Automotive-Anwendung

Integrierter Touch-Sensor auf Kunststoffspritzgusselement in 3D Form-Automotive-Anwendung. (Bild: MSWtech)

Unsere Welt ist dreidimensional. Die Geräte selbst sind es, aber auch ihre Bedienoberflächen, obwohl heute viele Bedienpanels flach und damit zweidimensional gestaltet sind. Der Trend der Gestaltung geht in die dritte Dimension. Die Welt der Elektronik jedoch ist heute meist zweidimensional.

Wenn wir von dreidimensionaler Elektronik sprechen, können wir folgende Fälle unterscheiden:

  • Dreidimensional und fest. Die entstehenden Formen weisen von leichter Krümmung in einer Richtung (in der Praxis auch 2.5D genannt), bis hin zur Krümmung in mehreren Richtungen bis zur freien Form verschiedene Formen auf. Gemeinsam allen Formen ist, dass sie nach Formgebung diese Form beibehalten (im Englischen: „Conformable“).
  • Dreidimensional, aber variabel/flexibel in der Form. Das entstehende Produkt kann biegsam, über flexibel bis hin zu dehnbar sein.

Der Trend der dreidimensionalen Elektronik ist durch mehrere Anforderungen motiviert:

  • Höhere Kompaktheit und geringeres Gewicht, erzielt durch gesteigerte Integrationsdichte und bessere Integrationsmöglichkeiten.
  • Bessere Benutzerfreundlichkeit und Funktionalität durch Integration von Sensoren und optischen Indikatoren oder Displays (intelligente Oberflächen).
  • Bessere und erweiterte Designoptionen (von den Anwendern oft als Haupttreiber genannt).

Für die besseren technischen Integrationsmöglichkeiten werden neue Prozessoptionen ins Spiel gebracht und gedruckte Elektronik beziehungsweise printed Electronics spielen eine Rolle. Nicht zuletzt lassen sich sogar Kosten reduzieren. Die fehlende Performance – früher oft genannter Hinderungsgrund gedruckte Elektronik einzusetzen –  spielt inzwischen keine große Rolle mehr. Hybride Ansätze durch die Kombination konventioneller Elektronik mit gedruckter Elektronik liefern mögliche Lösungen.

Für die Industriezweige Haushaltsgeräte, Automotive und Heathcare ist dieser Trend besonders wichtig, beziehungsweise hier kommt die 3D Elektronik bereits zum Einsatz (Tabelle 1).

Industriezweige mit 3 3D Elektronik

In einigen Industriezweigen kommt 3D Elektronik bereits zum Einsatz. MSWtech

Das Zusammenspiel verschiedener Prozesse und Technologien, wie konventionelle und gedruckte Elektronik, ist wichtig. Ebenso spielen Prozesse, die die Herstellung in flacher Bauform aber auf flexiblen Substraten ermöglichen, die dann die Verformung oder Einbettung unterstützen, eine Rolle. Durch die unterschiedlichsten Herausforderungen und Anforderungen haben sich jedoch noch keine Standards herauskristallisiert. Eher ist zu erkennen, dass es sich lohnt, Erfahrungen zu sammeln und damit ein Portfolio von Prozessen zur Verfügung zu haben, die je nach Anforderung (Bauform und Größe, Umgebungsbedingungen, Stückzahl und Kosten) zum Einsatz kommen können.

Tabelle 2 zeigt eine Zusammenstellung der diversen Prozesse, jedoch ist diese Zusammenstellung nicht vollständig, zu jedem Prozess gibt es Besonderheiten und Schnittstellen zu Folgeprozessen.

Zusammenspiel verschiedener Prozesse.

Die richtige Prozessfolge ergibt sich aus den Anforderungen. MSWtech

Um den richtigen Prozess beziehungsweise die richtige Prozessfolge auszuwählen, erfolgt eine sorgfältige Analyse der Anforderungen. Anschließend werden die Schnittstellen, die Auswahl der zu integrierenden Komponenten und die Komplexität des Entwurfs abgeleitet. Das 3D-Design der Zielanwendung bestimmt den Biegeradius der leitenden Strukturen, der begrenzt ist und sorgfältig überprüft werden muss.

