Die Lotpaste ISO-Cream Clear erreicht eine hohe Konturenstabilität ohne rheologische Hilfsstoffe, selbst nach 200 Drucken wie das Druckbild anschaulich zeigt. Felder

Die Lotpaste ISO-Cream Clear erreicht eine hohe Konturenstabilität ohne rheologische Hilfsstoffe, selbst nach 200 Drucken wie das Druckbild anschaulich zeigt. (Bild: Felder)

Nichts ist beständiger als der Wandel. Diese Binsenweisheit hat auf allen Ebenen unseres Lebens genauso Bestand wie auch bei den Technologiesprüngen. Im Zuge der Miniaturisierung werden nicht nur Bauteile immer kleiner, sondern auch elektronische Baugruppen immer komplexer. Das hat zur Folge, dass die Korngrößen der eingesetzten Metallpulver in den Lotpasten schrumpfen. Kleinere Metallkügelchen besitzen im Verhältnis zu ihrer Masse eine größere Oberfläche und bieten mit sinkendem Kugeldurchmesser eine immer größer werdende Angriffsfläche für die Oxidation der Metalloberfläche an. Dieses Verhalten hat Auswirkungen bei der Verwendung und in der Haltbarkeit der Lotpaste.

Anforderungen an die Lotpaste

Jedoch sind die Korngrößen der Lotpasten nicht das einzige, an dem die Hersteller von Lotmaterialien arbeiten: Für die Zuverlässigkeit einer Lötverbindung ist auch eine hohe Benetzungsfähigkeit ausschlaggebend. Vom Anwender oft unterschätzt sind die zu lötenden Oberflächen. Auch hier spielen Oxidationsvorgänge eine große Rolle und können die Lötbarkeit massiv stören oder sogar unmöglich machen. Darüber hinaus tritt seit längerem das Phänomen der schlechten Benetzbarkeit von Leiterkarten auf, das analytisch sehr schwer zu erfassen ist. Gold beziehungsweise Gold-Nickeloberflächen zeigen beim Löten schlechte Benetzungen auf, die selbst mit höheren aktivierten Pasten nicht zu beseitigen sind. Bei den geringen Schichtdicken ist es ein sehr schwieriges Unterfangen, die Ursachen mangelnder Benetzungen analytisch nachzuweisen. Selbst zerstörungsfreie Untersuchungsmethoden wie die REM-EDX-Technik oder die Röntgenfluorensenzspektroskopie liefern nicht immer belastbare Daten. Auch fehlen geeignete Referenzmaterialien, um Messdaten mit einer ausreichenden Genauigkeit zu generieren.

Felder Löttechnik entwickelt und produziert neben einem großen Portfolio verschiedener Lötmittel für das Hart- und Weichlöten seit vielen Jahren SMT-Lotpasten. Dabei werden die vielfältigsten Kundenanforderungen berücksichtigt. Der Umweltgedanke steht ebenfalls im Fokus der Entwicklung und wird von den Verwendern eingefordert. Da die Lotpasten in den vielfältigsten Anwendungsbereichen zum Einsatz kommen, sind viele Bedingungen und Besonderheiten zu berücksichtigen. Aber auch gesetzliche Vorgaben wie die REACh-Verordnung oder die RoHS-Richtlinie haben Einfluss auf die Zusammensetzung von Lotpasten und Auswirkung auf die chemische Zusammensetzung und somit auf das rheologischen System, also die Fließ- und den viskoelastischen Eigenschaften einer Paste.

SMT-Pasten müssen den Standardvorgaben der DIN 61190-1-2 und IPC IST 004B entsprechen. Neben der Metallzusammensetzung, der Partikelgröße, der Viskosität und dem Halogengehalt sind Prüfungen durchzuführen, die anwendungsspezifische Erfordernisse simulieren und Bedingungen darstellen, die die Paste erfüllen muss. Kundenspezifische Gegebenheiten sind darüber hinaus bei einer Neuentwicklung zu berücksichtigen, die weit über den Anforderungen der IPC liegen und letztendlich eher der realen Praxis im Umgang mit der Lotpaste entsprechen. Diese zusätzlichen Bedürfnisse können nicht so ohne weiteres deklariert werden, sodass es für den Anwender nur schwer möglich ist, eine Vergleichbarkeit der unterschiedlichen SMD-Pasten herzustellen. So kann diese Vergleichbarkeit letztendlich nur durch einen Praxistest im Realsystem generiert werden.

