Ein Diskussionsthema für die diesjährige Productronica 2013 wird der Shrinkprozess der Bauelemente sein. Nach 01005 drehen die Halbleiterhersteller erneut an der Miniaturisierungsschraube: 03015-Bauelemente mit einer Länge von nur 0,3 mm und einer Breite von nur 0,15 mm stellen in den nächsten Jahren eine neue Herausforderung dar. Dabei ist auf der einen Seite vorerst Eile mit Weile geboten. Von ihrem ersten Erscheinen im Jahr 2005 brauchten 01005-Bauelemente mehrere Jahre bis hin zur verlässlichen, serienmäßigen Massenbestückung. Zwar sind die ersten 03015-Serien bereits auf dem Markt erhältlich, jedoch noch in kleinen Stückzahlen. Zudem sind sie teuer. Bei der Bestückung großer Mengen würden die Produktionskosten in die Höhe schnellen – und die Verwendung der winzigen Bauelemente ist so trotz aller Vorteile momentan unattraktiv.
„Die Einführung von 03015-Bauelementen wird zunächst vorrangig dort betrieben werden, wo ganz neue Technologie gefertigt wird“, gibt Norbert Heilmann, Technology Scout im Siplace-Team, zu bedenken. „Tablets, Notebooks, Smartphones – teilweise werden in diesen Produkten noch nicht einmal Bauelemente in der Baugröße 01005 verbaut. Die neuen Bauelemente werden dann interessant, wenn wir von tatsächlichen Revolutionen sprechen – von kleinen Produkten, wie es sie so bisher noch nicht gibt“, erläutert er weiter. Das können etwa digitale Uhren mit Software-Features oder High-Tech-Brillen sein, die die Umgebung scannen, filmen und erklären – bei solch winzigen Gadgets haben 03015-Bauelemente offensichtliche Vorteile. „03015 ist gegenwärtig noch eine Technologie für die Zukunft.“
Trotzdem: auch die europäischen und amerikanischen OEM- und EMS-Unternehmen tun schon jetzt gut daran, diese Fähigkeiten zu entwickeln. Der Grund dafür leuchtet ein: „Vor dem Hintergrund des großen Wettbewerbsdrucks in der Elektronikfertigung erwarten wir, dass große Auftraggeber für anspruchsvolle Elektronik und Submodule relativ schnell 03015-Fähigkeiten als Zeichen der Prozessqualität von ihren Zulieferern einfordern werden“, ist sich der Experte sicher.
Umfangreiche Tests auf Bestückplattformen
Auch auf Basis dieser Einschätzung hat ASM Assembly Systems sehr früh damit begonnen, seine aktuellen Siplace-Bestückautomaten entsprechenden Tests zu unterziehen (siehe Kasten). Die Ergebnisse sprechen für sich: Die mikroskopische Untersuchung der Testleiterplatten zeigte eine hundertprozentig einwandfreie Bestückung. Mit 99,91 Prozent bewegte sich auch die Abholrate in einem guten Wertebereiche, wurden hier doch 03015-Bauelemente aus sehr frühen Serien des Herstellers mit einem ersten Teaching platziert. „Schon die ersten Testserien waren somit sehr positiv. Das zeigt die Reserven, die zentrale Siplace-Maschinenkomponenten wie Transporte, Antriebe, Fördermodule, Bestückköpfe und unser Visionsystem bieten. Für die Tests kamen unsere für 01005-Bauelemente entwickelten Pipetten zum Einsatz – auch wenn wir hier noch einige Verbesserungen hinsichtlich geringer Bauteilabstände und optimaler Abholung in Angriff nehmen müssen“, erklärt Heilmann.
Fehlerfreie 03015-Bestückung
Die 03015-Testserien wurden mit Siplace-Plattformen durchgeführt, mit folgenden Parametern:
- Zuführung: 4-mm-Tapes und Siplace-X-Feeder
- Bestückplattform: Siplace SX4 mit dem 20-Segment-Bestückkopf Speedstar
- Pipettentyp: 01005
- Visionsystem: Hochauflösende BE-Kamera
- Leiterplatte: Test-PCB
- Kontrolle: manuelle, mikroskopische Untersuchung
Die Ergebnisse:
- Abholrate: 99,91%
- Bestückqualität: 100% (keine Fehler)
In den Testreihen erwiesen sich einige Spezialfunktionen der Siplace-Bestückplattformen als hilfreich. So wird über das Erkennen der sehr kleinen Bauteiltaschen und der darauf basierenden automatischen Korrektur der Abholpositionen eine mittige Aufnahme der Bauteile als Voraussetzung für eine präzise Bestückung erreicht. Sensoren verifizieren die Bauteilaufnahme und die Möglichkeit, die Bestückkräfte individuell im 1-Newton-Bereich einzustellen, sorgt für ein schonendes Absetzen der Bauteile auf dem Lotpad.
