automatische optische Inspektion als Bestandteil eines Wafertests

(Bild: RoodMicrotec)

Als Teil der Prozesskette Wafertest drängt sich AOI in Zeiten von Industrie 4.0 und den wachsenden Anforderungen an Digitalisierung immer mehr in die Köpfe der Prozessentwickler. Die Standards und Kundenanforderungen werden immer anspruchsvoller. Diesen Herausforderungen gewachsen zu sein, die Qualität der Dienstleistung kontinuierlich auf hohem Niveau zu halten und die Prozesse weiter zu verbessern sind die Aufgaben, die ein modernes Unternehmen im Halbleitermarkt zu bewältigen hat. Diese Prozessoptimierung geht zwangsläufig mit der Integration neuer Prozessschritte Hand in Hand.

Manuellen Teil der Prozesskette veringern

Ein automatisches Inspektionssystem für Wafer ist die logische Konsequenz für ein Unternehmen, welches weiterhin als zuverlässiger Partner in der Wertschöpfungskette für Halbleiter-Bauelemente auftreten möchte. Es ist immer eine Herausforderung, ein neues Prozesselement in eine bestehende Prozessumgebung zu integrieren; eine gewissenhafte Planung und ein hohes Maß an Engagement bilden jedoch eine solide Grundlage für das Gelingen eines solchen Vorhabens.

Ein AOI-System soll den manuellen Teil der Prozesskette Wafertest verringern und deren Automatisierung steigern. Die ursprüngliche Vorgehensweise bestand darin, Wafer von Hand unter einem Mikroskop zu betrachten und auf Fehlerbilder, wie zum Beispiel Kratzer, Haarrisse oder Fremdmaterial, zu untersuchen.

Dieses Vorgehen mag für geringe Stückzahlen praktikabel sein, das manuelle Handling für größere Wafer (12“) und Wafer auf Frame (bereits gesägte Wafer auf einem Trägermaterial, welches auf einen Rahmen aufgespannt ist) ist jedoch nicht mehr als sicher und ausreichend einzustufen. Auch stellen solche Waferinspektionen keine tatsächliche 100%-Sichtung dar, und falls doch, so sind diese mit einem enormen Zeitaufwand und hohen Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit des durchführenden Personals verbunden. Bei manchen 8“-Zoll Wafern steigt die Anzahl der Dies auf bis zu 40.000 Stück und sogar mehr. Die Folge ist eine starke Auslastung der Mitarbeiter, die durch ein AOI-System kompensiert werden kann. Die Inspektion wird zudem wesentlich effektiver durchgeführt, da eine tatsächliche 100%-Inspektion in einem Bruchteil der zur manuellen Untersuchung benötigten Zeit ermöglicht wird.

Abb 1

Eine typische Wafermap mit guten (grün) und auffälligen Dies (blau, weiß). Daneben ein einzelner Chip. RoodMicrotec

Auch der Durchsatz wird gesteigert und sogar große 12“-Wafer (auch auf Frame) können problemlos von einem solchen System gehandhabt werden. Die Inspektion von bereits gesägten und gepickten Wafern ist mit den entsprechenden Tools ebenfalls ohne größeren Aufwand möglich. Zusätzlich können auch noch kleinere Wafer wie 1“, 2“, 3“, automatisch und sogar Bruchstücke von Wafern manuell inspiziert werden, solange diese auf einen geeigneten Filmframe aufgebracht sind.

Einsatz des Golden-Die-Prinzips

Ein automatisches Inspektionssystem für Wafer besteht üblicherweise aus zwei Hauptkomponenten: einem Teil, welcher für das Handling der Wafer zuständig ist und einem Teil, der die visuelle Inspektion durchführt. Meist kommt dabei das Golden-Die-Prinzip zum Einsatz. Hier werden eine Anzahl n visuell fehlerfreier Dies interpoliert und die Grauwerte der einzelnen Pixel gemittelt. Aus dieser Berechnung entsteht das Golden Die; es gilt: je größer n, desto genauer das Golden Die, jedoch steigt damit auch die benötigte Zeit für die Erstellung. Während der Inspektion wird dann jeder Chip mit diesem Idealbild verglichen. Wird ein Unterschied zwischen den Grauwerten bemerkt, wie durch eine Fehlstelle oder einen Partikel hervorgerufen, wird dieses Die in einer Wafermap als Ausfall gekennzeichnet.

