Heinrich Ollendiek blickt zuversichtlich in die Zukunft. Nachdem die Investorengruppe 4K Invest die Selcom-Gruppe, ebenfalls ein EMS, Mitte 2013 übernommen hatte und im Juni 2014 den Flextronics-Standort Paderborn mitübernahm, kann der CEO von Periscope auf ein erfolgreiches Carve Out aus der Investorengruppe verweisen. Heute bietet Periscope als erster eigenständiger EMS am Standort Paderborn das komplette Elektronikfertigungsdienstleistungs-Portfolio an, das von der Material- und Werkzeugbeschaffung über die Fertigung und weltweite Lieferung von elektronischen Baugruppen, Geräten und Systemen bis hin zum After Sales Service alles abdeckt. „Seit Juni 2014 gehören wir keinem Weltkonzern mehr an und sind nun eigenständig. Wir bieten EMS an einem Ort aus einer Hand an. Das nennen wir One-Stop-Shopping“, berichtet er.

Erfolgreiche Umstrukturierung

Die Aufgabe war nicht einfach. Schließlich ging es darum, aus einem Konzernunternehmen einen unabhängigen und selbstständigen Mittelständler zu machen, der über alle Unternehmensfunktionen selbst verfügt. Dabei galt es, einen eigenen Einkauf, eine vollständige Buchhaltung nebst Controlling und insbesondere einen eigenen Vertrieb aufzubauen. „Die Herauslösung aus Konzernstrukturen war eine Herausforderung, die das gesamte Team mit viel Schwung und Erfolg angegangen ist“, erinnert er sich, der von „einer Herkulesaufgabe“ spricht. Dazu gehörten die Rückführung von Shared-Services sowie die Einführung von SAP in nur fünf Monaten. Dabei wurde nicht nur ein neues und leistungsfähiges ERP-System installiert, sondern es war dadurch auch notwendig, Schnittstellen zu Fertigung und Logistik zu verbessern. Investitionen in neue IT-Lösungen optimierten die Infrastruktur und die Handhabung.

Aus dem Schatten von Flextronics zu treten ist indes nicht leicht, räumt Ollendiek ein: „Die größte Herausforderung ist die Steigerung unserer Wettbewerbsfähigkeit unter Berücksichtigung unserer Tradition und Beibehaltung unseres Anspruchs an Qualität und Zuverlässigkeit“, erläutert er. Am Standort Paderborn soll dies gelingen. Dabei verweist er auf die hohe Kompetenz und Qualifikation der Mitarbeiter und untermauert dies mit etwas Lokalkolorit: „Für Paderborn spricht die Tradition im Bereich Elektronik und die sprichwörtlich westfälische Zuverlässigkeit.“ In Paderborn werden auch komplexe Komplettgeräte gefertigt, welche an den gewünschten Ort des Endkunden geliefert werden – und das weltweit. Was noch für den Standort Paderborn spricht, ist die sehr gute Logistik, lassen sich doch alle relevanten Import-, Export- und Zollabwicklungen problemlos abwickeln. Periscope ist zudem „Bekannter Versender der Luftfracht“ und AEO in Zollrecht und Sicherheit.

Effiziente Prozesse mit Lean und Six Sigma

In kundenbezogenen Fertigungszellen sind die Arbeitsplätze in der Produktion analog zu den Bearbeitungsschritten angeordnet und miteinander verkettet. Im Zyklus von 15 min versorgt der EMS diese Arbeitsplätze mit neuen Rohstoffen aus dem Lager und transportiert die fertigen Produkte direkt in den Versand. „Das macht uns schnell und dient der Fehlervermeidung. Kurze Rüstzeiten stellen die effiziente Fertigung auch minimaler Losgrößen sicher. Das macht uns sehr flexibel“, betont er und merkt weiter an: „Zur ständigen Verbesserung haben wir Lean-Workshops in allen Bereichen etabliert. Unsere Mitarbeiter sind es gewohnt, kleine Verbesserungen vor Ort selbstständig zu entwickeln und umzusetzen.“

