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Naturkatastrophen wie Erdbeben haben Auswirkungen auf Leib und Leben. Aber auch die empfindliche Chip-Produktion ist betroffen. (Bild: MotionCenter – Adobe Stock)

Das stärkste Erdbeben seit 25 Jahren hat Taiwan erschüttert. Mindestens neun Menschen verloren dabei ihr Leben, und über 820 Personen wurden verletzt. Mehrere Gebäude sind schwer beschädigt, und die Infrastruktur liegt in Trümmern. Das Erdbeben mit einer Stärke von bis zu 7,4 traf die Ostküste Taiwans und führte zu umfassenden Schäden. Die geographische Lage Taiwans, an der Grenze zweier tektonischer Platten, macht die Insel besonders anfällig für solche Naturkatastrophen.

Taiwans Präsidentin und der Premierminister waren umgehend in der Notfall-Leitstelle, um die Lage zu bewerten und die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Die schnelle Reaktion der Behörden half, weitere Schäden abzuwenden und die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Das Beben unterstreicht die Notwendigkeit, die Erdbebensicherheit und die Krisenreaktionsfähigkeit weiter zu verbessern. Taiwans Erfahrung mit Erdbeben zeigt, dass Vorbereitung und Resilienz lebenswichtig sind, um die Auswirkungen solcher Naturkatastrophen zu minimieren. Zuletzt war Taiwan im September 1999 von einem Beben der Stärke 7,3 erschüttert worden. Damals kamen über 2400 Menschen ums Leben. Taiwan liegt in einer erdbebengefährdeten Zone an der Grenze zwischen der Eurasischen und der Philippinischen Platte.

Welche Auswirkungen hat das Beben in Taiwan für die Chipproduktion?

Taiwans führender Halbleiterhersteller TSMC und Nummer 1 der Foundries hat die Produktion eingestellt, wie die Behörde des Industrieparks der Stadt Hsinchu mitteilte. Das Unternehmen habe Arbeiter während des Erdbebens aus der Produktion evakuiert. Derzeit überprüfe das Unternehmen den Zustand der Maschinen. Die Erdstöße beschädigten auch mehrere Straßen in Taiwan. Aber scheinbar sind TSMC und auch UMC relativ glimpflich davongekommen. Laut den ersten Analysen von Trendforce, einem Marktanalyseunternehmen aus Taipeh, wird erwartet, dass dieses Beben nur minimale Auswirkungen auf die DRAM-Speicherpreise haben wird. Jedoch könnten bei Computermonitoren und Fernsehern Lieferengpässe und Preissteigerungen auftreten, da die Produktionsstätten von AU Optronics und Innolux größtenteils zum Stillstand gekommen sind. Diese Fabriken könnten aufgrund von Ausfällen, Inspektionen und Reparaturen bis zu zwei Tage außer Betrieb sein, was angesichts ihrer bereits vor dem Beben ausgelasteten Produktionskapazitäten zu merklichen Einbußen führen dürfte.

Welche Auswirkungen hat das Erdbeben auf Speicher- und KI-Chips?

Die Produktion von Speicher- und KI-Chips scheint hingegen kaum beeinträchtigt zu sein. Die DRAM-Industrie, die vorwiegend im Norden und Zentrum Taiwans angesiedelt ist, sowie die Mikroelektronik-Foundries, die über das gesamte Land verteilt sind, haben zunächst nur minimale Schäden verzeichnet. Obwohl einige Anlagen vorsorglich heruntergefahren wurden, um Schäden zu überprüfen, wurden bisher keine größeren Schäden festgestellt. Da die Nachfrage nach Speicherchips zuletzt schwach war und die Hauptproduzenten wie Samsung und SK Hynix nicht in Taiwan ansässig sind, wird nicht mit signifikanten Preissteigerungen für DRAM-Speicherchips gerechnet. Auch die Produktion von speziellen KI-Chips, die Nvidia in Taiwan in Auftrag gegeben hat, ist offenbar nicht wesentlich beeinträchtigt.

Angesichts der regelmäßigen Erdbeben, die Produktionsausfälle in der taiwanesischen Mikroelektronikindustrie verursachen, hat TSMC beschlossen, seine Produktionskapazitäten durch den Aufbau von Chipfabriken außerhalb Taiwans, beispielsweise in den USA und in Dresden, zu diversifizieren. Dieser Schritt zielt darauf ab, die Lieferfähigkeit des Unternehmens widerstandsfähiger gegenüber Krisen zu machen. Bei diesen Entscheidungen spielen jedoch auch hohe Subventionen und die Sorge vor einem möglichen chinesischen Angriff und einer Eroberung Taiwans eine Rolle.

