Baut sich das Bild im Wohnzimmer-Flat-TV aufgrund von elektromagnetischer Störstrahlung nicht sauber auf, ist das nur unschön. Kommt es aber in industrieller Umgebung aufgrund mangelnder Abschirmung zu Störungen, geraten Menschen in Gefahr oder Produktionsausfälle und Ausschuss treiben die Kosten in die Höhe.

Eckdaten

Für die Einhaltung der EMV-Anforderungen sind Kabeldurchführungen in elektronischen Geräten oft eine besondere Herausforderung. Wenn Signal- und Energiekabel aus Platzgründen gemeinsam und EMV-gerecht in ein Gerät geführt werden müssen, ist spezielles Know-how beim Hersteller von Kabelverschraubungen gefragt.

Nun lassen sich Systemgehäuse mit entsprechenden Maßnahmen schirmen. Doch dort, wo Signal- und Energiekabel durch die Gehäusewand zu führen sind, entsteht eine Lücke in der Schirmung, durch die elektromagnetische Wellen einfach „durchschlüpfen“. Um diese Schirmungslücke sicher zu schließen, sind geschirmte Kabel und hochwertige EMV-Kabelverschraubungen erforderlich, die den Kabelschirm optimal beim Kabeleintritt in den Schaltschrank kontaktieren und so in das Gesamt-EMV-Konzept einbinden.

Für manche Anwendungen sind Kabelverschraubungen ausreichend, in denen man das abgelängte Schirmgeflecht aufweitet, auf einen Metallkonus schiebt und dort kontaktiert. Braucht die Applikation hingegen höhere Dämpfungswerte bis in den Gigahertzbereich oder steht die Signalintegrität im Fokus, kommt der Anwender nicht um hochwertige Kabelverschraubungen herum. Sie führen das Schirmgeflecht durch die Kabelverschraubung bis zum Massepunkt an der Elektronik weiter.

Sichere 360°-Kontaktierung

Bei den Kabelverschraubungen Uni Iris von Pflitsch übernimmt ein innenliegender Iris-Federring die 360°-Kontaktierung des freigelegten Kabelschirmes. Das Anziehen der Druckschraube drückt den Federring rundum sicher an das Schirmgeflecht und sorgt für einen guten elektrischen Übergang, ohne den Kabelschirm bei der Montage aufweiten oder ablängen zu müssen. Seine Schirmwirkung bleibt damit voll erhalten. Erst unmittelbar an der bauseitig vorgegebenen Klemmstelle nahe der Elektronik erfolgt die Kontaktierung des Kabelschirms mit der Bezugsmasse. Dadurch lassen sich unnötige Verkopplungen von Nutz- mit Störsignalen vermieden.

Bessere Schirmwirkungen lassen sich erzielen, wenn das Schirmgeflecht des Kabels wie bei der Tri-Verschraubung durchgängig bis zur Elektronik geführt wird.

Bessere Schirmwirkungen lassen sich erzielen, wenn das Schirmgeflecht des Kabels wie bei der Tri-Verschraubung durchgängig bis zur Elektronik geführt wird.Pflitsch

In der Baureihe Blueglobe Tri setzt Pflitsch erstmals eine Triangelfeder ein, deren 360°-Kontaktierung noch bessere Werte erreicht und die für Anwendungen mit den hohen Cat-7A-Anforderungen zugelassen ist. Gemäß DIN IEC 61156-5 bis 1000 MHz sind hier mindestens -60 dB Dämpfung gefordert, die die Kabelverschraubung mit -65 dB deutlich übertrifft. Selbst im hohen Frequenzbereich bis 2,5 GHz sind es typischerweise mindestens -50 dB. Außerdem erreicht die Kabelverschraubung eine sehr hohe Stromtragfähigkeit. Noch höhere EMV-Dämpfungswerte bringt der Einsatz einer nicht magnetischen Tri-Ringfeder, da die nichtmagnetische Ausführung der Feder keine ferromagnetischen Einflüsse auf die Schirmung hat.

