Rolle-zu-Rolle Folieninspektionssystem am Fraunhofer FEP.

Rolle-zu-Rolle Folieninspektionssystem am Fraunhofer FEP. (»© ronaldbonss.com«)

Organische Elektronik sorgt bereits heute für schöne satte Farben in modernen Fernsehgeräten, ermöglicht schicke Designer-Lampen und ist das Markenzeichen hochwertiger Smartphones. Sie verbraucht nur wenig Strom, ist hauchdünn und oft sogar durchsichtig und biegsam. Die organische Elektronik hat jedoch die Anforderungen an die Dichtigkeit von Barrierefolien gegenüber Wasserdampf extrem hochgeschraubt. OLEDs benötigen zum Beispiel Barrierefolien, die allenfalls wenige Mikrogramm Wasserdampf pro Tag durchlassen.

Bislang dauern Messungen der Wasserdampfdurchlässigkeit sehr lange. Für OLED-Barrierefolien liegen die Messergebnisse oft erst nach einigen Wochen vor. Die Wissenschaftler des Fraunhofer IWS haben es nun geschafft, die Inspektionszeit für Barrierefolien in der organischen Elektronik auf lediglich zwei bis drei Stunden zu verkürzen. Dazu wurde das Hyperspectral Imaging (HSI) weiterentwickelt, um selbst kleinste Defekte und geringste Abweichungen vom idealen Aufbau von Barrierefolien rasch zu erkennen und deren Wasserdampfdurchlässigkeit zu ermitteln. Denn diese Durchlässigkeit bestimmt maßgeblich die Lebensdauer der Produkte der flexiblen organischen Elektronik, zum Beispiel von organischen Leuchtdioden (OLED) oder Solarzellen (OPV).

Die Forscher haben nun ein Barriereinspektionssystem mit einem grundsätzlich neuen Ansatz entwickelt, das auf Hyperspektral-Bildgebung und Künstlicher Intelligenz (KI) beruht: Es wird nicht mehr der Wasserdampf gemessen, der die Barriere durchdringt, sondern allein die Folie, die diese Durchlässigkeit maßgeblich bestimmt. In zweieinhalbjähriger Arbeit haben Wissenschaftler und Techniker beim Projektpartner Fraunhofer-Institut für Organische Elektronik, Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP mehr als 100 Barrierefolienmuster im Rolle-zu-Rolle-Verfahren hergestellt, deren Wasserdampfdurchlässigkeit das Fraunhofer IWS zunächst mit der am Institut entwickelten HiBarSens-Technologie hochpräzise gemessen hat. Danach haben die IWS-Forscher von den Proben an verschiedenen Stellen HSI-Datensätze gemessen und mit diesen ein Modell angelernt, das anhand einer HSI-Messung die Wasserdampfdurchlässigkeit der gemessenen Barrierefolie mit hinreichender Genauigkeit hundertmal schneller vorhersagen kann.

Folieninspektionssystem
Weltweit arbeiten Forscher daran, organische Leuchtdioden, Solarzellen und Schaltkreise durch bessere Spezialfolien gegen Luftfeuchtigkeit und andere schädliche Umwelteinflüsse zu schützen. Das soll die Bauteile der Organischen Elektronik robuster und somit langlebiger machen. (Bild: Fraunhofer FEP)

Trainierte KI sagt Wasserdampfdurchlässigkeit von Folien voraus

Die Verarbeitung optischer Rohdaten zu nützlichen Informationen ähnelt dem menschlichen Sehen. Das Gehirn erhält Farbrohdaten wie rot, grün sowie blau von den Augen. Dank lebenslang trainierter Erfahrungswerte kann es diese Daten deuten und der Mensch die Welt wahrnehmen und erkennen. Das hyperspektrale „Sehen“ weist allerdings einen entscheidenden Unterschied auf: Um an die entscheidenden Informationen zu gelangen, sind aufgrund der enormen Größe und Komplexität der in sogenannten „Hypercubes“ aufgezeichneten Daten spezielle Datenanalyse-Algorithmen notwendig. Mittels KI werden die Auswirkungen potenzieller Foliendefekte wie Kratzer, Schichtfehler oder Einschlüsse auf einen Hypercube sowie auf die Wasserdurchlässigkeit der Folie einem Modell antrainiert. Ein ausreichend trainiertes Modell kann dann aus einem Hypercube einer Barrierefolie deren Wasserdampfdurchlässigkeit mit hoher Sicherheit vorhersagen. Messung und Vorhersage liegen so schnell vor, dass sich Fehlchargen unmittelbar erkennen lassen. Darüber hinaus ist es nun sogar erstmals möglich zu bewerten, an welchen Stellen konkret die Barrierefolien mehr oder eben weniger Wasserdampf durchlassen. Mit schnelleren Kameras lässt sich die Messzeit sogar noch weiter verringern und je mehr Trainingsdaten der KI künftig zur Verfügung stehen, desto genauer werden ihre Vorhersagen.

Die Autorin

Petra Gottwald

Petra Gottwald, Chefredakteurin Productronic, nach Unterlagen vom Fraunhofer IWS.

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