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(Bild: AdobeStock_Kannapat)

Eigentlich dürfte vielen EMS-Unternehmen die Situation bekannt vorkommen. Ein Kunde schickt eine E-Mail mit dem Wortlaut: „Wir bitten um ein Angebot für 10 Mengenstaffeln bis übermorgen!“ Wie lassen sich hier An-spruch und Realität zusammenbringen?

Fakt ist, dass sich in der gesamten EMS-Branche seit 25 Jahren die Art, wie der EMS und seine Kunden Daten austauschen, nicht wesentlich geändert hat: Der EMS erhält ein Datenpaket per E-Mail und muss die Daten dann sortieren und verarbeiten. Durch fehlende Standards hat praktisch jeder Kunde eine eigene Art, seine technischen Projektdaten zu organisieren und auch die Qualität der Daten schwankt enorm. Dies führt zu immensen Aufwänden auf beiden Seiten in der Datenbereitstellung und -aufbereitung sowie häufig zu mehreren Kommunikationsschleifen zur Klärung fehlender oder widersprüchlicher Daten. Diese zeitraubenden Rücksprachen und schlecht dokumentierten Informationsflüsse mindern die effiziente und schnelle Realisierung der Projekte.

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Tim Sievers, Leiter BMK Prototypen Services
Tim Sievers, Leiter des BMK Prototypen Service, initiierte den Prototypenbau bei BMK. Ein neues digitales Tool beschleunigt nun die Durchlaufzeit der Projekte. (Bild: BMK)

Für Tim Sievers, Leiter des BMK Prototypen Services, zählen Sätze wie „das bisschen Löten kann ja nicht so aufwändig sein...“ zu den täglichen Herausforderungen des Prototypenbaus. In dem Prozess ab Auftragsanfrage waren die Rückfrageschleifen, das Verstehen und das Weiterverarbeiten der technischen Daten der größte Zeitfresser. BMK startete daraufhin im Sommer 2020 den Aufbau eines spezialisierten Prototypen-Service und arbeitete parallel an der Entwicklung eines digitalen Kommunikationstools.

Tim Sievers, Leiter BMK Prototypen Services, mit seinem Team
Die Kommunikation mit dem Kunden und dem Verarbeiten und Umsetzen der übersandten technischen Daten dauert lange und kann zu terminlichen Engpässen führen. Für Tim Sievers und sein Team ist die Optimierung der Kommunikation das zentrale Ziel. (Bild: BMK)

Wie erhält der EMS seine technischen Daten?

Das Angebot von BMK, um einen „herkömmlichen“ Prototypen-Service zu erweitern, war schnell erledigt. „Herkömmlich“ bedeutet dabei für Sievers und sein Team eine Art „E-Mail-Ping-Pong“: ein Elektronik-Entwickler des Kunden hat seinen Datensatz für einen Auftrag unter Hochdruck fertiggestellt und schickt diesen per E-Mail an seinen Einkauf. Derselbe Einkauf lädt den Datensatz in ein Datenportal hoch und schickt einen Link auf die Daten zum EMS. Der EMS öffnet die meist nicht gesicherte E-Mail, lädt die Daten he-runter, prüft diese (oft ergeben sich dann Rückfragen, da beispielsweise Bezeichnungen uneindeutig sind) und schickt wiederum eine E-Mail an den Einkauf des Kunden. Der Einkauf, der meist kein tiefes technisches Verständnis hat, leitet die Rückfrage-E-Mail wiederum an den Entwickler zur Beantwortung weiter. Die Antwort über den Einkauf an den EMS kann dann dauern, weil der Entwickler oft bereits an einem neuen Projekt arbeitet. Nun kann es seitens des EMS nochmals Klärungsbedarf geben und folglich wendet er sich erneut an den Kunden. Laut Sievers eine Art „Ping-Pong“, das 5 bis 10 mal so durchgespielt wird, bis alle Punkte geklärt sind.

Wieso dauert es immer noch so lange?

Wenn dann alle technischen Details geklärt sind, kommt es derzeit häufig vor, dass bestimmte Teile gar nicht beschaffbar sind oder nur mit Lieferzeiten von über einem Jahr. Hier geht dann die E-Mail-Kommunikation mit dem Kunden von vorne los, da mögliche Alternativteile oder alternative Beschaffungsszenarien mit dem Kunden vereinbart werden müssen.

Eine digitale Lösung muss her

„Die aus unserer Sicht beste Lösung dieses Kommunikationsproblems liegt in der Nutzung einer gemeinsamen Plattform zwischen Kunden und EMS, in dem die Kunden ihre Daten standardisiert ablegen und der EMS diese direkt verarbeiten kann. Also, warum nicht ein Online-Portal à la WEdirekt (Leiterplatten Onlineshop von Würth Elektronik) bauen. Im EMS-Prototypenbereich gibt es seit einigen Jahren bereits erste Ansätze dazu, aber die aktuellen Portale sind noch sehr eingeschränkt – gerade bei den Kommunikationsmöglichkeiten zu komplexen Projekten“, bekräftigt Sievers. BMK hatte sich zum Ziel gesetzt, eine Plattform für Kundenanfragen mit hohem Komplexitätsgrad zu entwickeln, die dem Kunden diverse Zusatznutzen bietet. Das BMKyourproto-Portal war geboren und bietet nun:

  • direkten Zugriff auf die Verfügbarkeit von Komponenten, Lieferzeiten und ein Instant-Angebot
  • eine effiziente Aufbereitung der Auftragsdaten
  • Reduzierung der Durchlaufzeit aufgrund des Wegfalls zeitintensiver Feedbackschleifen in der Klärungsphase
  • Direktes Feedback zu Fehlern und Unklarheiten in den technischen Daten
  • Vorschläge zu BMK-Vorzugsteilen und einsetzbaren Alternativteilen
  • Sicherheit des Datentransfers
Tim Sievers, Leiter BMK Prototypen Services,
Zitat

BMK hat ca. 300 aktive Kunden, die die Daten in verschiedenen Formaten zuschicken. Teilweise unterscheiden sich die Datenformaten sogar pro Kunde. Das ist ein unglaublicher Aufwand, diese intern zu verarbeiten.

Tim Sievers, Leiter BMK Prototypen Services

Wo steht das Portal heute?

Sechs Monate sind nun seit dem Launch des Portals auf der electronica vergangen. „Die Resonanz auf der Messe war sehr gut. Interessenten und Kunden konnten an unserem Messestand live Daten eingeben und den Ablauf durchspielen“, resümiert Tim Sievers den Start und zeigt sich sehr zufrieden: „Aktuell testen 20 Kunden das Portal auf Herz und Nieren und die ersten 40 bis 50 Projekte wurden bereits darauf abgewickelt.“ Laut seiner Aussage hat BMK das Ziel, dass mittelfristig ein Großteil der Kunden das Portal nutzt. Daher wird in den nächsten Monaten an der Optimierung gefeilt. Das Kommunikations-Ping-Pong gehört dann der Vergangenheit an.

Petra Gottwald

Petra Gottwald

Chefredakteurin productronic

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