Mobile Geräte und Hotmelt-Beispiele

Applikationen für Hotmelt-Klebstoffe: Displays von Handys, Tablets, Computer, … (Bild: ATN Berlin)

Nach DIN EN 9231 ist ein Schmelzklebstoff (englisch: Hotmelt adhesive) definiert als ein thermisch aufschmelzbares Klebstoffsystem, das durch Abkühlung Kohäsion (innere Festigkeit) entwickelt. Schmelzklebstoffe sind lösungsmittelfreie Klebstoffe, die bei Temperaturen unter 80 °C fest sind. Oberhalb dieser Temperatur sind sie niedrigviskose Flüssigkeiten, die beim Abkühlen schnell aushärten. Während einige Flüssigklebstoffe 8 bis 24 Stunden zum Abbinden benötigen, haben Schmelzklebstoffe typischerweise Haltezeiten zwischen einer und fünf Minuten. Dies verkürzt die Montagezeit und reduziert den Bestand an Ware in Arbeit.

Schmelzklebstoffe haben zahlreiche Vorteile bei der Montage:

  • Eine Vielzahl von Dosiermethoden erhöht die Flexibilität bei der Konstruktion von Bauteilen
  • Die gute Spaltfüllbarkeit ermöglicht größere Toleranzen bei der Bauteilkonstruktion
  • Sie verbinden sowohl poröse als auch nichtporöse Oberflächen
  • Schnelle Bindungsbildung ermöglicht hohe Liniengeschwindigkeiten
  • Sie haben eine sehr gute Feuchtigkeitsbeständigkeit
  • Sie haben eine lange Haltbarkeit
  • Sie sind umweltverträglicher als andere Klebstoffe

Es stehen mehrere Hotmelt-Varianten zur Verfügung. Silikonreaktive Hotmelts, polyurethanreaktive (PUR) Hotmelts und Polyolefin-Hotmelts ersetzen zunehmend Klebebänder und andere Klebstoffe für die Montage von Displays, Gehäusen, Abdeckungen und Batterien. Auch die Anforderung, selbst komplexe Consumerprodukte wasserdicht zu machen, fördert den Einsatz von Hotmelts. Eine dickere Raupe aus Schmelzklebstoff bietet eine gewisse Spaltfüllfähigkeit und hilft, das Gehäuse der Baugruppe zuverlässig abzudichten.

Wozu braucht es silikonreaktive Hotmelts?

Silikon-Schmelzklebstoffe werden als heiße Flüssigkeit aufgetragen, die bei Raumtemperatur abkühlt, um schnell starke, aber flexible, viskoelastische Verbindungen zu Kunststoff- und Metallsubstraten herzustellen. Die empfohlene Anwendungstemperatur beträgt 120 bis 140 °C. Mit den entsprechenden Dosiersystemen können bis zu 0,5 mm schmale Kleberaupen dosiert werden. Sie erreichen beim Dosieren eine sofortige Grundfestigkeit, sodass die Handhabungs- und Montagearbeiten vor der vollständigen Aushärtung fortgesetzt werden können. Bei hohen Temperaturen erweichen die Materialien, um eine Nachbearbeitung der Teile zu ermöglichen, erhalten aber nach dem Abkühlen wieder ihre typischen Eigenschaften. Nach der Aushärtung bieten die Klebstoffe einen lang anhaltenden Schutz gegen Chemikalien, Feuchtigkeit, Staub und andere Umweltverunreinigungen. Aufgrund der natürlichen Flexibilität des Silikons können diese Klebstoffe zudem Aufprallenergie absorbieren, um die Stoß- und Schlagfestigkeit des Geräts zu verbessern. Die Klebstoffe sind geruchsarm und haben weniger als 15 g/l flüchtige organische Verbindungen.

Für welche besonderen Anwendungen eignen sich polyurethanreaktive Hotmelts

Handy-Display Klebstoff auftragen
Applikation für Hotmelt-Klebstoffe: Montage von Handy-Gehäusen sowie Elektronikbaugruppen sowie temporäres Maskieren vor der Schutzlackierung (Bild: ATN Berlin)

