Verschiedene Kamera- und Beleuchtungstechniken

Bild 1: Verschiedene Kamera- und Beleuchtungstechniken (Bild: Göpel)

Zur Sicherstellung einer konstant hohen Qualität werden Prüfeinrichtungen zur optischen Kon-trolle der Lötstellen verwendet. Diese orientieren sich an der IPC 610, welche die visuellen Abnahmekriterien für qualitativ hochwertige Lötverbindungen definiert. Besonders die Inspektion von THT-Lötstellen stellt hohe Anforderungen an das Prüfsystem, da sich die relevanten Bereiche häufig an schwer zugänglichen Stellen befinden oder bereits in Gehäusen vormontiert sind. Standard-AOI-Systeme stoßen hier oft an ihre Grenzen, sodass kundenspezifische Anpassungen erforderlich werden.

Neue Prüfverfahren tragen kontinuierlich zur Verbesserung der Qualitätskontrolle bei. Am Beispiel eines Integrationsmoduls zur Selektivlötstellenkontrolle geht der folgende Artikel der Frage nach, wie 3D-Verfahren diese Verbesserungen erreichen können.

2D-Verfahren

Aktuell basieren die meisten Systeme zur Prüfung von THT-Selektivlötstellen auf 2D-Verfahren. Diese nutzen Lichtreflexionen, die durch die spezifische Geometrie der Lötstelle entstehen, um eine IPC-konforme Bewertung vorzunehmen.

Durch eine gezielte Anordnung von Beleuchtung und Kamera lassen sich verschiedene Reflexionsmuster erzeugen, die eine präzise Inspektion ermöglichen. Dabei kommt eine mehrfarbige Beleuchtung zum Einsatz, um Fehler besser zu erkennen. Entscheidend für die Qualität der Prüfung ist auch die Positionierung der Lichtquellen, da sie die Sichtbarkeit von Defekten erheblich beeinflussen kann.

Grundsätzlich lassen sich die eingesetzten Beleuchtungssysteme in drei Kategorien unterteilen: Koaxialbeleuchtung, Topbeleuchtung und Schräglicht (Bild 1).

 

Die Vielfalt der eingesetzten Beleuchtungs- und Kamerasysteme ermöglicht die Erkennung unterschiedlichster Fehler. Durch die gezielte Anordnung mehrerer Kameras kann diese Vielseitigkeit weiter erhöht werden. Während die Hauptkamera den Inspektionsbereich senkrecht erfasst, ermöglichen zusätzliche Kameras in definierten Winkeln eine erweiterte Betrachtungsperspektive. Dies erlaubt beispielsweise einen Schrägblick auf bestimmte Bereiche oder die Inspektion teilweise verdeckter Lötstellen.

Ein weiterer Vorteil der verwendeten Beleuchtungs- und Kameratechnik ist ihre hohe Wartungsarmut, die einen langfristigen, stabilen Einsatz ermöglicht. Allerdings haben 2D-Verfahren eine grundlegende Einschränkung: Sie werten lediglich sekundäre Merkmale aus, indem sie die durch Fehler entstehenden Reflexionsmuster analysieren. Diese werden als typische Helligkeitsverläufe und -verteilungen sichtbar. Bild 2 zeigt den Einfluss unterschiedlicher Beleuchtungen auf das Bild einer Lötstelle.

Einfluss unterschiedlicher Beleuchtungen auf das Bild einer Lötstelle
Bild 2: Einfluss unterschiedlicher Beleuchtungen auf das Bild einer Lötstelle (Bild: Göpel electronic)

Die zuverlässige Erkennung von Fehlern setzt voraus, dass Beleuchtung und Kamera optimal aufeinander abgestimmt sind, die passende Beleuchtungsart gewählt wird und die Prüffunktion korrekt konfiguriert ist. Da-rüber hinaus beeinflussen weitere Faktoren die Inspek-tionsergebnisse. Beispielsweise kann die prozessbedingte Menge an Flussmittel die Sichtbarkeit der Lötstelle und damit die Prüfbarkeit erheblich beeinflussen. Auch die Farbe des Basismaterials spielt eine entscheidende Rolle für den Kontrast und die Erkennbarkeit von Merkmalen. Die Einzelaufnahmen in Bild 3 zeigen typische Fehler und deren Darstellung mit einem 2D-System.

Fehlerbilder und deren Darstellung in einem 2D-System
Bild 3: Fehlerbilder und deren Darstellung in einem 2D-System (Bild: Göpel electronic)

3D-Verfahren

Während die eingesetzten 2D-Verfahren bereits gute bis sehr gute Ergebnisse liefern, eröffnet der Einsatz von 3D-Technologie völlig neue Möglichkeiten. Durch die Erfassung der zusätzlichen Dimension – der Höhe – können nun präzisere Messwerte gewonnen werden. So lassen sich unter anderem das Lotvolumenprofil, die Lotbenetzung und die Pin-Höhe exakt bestimmen, was einen erheblichen Mehrwert für die Kontrolle von THT-Lötstellen darstellt (Bild 4).

