Martin Strasser

Martin Strasser Produktmanager Prüftechnik + Embedded bei Areus mit dem neuen Prüfstand (Bild: Areus)

Bei der Entwicklung neuer Elektronikbaugruppen bzw. -produkten geht es um deren einwandfreie Funktion und hohes Leistungsvermögen. Aber, dass diese Komponenten in der Produktion geprüft werden müssen, daran denken die Unternehmen oft nicht rechtzeitig. Meist ist es dann zu spät, um kosteneffiziente Testeinrichtungen zu realisieren. Unter Zeitdruck macht man dann Kompromisse bei der Auslegung der Prüfanlagen, die meistens in überdimensionierte und damit unnötig teure Lösungen münden. Inlineprüfanlagen müssen sehr zuverlässig bei vorgegebener Taktzeit funktionieren und leicht zu warten sein.

Welche Möglichkeiten es hier gibt, soll an zwei Prüfszenarien bei der Produktion eines Sensors gezeigt werden. "Es handelt sich um zwei unterschiedliche Prüfungen in zwei unterschiedlichen Anlagen am selben Produkt bzw. in derselben Fertigungslinie", berichtet Martin Strasser, Produktmanager Prüftechnik + Embedded bei Areus.

Ein Taupunktsensor mit LIN Interface (Local Interconnect Network) sollte hochgenau im Klimaschrank bezüglich Temperatur- bzw. Luftfeuchtepunkten abgeglichen werden. Das Anfahren der Abgleichpunkte muss langsam geschehen, und ein Abgleichvorgang dauert deshalb normalerweise mehr als 12 Stunden. Die beiden Prüfstationen prüfen Sensoren in unterschiedlichen Konfektionsstadien. Im ersten Fall (Abgleich) noch im ungetrennten Nutzen, im zweiten Fall (EOL - End of Line) sind die Sensoren schon getrennt und vergossen.

Prüfstände zur Absicherung der Produktion
Prüfstände zur Absicherung der Produktion (Bild: Areus)

Um hier den Kunden und sich selbst das Leben zu erleichtern, setzt Areus auf Baukastensysteme bei Messhardware und -Software und standardisiertes Vorgehen. So verwendet man bei der Hardware der Prüfeinrichtung möglichst Standardkomponenten wie Netzteile, PCs, etc. Allerdings ist das nicht immer die kosteneffizienteste Lösung.

Test von Taupunktsensoren im ungeteilten Nutzen (Abgleich)

Damit in der Produktion der Durchsatz an Bauteilen ausreichend hoch ist, müssen bis zu 3520 Sensoren parallel getestet bzw. abgeglichen werden. Die Kommunikationsschnittstelle des Prüflings ist LIN. Die Anzahl von LIN-Teilnehmern an einem LIN Bus übersteigt die gemäß der LIN Spezifikation erlaubte Buslast dabei deutlich.

Marktgängige LIN Master haben in der Regel nur einen Kanal, hier brauchte man zum Testen aber 30 bis 40 Kanäle. "Wir haben deshalb LIN Master mit vier Kanälen selbst entwickelt und so angepasst, dass trotz vieler Slaves noch eine stabile, schnelle Datenübertragung möglich war. Das ist so nur mit eigenentwickelter Hard- und Firmware möglich. Diese Eigenentwicklung spart Hardware, Platz und Geld und da alles aus einer Hand war, vermied man Probleme mit Schnittstellen", freut sich Martin Strasser. Diese LIN Master kommunizieren mit dem Steuer-PC, auf dem die Areus Software AT Framework mit einer kundenspezifischen Oberfläche installiert ist.

Um die langen Abgleichzeiten in der Entwicklungsphase zu umgehen, entwickelten die Ingenieure ein Simulationsmodell des Klimaschranks. Damit konnten die einzelnen Abgleichstufen direkt hintereinander angefahren werden, ohne einen realen Klimaschrank zu brauchen. Außerdem ist das Abgleichsystem einfach zu bedienen und gestattet eine umfassendere Datenerhebung und deren Speicherung. Zusätzlich umschiffte man so eine weitere Klippe: Zu dem entsprechenden Zeitpunkt gab es noch keinen passenden Klimaschrank. "Dank der Simulation musste man nicht warten, hat Geld gespart und ist handlungsfähig geblieben", fasst Martin Strasser zusammen.

