Obwohl die Designanforderungen abhängig von wichtigen Applikationskriterien, Einsatzgebiet und Umweltfaktoren variieren, sind gewisse Faktoren bei allen Implementierungen vorzufinden. Während Ingenieure ihre Designs weiter verfeinern und ihre Anforderungen erneut bewerten, können nachfolgende Kriterien als nützliche Orientierung zur Entscheidung und Evaluierung eines SBCs dienen.
Die Prozessor-Plattform
Das Herz eines jeden SBCs ist die ihm zugrunde liegende Prozessorplattform. Traditionell basierte der Großteil der SBCs auf Varianten der x86-Familie. Diese entstanden mehr oder weniger aus typischen PC-Motherboards, wobei sie auch deren Formfaktoren beibehielten. Dies spiegelt sich in den heutigen Varianten wie Pico-ITX, Mini-ITX, microATX, EmbATX wider. Sie reichen von Standalone-Modulen über kombinier- beziehungsweise steckbare Modelle wie PC/104 bis hin zu speziellen Einsteckmodulen für Racks mit entsprechenden Backplanes.
Auf einen Blick
SBCs setzen kontinuierlich auf junge Technologien und weisen daher immer neue Nutzungsmöglichkeiten auf. Mit dem Anstieg an Möglichkeiten steigt auch die Flexibilität für Entwicklungsingenieure. Gerade deswegen ist es wichtig, welche Faktoren bei der Evaluierung und Auswahl eine Rolle spielen.
Da ARM-basierte System-on-Chip-Plattformen (SoC) mittlerweile die x86-Leistungsklassen erreichen, eignen sie sich mehr und mehr für SBCs und überholen diese sogar durch geringeren Stromverbrauch, einer weiten Unterstützung an Betriebssystemen und einem besseren Preis-/Leistungsverhältnis. Der ARM-SBC ist für viele Applikationen eine variable Option und mindestens gleichwertiger Ersatz für bestehende x86-Lösungen.
Der Formfaktor
SBCs sind in einer großen Vielfalt von Standard-Formfaktoren verfügbar und folgen dem allgemeinen Trend der Halbleiterindustrie zu immer geringerer Größe. Dadurch eröffnen sich Entwicklern mehr Freiheitsgrade beim Design innovativer Produkte. Gleichzeitig steht den darauf aufsetzenden Anwendungen dabei eine höhere Rechenleistung zur Verfügung.
Beispielsweise lässt sich heute ein ARM Cortex-A9 basiertes System-on-Module (SoM) mit einer Größe von 50 x 50 mm zu einem SBC von nur 72 x 100 mm erweitern. Dieser SBC enthält dann bereits vorzertifizierte WLAN 802.11a-/b-/g-/n- und Bluetooth-4.0-Funktionalität, einen kompletten Satz an Peripherieschnittstellen (wie SATA oder SD) und zusätzliche Benutzerschnittstellen (etwa zur Ansteuerung bis zu vier Displays mit kapazitivem Multitouch). Das Ergebnis ist ein stromsparendes Produkt, dessen Rechenleistung und Flexibilität einen trendsetzenden Level erreicht hat – zu einem Preis der bis vor wenigen Jahren noch als absolut utopisch galt.
Zusätzlich gewährt die Wahl eine SBC-Designs, das wiederum auf einem SoM basiert, einen fast nahtlosen Migrationspfad hin zu einem kundenspezifischen Board, falls die Applikation oder die Stückzahlen und damit der entstehende Preisdruck dies notwendig machen. Das entwickelte Board baut man um das SoM herum auf, wobei das SBC als Referenzdesign oder Entwicklungsplattform dienen kann. Dies ermöglicht zum einen eine effiziente Produktentwicklung, bedeutet andererseits auch, dass nur minimale Softwareanpassungen notwendig sind.
Zuverlässigkeit, Lebensdauer und Verfügbarkeit
SBCs finden oftmals in Embedded Applikationen in sehr speziellen und anfordernden Umgebungen Einsatz. Spezifische Industrienormen beschreiben entsprechende Tests für Temperaturbereiche und -zyklen oder für Schock und Vibrationen. Die Einhaltung dieser Normen stellt sicher, dass die Plattformen zuverlässig und fehlerfrei in ihren Applikationen Verwendung finden können.
Die Auswahl der eingesetzten Komponenten ist von signifikanter Bedeutung für die Qualität eines Produkts. Ein Produkt wie beispielsweise das Digi-Connect-Core-6-SBC (Bild 1) ist aus Komponenten aufgebaut, die für den industriellen Temperaturbereich spezifiziert sind und strengen Auswahlkriterien unterliegen. Dies trägt zur Gesamtzuverlässigkeit und Langzeitverfügbarkeit des Komplettsystems bei.