Noch mehr EMV-Sicherheit durch Doppelkontaktierung

Um die sehr gute HF-Dämpfung noch weiter zu erhöhen, hat Pflitsch die Verschraubung in einer Sonderversion verlängert und mit zwei hintereinanderliegenden Triangelfedern ausgestattet. Ausführliche Tests im hauseigenen Prüflabor dokumentieren ein zusätzliches Dämpfungs-Plus von gut 6 bis 10 dB.

Mit dem teilbaren EMV-Adapter lassen sich Kabeleinführungen nachträglich EMV-ertüchtigen.

Mit dem teilbaren EMV-Adapter lassen sich Kabeleinführungen nachträglich EMV-ertüchtigen.Pflitsch

Eine weitere Lösung ist der geteilte EMV-Adapter. Zwischen der Gehäusewand und einer EMV-Verschraubung eingeschraubt ergibt sich damit ebenfalls eine doppelte Kontaktierung mit entsprechend höheren Dämpfungswerten und höherer Stromübertragung bei gleichzeitig minimiertem technischem wie finanziellem Aufwand. Verwendet der Anwender diesen Adapter als Gegenmutter, lassen sich sogar Standard- und Kunststoff-Kabeleinführungen kostengünstig einigermaßen EMV-tauglich machen, was in weniger kritischen Anwendungen meist ausreicht.

Kundenspezifische Lösungen aus dem Baukasten

Die Miniaturisierung bringt zwar immer kompaktere Systeme mit sich, aber jede Kabelverschraubung benötigt einen gewissen Einbauplatz. Möchte ein Anwender verschiedene EMV-Kabel in ein Gehäuse einführen, kann es aufgrund fehlender Montagefläche zu Engpässen kommen. Um derartige kundenspezifische Lösungen zu realisieren, nutzt Pflitsch als Basis für die wirtschaftliche Umsetzung das Mehrfach-Konzept der Kabelverschraubungen aus dem Uni-Dicht-Programm auch im EMV-Bereich.

Durch die EMV-Mehrfach-Scheibe mit innenliegenden Tri-Kontaktfedern lassen sich mehrere Kabel platzsparend durch eine EMV-Verschraubung führen.

Durch die EMV-Mehrfach-Scheibe mit innenliegenden Tri-Kontaktfedern lassen sich mehrere Kabel platzsparend durch eine EMV-Verschraubung führen.Pflitsch

Mit diesen Dichteinsätzen lassen sich mehrere Kabel – auch mit unterschiedlichen Durchmessern – zuverlässig durch eine Kabelverschraubung führen. Hinter dem Dichteinsatz sitzt in dieser EMV-Lösung eine Scheibe aus Metall, die exakt für die verwendeten Kabeldurchmesser des Kunden angefertigt wird. In dieser Scheibe lässt sich der Schirm jedes Kabels sicher mittels je einer Tri-Feder kontaktieren, und über einen umlaufenden Iris-Federring gelingt die zuverlässige Kontaktierung der eingesetzten Scheibe in der Kabelverschraubung. Da die Uni-Dicht-Verschraubungen bis zur Größe M120 verfügbar sind, ist die Integration mehrerer EMV-Kabel im Durchmesser von 5 mm bis 20 mm inklusive Schirmgeflecht möglich.

Wenn starre Kabel in den Schaltschrank müssen

Geteilter EMV-Anschlussbock für das einfache und EMV-gerechte Einführen dicker, starrer Kabel in den Schaltschrank.

Geteilter EMV-Anschlussbock für das einfache und EMV-gerechte Einführen dicker, starrer Kabel in den Schaltschrank.Pflitsch

Powerkabel und Leitungen mit größeren Querschnitten sind sehr starr und lassen sich daher nur mit Mühe installieren. Um diese geschirmten Kabel in einen Schaltschrank einzuführen und EMV-sicher zu kontaktieren, wurde ein teilbarer EMV-Anschluss-Bock aus vernickeltem Messing entwickelt, der die Installation vereinfacht. Das lästige und aufwendige Durchfädeln des Kabels entfällt, da man zunächst das stabile Unterteil des EMV-Bocks an der Schaltschrank-Einführung montiert, dann das Kabel in Position bringt und den Kabelmantel in Höhe der Kontaktstelle entfernt, sodass das Schirmgeflecht des Kabels offen liegt.