Konturenstabilität ohne rheologische Hilfsstoffe

Die Benetzungseigenschaften der Lotpaste ISO-Cream Clear (l.) gegenübergestellt mit einem vergleichbaren Wettbewerbsprodukt (r.): Sogar noch bei einem Pastenauftrag von nur 16 Prozent der Lötfläche stellt die Lotpaste eine vollständige Benetzung sicher, während die Referenzpaste noch bei 27 Prozent Pastenauftrag „schwächelt“. Felder

Die Benetzungseigenschaften der Lotpaste ISO-Cream Clear (l.) gegenübergestellt mit einem vergleichbaren Wettbewerbsprodukt (r.): Sogar noch bei einem Pastenauftrag von nur 16 Prozent der Lötfläche stellt die Lotpaste eine vollständige Benetzung sicher, während die Referenzpaste noch bei 27 Prozent Pastenauftrag „schwächelt“. Felder

Betrachtet man die Anwendung einer Paste, so muss diese zunächst mithilfe einer Schablone auf eine Leiterplatte aufgetragen werden. Die Paste hat hier ihre entsprechenden rheologischen Eigenschaften aufzuweisen, die darin münden, dass die Paste am Rakel abrollt und nicht mitgezogen wird, sodass keine Verschmierungen auftreten. Verschmierungen oder Ablagerungen der Paste unterhalb der Schablone haben nachteilige Auswirkungen auf die Bildung von Lotperlen. Bei der Entwicklung der Lotpaste ISO-Cream Clear wurde bewusst auf rheologische Hilfsmittel verzichtet. Dadurch ist die Paste deutlich unempfindlicher gegenüber Scherkräften. Die Verwendung von rheologischen Hilfsstoffen – meist strukturviskose Stoffe – führt zur Eigenschaft, dass bei zunehmender Schergeschwindigkeit die Viskosität verringert wird. Im Falle einer konventionellen SMT-Paste nimmt die Viskosität während des Rakelns ab. Dieser Prozess ist reversibel, sodass die Lotpaste in gedruckter Form wieder eine Zunahme der Viskosität erfährt. Dieses ist wichtig für die Konturenstabilität, da die Paste sonst verläuft und eine Bestückung erschwert. ISO-Cream Clear erreicht eine hohe Konturenstabilität ohne rheologische Hilfsstoffe. Diese Paste verhält sich annähernd wie ein Newtonsches Fluid, also einem Fluid mit linear-viskosem Fließverhalten. Solche Fluide werden durch eine belastungsunabhängige Viskosität charakterisiert. Somit ist auch nachvollziehbar, dass die Kantenschärfe dieser Lotpaste nach 200 Drucken der nach 20 Drucken beziehungsweise dem ersten Druckbild entspricht.

Selbst nach acht Stunden Pause ist der erste Druck einwandfrei. Labortests zeigten, dass selbst nach 72 offenen Stunden nach dem Druck eine Bestückung weiterhin problemlos ist. Auch wenn dieses keine Normalbedingungen darstellen, so zeigt dieses Verhalten die hohe Stabilität der Lotpaste ISO-Cream Clear. Dieses kommt den Anwendern zu Gute, die zunächst die Platinen drucken und gegebenenfalls erst am nächsten Tag bestücken wollen. Durch die Vermeidung rheologischer Stoffe ist die Einstellung der Viskosität deutlich einfacher. Auch spielt die Korngröße des Metallpulvers eine geringere Rolle. Üblicherweise nimmt die Viskosität mit kleiner werdender Partikelgröße zu, sodass es neben den Einflüssen durch rheologische Stoffe auch Einflüsse durch die Kornverteilung gibt. Das Flussmittel der Lotpaste ISO-Cream Clear lässt sich für die Herstellung von Lotpasten mit Korngrößen Typ 3 (25 bis 45 µm) als auch für Typ 4 (20 bis 38 µm) und Typ 5 (15 bis 25 µm) einsetzen.

Gute Benetzungseigenschaften sind unerlässlich

Alle Parameter im Fokus

In Summe müssen heutige Lotpasten eine Vielzahl von Aufgaben erfüllen, um die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche abzudecken zu können. Sie müssen robust im Umgang sein, thermisch und chemisch ein breites Spektrum abdecken. Eine SMT-Paste für alle Belange kann und wird es aber wohl nicht geben. Eine Paste ist dann für den Anwender geeignet, wenn sie zu seiner Anwendung passt, beziehungsweise sich der Prozess einfach an die Paste anpassen lässt, um optimale Ergebnisse zu erreichen. Auch kann eine Paste eine Verschlechterung in der Benetzbarkeit von Oberflächen (insbesondere durch Überlagerung) nicht vollständig kompensieren. Wer eine hohe Prozesssicherheit erreichen möchte, muss alle Parameter im Fokus haben.

