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Bild 1: TE Connectivitys lötfähige thermische Hochstrom-Sicherungen (HCRTP, High-Current Reflowable Thermal Protection) in SMD-Bauform.

Bild 1: TE Connectivitys lötfähige thermische Hochstrom-Sicherungen (HCRTP, High-Current Reflowable Thermal Protection) in SMD-Bauform.TE

Automobilhersteller verbauen in ihren Fahrzeugen zunehmend Steuergeräte mit Leistungselektronik wie beispielweise ABS-Module, Glühkerzen und elektrische Stellantriebe. Ein zunehmender Trend ist es, Funktionen wie ABS, Stabilitätskontrolle und elektronische Parkbremse in einem einzigen Modul zu integrieren, wobei ein erforderlicher Überstromschutz durch thermische Auslösung zu Garantie- und Sicherheitsproblemen führen kann. Aufgrund der Schutzanforderung müssen Automobilentwickler AECQ-Schwingungstests bestehen und Automobilstandards zur Verwendung von thermischen Schutzvorrichtungen erfüllen.

Eckdaten

Geringfügig überhöhte Ströme in Leiterbahnen und Bauteilen können mit bereits 10 W Verlustleistung mehr als 180 °C erzeugen und damit umliegende Bauteile schädigen oder sogar die Platine entflammen. Lötfähige thermische Hochstrom-Sicherungen (HCRTP) von TE Connectivity verhindern dies und schützen sicherheitsrelevante Fahrzeugelektronik vor einem thermischen Durchgehen. Sie lassen sich im bleifreien Reflow-Verfahren bei 260 °C löten und werden anschließen für eine Auslösetemperatur von 210 °C aktiviert.

Schutzanforderungen für die Fahrzeugelektronik

Kurzschlüsse in Halbleiterbauteilen verursachen einen schnellen Stromanstieg, sodass Schutzvorrichtungen wie einfache Schmelzsicherungen relativ schnell und sicher auslösen. Ein nur geringfügig überhöhter Strom hingegen ist kritischer, da die Verlustleistung am Innenwiderstand von Bauteilen oder Leitungen letztlich zu einer langsam und stetig steigenden Temperatur führt. Der Strom reicht möglicherweise nicht aus, um die vorgeschaltete Sicherung auszulösen und so genügen bereits 10 W zur Erzeugung eines lokalen Hot-Spots von mehr als 180 °C, der die Epoxidstruktur der Leiterplatte beschädigen oder sogar zu einem Brand führen kann. Hier ist die Verwendung eines Sicherungselementes sinnvoll, welches aufgrund von Übertemperatur auslöst.

Wichtige Kriterien für die Verwendung von thermischen Schutzvorrichtungen im Automobilbereich sind OEM-Vorgaben, Anforderungen von Qualitätsabteilungen der Kunden (beispielsweise versicherungstechnische Argumente) und Einhaltung von Normen zur funktionalen Sicherheit wie ISO 26262 ASIL D. Die Sicherungselemente schützen vor elektrischen Schäden bei Hochstromanwendungen mit hoher Leistungsdichte im Bereich 20 bis 120 A und bei dauerhaft mit dem Pluspol der Batterie verbundenen Schaltungen. Sie verhindern eine Brandentwicklung bei Verwendung von FR4-Epoxid-Platinen oder unbeschichteten Leiterplatten mit erhöhtem Oxidationsrisiko und unter rauen Betriebsbedingungen im Motorraum (hohe Temperaturen, korrosive und entzündliche Flüssigkeiten).

Bild 2: Thermische Auslösung eines RPT-Sicherungselementes, das wie in Bild 1 dicht an einem Leistungshalbleiter platziert ist.

Bild 2: Thermische Auslösung eines RPT-Sicherungselementes, das wie in Bild 1 dicht an einem Leistungshalbleiter platziert ist.TE

Hochstromanwendungen im Fahrzeugbereich, wie beispielweise Multifunktionsmodule, sind besonders empfindlich gegenüber widrigen thermischen Bedingungen. Steuerungsmodule im Fahrzeug können Spannungsspitzen ausgesetzt sein, die den Drain-Source-Kanal eines FET zerstören können. Der Ausgangs-Gate-Treiber des Leistungs-FETs kann in einem anormalen Zustand ausfallen oder der Kontakt aufgrund von Verschleiß oxidieren, was zu einem erhöhten Gate-Widerstand des Leistungs-FETs führt. Wenn sich die Gate-Spannung im Bereich der Schwellenspannung befindet, arbeitet der Halbleiter im linearen Betrieb, was sich drastisch auf die Verlustleistung und die innere Temperatur auswirken kann. Aus diesen Gründen ist ein zusätzlicher thermischer Schutz für den Ausfall des Leistungs-FETs auf der Platine erforderlich.

