Am Rande des 5. Maschinenbaugipfels vom 18. und 19. Oktober 2011 in Berlin, erklärte VDMA Präsident Dr. Thomas Lindner auf der Pressekonferenz des Verbandes, das der Verband für 2012 mit dem dritten Wachstumsjahr in Folge rechnet.  „Wir erwarten ein Produktionswachstum von 4 % für 2012. Nominal, also nicht preisbereinigt, könnten wir mit rund 197 Milliarden Euro das Top aus dem Jahr 2008 von 196 Milliarden Euro sogar leicht übertreffen.“ Bereits in den ersten acht Monaten ist die Produktion von Maschinen- und Anlagen, im Vergleich zum Vorjahr, um 16,7 % gestiegen. Die Kapazitäts-Auslastung liegt aktuell bei 89,9 %. In den letzten drei Monaten erzielten fünf Fachzweige im Auftragseingang ein Plus von über 20 %, die Werkzeugmaschinen, Bergbaumaschinen, Verfahrenstechnische Maschinen und Apparate, Robotik und Automation sowie Landtechnik.

Kräftiger Beschäftigungszuwachs

„Auch im weltweiten Entwicklungstrend liegt der deutsche Maschinenbau gut“, betonte der VDMA Präsident. Die deutschen Maschinenexporteure hatten 2010 ihre Ausfuhren um 12,5 % gesteigert und damit einen Weltmarktanteil von 16,8 % (2009: 18,6 %)  erreicht. Gefolgt von Japan mit 12,1 %, den USA mit 12 %. China zog mit 9,7 % an Italien vorbei auf Platz 4 im internationalen Ranking. „Wir sind zwar insbesondere im Verhältnis zu vielen unserer Konkurrenten immer noch sehr gut aufgestellt, aber durch die enorme Ausweitung der Produktion und des weltweiten Handels verlieren wir prozentual an Gewicht. Dies muss eine Herausforderung für uns sein, insbesondere für die Anstrengungen in den asiatischen Wachstumsregionen“, sagte Lindner.

Nach den Prognosen des VDMA ist mit einem Beschäftigungszuwachs im gesamten Jahr 2011 zu rechnen. Die volle Auslastung der Produktion brachte im August einen kräftigen Beschäftigungszuwachs um 9.000 Mitarbeiter. Seit Jahresanfang stieg die Zahl der Festangestellten sogar um 25.000 auf aktuell 938 000 Beschäftigte. Problem für die Branche ist immer noch der hohe Fachkräftemangel. Aktuell gibt es 17.000 offene Stellen im Maschinenbau, davon rund 8.000 für Ingenieure.

Diese Fakten führen aber zu keinen positiven Hoffnungen, wie Lindner betonte – im Gegenteil. Die deutschen Maschinenbauer befürchten, dass der eigene Erfolgskurs durch die Schulden- und Finanzkrise beeinträchtigt wird. „Die Realwirtschaft war schon das letzte Mal Opfer der Verschuldungs- und Finanzkrise. Wir möchten das nicht noch ein zweites Mal erleben“, so der VDMA Präsident. „Die Ansteckung der Realwirtschaft durch den Wackelkurs der Banken ist – ohne Frage – gegeben.“ Es entstehe der Eindruck, als ob das zentrale Geschäftsmodell der Banken eher virtuellen Charakter hätte. Bei den mittelständischen Maschinenbauern wachse die Sorge, ob die Banken – bei instabiler Lage – noch bereit seien, die Unternehmen zu finanzieren. Was die Verschuldungs- und Eurokrise betrifft, ist die Branche von den Leistungen der Politik mehr als enttäuscht. Lindner forderte einen klaren ‚Masterplan‘, wie weiter vorzugehen ist.

Top-Event der Entscheider

Wo stehen wir wirklich? Wo geht die Reise hin? Unsere Branche ist in die Weltwirtschaft eingebunden wie kaum eine zweite. Auf dem Maschinenbau-Gipfel wurden deshalb intensiver als je zuvor die Chancen und Risiken der Branche erörtert.