Das Digi-Connect-Core-6-SoM (Bild 2) bildet das Herz des Digi-SBCs. Dieses SoM basiert auf Freescales i.MX6-Prozessoren. Das Connect-Core-6-SoM ist ein lötbares Mehrkern-Prozessor-Modul, das in verschiedenen Leistungsklassen verfügbar ist und bereits drahtlose Technologien beinhaltet. Dadurch ist es unnötig, teure Steckverbinder mit hoher Kontaktdichte sowie aufwändige Multi-Level-Boards einzusetzen. Außerdem erhöhte der Hersteller die Strapazierfähigkeit in rauer Umgebung und erreichte so eine Langzeitverfügbarkeit für eingebettete Systeme in industriellen Wi-Fi- und Bluetooth-Anwendungen.
Letztlich eröffnet dieser Ansatz dem Entwickler die Möglichkeit, ein hoch integriertes kundenspezifisches Design zu entwerfen ohne sich mit den traditionell komplexen Anforderungen an ein diskretes Design beschäftigen zu müssen.
Geringer Stromverbrauch
Heutige ARM-basierte SBC-Lösungen können unter Anderem durch den Einsatz von Quadcore-Prozessoren gute Leistungseffizienz sowohl in mobilen als auch stationären Anwendungen erzielen. Die Designvorteile der ARM-Plattform und dessen fortschrittliche Stromsparoptionen ermöglichen es dem Anwender, den Stromverbrauch anzupassen und zu minimieren – je nach Applikation, Last, Tageszeit oder anderen nutzungsspezifischen Kriterien. Dieser reduzierte Stromverbrauch ermöglicht darüber hinaus ein Design, das nur geringe Wärmeentwicklung zeigt. Weniger Wärme bedeutet, dass man auf zusätzliche Kühlung verzichten und damit einen komplexeren Systemaufbau vermeiden kann. Gleichzeitig erhöhen sich die durchschnittliche Einsatzzeit und die Zuverlässigkeit des Produktes.
Die Kommunikationsfähigkeit
Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) ist bereits heute Realität und hält Einzug in allen Märkten und in unterschiedlichen Applikationen. Die Möglichkeit zur Kommunikation mittels verschiedener Technologien muss daher von Anfang an in die Designüberlegungen eines Produktes einfließen. Dabei sind die möglichen Implementierungen, bei denen heute drahtlose Technologien im Vordergrund stehen, weit gefächert. Wi-Fi kann als kontinuierliche Verbindung innerhalb eines bestehenden Netzwerks Nutzung finden. Über einen DSL-Router besteht dann die Anbindung ans Internet. Ebenso kommt Wi-Fi aber auch als Ad-Hoc-Verbindung zu anderen Geräten in Frage, die beispielsweise der Konfiguration oder etwa dem monatliche Auslesen von Daten dienen sollen (Tablet, Smartphone oder Notebook). Während man klassisches Bluetooth nur noch in wenigen Fällen aus Kompatibilitätsgründen nutzt, kommt Bluetooth Smart (Bluetooth Low Energy) verstärkt bei einfachen Datenübertragungen und natürlich bei Sensornetzwerken zum Einsatz, bei denen der SBC die Zentrale darstellt. Nicht zu vergessen ist das traditionelle Ethernet, das ebenso wie Wi-Fi die einfache Einbindung in bestehende Netzwerke ermöglicht.
Für jegliche Kommunikation besteht natürlich die Forderung nach Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit. Die nächste Generation an SBCs verfügt über eine Bluetooth-Smart-Ready-Schnittstelle – sowohl klassische als auch Bluetooth-Low-Energy. Dazu kommt eine Wi-Fi-Implementierung. Mit komplett vorzertifizierter 802.11-a-/b-/g-/n-Hardware (2,4 GHz und 5 GHz), Software und Treibern für industrielle Sicherheitsstandards wie WPA/WPA2-Enterprise lässt sich der SBC einfach in bestehende IT-Infrastruktur einbinden. Auch Wide-Area-Networks (WAN) sind durch Mobilfunkoptionen realisierbar.
Bestehende Cloud-basierte und sichere Software-Plattformen wie die Device Cloud von Etherios erlauben es, Produkte für das Internet der Dinge mit geringem Aufwand in Betrieb zu nehmen. Die Entwicklung einer teuren proprietären Cloud-Lösung entfällt.
Offene Plattform
Die meisten SBCs unterstützen Betriebssysteme wie Android, Linux und Windows Embedded, die die Industrie fordert. Die Nutzung dieser Betriebssysteme verkürzt die Lernkurve. Damit lassen sich Investitionen und Risiken bei der Softwareentwicklung minimieren und die Entwicklungsaktivitäten beschleunigen.
Die meisten Ingenieure bevorzugen zudem eine hohe Flexibilität für ihre Designs, um auf Kundenanforderungen und Weiterentwicklungen reagieren zu können. Dazu benötigen sie von Beginn an Zugriff auf alle relevanten Software- und Hardwarekomponenten. Hier ist also sicherzustellen, dass man eine SBC-Plattform wählt, die einen vollständigen lizenzfreien Zugang auf alle Quellcodes der gewählten Plattform gewährt. Ebenso gilt für die Hardware, dass Unterlagen von funktionierenden und geprüften Referenzdesigns verfügbar sind. Wichtig ist die Auswahl eines zuverlässigen Lieferanten der sowohl global als auch vor allem lokal selbst oder durch Partner wie Atlantik Elektronik Unterstützung leisten kann.
