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Das I/O-System BL67 verarbeitet und steuert die Signale der Anlage und kommuniziert zum IPC per Modbus TCP. (Bild: Turck)

Bei der Bestückung von Leiterplatten setzen Hersteller in den meisten Anwendungen auf die SMD-Technik (Surface-Mounting Technology). Doch sobald bedrahtete elektronische Bauelemente verbaut werden sollen, sind Alternativen wie das THT-Verfahren (Through Hole Technology) gefragt. Dabei werden die Komponenten manuell durch die Kontaktlöcher in der Leiterplatte gesteckt. Mitarbeiter platzieren dazu die einzelnen Elektronikbauteile auf den Leiterplatten, die im Anschluss von einer Lötwelle gelötet und dadurch fest mit der Leiterbahn der Leiterplatte verbunden werden.

Je nach Größe einer Leiterplatte und der Anzahl der zu bestückenden Bauteile kann dieser Bestückungsvorgang sehr komplex werden. Zur Prozess- und Qualitätssicherung werden in der THT-Bestückung von Leiterplatten daher häufig so genannte Royonic-Tische eingesetzt. Dieser Tisch zeigt der Mitarbeiterin per Lichtzeiger die Stelle auf der Leiterplatte an, auf die das jeweilige Bauteil bestückt werden muss. In der Regel liegen 8 bis 15 gleichartige Leiterplatten in einem Transportrahmen. Nach jedem Einsetzen eines Bauteils drückt der Mitarbeiter einen Bestätigungsknopf am Tisch – so auch in der THT-Bestückung bei Turck in Halver.

Kosten- und Prozessoptimierung der Bestückung

Im Rahmen des gelebten KVP-Prozesses werden Produktionsprozesse immer wieder einer Überprüfung unterzogen. So kam die Arbeitsvorbereitung im Fall der THT-Bestückung mit Royonic-Tischen zu dem Ergebnis, dass diese Art der Bestückung eine Kosten- und Prozessoptimierung benötigt, in Summe verbringen die Mitarbeiter allein 240 Stunden im Jahr damit, den Bestätigungsknopf zu drücken. Auch dass die Leiterplatten-Rahmen manuell auf das Transportband zur Lötwelle abgelegt werden mussten, war nicht effizient. In der Summe gab es also viel Potenzial um die Effizienz zu steigern. Für Alexander Kohlhaas, Experte für Fertigungstechnik, stand fest, dass die Royonic-Tische mit bis zu 15 Bauteilen nicht optimal sind. So fiel die Wahl auf eine Pick-to-Light-Lösung mit Systemkomponenten aus dem eigenen Haus. Außerdem sollte der Rahmentransport automatisiert ablaufen. Die Mitarbeiterinnen werden so entlastet, die Fertigung optimiert und der Prozess läuft flüssiger. Auch die Logistikprozesse, wie etwa das Befüllen von Bauteilen, unterbrach nicht mehr den Bestückungsvorgang, denn dies wurde von den Mitarbeitern der Logistik erledigt.

Kohlhaas entwickelte in Zusammenarbeit mit Natalie Krumme, damals Auszubildende zur Mikrotechnologin, die Idee für einen THT-Arbeitsplatz auf Basis eines Pick-to-Light-Systems. Nachdem die Anforderungen an Funktionalität und Ergonomie der Applikation definiert waren, wurde Mechatec, ein Tochterunternehmen von Turck, kontaktiert. Turck Mechatec bietet komplette elektrotechnische Systemlösungen nach Kundenvorgabe, von der Planung bis zur schlüsselfertigen Übergabe. So wurde aus dem Anforderungsprofil eine Systemlösung erarbeitet und diese sowohl ergonomisch als auch kostenoptimiert umgesetzt.

Anschlußtechnik

Turck zählt zu den global führenden Unternehmensgruppen auf dem Sektor der Industrieautomation. Als Spezialist für Sensor-, Feldbus-, Anschluss- und Interfacetechnik sowie HMI (Human Machine Interfaces) und RFID (Radio Frequency Identification) bietet man effiziente Lösungen für die Fabrik- und Prozessautomation.

Da Turck bereits zahlreiche Kunden mit Pick-to-Light-Lösungen ausgestattet hatte, konnte Mechatec bei seiner Systemplanung auf den Erfahrungsschatz des Automatisierungsspezialisten zurückgreifen und die optimalen Einzelkomponenten mit einer speziell für die THT-Applikation in Halver entwickelten Software kombinieren. Die Software steuert nicht nur den Prozess, sondern kann auch die Produktivität der THT-Bestückung erfassen und über einen separaten Monitor visualisieren. Die Daten werden erfasst, sodass sich bei einer späteren Analyse gegebenenfalls weitere Ansatzpunkte für Optimierungen identifizieren lassen. Hardwareseitig kommen an den neuen Bestückungsplätzen unter anderem zwei HMI/PLC-Systeme zum Einsatz, eine BL67-I/O-Station sowie diverse Sensoren und Leuchttaster samt Anschlussleitungen. Die Mitarbeiterinnen stehen heute vor zwei ergonomisch gestalteten Pick-to-Light-Regalsystemen, die mit bis zu 48 Fächern für zu verbauende Komponenten versehen werden können.