Eine Sonderstellung nehmen die reaktiven PUR-Hotmelts ein. Diese vernetzen nach der Anwendung, verlieren also ihre thermoplastischen Eigenschaften und haben sich deshalb Anwendungsgebiete erobert, die klassischen Hotmelts verschlossen bleiben. Besondere Eigenschaften sind: ein wesentlich verbessertes, sehr breites Haftungsspektrum auf vielen unterschiedlichen Materialien, extreme Kälteflexibilität, hohe Wärmefestigkeit und sehr gute chemische Beständigkeit. Die Vernetzung erfolgt durch Feuchtigkeit. Damit diese Hotmelts nicht bereits vor der Verarbeitung vernetzen, sind spezielle, luftdichte Verpackungen erforderlich. Für die erwünschte Vernetzung in der Klebefuge muss Feuchtigkeit in die Klebefuge eindiffundieren können, dies ist bei der Auswahl der möglichen Werkstoffe zu berücksichtigen. PUR-Schmelzklebstoffe werden in der Elektronikfertigung häufig eingesetzt, z.B. zum Einkleben des Displays in das Telefongehäuse. Flexible Lithium-Ionen-Batterien sind eine weitere Anwendung für PUR-Schmelzklebstoffe. Mit Schmelzklebstoff wird die Fuge an der Kante versiegelt. Weitere Anwendungen für PUR-Hotmelts sind kompakte Kameramodule, drahtlose Lautsprecher, Kopfhörer und mobile Elektronikgeräte.

Eine weitere Anwendung von Schmelzklebstoffen ist das temporäre Abdecken und Schützen einzelner Bereiche, zum Beispiel von Platinen, für flächige Beschichtungs- oder andere Prozesse. Nach der Beschichtung löst sich das Material schnell und sauber ab und hinterlässt definierte Kanten ohne Rückstände.

 
Basispolymer Erweichungsbereich    Verarbeitungstemperatur   Bemerkungen
EVA:Ethylen-Vinylacetat   130-200 häufig verwendetes Basispolymer für Standardanwendungen
PO: Polyolefin 85-160°C 120-200°C erlaubt höheren Wärmestand
PA:Polyamid 95-195°C 120-240°C hoher Wärmestand
PES: Polyester 50-230°C 140-240°C verbessertes Haftspektrum und lange Benetzungsfähigkeit
PUR: Polyurethan   90-200°C meist reaktives System mit hoher Wärmestandfestigkeit und Feuchtgestigkeit

Tabelle: Basiswerkstoffe für Hotmelt-Klebstoffe

Welche Voraussetzungen das Dosiersystem erfüllen sollte

Schmelzklebstoffe werden typischerweise in 30 cc-Kartuschen geliefert, manchmal auch 300 cc Groß-Kartuschen. Der japanische Dosierspezialist Musashi Engineering stellt Kartuschen aus hitzebeständigem Kunststoff, Edelstahl und auch Aluminium her. Erstere reduzieren die Kosten, letztere können mehr Wärme aufnehmen. Die Kunststoffkartuschen sind in zwei Varianten verfügbar, bis 130 °C und bis 180 °C.

Musashi Hochtemperatur-Kunststoff-Kartuschen
Musashi Hochtemperatur-Kunststoff-Kartuschen (Bild: ATN Berlin)

Um Dosierraupen von 0,4-0,5 mm zu erzeugen, muss das Dosiersystem einige Voraussetzungen erfüllen und sollte speziell für die Abgabe von Hotmelts ausgelegt sein. Die Kartuschenheizung erwärmt den Klebstoff je nach Basiswerkstoff auf eine Temperatur von 110 bis 190 °C. PURs befinden sich am unteren Ende des Temperaturbereichs, Polyolefine am oberen Ende. Heißschmelzsilikone liegen irgendwo in der Mitte. Dabei ist es wichtig, eine konstante Temperatur zu halten, um konstante Dosierergebnisse zu erhalten. Darüber hinaus lassen Temperaturwechsel das Material unnötig altern. Wenn das Material gar an den Kontaktflächen zum Heizer überhitzt, kann es verkohlen und unbrauchbar werden. Daher sollte das Aufheizen nicht zu schnell erfolgen und vor dem Dosieren das gesamte Material gleichmäßig durchwärmt sein.

Beim Dosiersystem Hot Melt Master von Musashi werden die Material-Kartusche und die Dosiernadel erwärmt und die Dosierung mit einem Druck-Zeit-Dispenser realisiert. Die Temperatur der Kartusche mit dem Materialvorrat und die Dosierdüse werden getrennt geregelt und können somit optimal auf das Material eingestellt werden. In der Regel ist die Temperatur in der Kartusche so gewählt, dass das Material verflüssigt, aber so gering wie möglich, um die Alterung des Materials zu minimieren. An der Dosierdüse wird die Temperatur ca. 10-20 % höher eingestellt, um gleichmäßige Fließeigenschaften zu erzielen. Das System ist wartungsarm und verschleißfrei. Als Druck-Zeit-Dosierer werden bei Musashi der ML-5000 oder ML-808 eingesetzt. Mit der Vakuum-Funktion kann der Materialabriss beeinflusst werden, um das „Fäden ziehen“ so weit wie möglich zu vermeiden. Austauschbare Düsen ermöglichen eine optimale Anpassung an die jeweilige Applikation und Geometrie.

