Dran glauben mussten prominente Modelle wie Apple iPad mini, das Samsung Galaxy Tab 2 und das Asus Google Nexus 7. Bei dem eher ungewöhnlichen Forschungsprojekt ging es den Wissenschaftlern am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM in Berlin darum, herauszufinden, wie recycling- und reparaturfreundlich die Geräte sind. Die Untersuchungen wurden in Laboren des Fraunhofer IZM durchgeführt, die für Gerätedemontage und thermische Untersuchungen zur Verfügung stehen. Dabei hat sich gezeigt, dass sowohl bei der Recycel- als auch bei der Reparierbarkeit große Unterschiede bestehen. Die Experten fotografierten die einzelnen Schritte und dokumentierten sie am Rechner. Die Ergebnisse sind in einer umfassenden Studie veröffentlicht worden.
Die Wissenschaftler stießen dabei rasch auf Schwierigkeiten, denn bei keinem der Geräte war offensichtlich, wie sie sich öffnen ließen. Dazu war es zunächst notwendig, sich mit den jeweiligen Modell vertraut machen. Nur bei wenigen Geräten hatten die Hersteller ausführliche Serviceanleitungen zur Reparatur ins Internet gestellt. War eine solche Anleitung vorhanden, ließ sich das Gerät in der Regel gut öffnen. Aus dem Projekt ging ein interessanter Zusammenhang hervor: Je hochwertiger und robuster ein Gerät ist, umso komplizierter lässt es sich demontieren. Eine aufwändige Demontage des Gerätes erschwert wiederum sowohl die Reparatur als auch den Recycelvorgang. Die Reparatur durch den Konsumenten ist bei der Mehrzahl der Geräte kaum möglich, ohne Teile des Geräts zu beschädigen. Meistens ist es nicht offensichtlich, wie ein Gerät am besten geöffnet werden kann. Dies erhöht die Gefahr unbeabsichtigter Schäden bei der Reparatur.
Fest verklebte Akkus
In einigen Fällen ergibt sich aus dem Anspruch, möglichst recycling- und reparaturfreundlich zu sein, ein Zielkonflikt. Zum Beispiel wäre eine Verschraubung von Einzelteilen eines Tablets für einen späteren Austausch einzelner Teile ideal. Für den Recycelvorgang hingegen ist die Verwendung von Plastikclips, die sich leicht aufbrechen lassen, vorteilhafter. Verklebte Bauteile sind dagegen sowohl für eine Reparatur als auch eine gute Materialtrennung problematisch, ermöglichen aber eine besonders flache Bauform. Tatsächlich sind viele der Tablets nicht verschraubt, sondern geklebt – ohne Erläuterung besteht die Gefahr, dass man das Gerät an der falschen Stelle aufhebelt und dabei versehentlich Kabel abreißt oder Befestigungs-Clips zerbricht.
Tablets enthalten eine Reihe von wertvollen, nicht-erneuerbaren Materialien, wie Edelmetalle, Aluminium und sortenreine Kunststoffe, deren Wiedergewinnung von großem Interesse ist. Aufgrund von Materialverbunden ist jedoch eine saubere Materialtrennung zum Recycling häufig erschwert. Dadurch gehen Wertstoffe potenziell verloren. Im Fokus der Wissenschaftler stand daher die Frage, wie leicht sich Akkus und Displays entfernen lassen – jene Komponenten, die am häufigsten kaputtgehen und deshalb repariert oder ausgetauscht werden müssen. Denn für das Recycling ist es wichtig, den Akku rasch entnehmen zu können. Dies ist jedoch in der Regel nicht der Fall, da der Akku meistens fest mit dem Gehäuse verklebt ist: Unter den geprüften Tablets befand sich lediglich ein Gerät für den Businessbereich, das (ähnlich wie für Laptops üblich) die Entnahme und somit auch den Wechsel des Akkus ermöglicht. Bei einem anderen Modell ist der Akku mit doppelseitigem Klebeband angebracht, dessen Ende deutlich sichtbar herausragt. Wird daran gezogen, löst sich die Batterie vom Gehäuse. Mittlerweile finden sich derart leicht zu lösende Klebestreifen übrigens auch im iPhone 6 wieder. Der Austausch kann auch für den privaten Nutzer relevant sein, wenn sich der Akku seinem Lebensende nähert. Wie viele Ladezyklen die Akkus von Tablets überhaupt mitmachen, ob es dabei Unterschiede bei den einzelnen Geräten gibt und ob die Akku-Lebensdauer überhaupt einen Austausch erfordert, wird derzeit in einem weiteren Projekt für das Umweltbundesamt in den Batterietestlaboren des Fraunhofer IZM untersucht.
Displays kaum austauschbar
Es ergeben sich auch enorme Unterschiede zwischen den Tablets bezüglich der Austauschbarkeit von defekten Einzelteilen. Zum Beispiel ist bei manchen Geräten das Touchpanel untrennbar mit dem LCD-Display verklebt. Im Falle eines Bruchs des Frontglases müsste demnach die ganze Displayeinheit ausgetauscht werden; bei anderen Geräten ist der alleinige Austausch des Touchpanels möglich. Das Green Electronics Council, das die Mehrzahl der Tablets gestellt hat, betreibt EPEAT, ein Kennzeichnungssystem für die umweltfreundliche Beschaffung von Informations- und Kommunikationstechnologie. Es ist geplant, im Rahmen dieses EPEAT-Systems künftig auch eine Bewertung und Kennzeichnung von Tablets zu etablieren. Die vorliegende Studie des Fraunhofer IZM wird hierfür als Diskussionsgrundlage dienen, um geeignete Kriterien für Reparatur- und Recyclingfreundlichkeit zu erarbeiten.
Die Abteilung Environmental & Reliability Engineering des Fraunhofer IZM befasst sich seit vielen Jahren mit den Themen Zuverlässigkeit, Ökodesign und Umweltbewertung elektronischer Geräte, hat die Europäische Kommission umfassend zu technischen Fragestellungen beraten und arbeitet regelmäßig mit Herstellern auf dem Gebiet umweltfreundlicher Elektronik zusammen.
(mrc)
Weblinks
Sie möchten gerne weiterlesen?
Unternehmen
Fraunhofer IZM Berlin Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration
Gustav-Meyer-Allee 25
13355 Berlin
Germany