Warum sind Erdbeben für die Chipproduktion in Halbleiterfabs so gefährlich?

Erdbeben können für die Produktion von Computerchips aus mehreren Gründen gefährlich sein:

  • Sensible Produktionsprozesse: Die Herstellung von Computerchips findet in Reinräumen statt und erfordert äußerst präzise Abläufe. Schon kleinste Erschütterungen können die empfindlichen Geräte, die bei der Chipherstellung zum Einsatz kommen, beschädigen und die Produktion stören. Dazu gehören zum Beispiel Photolithographie-Anlagen, die mikroskopisch kleine Muster auf die Siliziumscheiben (Wafer) übertragen. Sie arbeiten mit Lichtquellen wie UV-Licht oder Elektronenstrahlen und erfordern absolute Präzision. Vibrationen können die Ausrichtung und Fokussierung beeinträchtigen und zu fehlerhaften Mustern führen. Weitere Geräte sind Ätzanlagen, die chemische oder Plasmaätzverfahren nutzen, um Material von den Siliziumscheiben zu entfernen und die Strukturen der Chips zu formen. Durch Vibrationen kann die Kontrolle über den Ätzprozess verloren gehen, was zu ungleichmäßigem Materialabtrag führt. Auch Depositionsanlagen, die verschiedene Materialien auf die Wafer aufbringen – entweder durch chemische Gasphasenabscheidung (CVD) oder durch physikalische Gasphasenabscheidung (PVD)– benötigen Präzision für eine gleichmäßige Beschichtungen. Inspektions- und Messtechnik: Diese hochauflösenden Mikroskope und Scanner überprüfen die Wafer auf Defekte und stellen sicher, dass die Strukturen korrekt sind. Vibrationen können nicht nur die Geräte selbst beschädigen, sondern auch die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Inspektion beeinträchtigen. Wafer-Handling-Systeme sind automatisierte Systeme, welche die die Wafer durch die verschiedenen Produktionsschritte transportieren. Vibrationen können zu Fehlfunktionen dieser Systeme führen, Wafer beschädigen oder sogar den Verlust ganzer Chargen verursachen. Zudem können Erdbeben die gesamte Reinraum-Infrastruktur betreffen. Dazu gehören Filteranlagen und Luftführungssysteme, die für eine konstante, partikelfreie Umgebung sorgen. Vibrationen können diese Systeme beeinträchtigen und zu einer Kontamination der Produktionsumgebung führen.
  • Schäden an der Infrastruktur: Erdbeben können Schäden an Gebäuden und der Infrastruktur von Chipfabriken verursachen. Neben den direkten physischen Schäden an den Produktionsanlagen können auch Unterbrechungen der Stromversorgung oder der Versorgung mit speziellen Gasen und Chemikalien, die in der Chipherstellung benötigt werden, kritisch sein. Diese eingelagerten und/oder grade im Prozess befindlichen Chemikalien sind sehr oft extrem giftige, leicht entflammbare oder stark ätzende Gefahrstoffe.
  • Kontamination: Jede Erschütterung kann Staub und Partikel aufwirbeln, die in die streng kontrollierte Umgebung eines Reinraums eindringen und die Wafer kontaminieren können. Selbst mikroskopisch kleine Verunreinigungen können die Ausbeute an funktionsfähigen Chips drastisch reduzieren.
  • Unterbrechung der Lieferkette: Viele Chipfabriken befinden sich in erdbebengefährdeten Gebieten, zum Beispiel in Taiwan, Japan oder Kalifornien. Ein starkes Erdbeben in diesen Regionen kann nicht nur die lokale Produktion unterbrechen, sondern auch globale Auswirkungen auf die Lieferkette haben, insbesondere wenn spezialisierte Chips betroffen sind, die nur an wenigen Standorten weltweit produziert werden.
  • Wiederanlaufzeit: Selbst wenn die durch ein Erdbeben verursachten Schäden relativ gering sind, kann es lange dauern, bis die Produktion wieder aufgenommen werden kann. Reinraumbedingungen müssen wiederhergestellt, Maschinen neu kalibriert und Produktionsprozesse neu gestartet werden.