Für größere Dosiermengen gibt es auch eine Hotmelt-Variante vom Musashi Schrauben-Dispenser MSD3. Dabei wird das Material von der Kartusche in die Dosierkammer gedrückt, in der eine rotierende Schraube das Material exakt dosiert und durch die Dosiernadel auf das Substrat drückt. Dadurch kann ein konstanter Materialfluss erreicht werden, um gleichmäßige Klebstoffraupen zu dosieren. Durch Variation der Spindelsteigung kann die dosierte Menge exakt auf die jeweilige Applikation angepasst werden. Jedoch kommen im Vergleich zu den Druck-Zeit-Systemen mehrere Teile mit dem Klebstoff in Kontakt. Dieses kann insbesondere bei medizintechnischen Anwendungen eine Herausforderung sein. Daher bietet Musashi die Möglichkeit, die materialführenden Teile auch aus speziellen, zugelassenen Materialien zu fertigen.

Wofür sich Hotmelt-Jet eignen

Für das berührungsfreie Dosieren eignet sich der Hotmelt-Jet, je nach Spezifika des Klebstoffes basierend auf dem Aero Jet bzw. Super Jet. Auch hier gibt es zwei getrennte Temperaturregelungen für das Erhitzen der Material-Kartusche und des Dispensers. Der Jetter appliziert Schmelzklebstoffe in Form von Tropfen oder Raupen in unterschiedlichsten Dosiervolumina schnell und präzise. Selbst bei kleinsten Klebstoffmengen und höchsten Dosierfrequenzen von bis zu 300 Hz realisiert das Ventil exakt reproduzierbare Ergebnisse, ohne dass eine Anpassung an Änderungen der Z-Höhe des Substrats erforderlich ist. Die thermische Isolierung von Materialführung und Dosierantrieb ermöglicht einen kontinuierlichen und verschleißarmen Betrieb. Um ein unterbrechungsfreies Arbeiten zu ermöglichen, gibt es den Aero Jet auch mit zwei Kartuschenheizern. Während aus der einen Kartusche dosiert wird, wird die andere Kartusche bereits aufgeheizt.

Die Steuerung ist modular aufgebaut und beinhaltet die Dosiersteuerung sowie zwei getrennte Temperaturregler. Die Temperaturregler haben digitale Ausgänge, um anzuzeigen, dass die Arbeitstemperatur erreicht ist bzw. bei Übertemperatur zu warnen. Der Dosier-Controller verwaltet die Dosierparameter. Es können bis zu 100 Parametersätze eingegeben werden, die dann über die digitale Schnittstelle gezielt ausgewählt werden können. Dabei erfolgt das Umschalten so schnell, dass die Parameter während einer Dosierbahn angepasst werden können.

Musashi Dosiersystem für HotMelt-Klebstoffe
Musashi Dosiersystem für Hotmelt-Klebstoffe (Bild: ATN Berlin)

Für medizinische Anwendungen ist es möglich, die materialführenden Teile aus speziellen anwendungsverträglichen Materialien herzustellen. Somit lassen sich medizinische Struktur- oder Verbindungs-Klebstoffe dosieren.

Mit der Vielzahl von Systemen und Zubehör kann ein für die jeweilige Applikation optimale Lösung konfiguriert werden. Musashi liefert jedoch nicht nur das Dosiersystem, sondern auch die passende Automatisierung dazu. Dieses reicht vom kleinen Tischroboter Shot Master SX100 mit 100x100mm Arbeitsbereich bis zum großflächigen Gantry-System Cross Master OX780 mit einem Arbeitsbereich von 700x800 mm. Die Auswahl Integration und Betreuung realisiert das Berliner Unternehmen ATN Automatisierungstechnik Niemeier. Die Musashi Roboter ermöglichen die optimale Anpassung von Positions-, Weg- und Dosierparametern. Dabei erlaubt die SynchroSpeed-Funktion die Anpassung der Dosierparameter auf enge Kurven bzw. „scharfe Ecken“. Durch eine kurzzeitige Reduktion der Dosiermenge können Tropfen und Übermengen an Produktecken vermieden werden.

In Verbindung mit einem Vision-System und einer 3D-Laservermessung kann der Programmieraufwand erheblich gesenkt werden und minimale Konturbreiten auch bei höheren Bauteiltoleranzen realisiert werden.

Musashi Tischroboter ShotMaster
Musashi Tischroboter ShotMaster mit optimaler Abstimmung der Dosier- und Bewegungsparameter (Synchro-Speed) (Bild: ATN Berlin)

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