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Mehr Flexibilität und Prozesssicherheit beim Löten ermöglicht die Selektivlötanlage PowerSelective.

Mehr Flexibilität und Prozesssicherheit beim Löten ermöglicht die Selektivlötanlage PowerSelective.Seho

Unter den automatisierten Lötprozessen gilt der Selektivlötprozess als besonders anspruchsvoll. Kleine Strukturen oder geringe Abstände zu benachbarten, nicht zu benetzenden Bauteilen schränken das Prozessfenster ein und lassen nur wenig Raum für potenzielle Fehler. Die variablen Parameter wie beispielsweise die Flussmittelmenge, Vorheizzeit und -temperatur oder die Benetzungszeit und Lottemperatur haben einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität einer Lötstelle. Daneben sind materialbedingte Einflüsse wie etwa nicht-planare Leiterplatten nach einem vorhergehenden thermischen Prozess oder personelle Einflüsse zu berücksichtigen. Ein Augenmerk auf sogenannte „versteckte Kosten“ wie etwa Produktivitätsraten, Personaltraining und Kosten für beschädigte, nicht mehr zu reparierende Baugruppen sollte man ein Augenmerk haben. Vor allem unter dem Aspekt, dass in manchen Fällen Reparaturprozesse schlichtweg nicht erlaubt sind.

Auf typische Lötfehler achten

Lötbrücken sind eine der Hauptursachen für fehlerhafte Baugruppen im Selektivlötprozess. Vor allem bei bleifreien Prozessen trägt das geringere spezifische Gewicht der Lotlegierung zu einem veränderten Fließverhalten bei, das zu Brücken führen kann. Jedoch kann auch ein ungenügender Flussmittelauftrag oder Vorheizprozess Lötbrücken verursachen. Schlechte Lotdurchstiege sind häufig auf eine ungenügende Wärmebilanz zurückzuführen. Ein unzureichender Flussmittelauftrag kann aber ebenfalls ursächlich für diesen Defekt sein.

Dies sind nur einige wenige Beispiele für mögliche Lötfehler. In aller Regel stehen sie im Zusammenhang mit dem Flussmittelauftrag oder Wärmeeintrag beim Vorwärmen der Baugruppen oder während des Lötprozesses. Es ist also ratsam und durchaus gerechtfertigt, diese Prozessschritte zu überwachen und zu kontrollieren, um eine kontinuierlich hohe Lötqualität sicherzustellen. Speziell im Selektivlötprozess können aber auch falsch oder ungenau positionierte Baugruppen problematisch werden. Daher ist es nötig, die Position der zu bearbeitenden Baugruppe zu kontrollieren und gegebenenfalls automatisch zu korrigieren.

Gute Ausrichtung

Nahezu jede Baugruppe verfügt über Passermarken. Mit einem intelligenten Selektivlötsystem ist damit eine automatische Lagekorrektur möglich, das die zu lötenden Baugruppen optisch erkennt und verschiedene Ausrichtungsfehler wie zum Beispiel Versatz, Positionsfehler oder linearen Verzug der Leiterplatte kompensiert. Die Genauigkeit bei der Erkennung der Passermarken liegt dabei bei mindestens 0,01 mm und die Software der Lötanlage generiert automatisch korrigierte Werte, um einen präzisen Prozess zu ermöglichen. Zusätzlich enthält dieses Software-Tool einen Modus der überprüft, ob das zur Baugruppe gehörende Lötprogramm geladen wurde und ob die Baugruppe korrekt an die Maschine übergeben wurde. Damit lassen sich sogar mögliche Bedienfehler erkennen und kompensieren.

Relativ häufig sind im Selektivlötprozess zu bearbeitende Baugruppen, speziell Nutzenbaugruppen, nicht planar. Durchbiegungen können beispielsweise durch unsymmetrische Bestückung, Ausfräsungen oder auch durch Spannungen aus vorangegangenen thermischen oder mechanischen Fertigungsprozessen verursacht werden. Diese sehr unterschiedlichen Verwölbungen wirken sich im anschließenden Selektivlötprozess direkt auf die z-Koordinaten aus und können das Lötergebnis damit negativ beeinflussen. Für einen reproduzierbaren, zuverlässigen Prozess sind speziell die kritischen Baugruppen einzeln zu bewerten und Verwerfungen zu kompensieren. Eine softwaregesteuerte z-Höhenkontrolle und -korrektur sorgt für einen automatisierten Ablauf.

