Drei bis sechs Monate ist Lotpaste haltbar, je nachdem, wie sie gelagert und transportiert wurde. Das mag sich auf den ersten Blick nach einem komfortablen Zeitfenster anhören, tatsächlich bedeutet die Verderblichkeit des Materials für die Elektronikfertiger einen stetigen Kampf gegen die Zeit. Die Problematik ist dabei komplex. Große Gebinde sind in der Regel pro Einheit billiger, bergen aber das Risiko, dass sie nicht rechtzeitig verbraucht werden können. Immerhin dauert es oft Wochen, bis die Ware überhaupt in den Handel kommt oder sie hat wegen mangelnder Abrufe schon lange auf dem Lager gelegen.
Dem Systemlieferanten für die Elektronikfertigung ist diese Problematik bekannt. „Wir haben ein Kühl- und Sicherheitslager, in das wir sämtliche verderblichen Materialien gleich nach der Eingangskontrolle bringen“, erläutert Wolfgang Schulz, Geschäftsführer von Wetec. Daher treffe man beim Versand der Ware entsprechende Vorkehrungen, argumentiert er weiter: „Sämtliche sensiblen Waren werden ausschließlich in isolierten Verpackungen mit Kühlelementen verschickt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Kühlkette zu keinem Zeitpunkt unterbrochen wird.“ Überdies hat Wetec sein Warenmanagement so optimiert, dass verderbliches Material nur ein bis zwei Wochen im Lager bleibt.
Genaue Verbrauchsanalyse und enge Abstimmung
Mit den steigenden Anforderungen an die Qualität der Endprodukte steigen in der Elektronikfertigung jedoch auch die Anforderungen an die einzelnen Komponenten. Um dieser Herausforderung auch zukünftig auf einem hohen Niveau gewachsen zu sein, hat Wetec sich mit Almit einen starken Partner gesucht. Der japanische Konzern entwickelt und fertigt seit Jahrzehnten hochwertige Lotpasten, Lötdrähte und Flussmittel. Bereits 1976 entwickelte das Unternehmen den weltweit ersten hocheffizienten, chlorfreien Lötdraht mit Kolophoniumseele. Der internationale Durchbruch gelang im Jahr 1982 mit der Zulassung von KR-19RMA für das Space-Shuttle-Projekt der NASA. Dadurch wurde Almit von der NASA als Lieferant auserkoren. Dass Deutschland ein wichtiger Elektronikfertigungsstandort ist, haben die Japaner zeitig erkannt und im Jahr 2000 eine Niederlassung in Deutschland gegründet und sich damit auch hierzulande als hochwertiger Lieferant etabliert.
„Um unseren Kunden eine möglichst lange Lieferzeit und eine hohe Verfügbarkeit garantieren zu können, müssen wir die Beschaffungs- und Ablaufprozesse optimieren“, erklärt Wolfgang Schulz. Im Rahmen ihrer strategischen Partnerschaft betreiben Wetec und Almit genaue Verbrauchsanalysen und bringen ihre Ergebnisse in einen gemeinsamen Abstimmungsprozess ein. So lassen sich viele Bedarfsschwankungen im Vorhinein berücksichtigen und entsprechend auffangen, sodass es weder zu einer Unterversorgung noch zu einer ungewollt langen Zwischenlagerung kommt.
Frische Ware per Flugzeug aus Japan
Treten dennoch Bedarfsspitzen auf, setzen beide Unternehmen alles daran, keine Versorgungslücke entstehen zu lassen. „Die Kunden bekommen meistens gar nicht mit, welchen Aufwand wir dafür im Hintergrund betreiben“, verdeutlicht Michael Mendel, Geschäftsführer von Almit Deutschland. Wegen der geringen Haltbarkeit seiner Produkte ist man bei Almit einen hohen Transportaufwand gewohnt. Sämtliche Lotpasten und Flussmittel kommen per Flugzeug aus Japan, weil auf dem Seeweg zu viel der kostbaren Verarbeitungszeit verloren ginge. Um die Qualität während des Transports optimal zu erhalten, werden die Lotpasten vor der Verladung sogar eingefroren.