Prüfstand von innen
So sieht der Prüfstand von innen aus (Bild: Areus)

Eine SMU erlaubt es, Quelle und Messmittel präzise und einfach miteinander zu synchronisieren. Um belastbare Aussagen zu erhalten, stellte man eine Liste aus allen möglichen Kombinationen an Fehlbestückungen zusammen und ermittelte die jeweilige Antwort des Systems darauf. Dazu gab man Spannungspulse (5V für 10 μsec) auf den Sensor. Je nach Bestückung stellt sich der Strom im Bauteil ein. Auf Basis der Simulation und von Versuchen fand man heraus, dass ein zweimaliger Puls die beste Lösung liefert. Um alles statistisch abzusichern, führten die Ingenieure eine Monte-Carlo-Simulation der Schaltung mit realen Genauigkeitswerten der verbauten Komponenten durch und erhielten so die zu erwartenden Stromschwankungen der Bauteile.

MSA Ergebnisse Stromaufnahme
MSA Ergebnisse Stromaufnahme im zweiten Puls über Goodsamples (1-3) und Bad-Sample Varianten (Bild: Areus)

Test bei fertig montierten Taupunktsensoren (EOL)

Im zweiten Fall waren die Sensor-Baugruppen schon getrennt, vergossen und programmiert. Auch hier läuft die Kommunikation über LIN. Außer Funktionstests sollte auch die korrekte Bestückung geprüft werden. Normalerweise findet ein separater ICT (In-Circuit-Test) an der noch nicht verbauten Leiterplatte statt, der allerdings aus Kosten- und Taktzeitgründen wegfallen sollte. Als „Prüfkontakte“ des Sensors gab es nur die Anschlüsse für Spannungsversorgung, LIN und GND. Da man keinen Zugang zu den Knotenpunkten der Schaltung hatte, konnte man Fehlbestückungen, also fehlende oder falsche Bauteile - und ihre elektrischen Parameter nicht direkt prüfen. Da aus Kostengründen ein Netzwerkanalysator ausgeschlossen war, nutze man die bereits in der Prüfanlage verbaute, 2-kanalige SMU (Source Measurement Unit) der Fa. Keithley.

Dank SMU konnte der Strom während des Spannungspulses zeitlich genau gemessen werden, die Prüfstandssoftware errechnete dazu die jeweiligen Werte der Prüfmerkmale. "Mit der Liste der möglichen Bestückungsfehler war gut zu sehen, wie sich die jeweiligen Fehler in den Messwerten darstellten und konnte so die Baugruppen schnell und sicher testen. Man hätte das auch mit Analysengeräten machen können, aber die kosten enorm viel und würden mehr Prüfzeit benötigen", so Martin Strasser.

Die Prüfung ergab trotz geringem Hardwareaufwand eine Prüfzeit von nur 3,5 s für den kompletten Endtest und unter 1 s für die Bauteildetektierung. So liefen die Tests der Bestückungsfehler quasi „neben her“ und machten sogar einen ICT überflüssig.

"Diese Entwicklung von intelligenten, unüblichen Lösungen - maßgeschneidert für die jeweilige Herausforderung - reduziert die Komplexität der Prüfeinrichtung und bringt Kosteneinsparungen durch die Mehrfachverwendung desselben Messmittels sowie den Verzicht auf jegliches Hochfrequenzequipment", bringt es Martin Strasser auf den Punkt.

Um bei beiden Testsituationen die Tauglichkeit des Messsystems für die Produktion zu testen, wurde abschließend eine MSA (Messsystemanalyse) gemäß VDA durchgeführt. Alle geforderten Bauteilerkennungsmessungen lagen deutlich im sicheren Bereich.

Die Autorin

Petra Gottwald
(Bild: Hüthig)

Petra Gottwald, Chefredakteurin productronic, nach Unterlagen von Areus.

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