Vision of the future in healthcare - ki eye

(Bild: best moments Fotografie, Armin Burkhardt)

Zeitreihen-, Bild- und andere Daten, die durch Mess- und Inspektionsverfahren erfasst werden, bilden häufig die Grundlage, auf der Abweichungen von der Norm festgestellt werden können. Dabei ist die Bewertung der Daten durch den Menschen aufgrund der großen Datenmengen aus Kostengründen oft unvollständig und hat in Bezug auf die Genauigkeit der Einschätzungen Verbesserungspotenzial. Gerade bei Zuordnungs- und Klassifizierungsaufgaben und der Erkennung von Mustern und Anomalien ist der Nutzen von KI-Methoden daher hoch. Sie nehmen in der Fertigungskontrolle neben den bewährten analytischen Werkzeugen einen immer bedeutenderen Raum ein. Fachwissen, KI-Methoden und Daten sind zwar vorhanden, jedoch fehlt für eine produktionsreife Lösung häufig noch das richtige Konzept zur pragmatischen Verbindung dieser Komponenten.

Heterogene Anlagenlandschaft

OEMs versuchen zunehmend, KI-Applikationen in ihre Anlagen zu integrieren. Das bietet den Vorteil, dass alle an den Maschinen anfallenden Daten umfänglich und ohne Schnittstellenprobleme zur Analyse bereitstehen. Dieses Setup hat aber auch Nachteile: Zum einen sind viele der OEM-Inspektionsanlagen hochspezialisiert, nicht ganz preiswert, nur für einen abgegrenzten Anwendungsbereich einsetzbar und begrenzt flexibel für kundenspezifische Erweiterungen. Gerade aber im KMU-Bereich gibt es eine Vielzahl an sehr spezifischen KI-Anwendungsfällen und diese Lücken gilt es zu schließen. Zum anderen lassen sich Maschinen-externe Daten i.d.R. nicht ohne Weiteres in die Tool-internen KI-Rezepturen integrieren und die Analysemöglichkeiten sind auf die entsprechenden anlagengenerierten Daten begrenzt.

Die Vorhersagegenauigkeit von KI-Modellen nimmt mit der Zeit ab. Im Gegensatz zu herkömmlichen analytischen Methoden können sie aber dazulernen. Entweder selbst lernend (Machine Learning Ansatz) oder durch einen steuernd eingreifenden Fachexperten können die Bewertungsgrundlagen bei Bedarf an sich ändernde Verhältnisse angepasst werden. So können zum Beispiel bisher unbekannte Artefakte in Mikroskop-Bildern oder bisher unbekannte Sensorsignale durch neuartige Abweichungen bei der Prozessierung im Nachhinein hinzugelernt werden. Neben der Auswahl, Implementierung und Bereitstellung von tauglichen und optimal parametrisierten Algorithmen, ist daher ein einfacher Zugang zu den Modellen durch Fachexperten für Aufgaben wie Modell Training, Ergebnisvisualisierung, Modell Versionierung, Modell Freigabe und Modell Überwachung erforderlich.

Im Industrieumfeld ist außerdem gerade in den Hightech-Branchen häufig eine eher heterogene Anlagenlandschaft üblich. So kommen beispielsweise Inspektionsanlagen und Mikroskope nicht zwangsläufig von nur einem Hersteller. Hat man es mit verschiedenen OEMs zu tun, kann eine einheitliche Vorgehensweise bei der Einführung von KI-Anwendungen in der Fertigung eine zusätzliche Herausforderung darstellen, und man kauft mit jedem neuen OEM ein weiteres KI-Management System ein. Ein von Anlagenherstellern unabhängiges KI-Toolkit, welches flexibel in die IT-Landschaft eingebettet werden kann, ist daher empfehlenswert.

„Digitalisierung und Automatisierung sind für uns dann sinnvoll, wenn sie Probleme lösen oder Prozesse nachhaltig vereinfachen, nicht um Trends zu setzen“, erklärt Gerd Ohl, Geschäftsführer bei Limtronik. Der EMS-Dienstleister ist seit 2015 gleichzeitig als Forschungs- und Entwicklungsumgebung des Vereins SEF Smart Electronic Factory e.V. aktiv. Hier entwickeln und erproben die Mitglieder Strategien und Lösungen, die Unternehmen die digitale Transformation ermöglichen oder vereinfachen sollen. Ein Mitglied des Vereins ist auch Convanit. Das Unternehmen ist auf die Fertigungs­kontrolle und Yield­-Verbesserung spezialisiert. In diesem Zusammen­hang hat Convanit eine KI-basierte Lösung für die Halbleiter- und Elektronik-Industrie entwickelt. Diese ermöglicht die Auswertung aller in der Produktion erzeugten Bilder. Die beiden Unternehmen haben dazu gemeinsam einen Use Case umgesetzt, der als Best-Practice-Beispiel für den Markt gilt.

Elektronikfabrik Limtronik setzt auf KI zur Qualitätskontrolle von Platinen
Elektronikfabrik Limtronik setzt auf KI zur Qualitätskontrolle von Platinen (Bild: Limtronik)

Für die Qualitätskontrolle von Platinen vor der Auslieferung werden diese in der Fertigung von Limtronik mit einem Kamerasystem der Firma IDS fotografiert. Zur automatisierten Auswertung dieser Bilder dienen KI-basierte Modelle, die von den Mitarbeitenden auf einfache Art und Weise erstellt, trainiert, überwacht und auto­matisiert ausgeführt werden können. Hierfür kommt die Software c-Alice von Convanit zum Einsatz. Damit werden alle Bilder direkt am Prozess auf Abweichungen unter­sucht und bewertet. Somit ist es möglich, bekannte Fehlertypen sowie bisher unbe­kannte Anomalien automatisch zu erkennen.

Dieser Use Case ist von Limtronik am Standort in Limburg a. d. Lahn gemeinsam mit Convanit entwickelt und erprobt worden und kommt nun in der Niederlassung in Aurora (Colorado/USA) zum Einsatz. Übergeordnetes Ziel von Limtronik sowohl in Deutschland als auch in den USA ist es, durch optimierte Prüfvorgänge und Bilder­kennung sowohl die Ausschussrate als auch damit verbundene Rohstoff- und Energiebedarfe zu minimieren sowie Kosten zu reduzieren.

Petra Gottwald
(Bild: Hüthig Medien / Petra Gottwald)

Petra Gottwald

Chefredakteurin Elektronik-Titel, nach Unterlagen von Limtronik und Convanit

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