Die fortschreitende Entwicklung in der IT-Netzwerktechnologie ermöglicht immer höhere Bandbreiten: Zehn Gigabit wird mehr und mehr zum Standard und 40 Gigabit steht bereits in den Startlöchern. In weniger als fünf Jahren werden sogar 100 Gigabit verfügbar sein. Diese neuen Bandbreiten bieten Entwicklern die Möglichkeit, neue Applikationen zu entwickeln beziehungsweise bestehende Anwendungen zu verbessern, um Daten immer schneller zu erfassen, zu verarbeiten und weiterzuleiten.

Allerdings sind die meisten Plattformen, die diese massiven Bandbreiten verarbeiten können, in der Regel für Racksysteme in Serverräumen entwickelt worden. Diese IT-Technologie erfüllt jedoch nicht die Anforderungen von rauen Umgebungsbedingungen. Zwar gibt es im Embedded-Segment auch bezugsfertige Standardprodukte, sogenannte COTS- (Commercial-of-the-Shelf) Produkte, wie beispielsweise modulare ATCA-, MicroTCA- oder 6U-CompactPCI-Systeme. Doch sind sie für modulare Rack- und Slot-basierte Systeme entwickelt und nicht für kompakte System-Designs von dezentral verteilten Geräten, die entweder reine Switching-Funktionalität in einer kompakten Box anbieten oder eine Kombination aus Switching und Datenverarbeitung.

Solche dezentral verteilten Switch-Designs finden beispielsweise Anwendung in leistungsfähigen Radar/Sonar-, Train-Management- oder Video-Überwachungssystemen. Weitere Anwendungsbereiche sind Entertainment-Systeme, die Passagieren Breitband-Internetzugänge und HD-Videostreams bedarfsgerecht bereitstellen. Auch im Bereich der industriellen Automatisierung werden zunehmend mehr dezentrale, kompakte und robuste Switches mit 10-Gbit-Technologie verlangt, um den Verkabelungsaufwand zwischen den einzelnen Ethernet-Devices und dem Host zu minimieren.

Dedizierte Applikationen stellen individuelle Anforderungen

Dabei weisen diese dedizierten Applikationen sehr unterschiedliche Anwendungsanforderungen auf. Folglich fallen auch die Anforderungen an die Konfiguration sehr individuell aus: So benötigen sie unter anderem eine dedizierte Anzahl an Ethernet-Interfaces. Auch die physische Ausprägung dieser Schnittstellen variiert zwischen Kupfer oder Glasfaser sowie vom Standard-RJ45-Stecker bis hin zum robusten M12- oder Mil-Konnektor. Und nicht zuletzt sollte die dedizierte Switching-Funktionalität entsprechend den Anforderungen der jeweiligen Applikation konfigurierbar sein. Des Weiteren stellen auch die rauen Einsatzbedingungen besondere Anforderungen an die eingesetzten Switches – etwa Staub und Feuchtigkeit, extrem hohe oder niedrige Temperaturen sowie Stöße und Vibrationen. Die Frage ist also: Wie lässt sich diese Fülle an Applikationen möglichst effizient bedienen?

Kern-Funktionalität auf einem Standard-Footprint

Sehr effizient ist die Nutzung eines Embedded-„Switches-on-Modules“: Solche Module passen in die kleinsten Systeme, bieten also genau die benötigte Flexibilität, um die Schnittstellen über ein Carrierboard individuell zu diversifizieren. Außerdem integrieren sie grundlegende Switching-Funktionalitäten auf einem standardisierten Footprint. Bezogen werden können sie inklusive der benötigten Firmware und allem anderen was benötigt wird. Damit kann ein einzelnes Standard-Modul beispielsweise die Plattform für eine ganze Reihe unterschiedlicher Konfigurationen bilden. Und da die grundlegenden Funktionalitäten des Switches und damit der entscheidende Teil der gesamten System-Entwicklung bereits applikationsfertig verfügbar sind, können Entwickler durch den Einsatz solcher Switches-on-Modules Designaufwendungen in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro einsparen.

Computer-on-Module als Herzstück

Zur Entwicklung einer idealen Modul-Plattform für Zehn-Gigabit-Ethernet-Switches ist es am effizientesten, bereits bestehende Technologie zu verwenden. So können Entwickler bewährte Design-Richtlinien für dedizierte Designs nutzen und sich dabei exakt an das halten, was in diesen Standards dokumentiert ist. Dieses Vorgehen gewährleistet ein sehr hohes Maß an Design-Qualität und Investitionssicherheit.

Nach sorgfältiger Prüfung der verschiedenen Spezifikationen für Module und Mezzanine-Karten ergab sich, dass die mechanische Auslegung der COM-Express-Spezifikation der ideale Ausgangspunkt für eine robuste und langzeitverfügbare Switch-Modul-Spezifikation ist. Die unterschiedlichen COM-Express-Formfaktoren ermöglichen es, jede auf dem Markt erhältliche Switch-Größe umzusetzen. Der Konnektor ist robust und erprobt, genauso wie die Befestigungs-Technologie. Und auch alle anderen Aspekte sind ideal für eine neu zu definierende Switch-Modul-Spezifikation.

