Beckhoffs Embedded-PC-Baureihe mit Windows 10 IoT.

Beckhoffs Embedded-PC-Baureihe mit Windows 10 IoT. (Bild: Beckhoff Automation)

Windows 8 hat sich nie in der Automatisierungsbranche verbreitet – das größte Hemmnis lag wohl an der technisch nicht abschaltbaren Per-Device-Aktivierung, die für viel Kritik gesorgt hat. Microsoft hat daraus gelernt: Bei Windows 10 IoT Enterprise gibt es diese Aktivierungs-Pflicht nicht mehr. Viele Kunden werden daher direkt von Windows Embedded Standard 7 auf Windows 10 IoT Enterprise wechseln. Diese Version ist nicht mehr in einzelnen Komponenten verfügbar, somit nicht mehr skalierbar. Dementsprechend wird viel mehr Arbeitsspeicher vorausgesetzt: 16 GB anstatt 8 GB.

Als Vorteil der Vollversion kann gelten, dass die Software-Anbieter (HMI, MES, Soft-SPS) nun sicher sein können, dass alle Funktionen des Betriebssystems auf jedem Windows-Gerät auch verfügbar und nutzbar sind. Bei den komponentenbasierten Vorversionen Windows 7 und 8 war das nicht der Fall, da Geräteanbieter ihr individuelles Image erstellen konnten. Unter Umständen ließen sie Funktionen weg, die besagte Anwendungen wiederum benötigen. Diesem Vorteil steht ein höherer Preis für die in der Automatisierung notwendigen, nun 16 GB Speicher-Karten der Qualitätsstufe Industrial Grade gegenüber.

Consumer first, industry later

Die Enterprise-Version ist in verschiedenen ‚Branches‘ verfügbar: Current Branch (CB) bedeutet, dass die monatlichen Windows-Updates eingespielt werden müssen. Bei der Version Current Branch for Business (CBB) werden dagegen nur Security-Updates direkt eingespielt. Alle anderen Updates können zunächst geblockt und bis zu acht Monate später eingespielt werden – nach bewiesener Stabilität im Consumer-Markt und auch nur noch einmal im Quartal.

Für den Bereich Industrial-Automation gibt es die LTSB-Version (Long Term Servicing Branch). Deren offizieller Bestellname lautet somit: Windows 10 IoT Enterprise 2015 LTSB. Bei LTSB kann der Windows-Updatedienst dem Anwender keine neuen Features mehr einfach unterschieben. Er darf lediglich die Security-Patches einspielen – und auch das nur nach ausdrücklichem Verlangen. Was sicherlich verkraftbar ist für Maschinensteuerungen ist der fehlende Assistent Cortana sowie der Zugang zum Microsoft-Store. Cortana kann ohne spezielle Regeln gesprochene Befehle empfangen und bearbeiten. 2015 ist der Indikator für das Erscheinungsjahr. Die nächste verfügbare Edition würde dann Windows 10 IoT Enterprise 2016 LTSB heißen oder bei späterem Erscheinen Windows 10 IoT Enterprise 2018 LTSB.

Cloud-Lösungen inklusive

Für eine effiziente Einbindung von Daten- und Kommunikationsdiensten in die verschiedenen Cloud-Architekturen wurde Twincat IoT entwickelt, eine Basistechnologie für die schnelle Realisierung von IoT- und Industrie-4.0-Anwendungen. Der Kommunikationsstack unterstützt standardisierte Protokolle für die Cloud-Kommunikation und für das Versenden von Push-Nachrichten an Smart Devices. Typische Anwendungen sind die Erweiterung klassischer Steuerungsaufgaben durch Big Data, Mustererkennung, Condition- oder Power-Monitoring in der Cloud. Zusammen mit einem Embedded-PC oder einem Industrie-PC als IoT-Controller stellt Twincat 3 IoT eine nahtlose Verbindung zwischen dem Internet of Things und dem Internet of Services her.

Viele Wege führen in die Cloud. Gut, wenn ein Engineering-Tool mehrere unterstützt.