Voraussetzungen für eine gute Lötverbindung sind die Benetzungseigenschaften. Im idealen Zustand bildet der Grundwerkstoff mit dem Lot eine weitgehend vollständige intermetallische Schicht aus, wobei das Lot in das Gefüge des Grundwerkstoffes eindringt und Bestandteile des Grundwerkstoffes in das Lot. Dieser Diffusionsvorgang erfordert eine weitgehende reine metallische Oberfläche ohne störende Metalloxide. Die Benetzungseigenschaften von Lotpasten sind grundlegend für das Auftreten oder Ausbleiben von Lötfehlern verantwortlich, wie etwa dem Tombstone-Effekt, der insbesondere die Bauteile 0201 und 01005 betrifft, und stellen somit eine wichtige Anforderung dar. Unvollständig mit Lotpaste benetzte Lötflächen sind zu vermeiden, da auf die Kontakte des Bauteils beim Lötprozess während des Aufschmelzens unterschiedlich starke Zugkräfte wirken, die das Bauteil dann in eine Richtung aufrichten lassen. Auch bei ungenauer Positionierung der Schablone und nicht vollständigem Bedrucken des Pads sind diese unerwünschten Effekte leicht generierbar. Somit kann ein Bauteil beim Überschreiten des Schmelzpunktes während des Lötprozesses ins Zentrum desjenigen Lotdepots gezogen werden, welches die größere Benetzungskraft ausübt. Die Lotpaste ISO-Cream Clear weist sehr gute Benetzungseigenschaften auf allen gängigen Oberflächen auf.

Bei Benetzungstests im Reflowprozess wurden Lotdepots auf mehrere Lötstellen gleicher Größe aufgetragen, wobei die Menge der aufgetragenen Paste von einer Lötstelle zur nächsten immer weiter verringert wurde. Es zeigte sich, dass die Lotpaste sogar noch bei einem Pastenauftrag von nur 16 Prozent der Lötfläche eine vollständige Benetzung sicherstellt, während das marktführende Wettbewerbsprodukt, welches bei der Entwicklung der ISO-Cream „Clear“ als Referenz diente, selbst bei einem Pastenauftrag von 27 Prozent keine vollständige Benetzung mehr gewährleisten konnte. Diese Resultate waren auch auf Oberflächen aus chemisch Nickel-Gold, chemisch Zinn, chemisch Silber sowie OSP-Kupfer darstellbar. Grenzen der Benetzbarkeit sind dann gegeben, wenn Fremdmetalle oder extreme Oxidationsschichten – insbesondere bei alten Platinen – in Größenordnungen vorhanden sind, die selbst mit hoch aktivierten Pasten kein vernünftiges Lötergebnis zulassen.

Voidminimiertes Löten

Die Ausbreitung des Flussmittels während des Lötprozesses ist räumlich stark begrenzt, so dass optisch eine scharfe Trennung zwischen zwei nebeneinanderliegenden Pads entsteht. Hierdurch werden Pseudofehler durch reflektierendes Flussmittel verhindert. Felder

Die Ausbreitung des Flussmittels während des Lötprozesses ist räumlich stark begrenzt, so dass optisch eine scharfe Trennung zwischen zwei nebeneinanderliegenden Pads entsteht. Hierdurch werden Pseudofehler durch reflektierendes Flussmittel verhindert. Felder

In der Elektronikfertigung insbesondere für den Automotivbereich steigen die Anforderungen an die Porenfreiheit. Die so genannten Voids entstehen bereits in der Aufheizphase im Reflowprozess und sind im vakuumfreien Prozess nicht zu vermeiden. Bestandteile der Paste wie etwa die vorhandenen Lösemittel beginnen mit steigender Temperatur zu verdampfen. Der stetig steigende Dampfdruck sollte im günstigen Fall entweichen können. Bei kleinen Bauteilen mit geringer Grundfläche stellt dieses kein Problem dar. Bauteile mit großer Grundfläche wie BTCs zeigen das Vorhandensein dieser Voids. Selbst bei Pastendrucken mit optimierten Schablonen kann eine generelle Voidfreiheit nicht dargestellt werden. Untersuchungen während des gesamten Reflowprozesses zeigen, dass die Ausgasung aus dem Pastenflussmittel ständig zunimmt und erst mit dem Aufschmelzen der Paste ausgetragen wird. Selbst eine optimierte Verteilung der Paste mit ausreichenden Kanälen zur Ableitung gasförmiger Stoffe reicht nicht aus, vollständig Voids zu vermeiden, da am Erweichungspunkt der Harze das Flussmittel unterhalb der großen Bauteile zusammenläuft. Der Erweichungspunkt der Harze liegt deutlich unterhalb der Solidustemperatur der Lotlegierung.