Darüber hinaus sind in neueren Fahrzeugarchitekturen einige elektronische Steuergeräte (ECU) dauerhaft mit dem Pluspol der Batterie verbunden, was das Risiko einer thermischen Zerstörung erhöhen kann.

Lötfähige thermische Sicherungen

Bild 3a: Der Verriegelungsdraht verhindert das Auslösen des HCRPT-Bausteins beim Reflow-Löten mit 260 °C und wird anschließend durch einen Aktivierungsstrom durchgebrannt.

Bild 3a: Der Verriegelungsdraht verhindert das Auslösen des HCRPT-Bausteins beim Reflow-Löten mit 260 °C und wird anschließend durch einen Aktivierungsstrom durchgebrannt.TE

Aufgrund der Notwendigkeit zum Schutz von Leistungselektronik in Fahrzeugen hat TE Connectivity (TE) lötfähige thermische Hochstrom-Sicherungen (HCRTP, High-Current Reflowable Thermal Protection) in SMD-Bauform entwickelt. Der innovative Ansatz dieser Bausteine besteht in der Verwendung eines einmaligen elektrischen Aktivierungsvorgangs, um den Baustein nach dem Lötvorgang thermisch empfindlich zu machen. Vor der Aktivierung übersteht der HCRTP-Baustein bleifreie Reflow-Prozesse mit Temperaturen bis zu 260 °C, ohne auszulösen. Nach dem Lötvorgang wird durch eine einmalige elektrische Scharfschaltung, üblicherweise beim End-of-Line-Test, die niedrigere thermische Auslöseschwelle von 210 °C aktiviert.

Bild 3b: Der Verriegelungsdraht ist durchgebrannt und der HCRPT-Baustein für seine Schalttemperatur von 210 °C aktiviert.

Bild 3b: Der Verriegelungsdraht ist durchgebrannt und der HCRPT-Baustein für seine Schalttemperatur von 210 °C aktiviert.TE

Ein Sicherungselement mit diesen Eigenschaften, welches die Schutzanforderungen von OEMs erfüllt, ist bisher einzigartig. Der HCRTP-Baustein ist für den Einsatz im Fahrzeugbereich zugelassen (AECQ-zertifiziert) und mit SMD-Reflow-Verfahren kompatibel, was geringe Montagekosten und hohe Zuverlässigkeit bedeutet. Sein äußerst flaches Gehäuse findet beispielsweise auf der Platine einer miniaturisierten Glühkerze Platz und mit einer typischen Schalttemperatur von 210 °C eignet er sich allgemein für Anwendungen unter der Motorhaube. Aufgrund des geringen Innenwiderstands von etwa 100 µOhm sind Verlustleistung und Spannungsabfall über das Sicherungselement bei hohem Nennstrom von bis zu 90 A bei 23 °C beziehungsweise 45 A bei 140 °C gering. Somit eignet sich der HCRTP-Baustein bevorzugt für integrierte Modulanwendungen. Der tatsächliche maximale Betriebsstrom des SMD-Bauteils hängt von thermischen Bedingungen im Layout und vom Wärmemanagement der Platine ab.

Funktionsweise des Sicherungselementes

Bild 3c: Wird die Montagefläche des HCRPT-Bausteins auf der Platine auf über 210 °C erhitzt, öffnet der Schaltkontakt irreversibel.

Bild 3c: Wird die Montagefläche des HCRPT-Bausteins auf der Platine auf über 210 °C erhitzt, öffnet der Schaltkontakt irreversibel. TE

Wie in Bild 3a gezeigt, verwendet der HCRTP-Baustein einen Scharfschalt-Mechanismus. Die Entriegelung kann nach dem Reflow-Prozess im Rahmen der finalen Tests erfolgen und ist ein zeit- und stromabhängiger Vorgang (Bild 3b). Dabei wird an den ARM-Anschluss des Bausteins ein Aktivierungsstrom in beliebiger Polarität angelegt, welcher den mechanischen Verriegelungsdraht durchbrennen lässt. Nach der Scharfschaltung unterbricht das thermo-mechanische Sicherungselement den Laststromkreis dauerhaft und irreversibel, sobald die Schalttemperatur im Bereich der Lötverbindungen erreicht ist (Bild 3c).

HCRTP in ABS-Anwendungen

Neue Fahrzeuge verfügen zunehmend über hochmoderne ABS-Module, die eine elektronische Stabilitätskontrolle (ESC/ESP) sowie eine elektrische Parkbremse (EPB) auf derselben Platine vereinen. Zwar verringert dieser integrierte Ansatz die Entwicklungskosten für die gesamte Fahrzeugarchitektur, erhöht allerdings auch die Bauteildichte auf der Platine, was zusammen mit höherer Leistung zu einem Totalausfall führen kann.

Bild 4: Platzierung von zwei HCRPT-Sicherungselementen in einem ABS-Steuergerät.