Bild 1: Automatische Korrektur der z-Höhe.

Bild 1: Automatische Korrektur der z-Höhe.Seho

Während der Programmerstellung für den Miniwellenlötprozess definiert der Bediener Baugruppenbereiche, die mechanisch fixiert sind und eine korrekte z-Position vorgeben. Während der Bearbeitung der Leiterplatten misst ein Lasermesssystem den tatsächlichen z-Abstand der vordefinierten Punkte. Die so erfassten Werte und die als ideal festgelegte z-Höhe in den mechanisch unterstützten Bereichen, dienen als Eingabewerte zur Modellierung und Darstellung eines „Höhenprofils“ der zu lötenden Baugruppe. Alle Punkte des Lötprogramms werden mit den modellierten z-Werten verrechnet. Das stellt sicher, dass alle Punkte mit der optimalen z-Höhe gelötet und Verwerfungen der Baugruppe automatisch kompensiert werden (Bild 1).

Exakter Flussmittelauftrag

Nicht nur die präzise Baugruppenausrichtung, sondern vor allem auch die Präzision während des Prozesses spielt eine entscheidende Rolle. Dies betrifft natürlich auch den Flussmittelauftrag, der die Qualität des Lötergebnisses stark beeinflussen kann. Während der letzten Jahre hat sich die Verwendung von Mikrotropfenfluxern als besonders vorteilhaft erwiesen. Mikrotropfenfluxer gewährleisten einen punktgenauen Flussmittelauftrag bei einer minimalen, präzise definierten Flussmittelmenge und stellen sicher, dass umgebende, nicht zu lötende Bereiche, nicht benetzt werden. Andererseits muss jedoch auch gewährleistet sein, dass ausreichend Flussmittel an die Lötstelle gelangt, um einen optimalen Lotdurchstieg während des folgenden Lötprozesses zu erhalten.

Bild 2: Flussmittelmengenüberwachung.

Bild 2: Flussmittelmengenüberwachung.Seho

Flussmittelüberwachungs- beziehungsweise -kontrollsysteme sind daher essenziell. Zuverlässig ist eine Mengenüberwachung während des Flussmittelauftrags (Bild 2). Dieses Fluxerkontrollsystem überprüft nicht nur die eigentliche Funktion der Düse, sondern es misst während des Fluxprozesses die tatsächlich aus der Mikrotropfendüse austretende Flussmittelmenge. Der so erfasste Wert wird mit einem zuvor eingelernten Referenzwert verglichen. Stellt das System eine Abweichung fest, erfolgt die Ausgabe einer Fehlermeldung. Die Software zeigt zudem an, an welcher Stelle der Baugruppe nicht exakt gefluxt wurde.

Überwachung des Vorheizprozesses

Die Überwachung der Vorheizung ist erforderlich, um reproduzierbare Temperaturprofile zu erhalten. Eine der gängigsten und zudem zuverlässigsten Methoden ist die Verwendung von berührungslosen Infrarot-Thermometern (Pyrometer). Dabei handelt es sich um optoelektronische Sensoren. Sie ermitteln die von einem Objekt abgegebene Infrarotstrahlung und berechnen auf dieser Grundlage die Oberflächentemperatur. Die wohl wichtigste Eigenschaft von Infrarot-Thermometern liegt in der berührungslosen Messung. So lässt sich die Temperatur schwer zugänglicher oder sich bewegender Objekte ohne Schwierigkeiten bestimmen [1].

Referenzen

[1] Optris GmbH, Berlin, Germany, Optris CT, S. 50.

Maximale Kontrolle für den Lötbereich

Dem Lötbereich – Herzstück des Prozesses – sollte spezielle Aufmerksamkeit gelten, da viele Variable das Lötergebnis beeinflussen können. Hierzu gehören beispielsweise die Temperatur der Lotlegierung, das Lotniveau im Tiegel oder die Wellenhöhe. Für eine reproduzierbare Lötqualität ist eine konstante und stabile Höhe der Lotwelle erforderlich. Die Wellenhöhe ist abhängig vom Druck im Pumpenkanal des Lotbades. Dieser Gesamtdruck ist die Summe aus dem Grunddruck, der abhängig vom Lotniveau im Lotbad ist, und dem Druck, den das Pumpensystem erzeugt. Ziel eines Messsystems ist es, den Gesamtdruck (Wellenhöhe) konstant zu halten. Die Grobeinstellung erfolgt über die Stabilisierung des Grunddruckes (Lotzufuhr). Die Feineinstellung erfolgt über die Anpassung des Pumpendrucks (Pumpendrehzahl).