Daher müssen viele Maßnahmen kombiniert angewendet werden, um das prozentuale Void-Aufkommen auf ein Minimalmaß zu reduzieren. Das betrifft das Platinenlayout, den Druck und den Reflowprozess. Letztendlich muss die eingesetzte Paste ihren Beitrag in Form von abgestimmten Lösemitteln, Harzen und Benetzungseigenschaften dazu liefern. Hier wurde insbesondere die Lotpaste ISO-Cream Clear darauf ausgerichtet, positiv auf die Void-Minimierung einzuwirken. Zudem ist es mit der Lotpaste möglich, mit vielen unterschiedlichen Temperaturprofilen zu löten, sodass der Anwender eine hohe Flexibilität  in der Auswahl eines optimalen Lötprofils hinsichtlich der Minimierung von Voids hat. Außerdem ist sie für Vakuumlöten oder Überdrucklöten geeignet.

Augenmerk auf Flussmittelrückstände und Haltbarkeit

Bei der Entwicklung einer SMT-Lotpaste ist außerdem zu beachten, dass die nach dem Lötvorgang auf der Oberfläche verbleibenden Flussmittelrückstände nicht zu weit auf der Oberfläche der Leiterplatte verlaufen. Dies könnte zum Beispiel im Falle von eng beieinander liegenden Lötflächen zu Pseudofehlern führen, indem die Flussmittelrückstände, die während des Lötvorgangs ineinander laufen, durch bildgebende Verfahren wie der AOI fälschlicherweise als tatsächliche Lotbrücken detektiert werden könnten. Der Einsatz dieser Systeme erlaubt es allerdings gerade im Bereich der Leiterplattenbestückung nicht immer zuverlässig, tatsächliche Lötfehler, wie Lotbrücken, von Pseudofehlern zu unterscheiden. Diese Unzuverlässigkeit optischer Kontrollmethoden basiert darauf, dass das aufgeschmolzene Metall der Lötstelle das Licht in bestimmtem Maße streut, wodurch die Oberfläche mehr oder weniger glänzend erscheint. Die daraus resultierende Reflexion kann jedoch auch durch Flussmittelrückstände erzeugt werden. Die AOI erkennt dies unter Umständen als Lötfehler. Um solche Probleme zu vermeiden, wurde bei der Entwicklung von ISO-Cream Clear entsprechend großer Wert auf geringe Flussmittelrückstände gelegt, ohne den eigentlichen Lötprozess negativ zu beeinflussen.

Ein kontrovers diskutierter Punkt ist die Haltbarkeit von Lotpasten. Anwender wünschen sich eine dauerhafte Lagerung bei Raumtemperatur, um die Paste sofort bei Bedarf ohne vorheriges Erwärmen einsetzen zu können. Da der Begriff „Raumtemperatur“ oft falsch ausgelegt wird, kann ein Lotpasten-Hersteller nicht von festen Temperaturen oder Temperaturbereichen ausgehen. In der Praxis gibt es große Unterschiede bei den Lager- und Anwendungsumgebungstemperaturen. Optimale Bedingungen sind nicht immer möglich und hängen von der jeweiligen Ausstattung der Baugruppenfertigung ab.

ISO-Cream Clear ist relativ unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit und Temperaturschwankungen. Auch eine Lagerung bei 20 °C über einen längeren Zeitraum ist problemlos möglich. Alterungsprozesse in der Paste finden neben der Oxidation an den Lotkugeln insbesondere am Harzsystem statt. Harze (natürlicher Herkunft) sind Carbonsäuren und unterliegen neben den Aktivatoren – unter anderem ebenfalls Carbonsäuren – chemischen Gleichgewichtsreaktionen, die durch Temperatur, Feuchtigkeit und Licht beschleunigt werden. Ein typisches Erscheinungsbild einer alternden Paste ist die Änderung der Farbgebung der Rückstände, die mit zunehmender Schädigung eine dunklere Farbe annehmen. Der eigentliche Lötprozess wird in der Regel durch diesen Prozess nicht besonders beeinträchtigt. Die vorgestellte Lotpaste wurde auch dahingehend optimiert, dass das Harzsystem sowohl chemisch als auch thermisch stabil ist und bei einer konstanten Temperatur von 20 °C gelagert werden kann. Für die Prozesssicherheit ist es dennoch wichtig, alle negativen Einflüsse auf ein Minimum zu reduzieren.

Dr. Michael Probst

(Bild: Felder)
Leiter Entwicklung und Qualitätsüberwachung bei Felder in Oberhausen

(mrc)

Sie möchten gerne weiterlesen?