Ist das so vorbereitete Kabel im EMV-Anschluss-Bock positioniert, wird das Oberteil des Bocks aufgedrückt und mit zwei Schrauben sicher fixiert. Dabei drückt sich die ebenfalls geteilte, nicht magnetische Tri-Feder zuverlässig rund um das Schirmgeflecht des Kabels. Den EMV-Anschluss-Bock gibt es aktuell in fünf Größen für Kabeldurchmesser von 20 mm bis 65 mm, weitere Größen in M25 und M32 werden in Kürze verfügbar sein.

Mehrfachschirme sicher kontaktieren

In der modernen Elektronik erfüllt der Kabelschirm häufig mehrere Aufgaben. Zum einen bestimmt er maßgeblich die Kabelimpedanz und zum anderen soll er ein Aus- und/oder Einkoppeln von Signalen verhindern. Unangenehmerweise kann über das Schirmgeflecht noch ein ungewollter Potenzialausgleich stattfinden. Daher gibt es spezielle Kabel mit Mehrfachschirmen. Eine Herausforderung ist es nun, diese geschirmten Kabel EMV-gerecht im geschirmten Gehäuse und mit der Elektronik zu kontaktieren. Möglich ist dies mit der verlängerten Blueglobe Tri und ihren zwei hintereinanderliegenden Triangelfedern.

Über die erste Feder wird der äußere Schirm des Kabels direkt außen am Gehäuse kontaktiert, während die zweite Feder den inneren Schirm mit dem Gehäuse niederimpedant verbindet. Der mögliche dritte Schirm lässt sich dann bis zum Massesternpunkt im Schaltschrank weiterführen und dort auflegen. Diese Lösung erreicht eine Schirmwirkung von besser -80 dB bei Frequenzen bis über 1 GHz. Des Weiteren verdoppelt sich die Stromtragfähigkeit, was beispielsweise bei Frequenzumrichtern und im Bereich der Elektromobilität wichtig ist, denn hier sind hochfrequente Schirmströme von mehr als 25 A nichts Außergewöhnliches.

EMV-Messung ohne teure Messtechnik

Koket ist ein nach IEC 62153-4-10 anerkanntes, aber preiswertes Messverfahren, das die Schirmdämpfung und die Transferimpedanz von radialen Bauteilen misst.

Koket ist ein nach IEC 62153-4-10 anerkanntes, aber preiswertes Messverfahren, das die Schirmdämpfung und die Transferimpedanz von radialen Bauteilen misst.Pflitsch

Bei der Entwicklung der EMV-Kabelverschraubungen erkannte man, dass keines der etablierten Messverfahren zur Bewertung des Schirmverhaltens von Kabelverschraubungen wirklich dazu geeignet ist, eindeutige und reproduzierbare Messergebnisse zum Schirmverhalten dieser Bauteile zu liefern. Außerdem erfordern die gängigen Verfahren eine sehr teure Messtechnik.

Daraufhin hat man das international genormte Messverfahren für Koaxstecker, das Triaxialverfahren nach IEC 61 196-1, IEC 61 196-A, prEN 50 289-1-6 A +C, VG 95 214-12 und  VG 95 214-13, weiter entwickelt. Die daraus entstandene Koket-Messdose (Koaxial-Kelvin-Tube) ist in der Lage, die Schirmdämpfung und die absolute Transferimpedanz von DC bis über 1,5 GHz zu messen. Vergleichsmessungen zeigen, dass dieses Verfahren in dem wichtigen Frequenzbereich von 25 MHz bis 130 MHz um rund 20 dB schärfer misst als die gebräuchlichen Verfahren.

Koket ist mittlerweile in der aktuellen IEC 62153-4-10 als anerkanntes Messverfahren gelistet. Pflitsch nutzt das Verfahren im eigenen Prüflabor für die Bauteilentwicklung, bietet es zur besseren Abschätzung von radialen EMV-Bauteilen aber auch als Dienstleistung an.

Günther Quednau

ist EMV-Experte bei Pflitsch.

Marc Manz

ist EMV-Experte bei Pflitsch.

Walter Lutz

ist selbstständiger Fachjournalist.

(pet)

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