In 2D (flach) gedruckte, durch Tiefziehen in 3D verwandelte Form. Holst Centre, IMEC

In 2D (flach) gedruckte, durch Tiefziehen in 3D verwandelte Form. Holst Centre, IMEC

Zur weiteren Differenzierung werden die Optionen nach Prozessen für die Herstellung von Substraten/Trägern, Metallisierung (additiv/subtraktiv), Verfahren zur additiven Metallisierung/Strukturierung sowie Prozessoptionen für die Hybridintegration herausgearbeitet.

Die Substrat- und Trägerherstellung ist mit unterschiedlichen Material- und Prozessoptionen möglich: Je nach Anforderung wie Menge, Präzisionsqualität können verschiedene Formverfahren (Spritzguss, Einsatzform) oder additive Fertigungsmethoden angewendet werden. Die Auswahl bestimmt den weiteren Prozess zur Integration der Funktionalität.

Aufbau leitfähiger Strukturen

Der nächste Schritt ist die Metallisierung. Zum Verbinden der aktiven Komponenten oder Sensoren werden leitfähige Materialien benötigt. Additive und subtraktive Prozesse stehen zur Verfügung, um leitfähige Strukturen aufzubauen. Es wird beispielsweise eine Vollmetallschicht verwendet (hergestellt durch einen chemischen oder galvanischen Prozess), die dann durch verschiedene subtraktive Methoden (Laserresist-Bildgebung, 3D-Foto-Bildgebung) strukturiert wird. Auch andere Methoden sind möglich, um Strukturen aufzubauen und die Metallisierung hinzuzufügen, wie LDS (Laser Direct Structuring).

Additive Fertigungsverfahren sind einsetzbar, um die Strukturen direkt auf dem Substrat zu drucken, wie Aerosol-Jet-Druck mit Öffnungen für den Feinliniendruck (bis zu 10µm) sowie dickeres und schnelleres Drucken breiterer Strukturen unter Verwendung von Tinten, zum Beispiel mit Nanopartikeln. In einem optionalen nächsten Schritt werden die erforderlichen aktiven Komponenten wie ICs positioniert und verbunden. Die Kontakte und die leitenden Schichten benötigen ein Verfahren zum Trocknen, Aushärten oder Sintern der Metalltinten. Dies ist ein entscheidender Prozess und wirkt sich direkt auf die Kontakt- und Widerstandsqualität aus. Einige der verwendeten Materialien benötigen einen besonderen Schutz gegen Oxidation oder eine Passivierungsschicht.

Welche Herausforderungen stellen sich in der Anwendung besonders?

Kontaktierung: Dort wo verschiedene Komponenten zusammengefügt oder integriert werden, müssen diese mechanisch und insbesondere elektrisch verbunden werden. Diese Verbindungen bedürfen besonderer Aufmerksamkeit, weil sie mechanisch und elektrisch besonders beansprucht sind und sich in der Praxis als die Fehlerquellen Nr. 1 herausgestellt haben.

Qualitätssicherung: Durch die Integration komplexer Komponenten ist das Konzept für das Erzielen einer hohen Gesamtqualität durch eine Absicherung der Einzelqualität besonders wichtig. Wenn sich zum Beispiel nach der Gesamtintegration herausstellt, dass Komponenten fehlerhaft waren, werden vielleicht damit andere funktionsfähige hochwertige Komponenten unbrauchbar. Dies kann sich schnell zu einem Kostenproblem entwickeln.

Fazit

3D Strukturelektronik ist ein vielversprechender Trend, um kompakte Lösungen für Elektronik in neuem Format zu realisieren. Der Einsatz erfordert Prozesswissen und Erfahrung. Zu empfehlen ist eine Vernetzung und auch die Zusammenarbeit mit entsprechenden Firmen.

Wolfgang Mildner

Inhaber MSWtech und General Chair der LOPEC

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