In seinem Vortrag im Rahmen des Deutschen Maschinenbaugipfels griff Siegfried Russwurm, Vorstandsmitglied bei Siemens und Geschäftsleiter des Sektor Industry, den Ansatz auf, wie man eine Energieeffiziente Produktion gewährleisten könnte. Drei Maßnahmen seien besonders wichtig. Zuerst müsse der Energieverbrauch im Allgemeinen gesenkt werden. So gebe es zum Beispiel im Gebäudemanagement großes Optimierungspotenzial, etwa bei den Klimaanlagen. Als zweites sollten bereits verfügbare energiesparende Technologien viel mehr als bisher genutzt werden. Und als drittes müsse man auch weiterhin innovativ bleiben und auch zukünftig immer neue Konzepte zur Steigerung der Energieeffizienz hervorbringen. Darüber hinaus entstehen aber auch Chancen für einen ‚grünen Aufschwung‘ für führende Technologienationen. Laut einer Studie der Beraterfirma McKinsey steigt der Umsatz der in Deutschland besonders energieintensiven Branchen, wie der Maschinenbausektor und die Automobilindustrie, von 500 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf 2 100 Milliarden Euro im Jahr 2020. Dies würde zudem bis zu sechs Millionen neue Arbeitsplätze schaffen.

„Jede Branche muss strategisch geprüft werden,“ so Russwurm, „nur so ließe sich eine höhere Produktivität und Energieeffizienz erreichen.“ Dies sind keineswegs gegensätzliche Ziele. In vielen Bereichen führen bereits einfache Veränderungen zu besseren Ergebnissen, ohne das komplette System zu erneuern. Mit Simulationsprogrammen für die spanende Industrie lassen sich bereits ganze Fräs-Vorgänge simulieren. Damit können noch vor dem eigentlichen Fräsen Defizite ausgemacht und reduziert werden. „Kein Span wird so vergeudet2. Der „Digitale Zwilling“, wie Russwurm ihn nannte, trägt dabei nicht nur zur Energieeinsparung bei, sondern führt auch zu geringeren Einsatzzeiten und somit zu weniger Maschinenschäden. Viele energie- und umweltschonende Technologien sind laut Russwurm bereits vorhanden, werden aber nicht genutzt. Dabei richtet sich der Ärger der Industrie auch an die Politik. Es fehle an Richtlinien, die den Einsatz energiefreundlicher Produkte fördern. Obwohl der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Norbert Röttgen im Rahmen des Maschinenbaugipfels wiederholt darauf hinwies, dass gerade beim Thema Energieeffizienz Standards gesetzlich verankert werden müssen, kritisierte Russwurm den Konjunktiv und forderte endlich Taten.

Mensch und Technik intelligent miteinander kombinieren

Johann Soder, Geschäftsführer Technik von SEW Eurodrive, stellte sein Konzept zur wertstromorientierten Unternehmensführung vor. Demzufolge fungieren Mensch, Technik und die zugehörige Organisation als ganzheitliches System. Als Grundgedanke dient die Wertschöpfungsorientierung, Resttätigkeiten sollen dabei möglichst eliminiert werden. Der Begriff Lean Enterprise bezeichnet wertschöpfungsorientierte Fertigungs-, Montage- und Logistikprozesse. Präziser bedeutet das „Mensch und Technik intelligent miteinander kombinieren“, wie Soder ausführte. Der Mensch steht im Mittelpunkt der Handlungsfelder, die zum Optimieren der Produktion notwendig sind. Intelligente Kombinationen von Mensch und Technik sind die geforderten Maßnahmen. „Nicht härter“, erklärte der Geschäftsführer Technik, „sondern intelligenter arbeiten.“ Der Unterschied zwischen Lean Enterprise und Prozessexzellenz besteht darin, dass sich Lean Enterprise nicht nur an einem Prozess abspielt. „Verbesserungen orientieren sich an der Gesamtleistung des Wertstroms“, verdeutlichte Soder. Allerdings beschränkt sich dies nicht auf die Produktion. Man übertrage die Wertschöpfungskonzepte in alle Unternehmensbereiche. Von der Produktion ausgehend ziehen die Konzepte ihre Kreise durch die meisten Unternehmensinstanzen. „In seiner praktischen Umsetzung im Unternehmen ist ein Wertschöpfungssystem nichts anderes als die konsequente und zielgerichtete Anwendung allgemein bekannter, erprobter, einheitlicher, sich gegenseitig unterstützender und aufeinander abgestimmter Werkzeuge“, beschrieb er weiter. Werte in einer Kette schöpfen heißt demnach nichts anderes als zusammengesetzte Geschäftsprozesse realisieren, die von der Entwicklung über die Produktion bis zum Absatz reichen. Also wiederum Effizienz schaffen.

