Typisches Batteriemodul, hier mit 40 Zellen vom Typ 18650

Typisches Batteriemodul, hier mit 40 Zellen vom Typ 18650, mit oberseitigen Kontaktierungen durch Drahtbonds (Bild: F&S Bondtec)

Die Wiederaufbereitung von gebrauchten Batteriemodulen ist wirtschaftlich von großem Interesse und wird auch auf der politischen Ebene von der EU gefördert und gefordert. Besonders attraktiv wäre sie prinzipiell auch deshalb, weil in defekten Batteriemodulen häufig nur wenige Zellen tatsächlich unbrauchbar sind, während aus den übrigen Zellen neue Module zusammengestellt werden könnten. Das scheitert meist aber daran, dass die Zellen nicht ohne Beschädigung aus dem Modulverband herausgetrennt werden können, weil die Kontaktierung nicht zerstörungsfrei gelöst werden kann, jedenfalls für die am weitesten verbreiteten Widerstands- oder Laserschweißverbindungen.

Die missliche Folge ist, dass das Recycling nur auf der untersten Stufe der Rohmaterialien erfolgt und – an sich noch nutzbare – Zellen verschrottet werden. Die Lösung dieses Problems sind Drahtbondverbindungen, wie sie in vielen Batterien für E-Fahrzeuge eingesetzt werden: sie sind stoffschlüssig, also robust und langlebig, kommen aber gleichzeitig ohne Schmelzphase und damit ohne Gefügeänderungen aus. Daher ist es problemlos möglich, eine Batteriezelle ein zweites Mal per Drahtbond zu kontaktieren.

Bonddraht wird mit Scher-Werkzeug gelöst
Bonddraht wird mit Scher-Werkzeug gelöst. Die einseitig gelösten Bonddrähte werden dann alle gemeinsam mit der Ableiter-Maske vom Modul abgehoben. (Bild: F&S Bondtec)

So funktioniert das Verfahren

Mittels der Universal-Fertigungszelle 86XX von F&S Bondtec ist es möglich, eine Vielzahl von Funktionen zum Re-Manufacturing von Batteriemodulen in einer Maschine zu vereinen. Als Drahtbonder kontaktiert sie die Module in der Erstherstellung in konventioneller Weise. Beim Re-Manufacturing deckt die Fertigungszelle weitere Fertigungsschritte ab:

  • Zunächst werden die alten Drahtbonds schonend entfernt. Innovativ ist, dazu einen Scherkopf einzusetzen, der eigentlich für die Qualitätskontrolle von Dickdrahtbonds gedacht ist. Dabei wird der Drahtbond von einem Schermeißel seitlich weggeschoben und die dazu erforderliche Kraft gemessen; diese ist ein Maß für die Qualität des Bonds. Derselbe Vorgang lässt sich aber optimal dazu nutzen, den Bond schonend zu lösen, denn sowohl der Angriffspunkt am Bond wie auch die Höhe über dem Substrat werden vom Schertestkopf genau ermittelt und mit einem Bilderkennungssystem nachjustiert, sodass der Bond tatsächlich ohne Beschädigung des Untergrunds entfernt werden kann. Der Schertester arbeitet vollautomatisch und kann somit die Drahtbonds eines ganzen Moduls ohne Bedienerunterstützung lösen, ist also hochproduktiv. Zusätzlich kann dabei, falls gewünscht, die Schertestfunktion genutzt werden, um noch die Qualität der entfernten Bonds zu messen, z.B. um den Alterungszustand des Batteriemoduls hinsichtlich der Verbindungen zu erfassen.
  • Im zweiten Schritt kann der Zustand jeder einzelnen Zelle ermittelt werden. Dazu dient ein wechselbarer Messkopf auf der Maschine, der wieder automatisch und  programmierbar jede Zelle mit einem Messfühler (mit programmierbarer Aufsetzkraft und anderen einstellbaren Parametern) kontaktiert und die gewünschten elektrischen Messungen durchführt. Es gibt dazu bereits Vergleichstabellen mit Erfahrungswerten von Batteriezellen mehrerer Dutzend verschiedener Hersteller, um die Qualität der vorliegenden Zellen einordnen zu können. Das erlaubt nicht nur eine Gut/Schlecht-Beurteilung, sondern auch eine feinere Sortierung der Zellen in unterschiedliche Qualitätsklassen für die Weiterverwendung.
Kontaktierung durch Drahtbonds
Kontaktierung durch Drahtbonds zwischen Zellen und Ableiter-Stromschienen (Bild: F&S Bondtec)
  • Im dritten Schritt, der außerhalb der Maschine stattfinden würde, werden die Zellen aus dem Verbund entnommen und ggf. nach Qualitätsklassen sortiert. Anschließend können die Zellen zu neuen Modulen frisch zusammengesetzt werden.
  • Der vierte und ggf. fünfte Schritt findet wieder in der Fertigungszelle statt: die Zellen werden wieder mit dem Drahtbondkopf zu einem Modul verschaltet.
  • Falls sich durch visuelle Inspektion oder auch durch die Messung der Verbindungsqualität in Schritt 1 gezeigt hat, dass die Oberflächenqualität der Bondflächen nicht mehr gut oder gleichmäßig genug ist, kann am Bondkopf zusätzlich eine Reinigungsdüse installiert werden, die mit CO2-Trockenschnee die Oberflächen reinigt und aktiviert, bevor sie mit dem Drahtbonder kontaktiert werden. Auch dieser Schritt erfolgt vollautomatisch und programmiert.

Die Universal-Fertigungszelle hat einen großen Arbeitsbereich, in dem Batteriemodule bis zur Größe von 51 x 72 cm Platz finden, oder auch mehrere kleine Module nebeneinander. Sie kann auch mit automatisiertem Bauteilwechsel ausgestattet werden, wenn die Stückzahlen das erfordern.

Zusätzliche CO2-Trockenschneereinigung am Bondkopf
Zusätzliche CO2-Trockenschneereinigung am Bondkopf (Bild: F&S Bondtec)

Wer profitiert von dem Verfahren?

Die Zielgruppe sind Hersteller von Batteriemodulen in kleineren Stückzahlen bei hoher Variantenvielfalt, also auch bei Neueinsteigern in die Industrie. Gerade hier ist der Wunsch nach Re-Manufacturing von gebrauchten Modulen besonders ausgeprägt und das Marktpotenzial aus am größten.

Die ausschlaggebende Idee für die Entwicklung war, einen automatischen Schertester für die Entfernung der Drahtbonds einzusetzen. Dieser Schertest arbeitet so schonend, dass die Zellen ein zweites Mal gebondet werden können, ggf. sogar auf den exakt gleichen Bondstellen, also auf dem alten und entfernten Bond selbst.

Weitere Herausforderungen waren, eine kostengünstige Maschine zu entwickeln, die auch für Neueinsteiger attraktiv ist, und die trotz ihrer Funktionsvielfalt einfach zu bedienen ist. Das gelang vor allem dank der flexiblen Software, die neue und zusätzliche Funktionalitäten ohne großen Aufwand einbinden kann. So kann die Fertigungszelle auch zukünftig hard- und softwareseitig erweitert werden, z.B. mit einer weiter verfeinerten optischen Inspektion oder auch einer Dispensfunktion für Kleber oder Dichtungen.

Petra Gottwald
(Bild: Hüthig)

Petra Gottwald

Chefredakteurin productronic, nach Unterlagen von F&S Bondtec, A-Braunau/Inn

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F&S BONDTEC Semiconductor GmbH

Industriezeile 49a
5280 Braunau
Austria