Für beide Unternehmen ist die strategische Partnerschaft eine Win-Win-Situation, von der insbesondere die Endkunden profitieren. „Sie können sicher sein, dass die glieferte Ware, lückenlos gekühlt wurde und dadurch eine Resthaltbarkeit aufweist.“ Daraus resultiert eine hohe Zuverlässigkeit der elektronischen Baugruppe und schließlich auch des Endprodukts. Das gilt nicht nur für die gängigen Produkte, sondern auch für die zahlreichen Sonderlösungen aus dem Almit-Programm. Aber auch in anderer Hinsicht zahlt sich die strategische Partnerschaft aus: Durch die kurzen und optimierten Lieferwege werden auch größere Gebindegrößen wieder interessant.
Erweitertes Lotmaterialienportfolio
Im Zuge dessen, wie sich die Anforderungen in der elektronischen Baugruppenfertigung wandeln, tüfteln die Forscher und Entwickler von Almit an weiteren Optimierungen der Lotmaterialien. So wurde etwa mit der SJM-Legierung eine niedrig-silberhaltige Lotlegierung konzipiert, die insbesondere der Problematik der Ermüdungsbrüche in den Lötverbidungen entgegenwirkt. Bei der SJM-Serie handelt es sich um ein bleifreies Lot mit optimierter Langzeitzuverlässigkeit, die als Lotpaste und Lotdraht erhältlich ist. Die Lotmaterialien sind laut Almit extrem hitzebeständig, vor allem wenn es zu stark unterschiedlichen Wärmezyklen kommt. Diese Eigenschaften lassen sich in einem thermischen Schocktest nachweisen: Dabei änderten die Experten die Temperatur während des Tests alle 30 min von -40 °C auf +125 °C und wieder zurück. Das niedrig-silberhaltige Lot SJM-03 hatte nach 1000 solcher Wärmezyklen keine Risse oder Ermüdungsbrüche, während die Standard SAC305-Lötverbindungen erste Risse und Brüche aufzuweisen hatten. Anschließend wurden nochmals 500 Wärmezyklen gefahren. Dabei stellten die Almit-Experten fest, dass die Standard-SAC305-Lötverbindungen ernsthafte Risse und Ermüdungsbrüche zeigten, während die SJM-03-Lötverbindungen noch völlig intakt waren. Das Hochleistungslot SJM-40 mit Wismut und Antimon zeigt eine noch höhere Langzeitzuverlässigkeit. Hier war selbst nach 2000 Wärmezyklen noch kein einziger Riss zu erkennen während die Standard-SAC305-Lotverbindungen komplett durchgerissen waren, berichten die Almit-Experten.
Parallel dazu hat Almit die Benetzungs- und Fließeigenschaften der GT-Lotpasten optimiert: Auch auf sehr kleinen Pads soll die Benetzungsqualität durchgehend sehr hoch bleiben. Der Hersteller garantiert zudem, dass eine gleichbleibend hohe Pastenqualität selbst bei großen Unterschieden in den Vorheiz- und Refloweinstellungen sichergestellt ist. Die GT-Lotpaste lässt sich überdies auf verschiedene Oberflächen aufbringen, wie etwa Kupfer, Nickel, Messing und Phosphor-Bronze. Zu den Eigenschaften zählen, dass sich die Stickstoffmenge bei der Lötung stark reduzieren und die GT-Paste sich auch bei hohen Taktzeiten gut verarbeiten lässt. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Lotpaste ohne Preforms lötbar ist.
Im Takt mit den Anforderungen
Die Weiterentwicklung in der Herstellung von elektronischen Produkten ist auch in das Produktspektrum von Almit eingeflossen und ermöglicht den Anwendern ihre Produkte wirtschaftlich und mit hoher Zuverlässigkeit herzustellen. Das Portfolio reicht dabei von einem breiten Spektrum an Lötdrähten und Lotpasten, die sowohl in der Luft- und Raumfahrt-Industrie als auch im Automotive-Bereich und in der Consumer-Elektronik zum Einsatz kommen. Durch die enge Zusammenarbeit mit Wetec erweitert Almit seine strategische Ausrichtung.
Volker Neumann,
(mrc)
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