Drei Säulen der Ressourcenstrategie

„Wenn das 20. Jahrhundert das Jahrhundert der Arbeitsproduktivität war, dann muss das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der Ressourcenproduktivität sein.“ Damit brachte Professor Doktor Rolf Kreibich, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Direktor am Institut für Zukunftsforschung und Technologiebewertung (IZT) in Berlin, das Motto des Maschinenbaugipfels auf einen prägnanten Nenner. Mit ihm diskutieren Ullrich Grillo, Vorsitzender des Vorstands Grillo-Werke, und Manfred Hackl, CEO bei Erema unter der Moderation des freien Journalisten Hajo Friedrich die angespannte Lage auf dem globalen Rohstoffmarkt.

Geht es um Ressourcenstrategien, so kann man diese auf drei einfache Säulen stellen. Als erstes existiert ein weltweiter Markt für den Handel mit seltenen, knappen und damit teuren Rohstoffen. Nicht zuletzt die begehrten Seltenen Erden, Metalle die besonders bei der Produktion von elektrotechnischen Gütern eingesetzt werden, spielen hierbei eine tragende Rolle. Problematisch dabei ist zum einen die Rohstoff-Knappheit. Dazu kommen angespannte Handelsbeziehungen mit den Ländern, die die meisten Rohstoffvorräte besitzen. In diesem Zusammenhang spricht Ulrich Grillo gar von einem ‚zweiten Kalten Krieg‘ auf dem Rohstoffmarkt. Das ist vor allem für deutsche Unternehmer fatal, weil diese auf eine breite Palette von Rohstoffen angewiesen sind.

Will man also diesem Konflikt aus dem Weg gehen, so kommt man automatisch zur zweiten Säule: Zugang zu eigenen Rohstoffen. Unternehmen müssen sich zunehmend die Frage stellen, ob es sich in Anbetracht der Lage auf dem Weltmarkt nicht vielleicht doch lohnt im eigenen Land zu graben. Die dritte Säule der Ressourcenstrategien stellt das Recycling dar. Laut Grillo sichert man im Metallbereich bereits jetzt durch Recycling von 54 % der Schrotte und Abfälle einen Großteil des Rohstoffbedarfs. Dennoch ist man immer noch auf Importe angewiesen. Im brodelnden Ressourcenkampf der nächsten Jahre führe aufgrund des stetigen Wachstums von China und Indien kein Weg mehr am Recycling vorbei. Und in der Tat liegen die Vorteile auf der Hand: Stellt man beispielsweise eine PET-Flasche zu 100 % aus recyceltem Material her, so macht man sich nicht nur rohstoffunabhängig sondern senkt damit auch direkt den CO2-Ausstoß um gut das zweieinhalbfache. Professor Doktor Rolf Kreibich brachte es dann auf den Punkt: „Heute müssen die Weichen für die globalen Herausforderungen der Zukunft gestellt werden.“ Er verdeutlicht, dass die derzeitige Krise der Finanz- und Bankenmärkte ein mahnendes Beispiel für das Wirtschaften mit Rohstoffen sei. Statt auf überdimensioniert, illusorische, ja sogar idiotische Spekulationsgeschäfte zu setzen, sei der einzige Weg für verantwortungsvolles Material- und Ressourcenmanagement die nachhaltige Ökonomie.

Harald Wollstadt

: Chefredakteur der IEE

(hw)

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