Vernetzte SBCs sind der ideale Grundbaustein für ein breites Spektrum an Applikationen: sie lassen sich gut bedienen, haben Kontrollmöglichkeiten und weisen laut Hersteller bisher unerreichte Features auf.
Applikationen in der Medizintechnik
Für Hersteller aus der Bio- und Medizinindustrie ist Innovation eine nicht wegzudiskutierende Anforderung. Die Komplexität ihrer Produkte – insbesondere der Notwendigkeit, diese Produkte drahtlos anbinden zu können – steigt kontinuierlich an. Dadurch ist es essenziell, effektive Designs zu verwenden, die die Zuverlässigkeit der Produkte erhöht und Fehlermöglichkeiten auf ein Minimum senkt. Dies beinhaltet auch die Unterstützung für eine von der Industrie geforderte Langzeitverfügbarkeit. Medizin- und Gesundheitsprodukte benötigen Vernetzung, um die Effizienz in Bereichen wie Patientensicherheit, Vergütung, Verwaltung und Zuordnung medizinischer Geräte und Einrichtungen zu steigern.
Der komplexe und langandauernde Zulassungsprozess dieser Produkte erhöht die Notwendigkeit, die Zeit bis zur Marktreife weiter zu verkürzen. Der Fokus soll auf der medizinischen Innovation stehen, der Kernkompetenz der Hersteller. Mithilfe von SBCs rückt diese wieder in den Vordergrund. Die Wahl der richtigen SBC- oder SoM-Variante spielt daher eine wesentliche Rolle. Daher vertrauen Hersteller in der Bio- und Medizinindustrie zunehmend auf SBCs bei der Entwicklung von Geräten wie Infusionspumpen, Ventilatoren, Herzschrittmachern, EKGs, Krankenbett-Terminals, Patientenmonitoren, Defibrillatoren und vielen mehr (Bild 3).
Applikationen in der Landwirtschaft
Heutzutage können Landwirte ihren Ernteertrag durch Überwachung, Messung und Reaktion auf die Unterschiede im Pflanzenwachstum deutlich erhöhen. Zum Beispiel lassen sich industrielle, robuste SBCs oder SoMs zur Erfassung des Getreideertrags auf Mähdreschern einsetzen. Sie analysieren den Chlorophyll-Gehalt und die Bodenfeuchte. Sie werten diese Daten zusammen mit GPS-Positionen und Luft- und Satellitenbildern aus. Basierend darauf lässt sich eine intelligente Saatverteilung, Bewässerung und Düngung der Getreidefelder berechnen (Bild 4).
Die oft drahtlose Einbindung eines Sensornetzwerks auf einer komplexen Anlage wie einem Mähdrescher durch Technologien wie Bluetooth-Smart oder Zigbee zusammen mit der Kommunikation zu einer Leitstelle oder ins Internet über Wi-Fi oder Mobilfunk ermöglicht die Kombination vieler Daten. Deren Auswertung in Echtzeit führt schließlich zu einer Effizienzsteigerung, die die Investitionen in kurzer Zeit rechtfertigt.
Im Verkehrs- und Transportwesen
Der Fokus auf Effizienz und Sicherheit treibt den Bedarf an intelligenten und vernetzten Geräten in Fahrzeugen und Infrastruktur. Lötbare SoMs weisen hier ein höheres Maß an Schock- und Vibrationsfestigkeit gegenüber Steckmodulen auf. Daher sind sie gerade für mobile Anwendungen das Mittel der Wahl. Ihr Einsatz kann in Taxis mit Hybridantrieb helfen, Batterie- und Motormanagement zu optimieren und gleichzeitig ein komplett integriertes, zeitgemäßes Fahrzeugbedien- und -informationssystem zur Verfügung zu stellen. In Bussen kann ein Überwachungssystem die Einhaltung der Emissionslevel garantieren, Informationen für die Fahrgäste anzeigen und die Ticketautomaten steuern. In der kommerziellen Schifffahrt steuern eingebettete Systeme die Navigation oder fungieren als hochmoderne Fischortungsgeräte (Bild 5).
Der Einsatz von SBC- und SoM-Lösungen führt allgemein zu einer frühen, risikolosen Produkteinführung. Atlantik Elektronik unterstützt seine Kunden dabei bei Fragen zu Hardware und Software. Das Unternehmen hilft außerdem bei der Wahl der richtigen Netzwerktechnologie sowie bei der Integration von Sensorik. Die Flexibilität für zukünftige Erweiterungen ist dabei ein maßgeblicher Faktor. Durch bessere Beratung zu Technologien wie Wi-Fi-, Bluetooth und Mobilfunk kann sich der Kunde ganz auf seine Kernkompetenzen konzentrieren.
Hans Wiedemann
Dominik Bohn
(rao)