COM Express-Design-Richtlinien effizient wiederverwenden

Die grundlegenden physikalischen Spezifikationen von COM Express wurden also übernommen, um eine Spezifikation für eine neuartige Switch-on-Module-Designlinie zu definieren. Auch die Design-Richtlinien für Carrierboards können Entwickler, die mit dieser Spezifikation vertraut sind, für ihre individuelle Switching-Technologie einfach übernehmen. Zudem ermöglicht die Spezifikation eine hohe Skalierbarkeit für neue Switch-Familien innerhalb der verschiedenen Switch-Prozessorreihen. Dadurch ist gewährleistet, dass bestehende Technologien und bereits geleistete Entwicklungsaufwendungen in hohem Maße weiterverwendet werden können. All dies öffnet den bislang proprietären Markt für Switches auf Boardlevel nun in Richtung standardbasierte COTS-Produkte, die man in jedem neuen Produkt auf Board- oder Systemlevel wiederverwerten kann.

Ein Kern für alle Applikationsfälle

Durch den Einsatz von identischen Building Blocks können nämlich auch die Hersteller der Basis-Technologien profitieren, indem sie ihn für jeden Embedded-Formfaktor wiederverwenden, wie etwa für ATCA, MicroTCA, CompactPCI oder VME und VPX. Kontron hat dies umgesetzt und die Kernfunktionalitäten seines umfangreichen slot-basierten Switch-Portfolios extrahiert und in die neuen Switch-Module implementiert. Diese Switch-on-Module-Technologie kann nun überall dort eingesetzt werden, wo ein dedizierter 10-Gigabit-Ethernet-Switch benötigt wird.

Software als größte Herausforderung

Die größten Vorteile der Zehn-Gigabit-Ethernet-Module liegen im riesigen Software-Ökosystem. Dieses hilft zum Beispiel dabei, selbst deterministische Versionen mit Echtzeitfähigkeit gemäß IEEE802-Standard zu entwickeln. Die breite Software-Unterstützung ist ein sehr wichtiger Punkt. Denn selbst wenn Entwickler durch den Switch-Modul-Standard hardwareseitig bereits von viel Entwicklungsaufwand entlastet werden, gibt es bei der Implementierung eines Switches immer noch einige Herausforderungen zu meistern. Dies ist nämlich nicht nur eine Frage der geforderten Bandbreite oder der Zahl der Schnittstellen: Die größte Herausforderung ist vielmehr die softwarebasiert-managed und echtzeitfähige Switching-Software selbst.

Und genau hier liegt auch der wesentlicher Punkt, der gegen ein Full-Custom-Design und für einen Modul-basierten Ansatz spricht: Der größte Teil der Entwicklungskosten liegt bei der Software und diese Firmware wird komplett vorintegriert mitgeliefert und kann vom Modulhersteller bedarfsgerecht angepasst werden.

Das erste Zehn-Gigabit-Ethernet-Switching-Modul

Die robusten 10G/1G-Ethernet-Switch-Module Kontron ESC1600/ESC2404 beschleunigen die Entwicklung applikationsspezifischer, hochverfügbarer Switches. Mit diesen applikationsfertigen Building Blocks für das Ethernet Switching lassen sich die Entwicklungskosten für System-Designs mit individueller mechanischer Ausprägung stark senken. Der physikalische Footprint ist standardisiert, Anzahl und Auslegung der Interfaces sind skalierbar und bis hin zum Managementsystem für die Auslegung des Switches ist alles bereits applikationsfertig vorintegriert.

Speziell gedacht sind diese Ethernet-Switch-Core-Module für den Einsatz in anspruchsvollen Applikationen, in denen individuelle Switch-Designs gefragt sind. Daher unterstützen sie Layer-2- und Layer-3-Management, einen erweiterten Temperaturbereich sowie zuverlässige Zehn-Gigabit- und Ein-Gigabit-Ethernet-Konnektivität – ganz gleich ob optisch oder über Kupferkabel. Auf dieser Basis können individuelle 1/10-Gigabit-Managed-Ethernet-Switching-Systeme mit hoher Qualität und Langzeitverfügbarkeit schnell und effizient umgesetzt werden. Entwickler und Systemintegratoren erhalten zusätzlich Unterstützung bei der applikationsspezifischen Auslegung und Firmware-Anpassung. Dadurch lässt sich auf Basis nur einer Switch-Modul-Plattform die ganze Bandbreite individuell ausgeprägter Applikationen realisieren. Und das wichtigste: quasi alles dafür Notwendige steht bereits zur Verfügung oder kann von Kontron oder seinen Partnern entwickelt werden.

Reiner Grübmeyer

ist Global Product Line Manager bei Kontron, Eching.

(ah)

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