Diese Beispiele zeigen, wie empfindlich die Produktion von Computerchips auf physikalische Erschütterungen reagiert. Da die Herstellung immer kleinerer und komplexerer Chips voranschreitet, steigen auch die Anforderungen an die Präzision und Stabilität der eingesetzten Maschinen und Anlagen. Aus diesen Gründen sind präventive Maßnahmen wie erdbebensichere Gebäudekonstruktionen, automatische Abschaltsysteme und Notfallpläne für Chipfabriken von entscheidender Bedeutung, um die Folgen eines Erdbebens so gering wie möglich zu halten.

Welche Folgen hatten Erdbeben in der Vergangenheit auf Fabs?

Schon in der Vergangenheit wurde die Chipindustrie immer wieder von Erdbeben getroffen. Hier eine Auswahl an Auswirkungen (und wie es glücklich laufen kann):

  • TSMC und UMC, Taiwan, Chi-Chi-Erdbeben 1999: Das Chi-Chi-Erdbeben (auch Jiji-Erdbeben oder 921-Erdbeben) in Taiwan im September 1999, eines der stärksten jemals in Taiwan gemessenen Erdbeben, verursachte signifikante Schäden und Produktionsausfälle bei mehreren Chipfabriken, darunter Anlagen von TSMC und UMC . Die Produktion konnte in den meisten Fällen innerhalb weniger Wochen wieder aufgenommen werden.
  • Renesas Electronics, Fujitsu und weitere, Japan, Tōhoku-Erdbeben 2011: Bekannt ist das Erdbeben 2011 wohl vor allem durch die Reaktor-Katastrophe in Fukujima. Aber auch im Rest des Landes gab es erhebliche Auswirkungen. Das Werk in Naka von Renesas erlitt erhebliche Schäden, was weltweit zu Verzögerungen in der Automobilproduktion führte. Die Wiederherstellung der vollen Produktionskapazität dauerte mehrere Monate. Auch Fujitsu musste seine Fabrik in der Präfektur Iwate vorübergehend schließen. Die Anlage litt unter physischen Schäden und Stromausfällen. Shin-Etsu Handotai und Sumco, Hersteller von Siliziumwafern, meldeten Schäden an ihren Produktionsstätten infolge des Tōhoku-Erdbebens. Obwohl die Schäden in einigen Fällen begrenzt waren, hatten die Produktionsunterbrechungen dennoch Auswirkungen auf die globale Lieferkette von Halbleitern.
  • Samsung, Südkorea, 2016: Südkorea wurde im September 2016 von einem Erdbeben der Stärke 5,8 getroffen, das die Stadt Gyeongju erschütterte. Samsung berichtete, dass seine Halbleiter- und Display-Fabriken keine ernsthaften Schäden erlitten, was die Bedeutung von erdbebensicherer Bauweise und Notfallplänen unterstreicht.
  • Micron Technology, Taiwan, 2016: Ein Erdbeben in Taiwan im Februar 2016 führte zu vorübergehenden Produktionsausfällen bei mehreren Halbleiterherstellern, darunter auch Micron Technology. Die Schäden führten zwar nicht zu einer dauerhaften Schließung, verursachten aber kurzfristige Produktionsverzögerungen.
  • Toshiba, Japan, 2022:  Der japanische Mischkonzern Toshiba hatet nach einem Erdbeben der Stärke 6,6 die Produktion in seiner Chipfabrik in Oita vorübergehend gestoppt. Einige Anlagen seien zerstört worden, teilte Toshiba mit. Konkret betroffen war eine Fabrik für LSI-Chips (Large-Scale Integration), die Toshiba kurzfristig heruntergefahren hatte. Mitarbeiter kamen nicht zu Schaden, auch das Fabrik-Gebäude wurde nicht beschädigt.

Manchmal sind die Schäden durch Erdbeben so dramatisch, dass die Halbleiterwerke sogar geschlossen werden. Etwa 2011, als die schwer beschädigte japanische Chipfabrik des US-Halbleiterkonzerns Freescale in Sendai für immer geschlossen blieb. Die Schäden am Gebäude und an den sensiblen Maschinen waren zu schwerwiegend; hinzu kämen die vielen Nachbeben und die unsichere Versorgungslage in der Region. Die Chipfabrik Sendai lag etwa 100 Kilometer vom Epizentrum des Bebens und dem Katastrophen-Atomkraftwerk Fukushima entfernt. 600 Menschen arbeiteten in der Fabrik. Allerdings hatte das Unternehmen ohnehin vor, die Fab zum Jahresende zu schließen.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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