Eine unkomplizierte Art, das Lotniveau zu überwachen, ist eine Messnadel. Taucht die Messnadel ins Lot ein, wird eine elektrisch leitende Verbindung hergestellt (Kontaktmessung). Das heißt, das Lotniveau ist in Ordnung. Kommt kein Kontakt zustande, startet die Zinnzufuhr automatisch. Eine weitere Möglichkeit der Lotniveaukontrolle stellt die Gegendruckmessung dar. Hierbei taucht ein mit sehr geringem Druck beaufschlagtes Röhrchen in das Lot ein. Die in Abhängigkeit vom Pegelstand entstehende Druckdifferenz wird signaltechnisch ausgewertet und im Bedarfsfall die Lotzufuhr automatisch gestartet. Zur Kontrolle des Pumpendrucks und damit der Wellenhöhe stehen ebenfalls verschiedene Messmethoden zur Verfügung. Die Wellenhöhenkontrolle ist erforderlich, um konstante und reproduzierbare Prozessbedingungen zu gewährleisten.

Das einfachste Verfahren besteht in der Verwendung einer Messnadel aus Titan oder einem anderen resistenten Material, die innerhalb des Prozessbereichs der Lötanlage installiert ist. Das Lötbad wird durch das Handlingsystem automatisch in die Messposition gebracht. Bei Anlagen, die mit einem stationären Lötbad ausgestattet sind, kann die Messnadel im Handlingsystem integriert werden. Die Messnadel führt mit der Spitze eine Kontaktmessung zur Lötwellenoberfläche aus. Mit diesem Eingangssignal wird die Pumpendrehzahl auf den benötigten Wert geregelt. Diese Messmethode setzt voraus, dass die Atmosphäre stabil bleibt, da Änderungen in der Oberflächenspannung zu unterschiedlichen Messergebnissen führen können. Ein weiterer Nachteil dieser Messmethode ist, dass der Produktionsprozess unterbrochen werden muss.

Bild 3: Wirbelstromsensor zur automatischen Kontrolle der Wellenhöhe und des Lotniveaus.

Bild 3: Wirbelstromsensor zur automatischen Kontrolle der Wellenhöhe und des Lotniveaus.Seho

Vollkommen ohne jegliche Beeinflussung der Taktzeit arbeitet dagegen die Wellenhöhenüberwachung mit Wirbelstromsensor, der gleichzeitig auch das Lotniveau im Lottiegel kontrolliert (Bild 3). Hierbei ist ein Messtrichter, der die gleiche Höhe wie die Düsen besitzt, mit dem Pumpenkanal verbunden. Basierend auf dem Prinzip der kommunizierenden Röhren, einer indirekten Messung, entsteht hierdurch sowohl an den Lötdüsen als auch am Messtrichter die gleiche Höhe. Das Signal des Wirbelstromsensors wird regelmäßig mit einem Sollwert verglichen und bei Bedarf die Pumpendrehzahl automatisch nachgeregelt, um die Wellenhöhe konstant zu halten.

Größtmögliche Prozesssicherheit bietet die Wellenhöhenkontrolle mit einem Lasermesssystem (Bild 4). Derartige Systeme bieten mehrere Vorteile. Zum einen wird die Taktzeit nicht beeinflusst, da die Messung simultan zum Produktionsprozess stattfindet. Die direkte Messung der Wellenhöhe erkennt zudem Verschmutzungen im Düsensystem, die das Lötergebnis beeinflussen könnten. Der große Messbereich des Sensors und die Nullung auf die Düsenoberkante ermöglichen außerdem den Einsatz von Düsen mit unterschiedlicher Höhe. Das Lasermesssystem besteht aus einer Sensoreinheit, die einen Sender und einen Empfänger mit Zeilenkamera umfasst. Das System basiert auf der Messung der Differenz zwischen Düsenoberkante und Lotwellenoberkante, wobei die Wellenhöhe über die Anpassung der Pumpendrehzahl konstant gehalten wird. Der Druck des Pumpensystems wird also geändert, um den Gesamtdruck, die Wellenhöhe, konstant zu halten.