Bild 4: Platzierung von zwei HCRPT-Sicherungselementen in einem ABS-Steuergerät.TE

Um eine Wärmeausbreitung in die Fahrzeugperipherie zu vermeiden wenn die Innentemperatur des Moduls auf über 200 °C ansteigt, fordern viele europäische OEMs, dass ein irreversibler Schutz geräteseitig so nahe wie möglich am Eingangssteckverbinder angebracht wird. Bei typischen Automobilanwendungen, die einen thermischen Schutz erfordern, wird eine Stromsicherung im Verteilerkasten des Fahrzeugs verbaut. Die Annahme dabei ist, dass bei thermischem Durchgehen die Stromsicherung durchbrennt, und das Problem somit gelöst ist. Diese Annahme ist jedoch falsch, da für einen angemessenen Schutz neben einer Stromsicherung auch eine thermische Schutzvorrichtung erforderlich ist.

Als Ergänzung zu typischen Schutzkonzepten in Form von Überstromsicherungen kann ein HCRTP-Baustein auf der Platine in der Nähe des Eingangssteckverbinders installiert werden. Der HCRTP-Baustein fungiert als letzte Bastion für den Schutz des Moduls vor thermischem Durchgehen, was bedeutet, dass das Fahrzeug nach einer Auslösung der Sicherung durch einen elektrischen oder thermischen Fehler repariert werden muss.

Bei ABS-Anwendungen sind aus Sicherheitsgründen redundante Stromversorgungsleitungen erforderlich. In integrierten ABS-Plattformen können HCRTP-Bausteine für den thermischen Schutz von Magnetventilen und elektrischer Hydraulikpumpe eingesetzt werden. Ein HCRTP-Baustein ist in der Nähe des Eingangssteckverbinders in der Leitung Vbat1 platziert (Bild 4). Ein zweites Sicherungselement ist in die Versorgungsleitung Vbat2 geschaltet, die einen Effektivstrom von ungefähr 20 A an den Sicherheits-Mikrocontroller und die Magnetspulen liefert.

Bild 5: Platzierung eines HCRPT-Sicherungselements in einer Motorsteuerung.

Bild 5: Platzierung eines HCRPT-Sicherungselements in einer Motorsteuerung.TE

HCRTP in Motorsteuergeräten

Automobilhersteller verwenden zunehmend drehzahlgeregelte Motoren mit einer Pulsweitenmodulations-Steuerung. Gemäß den Anforderungen des deutschen Verbandes der Automobilindustrie (VDA) sind Fahrzeugentwickler dazu verpflichtet, diese Systeme vor thermischem Durchgehen zu schützen. Eine thermische Zerstörung von Motor und Motorsteuergerät muss in allen Fällen verhindert werden. Dieser Schutz muss unter Verwendung einer irreversiblen passiven Sicherheitsvorrichtung implementiert sein.

Bild 5 zeigt die Motorsteuerung für einen Bürstenmotor. Der HCRTP-Baustein wird dabei üblicherweise vor FET-Verpolungsschutz und EMV-Filter in der Nähe des Eingangssteckverbinders platziert.

Bild 6: Einsatz des HCRTP-Bausteins in einer Glühkerzensteuerung.

Bild 6: Einsatz des HCRTP-Bausteins in einer Glühkerzensteuerung.TE

HCRTP im Glühkerzensteuergerät

Bei der fortlaufenden Verbesserung von Diesel-Direkteinspritzsteuerungen und Glühkerzensteuerungen geht der Trend dahin, herkömmliche Architekturen mit Flachsicherungen und Relais durch Schaltelektronik mit Halbleiterbauelementen wie Leistungs-FETs zu ersetzen.

Das Vierzylinder-Glühkerzenmodul (Bild 6) ist über eine Schmelzsicherung im Verteilerkasten mit dem Pluspol der Batterie – zu weit entfernt um die Leistungshalbleiter im Steuergerät ausreichend thermisch zu schützen. Ein HCRTP-Baustein in der Nähe des Eingangssteckverbinders bietet einen geeigneten Schutz für die FETs im Fall eines thermischen Durchgehens.

Zusammenfassung

Die HCRTP-Bausteine können in Fahrzeuganwendungen als thermischer Schutz für alle Arten von Leistungssteuergeräten verwendet werden. Bei extrem überhöhtem Strom  verhindert HCRTP-Sicherungselement im Fehlerfall einem thermischen Durchgehen.

Dieser thermische Schutzbaustein stellt für Entwickler eine einfach zu installierende, kostengünstige Lösung dar, die bei der Einhaltung von AECQ-Standards wie beispielsweise Beständigkeit gegen Stöße und Vibrationen, schnelle Temperaturwechsel und Feuchtigkeit helfen kann. Qualifikations- und AE-Prüfberichte sind auf Anfrage erhältlich.

Philippe Difulvio

ist Global Application Development Engineering Manager bei TE Connectivity.

(jwa)

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