Viele Wege führen in die Cloud. Gut, wenn ein Engineering-Tool mehrere unterstützt. Beckhoff Automation

Die Filterung, Weiterverarbeitung und Interpretation der gesammelten Daten kann beispielsweise mithilfe von Twincat Analytics erfolgen: Umfangreiche Analysen ermöglichen eine vorausschauende Wartung, reduzieren Maschinenstillstandszeiten und verbessern Steuerungslösungen – beispielsweise durch die Minimierung von Taktzeiten oder Energiespitzen.

Die IoT-Produkte stellen dem Anwender diverse Funktionen zur Verfügung, um Prozessdaten über standardisierte Kommunikationsprotokolle auszutauschen und auf spezielle Daten- und Kommunikationsdienste von Cloud-Service-Providern zuzugreifen. Entsprechende Dienste können in Public-Cloud-Systemen wie Microsoft Azure oder Amazon Web Services gehostet werden. Sie können aber genauso gut in lokalen Netzwerken zum Einsatz kommen.

Ein Kern, viele Varianten

Ab in die Cloud: Twincat IoT stellt die Schnittstellen bereit, um Steuerungen in Cloud-Architekturen zu integrieren und Datenanalysen zu realisieren.

Ab in die Cloud: Twincat IoT stellt die Schnittstellen bereit, um Steuerungen in Cloud-Architekturen zu integrieren und Datenanalysen zu realisieren. Beckhoff Automation

Alle aktuellen Varianten des neuen Microsoft-Betriebssystems Windows 10 basieren auf dem gleichen Kernel: ‚One Core – One Platform – One Store‘ ist somit die Botschaft von Microsoft. Die Universal Windows Platform (UWP) und Universal Windows Driver (UWD) bieten den Vorteil des flexiblen Einsatzes auf allen Windows-10-fähigen Geräten. Die kleinste Version Windows 10 IoT Core läuft auch auf Raspberry-Pi-Geräten (2. Generation), dem Dragonboard (Qualcomm) oder auf dem Minnow-Board Max mit 64-Bit-Intel-Atom-CPU. Als minimale Anforderungen nennt Microsoft eine 600-MHz-CPU, 2 GB Speicher und 256 MB RAM für Headless-Geräte. Geräte mit einem lokalen Display benötigen nicht viel mehr Speicher: 512 MB RAM.

Ausgestattet mit einer Energiemessklemme aus der Baureihe EL34x3 werden die Messwerte präzise erfasst und in die Microsoft-Cloud übertragen.

Ausgestattet mit einer Energiemessklemme aus der Baureihe EL34x3 werden die Messwerte präzise erfasst und in die Microsoft-Cloud übertragen. Beckhoff Automation

Diverse Technologien stehen unter IoT-Core nicht mehr zur Verfügung: Applikationen, die GDI, MFC, WinForms oder WPF nutzen, müssen auf XAML, DirectX und HTML konvertiert werden. Generell ist der Portierungsaufwand für native Win32- oder .NET-Applikationen aber sehr gering. Um eine schnelle Verbreitung zu erreichen, stellt Microsoft Windows 10 IoT Core sowie die zum Engineering benötigte Visual-Studio-Version 2015 kostenlos zur Evaluierung und für den privaten Gebrauch zur Verfügung. Für den kommerziellen Einsatz hat Microsoft bereits Anfang November die Version Windows 10 IoT Core Pro zu Preisen unter zehn US-Dollar verfügbar gemacht. Diese Version bietet mit zehn Jahren Support-Unterstützung den im Industriebereich notwendigen langen Lifecycle. Nur bei dieser Version sind die automatischen Update-Mechanismen abschaltbar.

Beckhoff zeigt auf der Embedded World den weltweit ersten Industrial Automation Controller CX51x0 mit Windows 10 IoT Core Pro auf dem Microsoft-Stand in Halle 4, Stand 240. In einer Demo-Applikation misst der Controller mittels einer Stromanalyse-Klemme den Energieverbrauch eines Verbrauchers und liefert diese Werte in die Microsoft Azure Cloud – wahlweise per AMQP oder OPC UA


Stefan Hoppe

arbeitet bei der Firma Beckhoff Automation in Verl und ist Microsoft embedded MVP.

(sk)

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Beckhoff Automation GmbH & Co. KG

Hülshorstweg 20
33415 Verl
Germany