Zur Bewertung der Verbindungsqualität, insbesondere von sogenannten „Wedges“ auf Chips, werden Schertests durchgeführt. Hierbei wird die Bondstelle mit einem Meißel seitlich abgeschert. Dabei analysiert man sowohl die erforderliche Kraft als auch das entstehende Schadensbild. Diese Methode liefert wichtige Informationen über die Stabilität und Zuverlässigkeit der Verbindung.
Zur Beurteilung der Verbindungsqualität von Bondstellen (sog. „Wedges“) zum Chip werden Schertests durchgeführt. Dabei wird die Bondstelle mit einem Meißel seitlich abgeschert und die erforderliche Kraft und das Schadensbild analysiert. Um die Vorgänge beim Schervorgang besser zu verstehen, haben Wissenschaftler*innen der TU Berlin und des Fraunhofer IZM nun erstmals modelliert, was bei der Schädigung mechanisch passiert. So können Rückschlüsse auf die material- und prozessspezifischen Einflüsse von neuartigen, widerstandsfähigen Drahtmaterialien gezogen werden. Damit lässt sich die Bondqualität neuer Werkstoffe objektiver bewerten.
Das Drahtbonden mit Aluminiumdrähten ist in der Mikro- und Leistungselektronik weiterhin die bevorzugte Methode zur Chip-Kontaktierung. Die seit Jahrzehnten erprobte Technologie ist kostengünstig und trotz des komplexen Ablaufs hochgradig automatisierbar. Die Qualität der entstehenden Verbindungszone des Drahtbonds auf der Chipoberseite bestimmt maßgeblich die Lebensdauer des gesamten Moduls, weshalb weltweit intensiv an neuen
Seit über 20 Jahren forschen Wissenschaftler der TU Berlin und des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) an der Weiterentwicklung des Drahtbondens. Diese intensive Forschungsarbeit hat dazu beigetragen, dass die Technologie kontinuierlich verbessert und an neue Herausforderungen angepasst wird. Besonders im Fokus stehen neue Materialien und Aufbaukonzepte, die das Potenzial haben, die Qualität und Haltbarkeit der Bondverbindungen weiter zu steigern.
Widerstandsfähigere Materialien zum Dickdrahtbonden
Neuartige Drahtmaterialien mit einem Aluminium-ummantelten Kupferkern oder aus Aluminium-Magnesium-Legierungen sind im Vergleich zu reinen Aluminiumdrähten deutlich widerstandsfähiger. Deswegen weisen sie beim Schertest auch andere Schadensmuster als herkömmliche Aluminium-Wedges auf. Diese Schadensmuster werden auch Schercodes genannt und lassen zusammen mit der Scherkraft eine Aussage über die Verbindungsqualität des Wedges zu. Der Anteil der durch den Schersockel bedeckten Fläche an der gesamten Verbindungsfläche wird zusammen mit der erzielten Scherkraft ausgewertet. Je nachdem, wie weit ein Wedge abgeschert wird, bevor er vom Substrat gelöst wird (sog. Lift-Off), wird das Scherergebnis mit einem Schercode von 1-4 beschrieben.
Diese für Standarddickdrähte aus Aluminium festgelegten Schercodes oder Qualitätskriterien lassen sich allerdings nicht ohne Weiteres auf neuartige Werkstoffe übertragen, da das Materialversagen beim Abscheren dieser sehr festen Drahtmaterialien zumindest teilweise in der weniger festen Chip- oder Substratmetallisierung und nicht im Wedge geschehen kann. Bei der Qualitätsprüfung erscheint der Schercode dadurch als unzulässiger Lift-Off, also ein vorzeitiges Abheben des Wedges, als Zeichen unzureichender Verbindung und damit schlechter Bondqualität. Mit den existierenden Schercodes lassen sich keine belastbaren Aussagen über die Bondqualität dieser neuen Verbindungsmaterialien treffen. Für die neuartigen Drahtqualitäten gibt es aktuell also keine allgemeingültigen Bewertungsrichtlinien für Schertestresultate, weswegen ein wesentlicher Bestandteil des Qualitätsmanagements offen ist.
Schercodes neu interpretiert
Die Experten des Fraunhofer IZM und der TU Berlin haben Bondverbindungen aus unterschiedlichen Materialien und Legierungen Scherversuchen unterzogen. Dabei wurden die Scherbilder an verschiedenen Punkten des Prozesses metallografisch untersucht. Als Substratmaterial wählten die Forschenden hochreines Kupfer, da es eine höhere Festigkeit als die getesteten Drahtmaterialien aufweist. Dies führte dazu, dass sich die Schädigung beim Abscheren auf den Wedge konzentrierte.
Die notwendigen Materialkennwerte für eine schadensmechanische Simulation des Schertests wurden durch Zugversuche in Kombination mit Simulationen ermittelt. Die Simulation wurde in einer Open Source Software implementiert und diente zudem der Analyse des Schädigungsverhaltens beim Abscheren in Abhängigkeit vom Drahtmaterial. Die Ergebnisse der Simulationen wurden mit experimentellen Schertests verglichen. Dadurch wurde das Verständnis des Schervorgangs für verschiedene Materialien und Materialkombinationen verbessert.
Anwendung in anderen Einsatzszenarien
Der im Projekt entwickelte Ansatz der schadensmechanischen Simulation eines Schertests für Drahtbondverbindungen soll nun auf weitere Anwendungsgebiete übertragen werden. So könnte die Lebensdauerbewertung in der Aufbau- und Verbindungstechnik grundlegend neugestaltet werden, um den Aufwand in der Simulation zu reduzieren. Außerdem können komplexe Wechselwirkungen verschiedener Belastungsfaktoren besser abgebildet werden.