Die erste Überlegung zur Systemintegration steckt in diesem Prozessschritt. Wie viele Produkte werden letzten Endes über dieses System geführt? Je mehr verschiedene Typen im Unternehmen untersucht werden sollen, desto höher ist der Zeitaufwand, der betrieben werden muss, um eine hohe Effektivität und Flexibilität sicher zu stellen.

Um ein solches System in eine bestehende Prozesskette einzufügen, bedarf es weiterer Überlegungen. Streng nach Prozessmanagement etwa stellt man sich den Schritt der AOI in der Kette als Kunde/Lieferant vor. Welche Daten gehen in den Prozess und welche soll er liefern? Das Wichtigste wird zwangsläufig die Wafermap sein, wovon es hunderte von verschiedenen Formaten gibt. Hier kommt eine weitere, wichtige Überlegung hinzu. Welche Wafermap-Formate werden in der Firma verwendet und welche Formate verlangen die Kunden?

Wird das AOI-System etwa zur Eingangs- sowie auch zur Ausgangsinspektion genutzt, müssen Wafermaps der Fab kompatibel zum System sein und das System muss Wafermaps ausgeben können, die von den Handlingsystemen der Folgeschritte verarbeitet werden können. Auch hier gilt es, die Kundenanforderungen für jedes einzelne Produkt im Vorfeld zu besprechen. In manchen Fällen ist z. B. eine Exklusion von bei der Eingangsinspektion visuell als fehlerhaft erkannten Dies aus dem elektrischen Test nicht gewünscht.

Abb 2

Fehlerhafte Probemarks auf Pads. RoodMicrotec

Komplette Wafermap als Ziel

Die Hersteller offerieren für solche Fälle eine individuelle Anpassung des Systems an die Kundenbedürfnisse. Natürlich ist dies ein sich entwickelnder und daher zeitaufwendiger Prozess, der sich jedoch am Ende auszahlt. Gerade bei der Einführung eines neuen Systems in die Prozesskette sind die Unterstützung der Hersteller sowie kurze Reaktionszeiten von enormer Bedeutung. Während einer Vorabnahme und durch erste Pilotruns können zusätzlich benötigte Funktionen erkannt und implementiert und bereits vorhandene Features anwenderspezifisch angepasst werden. Durch eine Homogenisierung der Prozesskette und intern als Standard festgelegte Formate kann ein Flow erzeugt werden, der auch andere Schritte eliminieren kann. Das Ziel ist es, eine komplette Wafermap auszuliefern, die sowohl die Eingangsinspektion, den Wafersort (elektrischer Test) als auch die Ausgangsinspektion enthält. Um dies zu erreichen, muss ein konsistentes Format ausgewählt werden. Auch hier lehrt die Erfahrung, dass es einfacher ist, ein neues System an alte Systeme anzupassen als umgekehrt.

Einen weiteren Faktor stellen die Definitionen der Fehlerbilder dar. Ein AOI-System bietet eine enorme Vielfalt an Einstellmöglichkeiten für verschiedene Fehlerbilder. So können auf IC-Ebene bestimmte Regions of Interest (ROI) definiert und z. B. unterschiedlich große Partikel oder Beschädigungen in verschiedenen ROIs detektiert werden. In der Praxis bedeutet dies etwa bei einem Image-Sensor, dass Fehler auf der CMOS-Struktur anders bewertet werden als Verletzungen der Oberfläche des Bildsensors. Bei der Ausgangsinspektion bieten die Systeme natürlich auch die Möglichkeit der Probe Mark Inspektion (PMI). Diese kann speziell bereits geprobte Pads inspizieren und mittels festgelegter Kriterien, wie dem Abstand zum Padrand oder dem Probemark-Padfläche-Verhältnis, schon im Vorfeld kritische Chips detektieren, bei denen es im weiteren Prozess zu Problemen kommen könnte (z. B. beim Bonden).

Es muss ein Fehlerkatalog erstellt und zusätzlich im Dialog festgelegt werden, was als Fehler zu bewerten ist oder welche Auffälligkeiten für die finale Anwendung als nicht kritisch einzustufen sind. Dies geschieht für jedes Produkt individuell und richtet sich nach den Kundenanforderungen. Einzig der Prozess der Definition der individuellen Fehlerbilder nimmt zu Beginn eines solchen Projektes einige Zeit in Anspruch und wirkt aufgrund der vielen Möglichkeiten etwas abschreckend. Es werden sicherlich einige Wochen oder Monate benötigt, um die präzisen Definitionen, die mit einer solchen Anlage erstellt und angewendet werden können, genau auszuarbeiten, an die Bedürfnisse des jeweiligen Kunden anzupassen und am Ende eine zuverlässige Inspektion zur Verfügung zu stellen.