Auf fünf SMT-Linien fertigt Periscope sowohl kleine Stückzahlen mit vielen Variablen als auch sehr große Mengen. Bereits die Prototypen werden auf diesen Linien bestückt, damit sich mögliche Fehlerquellen vor der Serienproduktion ausschließen lassen. „Wir sind hier in der Lage, elektronische Baugruppen zu fertigen, die nicht jeder EMS fertigen kann, insbesondere für den Bereich Automotive“, erklärt er und fügt hinzu, dass man in der Lage sei, auch feinste Strukturen, SMDs im Raster von 0,3 mm und 01005 Komponenten zu verarbeiten. „Außerdem gibt es hier Spezialisten, die Bauteile mit einer hohen thermischen Masse auf Leiterplatten mit hohen Kupferschichtdicken fertigen.“

Seit dem Jahr 2007 verfolgt der EMS kontinuierlich und systematisch den Weg der Optimierung seiner Prozesse und Abläufe. „Unser ständiges Bemühen gilt dem Eliminieren von Verschwendungen. Sowohl in Kleingruppen als auch in Teams bis zu 12 Kollegen ziehen wir unsere Mitarbeiter projektbezogen immer wieder zusammen, um konzentriert und in kurzen Zeiträumen die Ursachen der jeweiligen Verschwendung zu ermitteln, pragmatisch Abhilfen zu schaffen und auf diese Weise die Verschwendung nachhaltig zu beseitigen“, beschreibt er die Qualitätsstrategie. Dieses Vorgehen habe sich seit Jahren nicht nur in den direkten Produktionsbereichen bewährt, erklärt er: „Wir wenden es ebenfalls in unserer Supply-Chain und den Office-Bereichen mit nachhaltigem Erfolg an.“ Dadurch sei man in der Lage, auf die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse schnell und zuverlässig eingehen und sich erfolgreich auf die ständig wandelnden Marktbedürfnisse einstellen zu können.

Interview mit Heinrich Ollendiek, CEO von Periscope

Inwiefern lastet der Schatten Flextronics noch auf Ihrem Unternehmen?

Flextronics ist ein erfolgreicher und starker Konzern. Wir sind stolz darauf, dass wir ein Unternehmen sind, das eine große Vergangenheit hat. Die Kultur, die unser Unternehmen und unsere Mitarbeiter geprägt hat, stammt ja nicht nur von Flextronics, sondern geht auf den Unternehmer Heinz Nixdorf zurück. Wir verfügen über ein großes Erbe, einen Schatz von Erfahrungen und technologischer Expertise, worauf wir mit Stolz zurückblicken. Inzwischen sind wir aus dem Schatten von Flextronics herausgetreten. Ich sehe unsere Vergangenheit als eine Verpflichtung. Wir fokussieren uns auf unsere eigenen Stärken und Werte.

Was zeichnet Periscope als unabhängiges Unternehmen aus?

Nahezu jede Produktidee lässt sich mit unserem Team realisieren. Unsere Kunden schätzen unsere Professionalität und das Engagement speziell bei der Einführung und Industrialisierung neuer Produkte. Wir sind auf Augenhöhe mit unseren Kunden. Wir können uns schnell bewegen, um den Anforderungen am Markt zu entsprechen. Bei uns gilt die alte Weisheit ganz besonders: „Nicht die Großen schlagen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen“.

Was ändert sich für Kunden?

Als unabhängiges Unternehmen bieten wir tatsächlich sogar mehr Vorteile für unsere Kunden als zuvor. Wir sind agiler. Die Entscheidungswege sind wesentlich kürzer, wodurch es unserem Team möglich ist, viel zielgerichteter und auch flexibler zu agieren. Wir verstehen uns als Bestandteil der Wertschöpfungskette unserer Kunden. Dadurch können wir uns optimal in ihre Unternehmensprozesse integrieren.

Welche strategische Ausrichtung verfolgen Sie?

Wir fokussieren uns weiterhin auf die bereits bedienten Märkte Automotive, Industrieelektronik, Telekommunikation, Gebäudeautomation, Unterhaltungselektronik, Smart Home und innovative Sport- und Freizeitgeräte. Zukünftig werden wir zudem den Markt Medical/Analytical bedienen.

Was konnte davon bisher umgesetzt werden?

Dabei vertiefen wir unseren Service. Wir bieten in Paderborn das komplette EMS-Dienstleistungsspektrum an einem Ort aus einer Hand an. Das nennen wir One-Stop-Shopping. Das bedeutet, der Kunde braucht lediglich seine designte Produktidee liefern und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernehmen gern alles Weitere bis hin zur weltweiten Auslieferung an den gewünschten Ort.

Die Fragen stellte Marisa Robles Consée

Marisa Robles Consée

Chefredakteurin Productronic

(mrc)

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