Die erfassten Messwerte bieten eine genauere Abbildung der Lötstelle und ermöglichen eine noch bessere Annäherung an die IPC-610-Qualitätsstandards. Typische Einschränkungen von 2D-Systemen, wie die Inspektion in Bauteilschluchten, spielen hier keine Rolle, da diese Lötstellen prozessbedingt frei zugänglich sind. Dennoch gibt es weiterhin Einflüsse, die das Inspektionsergebnis beeinträchtigen können – insbesondere stark reflektierende Oberflächen oder Verschmutzungen durch übermäßiges Flussmittel.

 

3D-Aufnahme einer Baugruppe mit Lötfehlern
Bild 4: 3D-Aufnahme einer Baugruppe mit Lötfehlern (Bild: Göpel electronic)

Zur Prüfung der einzelnen Lötstellen werden Schnitt-ebenen festgelegt, anhand derer die Bewertung erfolgt (Bild 5). Eine Gut/Schlecht-Aussage kann mit den damit ermittelten Werten getroffen werden.

Die Prüfung von Lötstellen soll nicht nur konform zur IPC-610-Richtlinie erfolgen, sondern auch vollständig automatisiert ablaufen. In den meisten Fällen ist der Einsatz eines Standard-AOI-Systems jedoch nicht praktikabel – sei es aus Kostengründen oder aufgrund komplexer Geometrien und bereits vormontierter Baugruppen, die eine Standardlösung unmöglich machen.

Der effizienteste Ansatz zur optischen Inspektion von Selektivlötstellen besteht daher in der direkten Integration eines Inspektionsmoduls: entweder direkt in die Lötzelle, in die Peripherie der Lötanlage oder als eigenständige Prüfzelle innerhalb der Fertigungslinie.

Schnittebene über der Lötstelle
Bild 5: Schnittebene über der Lötstelle (Bild: Göpel electronic)

Genau für diesen Anwendungsfall bietet Göpel elec-tronic ein technologisch ausgereiftes und flexibel adaptierbares Inspektionsmodul an. Dieses System lässt sich an unterschiedliche Prüfanforderungen anpassen und kann über die Standardkomponenten hinaus mit zusätzlichen Kameras für Schrägblick-Inspektionen ausgestattet werden. Zudem ist eine drehbare Kamerakopfausführung möglich, um den Inspektionsbereich weiter zu optimieren und eine umfassendere Prüfung zu ermöglichen.

Eine solche Integrationslösung wurde zusammen mit der Firma Eutect umgesetzt. Das Modul zur Inspektion der Lötstellen ist mit zwei schräg angeordneten Kameras ausgerüstet. Zur Erweiterung der Möglichkeiten ist der Kopf drehbar ausgeführt und kann in einem Bereich von ±180° gedreht werden.

Die Integration in eine eigene Zelle innerhalb der Fertigungslinie bietet eigene Vorteile. So kann der mechanische Zellenaufbau einfach sein, eine Abschirmung von Umgebungseinflüssen wie Fremdlicht ist sehr gut möglich und der Transfer des Prüflings erfolgt durch das bereits vorhandene Transportsystem.

Die Möglichkeiten des optischen Inspektionssystems von Göpel electronic gehen weit über die reine Gut/Schlecht-Bewertung von Lötstellen hinaus. Durch die Anbindung an eine Datenbank können sämtliche erfassten Informationen – einschließlich Bilder und Messwerte – für jede geprüfte Lötstelle gespeichert und zur weiteren Verarbeitung genutzt werden.

Diese Daten bieten wertvolle Unterstützung in verschiedenen Bereichen der Fertigung. An separaten Reparaturplätzen können sie zur gezielten Nachkontrolle oder Nachbearbeitung von Lötstellen herangezogen werden. Dieser Vorgang kann durch eine KI überwacht werden, um an dieser Stelle die Schlupf- bzw. Pseudofehlerrate zu minimieren.

Darüber hinaus erlaubt die Datenbank eine statistische Auswertung anhand konfigurierbarer Parameter wie Prüfzeitpunkt, spezifische Lötstelle oder individuelle Prüfparameter. Diese Analysen liefern wertvolle Erkenntnisse zur Prozessoptimierung und Qualitätssicherung.

Fazit

Die Ergänzung der bewährten 2D-Inspektionsverfahren durch moderne 3D-Technologie bringt erhebliche Vorteile. Durch die zusätzlichen Parameter, wie Lotvolumen, Benetzung und Pin-Höhe, wird eine noch präzisere Beurteilung von Selektivlötstellen möglich. Die Kombination beider Verfahren bietet damit das höchste Maß an Fehlererkennung und Qualitätskontrolle.

Holger Senftleben

Göpel electronic GmbH, Jena

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