Die Kooperationspartner im Forschungsprojekt ‚CoMoGear‘ wollen ein Condition-Monitoring-System für Schiffsgetriebe entwickeln, das auch den Verschleißzustand drehmomentübertragender Bauteile wie Reibbeläge erkennen kann. Im Bild: Schiffsgetriebeprüfstand bei Reintjes.

Die Kooperationspartner im Forschungsprojekt ‚CoMoGear‘ wollen ein Condition-Monitoring-System für Schiffsgetriebe entwickeln, das auch den Verschleißzustand drehmomentübertragender Bauteile wie Reibbeläge erkennen kann. Im Bild: Schiffsgetriebeprüfstand bei Reintjes. Reintjes

Fällt ein Schiffsgetriebe auf hoher See aus, kann das sehr gefährlich werden – und teuer für den Reeder. Deshalb werden kritische Bauteile regelmäßig ausgetauscht. Günstiger und sicherer wäre es, Schiffsgetriebe rund um die Uhr aus der Ferne zu überwachen. Temperaturen, Drehzahlen, Drehmomente und Schwingungen an einem Lager lassen sich bereits drahtlos messen und mithilfe dieser Daten Lagerschäden im Getriebe erkennen. Nun wollen das IPH und die Kooperationspartner dieses System zur Fernüberwachung so weiterentwickeln, dass erstmals auch der Verschleißzustand der drehmomentübertragenden Bauteile im laufenden Betrieb überwacht werden kann – beispielsweise von Kupplungen, Wellen oder Verzahnungen. Dafür gibt es bisher noch keine technische Lösung.

Zunächst wird eine Lamellenkupplung untersucht, die die Kraft des Motors an das Getriebe überträgt. Sind die Reibbeläge auf den Lamellen abgenutzt, funktioniert die Kraftübertragung nur noch schlecht oder überhaupt nicht mehr. Die Forscher suchen deshalb nach Möglichkeiten, diesen Verschleiß zu messen. Mit einem Ferndiagnosesystem, das den Verschleißzustand dauerhaft überwacht, wäre es möglich, die Wartung beziehungsweise den Austausch von Komponenten zeitlich exakt zu planen. So ließe sich damit praktisch ausschließen, dass das Getriebe während der Fahrt ausfällt.

Messungen im Getriebe werfen Probleme auf

Kern des zu bauenden Messsystems sind miniaturisierte Sensorknoten, die im Getriebe installiert werden und Messwerte an den Bordcomputer senden. Bei der Entwicklung stehen die Forscher vor zwei Herausforderungen: Erstens müssen die Sensoren im ölumspülten Getriebe funktionieren. Bisher haben die Forscher lediglich außen am Getriebegehäuse Sensoren installiert und beispielsweise Schwingungen gemessen, mit denen sich unter anderem Lagerschäden detektieren lassen. Innerhalb des Getriebes sind derzeit keine Messungen möglich.

Zweitens muss die Energieversorgung sichergestellt werden, weil im Getriebe keine Stromkabel verlegt und im laufenden Betrieb auch keine Batterien ausgetauscht werden können. Deshalb muss das System zur Fernüberwachung drahtlos und energieautark funktionieren und mithilfe einer Energie-Erzeugungstechnik die nötige Energie aus der Umgebung gewinnen.

Drahtlose Energieversorgung im Getriebe

Dass die drahtlose Energieversorgung funktioniert, haben die Forscher bereits im Vorgängerprojekt ‚DriveCoM‘ bewiesen. Die Sensoren, die sie in diesem Projekt entwickelt haben, nutzen zur Energiegewinnung den Temperaturunterschied zwischen Getriebe und Meerwasser. Thermische Energiewandler erzeugen daraus genug Strom, um alle 20 Minuten Temperaturen, Drehzahlen, Drehmomente und Schwingungen zu erfassen und an den Bordcomputer zu senden. Die Technik dafür hat das IPH gemeinsam mit dem Getriebehersteller Reintjes, Bachmann Monitoring, Microsensys und der Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung entwickelt und auf dem Getriebeprüfstand von Reintjes getestet: Mithilfe der Schwingungsdaten konnten Lagerschäden detektiert werden.

Im dem neuen Forschungsprojekt ‚CoMoGear‘ wollen die Partner das System zur Fernüberwachung so weiterentwickeln, dass zusätzlich auch der Verschleiß von rotierenden Bauteilen innerhalb des Getriebes gemessen werden kann. Dazu ist allerdings eine neue Art der Energiegewinnung nötig, denn innerhalb des Getriebes gibt es keine großen Temperaturunterschiede, die sich dazu nutzen lassen. Deshalb wollen die Forscher die Rotationsenergie im Getriebe nutzen, um Strom für die Sensoren zu erzeugen. Die Messdaten sollen nicht nur regelmäßig an den Bordcomputer übertragen werden, sondern sich zusätzlich per Bluetooth mit dem Smartphone auslesen lassen. In den kommenden zwei Jahren wollen die Forscher einen Demonstrator entwickeln und erneut auf dem Getriebeprüfstand von Reintjes testen.

Susann Reichert

Referentin für PR am IPH - Institut für Integrierte Produktion Hannover

(dw)

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