Bild 4: Lasermesssystem zur automatischen Regelung der Wellenhöhe und des Lotniveaus.

Bild 4: Lasermesssystem zur automatischen Regelung der Wellenhöhe und des Lotniveaus.Seho

Parallel dazu wird die aktuelle Drehzahl mit der beim Referenzieren ermittelten Drehzahl verglichen. Ist die aktuelle Drehzahl größer bedeutet dies ein Absinken des Lotniveaudrucks und neues Lot wird automatisch zugeführt. Zusätzliche Überwachungsfunktionen tragen dazu bei, potenzielle Fehler zu vermeiden. Hierzu gehört beispielsweise ein intelligentes Tool-Management, bei dem über die Software sicher gestellt wird, dass nur Produkte zur Bearbeitung in die Anlage eingelassen werden, für die das im Programm hinterlegte Multidüsen-Tool oder auch eine Lötdüse gerüstet wurde. Über eine Codierung erkennt die Anlage die einlaufende Baugruppe und ordnet sie der Löteinheit mit dem entsprechenden Löttool beziehungsweise Lötdüse automatisch zu.

AOI beim Löten

Ein AOI-System, das direkt in der Selektivlötanlage integriert ist, bietet im Hinblick auf die Gesamtproduktionslinie enorme Vorteile. Die Auswertung von Trend- und Serienfehlermeldungen gewährleisten eine frühzeitige Prozessoptimierung, um Fehlerraten zu reduzieren. Dies betrifft vor allem die Bauteilebestückung und den Lötprozess. Aber auch Designfehler werden sichtbar. Typische Löt- und Bestückungsfehler wie beispielsweise Brücken, offene oder halboffene Lötstellen, fehlender Meniskus oder Drahtanschluss sowie Lotperlen oder angrenzende, abgeschwemmte SMD-Bauteile lassen sich detektieren (Bild 5). Die Inspektion erfolgt dabei unmittelbar nach dem Lötprozess, wobei das Achsensystem der Lötanlage das Baugruppenhandling übernimmt.

Bild 5: AOI-System in der Prozesszelle des Selektivlötsystems integriert.

Bild 5: AOI-System in der Prozesszelle des Selektivlötsystems integriert.Seho

Das System verfügt über eine spezielle 5-MPixel- oder 10-MPixel-RGB-Flächenkamera. Die mehrfarbige LED-Beleuchtung mit zentrisch fokussierten und seitlichen Lichtanteilen unterstützt die Lageerkennung der zu prüfenden Bauelemente und hebt die lötstellenspezifischen Merkmale hervor. Abhängig von der Komplexität der zu lötenden Baugruppen lässt sich das AOI-System bei Komponenten, die als kritisch gelten, programmbezogen aktivieren. Bei unkritischen Leiterplatten wird die Funktion deaktiviert, um eine geringstmögliche Taktzeit zu erreichen.

Standortübergreifende Kommunikation

Eine umfassende Kontrolle und Überwachung der Lötanlage bietet eine Maschinen-Kommunikations-Software. Diese Software sammelt und integriert Informationen über Produktionsprozesse aus verschiedenen Quellen, sowohl standortübergreifend als auch anlagenübergreifend. Hierzu gehört das Erfassen, Archivieren und Konsolidieren von Daten aus der Anlage, das Visualisieren und Analysieren von Prozessparametern über eine komfortable Benutzeroberfläche und die Bereitstellung von Daten für andere Auswertungsanwendungen. Über Intranet/Internet können die am Produktionsprozess beteiligten Personen passwortgeschützt direkt auf Echtzeit-Informationen der Maschine zugreifen.

Automatische Kontrolle

Nur wenn alle Prozessschritte absolut zuverlässig und präzise absolviert werden, ist eine kostspielige Nacharbeit vermeidbar. Automatische Kontrollmechanismen sind unabhängig vom menschlichen Biorhythmus und bieten damit einen geeigneten Lösungsansatz.

Heike Schlessmann

ist Marketing Manager von Seho Systems.

(mrc)

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