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Die Mitarbeiterinnen bestätigen die Entnahme und Bestückung der Komponenten durch Berühren der kapazitiven Sensorleuchte. Turck

Effizienter Bestückungsprozess

Der Bestückungsprozess beginnt mit dem Einlegen der leeren Platinen in den Rahmenträger. An den großen HMI/PLC-Bildschirmen werden die einzelnen Arbeitsschritte visuell dargestellt und die jeweils nächste zu bestückende Komponente mit der Lage und der Bestückungsposition auf der Platine angezeigt. Die Darstellung auf dem Monitor dient gleichzeitig als Arbeitsanweisung. Somit entfallen Anlernzeiten und die Einsatzmöglichkeiten der Fertigungsmitarbeiter werden flexibler. Parallel zur Darstellung auf dem Monitor signalisiert eine aktivierte Leuchte den Regalplatz, aus dem die Mitarbeiterin die aktuell zu verbauende Komponente entnehmen muss. Nachdem die Mitarbeiterin das Bauteil auf der Platine bestückt hat, bestätigt sie diesen Arbeitsvorgang durch Berühren des kapazitiven Pick-to-Light-Sensors und die Visualisierung auf dem Monitor zeigt die nächste Bestückungsposition an. An den Regalplätzen leuchtet der Pick-to-Light-Sensor mit der als nächstes zu entnehmenden Komponente. Sind die Platinen komplett, schiebt die Mitarbeiterin den Rahmen auf das Transportband. Die Rahmen mit den bestückten Platinen werden über die Transportbänder automatisch zur Lötwelle und danach zurück zu den Arbeitsplätzen gefahren. Dort entnehmen die Mitarbeiter die fertig bestückten und gelöteten Platinen und befüllen den Rahmen wieder mit Leerplatinen für den nächsten Durchgang.

Die Regale sind so aufgebaut, dass sie von hinten ohne Unterbrechung des Bestückungsvorgangs mit neuen Bauteilen aufgefüllt werden können. Die produzierende Mitarbeiterin ist damit von Logistikaufgaben entbunden und kann sich auf ihre eigentliche Bestückungsaufgabe konzentrieren. Auch ergonomisch sind die beiden Regale ein Fortschritt. Statt selbst den rund acht Kilo schweren Bauteilrahmen zur Montage vom Band zu heben, führt nun ein Förderband die Rahmen mit den Leiterplatten zu den Mitarbeiterinnen. Sie müssen den Rahmen lediglich kurz anschieben, bis er vom Förderband erfasst und zur Lötwelle transportiert wird.

Alle notwendigen Vorarbeiten für die Bestückung neuer Produkte kann die Arbeitsvorbereitung jetzt extern durchführen. Mit Hilfe einer CSV-Datei wird der Gesamtprozess beschrieben und der Ablauf festgelegt. Zusätzlich können die Fertigungsplaner definieren, ob der Arbeitsplatz mit einem Mitarbeiter oder mit zwei Mitarbeitern besetzt wird, um die Durchlaufzeit der Produkte zu verkürzen. Sobald das neue Produkt gestartet wird, muss nur noch die CSV-Datei samt Bildern in den IPC und die BL67-Station geladen werden. Ohne großen Aufwand kann die Lösung in Zukunft auch an das neue Warenwirtschaftssystem angebunden werden.

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An den neuen Pick-to-Light-Arbeitsplätzen arbeiten die Mitarbeiterinnen ergonomischer und konzentrierter. Turck

Lötwelle gleichmäßig ausgelastet

Erste Erfahrungen zeigen, dass der mit Pick-to-Light optimierte Bestückungsprozess bei voller Auslastung eine wesentliche Produktionssteigerung an den Arbeitsplätzen erbringt. Die Lötwelle ist heute durchgehend und gleichmäßig ausgelastet. Unterbrechungen des Prozesses, wie sie früher beim Nachfüllen von Bauteilen auftraten, wurden reduziert. Damit konnte auch die Fehlerquote gesenkt werden, da Unterbrechungen im Bestückungsprozess auch immer Fehlerquellen sind. Unterm Strich wird sich die Investition in die optimierte Anlage schnell amortisieren.

Rudolf Wolany

ist Leiter Vertrieb & Projekte bei Turck Mechatec.

(hw)

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