Mit diesen Testläufen war ASM Assembly Systems im August 2013 bereits so zufrieden, dass das Team die 03015-Bestückung an einer Siplace SX erstmals auf der Nepcon South 2013 in Shenzhen der Öffentlichkeit präsentierte. Der Andrang am Siplace-Stand war dabei sehr groß. Das dringende Interesse der Elektronikindustrie an der neuartigen Technologie lässt sich angesichts solch überlaufener Messestände nicht von der Hand weisen. Also ist die 03015-Bestückung am Ende doch gar keine Herausforderung? Dem widerspricht der Technologie-Scout heftig: „Eine solche Aussage ist sicher falsch. Unsere Testreihen fokussierten sich auf die Evaluierung der 03015-Fähigkeiten unserer Plattformen. Die Elektronikfertiger benötigen aber einen 03015-Gesamtprozess – vom Drucker über das Reflow-Löten bis hin zum Test. Wir haben bei der Evaluierung feststellen können, dass sehr viele Parameter von vor- und nachgelagerten Prozessen und Komponenten der SMT-Linie absolut zu beachten sind.“
Gesamtprozess entscheidend
Die lange Reihe der Einflussfaktoren beginnt demnach schon bei der Wahl der Lotpaste. Betrachtet man die 03015-Bauteile isoliert, so erscheint eine Lotpaste des Typs 5 – in Kombination mit einem sehr schonenden Absetzen des Bauteils – als optimale Wahl. Allerdings: Typ 5 lässt sich nicht uneingeschränkt für alle Produkte verwenden. Werden auf der Leiterplatte zusätzlich große Bauteile bestückt, stehen Elektronikfertiger vor weiteren Herausforderungen: Die Lotpaste des Typs 4 ist keine Option, denn bei mittleren Lotkugel-Durchmessern von 30 µm ist klar, dass es nicht mehr möglich ist, Lotpads dieser Größenordnung zuverlässig zu bedrucken. „Wahrscheinlicher erscheint mir, dass tatsächlich an den großen Bauelementen Veränderungen vorgenommen werden. Vielleicht wird auf sie zusätzliches Lot aufgetragen werden“, schlussfolgert Heilmann.
Dürfte die Lotpaste immer ein wichtiger Punkt auf der Checkliste von Prozessingenieuren sein, stellen die geringe Größe und das geringe Gewicht der 03015-Widerstände und -Kondensatoren eine zusätzliche Herausforderung dar: Der Transport muss über die gesamte Linie absolut präzise und vibrationsfrei sein. Auf Basis der Tests empfehlen die Siplace-Experten zudem ein sehr eng kontrolliertes Prozessfenster im Drucker: So muss der Rakeldruck gleichmäßig und gut kontrollierbar sein. Der Printer sollte zusätzlich über einen temperatur- und feuchtigkeitskontrollierten Druckbereich verfügen. Ähnlich hohe Ansprüche sind an die Reflow-Lötanlage zu stellen. Erste Empfehlungen der Ingenieure aus den Testreihen: Ein Cmk-Wert von >1,67 oder besser >2,0 und sowohl Temperaturverlauf (inklusive Abkühlung) als auch Stickstoffumgebung müssen in engen Grenzen gut kontrollierbar sein.
Perfektes Zusammenspiel gefordert
Aktuell fährt das Siplace-Team weitere Tests in Zusammenarbeit mit Kunden und Partnern, um weitere Erkenntnisse über die 03015-Prozesse zu gewinnen. Klar ist aber: Es muss die gesamte Prozesskette betrachtet, durchgängig 03015-fähig gestaltet und dabei eng kontrolliert werden. Das Team um Norbert Heilmann hat daraus seine Schlüsse gezogen und bietet an, die Herausforderungen 03015 im Team zu bewältigen: „Wir sind hier ja als Hersteller genauso wie die Kunden gefordert. Elektronikfertiger, die beim Thema 03015 aktiv werden wollen, finden in uns einen Partner, der seine Erfahrungen und sein Wissen gern teilt, um eine Fertigung in gemeinsamen Projekten 03015-fähig zu machen“, lautet das Angebot von Heilmann.
Zur Productronica in München sollen vom 12. bis zum 15. November den Worten Taten folgen: Dann wird das Siplace-Team im Rahmen seiner In-house Show am Hauptstandort von ASM Assembly Systems eine Live-Show rund um den 03015-Prozess vorstellen. Hier gibt es nicht nur Live-Demonstrationen der SMT-Bestückung, auch auf die Druck- und Lotprozesse werden die Experten eingehen – nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Die Botschaft ist klar: Wer Technologieführer sein will, der beschäftigt sich nicht mit Innovationen, wenn und weil er es muss: Die Faszination für neuartige Technik treibt das Siplace-Team voran.
Kein Halten mehr
03015-Kondensatoren und Widerstände sind die derzeit kleinsten Bauteile der Welt und seit dem Jahr 2012 auf dem Markt. Automatisch bestückbar waren sie jedoch bislang nicht. Das soll sich nun mit der Bestückautomaten-Serie Siplace SX ändern: Die Evaluierungstests dazu zeigten: Die mikroskopische Untersuchung der Testleiterplatten zeigte eine hundertprozentig einwandfreie Bestückung. Auch wenn die Bestückungsmaschine sozusagen das Herzstück und auch die teuerste Maschine im SMT-Prozess ist, müssen sich vor allem alle anderen Prozesschritte wie Drucken, Löten und Testen mit der neuen Bauteilegröße auseinandersetzen.
Productronica 2013: Halle 3, Stand 377
(mrc)