treiber und deren flexible Handhabung bestens geeignet, um Schalter- und Peripherieversorgungen, aber auch

Bild 2: Skalierbare Türsteuergeräte erfüllen die Plattform-Anforderungen der Automobilhersteller.

Bild 2: Skalierbare Türsteuergeräte erfüllen die Plattform-Anforderungen der Automobilhersteller. Infineon Technologies AG / Leopold Kostal GmbH

Beleuchtungsfunktionen abzudecken. Durch integrierte PWM-Timer ist der Baustein in der Lage, unabhängig vom Mikrocontroller zu funktionieren und damit vorbereitet, optimierte Betriebsmodi zu unterstützen. Die LS-Treiber, die bei der Relaislösung als Relaistreiber dienen, übernehmen alternativ in der Halbleitervariante (PWM-fähige Fensterheber-Ansteuerung) eine Fail-Safe-Funktion.

Zahlreiche Sicherheitsfunktionen wie beispielsweise der SBC-Fail-Safe-Mode oder SPI-Diagnoseregister unterstützen die Applikation in Bezug auf funktionale Sicherheit gemäß ISO26262.

Anwendungsfälle für CAN-Teilnetzbetrieb

Für zukünftige Fahrzeugplattformen spricht man in der maximalen Ausbaustufe von deutlich über 100 Steuergeräten. Die Kommunikation untereinander permanent aktiv zu halten, obwohl nur rudimentäre Funktionen abgefragt werden, kann mit dem CAN Teilnetzbetrieb energieeffizienter gelöst werden. Beispiele wie ein Anhänger-, Sitzsteuergerät, etc. zeigen deutlich, was der CAN-Teilnetzbetrieb ermöglicht: „keine Funktion“ heißt „Knoten aus“. CAN-Knoten, die  mehrere Funktionen bereitstellen, sind in der Handhabung etwas aufwändiger. Zu dieser Gruppe zählt das TSG, das auch bei reduzierter Stromaufnahme eine Grundfunktion bereitstellen muss.

Bild 3: Im TLE9276 sind alle notwendigen Systemfunktionen für den CAM-Teilnetzbetrieb integriert.

Bild 3: Im TLE9276 sind alle notwendigen Systemfunktionen für den CAM-Teilnetzbetrieb integriert.Infineon Technologies AG / Leopold Kostal GmbH

Heutzutage treten im Fahrzeug nur zwei Betriebszustände auf: Im Normalbetrieb ist die Zündung eingeschaltet und der Motor läuft. Diverse Funktionen beanspruchen einen kontinuierlichen CAN-Betrieb und verursachen somit einen konstant hohen Stromverbrauch.

Der zweite Betriebszustand herrscht im geparkten Fahrzeug, wenn die Zündung ausgeschaltet ist und der Motor nicht läuft.  Nach dem Nachlauf ist der CAN-Betrieb eingestellt, und das Fahrzeug wird vollständig aus der Batterie versorgt. Betriebszustände dazwischen, die nur wenige Funktionsanforderungen aufweisen, berücksichtigt das Fahrzeug heute nicht.

Betriebszustände im Fahrzeug von morgen mit Teilnetzbetrieb

Der CAN Teilnetzbetrieb ermöglicht auch neue Fahrzeugzustände, zu denen zum Beispiel der Zustand „das Fahrzeug als mobiles Büro“ gehört. In diesem Zustand wird nur die Infotainment-Funktionalität bereitgestellt; die restliche Elektronik bleibt größtenteils ausgeschaltet, um Energie zu sparen.

Hier steuert die Funktionsbereitstellung den Kommunikationsbedarf. Die Steuerung übernehmen speziell definierte Netzwerkbotschaften, die Knoten oder Knotengruppen (=Cluster)  bei Bedarf aktivieren und nach Beendigung der Funktion wieder deaktivieren. Kritisch ist hierbei, dass es zu keiner zeitlichen Verzögerung im Vergleich zur Realisierung ohne Teilnetzbetrieb kommen darf.

Als Beispiel ist die Blinkerbetätigung zu nennen, die keinen kontinuierlichen CAN-Betrieb erfordert. Auf Anforderung wird der Knoten TSG aktiviert und trennt sich anschließend wieder.

CAN-Teilnetzbetrieb

Vor nicht einmal einem Jahr kündigten die E/E-Leiter deutscher OEMs in Ludwigsburg an, dass sie den CAN-Teilnetzbetrieb umsetzen wollen; mit dem TLE9276 gibt es auch den passenden Chip. Beim Teilnetzbetrieb (CAN Partial Network) werden Steuergeräte, die im rollenden Fahrzeug gerade nicht benötigt werden, in den Tiefschlaf versetzt, um so Energie zu sparen. Mit intelligenten Weckkonzepten lassen sich diese Steuergeräte dann schnell wieder aktivieren.

Bei allen übrigen Komfortfunktionen wie Fensterheber, Zentralverriegelung, Spiegelverstellung, Heizung usw. ist sowieso nur bei Anforderung ein Informationsaustausch erforderlich.
Der Betriebsstrom eines TSG teilt sich heute so auf, dass 60% in den Mikrocontroller, 30% in die Systembereitstellung und Kommunikation sowie 10% in sonstige Funktionen fließen. Der Betriebsstrom des Mikrocontrollers verhält sich in erster Näherung proportional zum Mikrocontrollertakt und damit proportional zur angeforderten Steuergeräte-Performance.  Mit einer bedarfsgerechten Steuerung lässt sich bei den TSGs der Betriebsstrom deshalb um zirka 80% senken.

Elektromobilität

Ein weiterer Anwendungsfall für die Zukunft dürften Fahrzeuge der E-Mobilität sein. Dort gilt es, die Reichweite des Fahrzeugs durch Energieeinsparungen zu optimieren. Außerdem müssen während der Ladephase nur Grundfunktionen erhalten bleiben. Mit Teilnetzbetrieb kann das TSG somit für rudimentäre Funktionen weiterarbeiten. Zudem relativiert sich mit Einsatz des CAN-Teilnetzbetriebs die deutlich höhere Betriebszeit von Fahrzeugen der E-Mobilität, welche die Lebensdauer elektronischer Bauteile belasten würde.

Neue SBC-Generation mit CAN-Teilnetzbetrieb

Mit dem  hochintegrierten Baustein TLE9267 und Derivaten der
neusten SBC-Generation ermöglicht Infineon die Entwicklung von energieeffizienten Steuergeräten für Automobilplattformen.
Die wichtigsten Merkmale der Familie sind Transceiver mit CAN-Teilnetzbetrieb nach ISO 11989-6 (Draft Proposal), Pin- und Software-Kompatibilität für reduzierten Entwicklungsaufwand und beschleunigte Entwicklungszyklen sowie eine flexible Einsatzmöglichkeit und Erfüllung unterschiedlicher Anforderungen durch hohe Konfigurierbarkeit via SPI.

Die SBC-Familie ermöglicht damit den Einsatz von Steuergeräten mit CAN-Teilnetzbetrieb für Plattformen ab dem Jahr 2014. Entwicklungsmuster des ICs sind bereits jetzt auf Anfrage erhältlich. Auch in den kommenden Produktfamilien wird Infineon den CAN-Teilnetzbetrieb integrieren.

Norbert Ulshöfer

: ist bei der Infineon Technologies AG in Neubiberg im Geschäftsbereich Automotive als Application Engineer für System-Basis-Chips verantwortlich.

Volker Stratmann

: ist bei der Leopold Kostal GmbH & Co. KG im Geschäftsbereich Automobil Elektrik in der Entwicklung für Verstellsysteme tätig.

(av)

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