Abb 3

Beladung des AOI-Systems mit einer 8“-Waferkassette. RoodMicrotec

Besseres Verständnis für Fehlerbilder

Wie eingangs erwähnt, ist ein automatisches Wafer-Inspektionssystem eine Bereicherung für den Waferort. Bereits nach kurzer Zeit im Einsatz wird dem Anwender klar, wie präzise ein solches System arbeitet. Es werden logischerweise Vergleiche mit der bisherigen manuellen Arbeitsweise angestellt und sofort ist erkennbar, wie viele Fehler ein solches System detektiert. Der Anwender entwickelt zusätzlich ein besseres Verständnis für unterschiedlichste Fehlerbilder, da viele Systeme eine Option bieten, erkannte Abweichungen an einer externen Workstation einzeln zu begutachten und zu bewerten. Die aufgenommenen Bilder können für Defect-Reports verwendet werden und überzeugen durch eine hohe Qualität.

Die Hersteller von AOI-Systemen bieten auch zusätzliche Optionen für die Konfiguration ihrer Systeme an. So kann bei den meisten Maschinen zusätzlich eine 3D-Inspektion installiert werden. Mit dieser lassen sich zum Beispiel die Höhe und die Planarität von Balls oder Cu-Pillars vermessen. Oder es kann eine zusätzliche Option zum Inken eingebaut werden, mit der die fehlerhaften Dies direkt nach dem Scanvorgang markiert werden können. Bei der Konfiguration sollte nicht nur der finanzielle Aspekt im Vordergrund stehen. Es muss abgewogen werden, welche Optionen für das Unternehmen relevant sind. Einige Möglichkeiten schließen andere sogar völlig aus. So ist in einem speziellen Fall etwa keine Inkoption möglich, falls eine 3D-Scanning Option verbaut werden soll, da diese denselben Einbauort nutzt. Ein anderes Beispiel wäre, wenn das System ein breites Spektrum an Wafergrößen handhaben soll und dies zusätzlich noch auf Filmframe; dann ist es mechanisch oft nicht möglich, zwei 12“-Loadports zu installieren. Die Wahl des optionalen Equipments muss also sorgfältig in die Planung mit einfließen.

Der Kunde profitiert ebenso vom System wie der Anwender. Wie schon zuvor angemerkt, werden die Mitarbeiter entlastet und der Grad der Automation wird gesteigert. Was früher ppm (parts per million) Ausfälle waren, werden in nicht allzu ferner Zukunft ppb (parts per billion) sein. Ein AOI-System unterstützt diesen Gedanken, welcher unter dem Einfluss des autonomen Fahrens und des IOT stark an Bedeutung gewonnen hat.

Natürlich spielt auch immer der Kostenfaktor eine Rolle. Auf längere Sicht wirkt sich ein AOI-System auf den Produktlebenszyklus eines großvolumigen Produktes positiv aus, da Kosten in der Assemblierung gespart werden können. Dies geschieht dadurch, dass weniger risikobehaftete Chips in den nächsten Prozessschritt gelangen. Ein weiterer Kostenpunkt, welcher minimiert werden kann, macht sich bei sehr komplexen Bauteilen bemerkbar. Diese haben meist eine große Chipfläche und eine hohe Integrationsdichte, weshalb auch die Testzeit pro Die auf mehrere Minuten ansteigen kann. Betrachten wir als Beispiel CCD Imagesensoren: durch die Erkennung von fehlerhaften Stellen im Sensorfeld ist davon auszugehen, dass die betroffenen Chips den elektrischen Test nicht bestehen. Sollten manche Teile dennoch die Testzeit durchlaufen und als gut markiert werden, wird ein tendenziell schlechtes Bauteil verbaut, was zu Ausfällen im Feld führen kann.

Abb 4

Ein AOI-System mit geöffneten Wartungsklappen. RoodMicrotec

Langfristiger Prozess

Zusammenfassend kann eine AOI ein Prozesselement mit enormem Potenzial darstellen. Einer solchen Investition muss eine gewissenhafte Planung vorausgehen und es müssen viele Faktoren berücksichtigt werden. Ferner muss die Integration des Systems als wachsender Prozess verstanden werden, welcher über Monate oder sogar Jahre mit in die Prozesskette hineinwächst, um letzten Endes ein wichtiger Teil derselben zu werden.

Florian Euteneier

Service and Operations Engineer bei RoodMicrotec

(hw)

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