Projektleiter Woo-Sik Chung aus der Gruppe Mikrofügen am Fraunhofer ILT beschreibt die Technik so: „Stellen Sie sich einen Kupferblock mit gleicher Fläche, aber unterschiedlicher Dicke im Querschnitt vor. Je dicker der Block, desto größer die Stromübertragung. Dort, wo am meisten Strom benötigt wird, verstärken wir die Leiterplatte. Dort, wo nur wenig Strom hindurchfließen muss, sparen wir Material ein.“
Mit standardisierten Herstellungsverfahren war es bislang sehr aufwändig, einzelne Bereiche gezielt so zu verdicken, dass eine geschweißte Verbindung angebracht werden kann. Im BMWi-geförderten Projekt Clape nahmen sich Expertinnen und Experten des Fraunhofer ILT, des Unternehmens Ilfa und der französischen KMU Ouest Coating in den vergangenen drei Jahren dieser Herausforderung erfolgreich an.
Ein Bauteil, mehrere Funktionen
In den bisherigen Fertigungsverfahren war aber genau das gezielte Verdicken in einzelnen Bereichen sehr aufwändig. Das führte dazu, dass heute je nach Einsatzzweck unterschiedlich dicke Leiterplatten verwendet werden – zum Beispiel eine sehr dünne für ein Stromsignal an eine LED-Leuchte und eine dicke für einen Stromwandler, der beim Laden des E-Auto-Akkus viel Strom innerhalb kurzer Zeit übertragen muss. „Unser neues Fertigungsverfahren ermöglicht es, beides auf nur einer Leiterplatte gleichzeitig zu realisieren: Signal- und Stromübertragung“, sagt Chung.
In dem Verfahren werden die speziell angepassten Leiterplatten per Kaltgas-Sprühverfahren lokal nach konkretem Bedarf genau so verdickt, dass unterschiedlich starke Leiterbahnen ohne thermische Beschädigung per Laserstrahlmikroschweißen stoffschlüssig mit der Leiterplatte verschweißt werden konnten. Die dabei entstandenen Hybridleiterplatten benötigen dank ihres spezifischen Aufbaus zur Signal- und Stromübertragung nicht nur weniger Platz, sondern verteilen die Energie auch wesentlich effizienter.
„Perspektivisch könnten unsere Hybridleiterplatten so mehrere Funktionen innerhalb eines Bauteils zusammenfassen«, sagt Woo-Sik Chung. »Setzt sich das Verfahren in der Praxis durch, könnte sowohl der Bauraum für die Leistungselektronik als auch das Gesamtgewicht von E-Autos signifikant reduziert werden, was sowohl in einer höheren Reichweite als auch einem langfristig geringeren CO2-Ausstoß münden würde.“ Auch in Anbetracht der Tatsache, dass die benötigten Ressourcen zur Herstellung von Chips für die Leistungselektronik knapp bemessen sind, ist das eine überaus wichtige Erkenntnis.
Die Forscher versichern, dass gegenüber dem Einsatz von konventioneller Leistungselektronik aus Keramik die sogenannten Hybridleiterplatten nicht nur wesentlich vielseitiger einsetzbar, sondern auch bis zu 20-mal günstiger seien.
Die Autorin
Petra Gottwald, Chefredakteurin Productronic, nach Unterlagen vom Fraunhofer ILT.