Constraint Hierarchy

(Bild: FlowCAD)

Ein zentraler Bestandteil ist die Leiterplatte. Sie ist nicht mehr nur Schaltungsträger der Bauteile, sondern muss auch elektrischen Vorgaben entsprechen. Die Anforderungen sind vielfältig und reichen von Stromdichten für hohe Versorgungsströme über Impedanzen für schnelle Signale bis hin zu komplexen mechanischen Einbauanforderungen für starrflexible Leiterplatten. Nachdem die Entwickler von FlowCAD das erste Konzept für die Schaltung im Stromlaufplan oder als Blockdiagramm erstellt haben, erfolgen Überlegungen zur Leiterplatte zusammen mit dem PCB Designer. Die Board-Outline (Leiterplatten-Kontur) wird von einem mechanischen CAD-System übernommen und es geht um den Lagenaufbau. Wie viele Lagen werden benötigt und welche technischen Anforderungen gibt es noch. Im PCB Editor von OrCAD oder Allegro lassen sich Lagenaufbauten zusammenstellen und dabei gewisse Parameter als Regel festlegen. So kann spezifiziert werden, dass auf Signalen oder differenziellen Paaren auf einigen Lagen eine Impedanz vorgegeben wird. Auch ist auf Versorgungslagen ein dickeres Kupfer für höhere Ströme wählbar.

Constraint Manager

Oberfläche des Constraint Manager mit unterschiedlichen Kategorien für Regeln und DRC-Verletzungen (Rot). FlowCAD

IPC-2581 Lagenaufbau

Mit IPC-2581 importierter Lagenaufbau als Basis für Designregeln, FlowCAD

Konkreter Lagenaufbau sinnvoll

Diese Ideen für einen Lagenaufbau können als IPC-2581-Ausgabe an den Leiterplatten-Hersteller verschickt werden, der diese Daten in seine Software einlesen kann. Der Leiterplatten-Hersteller schlägt nun einen konkreten Lagenaufbau vor, der technisch möglich und kostengerecht ist. Hierbei werden die unterschiedlichen Materialdicken und Eigenschaften des FR4 und des Kupfers als IPC-2581-Datei zurückgeschrieben.

Wenn der Lagenaufbau definiert ist, kann das PCB-Layout beginnen. Nunmehr sind die Designregeln für die Leiterplatten-Fertigung zu beachten. Wer nach PCB Design Rules im Internet sucht wird etliche Fertigungsrichtlinien finden, die sich zum Teil widersprechen. Der Widerspruch kommt durch unterschiedliche Maschinen und Fertigungsprozesse bei den Herstellern zustande. Daher sollten immer die Richtlinien des ausgesuchten Herstellers verwendet werden, der auch den Stackup berechnet hat.

PCB Tools wie OrCAD und Allegro ermöglichen das Einlesen von Regelsätzen für bestimmte Technologien. So können Designregeln, die sich in vorherigen Designs bewährt haben, als Regelsatz exportiert und in späteren Designs wiederverwendet werden. Das vereinfacht nicht nur die Regelvergabe deutlich, sondern sichert auch eine Konstanz und Durchgängigkeit der Qualität bei allen erstellten Designs. Ein Regelsatz für eine SerDes-Schnittstelle kann neben den Impedanzwerten auch Angaben enthalten über minimale und maximale Längen der einzelnen Signale, um die Setup- und Hold-Zeiten einzuhalten. Differenzielle Paare können mit einem maximalen Phasenversatz zwischen dem positiven und negativen Signal definiert werden, damit die EMV-Störeinflüsse, wie in der Norm vorgeschrieben, begrenzt sind. Es lassen sich auch die Anzahl der Durchkontaktierungen und Lagenwechsel limitieren. Dieser Regelsatz adaptiert sich dann an den vorhandenen Lagenaufbau.

Schulungen

Die Schulungen zur Bedienung der jeweiligen Tools sind  von Experten didaktisch so entwickelt worden, um dem Anwender bei einem schnellen Einstieg in die Bedienung und Philosophie der Software zu helfen. Theoretische Lerninhalte werden durch praktische Übungen vertieft. Die Kurse finden entweder im Cadence Trainings-Center in Feldkirchen oder bei FlowCAD in Mägenwil (CH) statt.

Für eine Leiterplatte kommen schnell mehrere hundert Designregeln zusammen. Da stellt sich die Frage, wie der Überblick über die Regeln bewahrt wird. Fast alle PCB Tools verfügen über einen Constraint Manager für die Regeleingabe und deren Verwaltung. Ein Constraint Manager sieht auf den ersten Blick aus wie ein riesiges Excel-Blatt. Es steckt aber viel mehr Funktionalität in einem Constraint Manager. Er ist immer mit dem PCB Layout und der Netzliste des Designs verbunden. Über eine hierarchische Darstellung kann jede elektrische Verbindung der Netzliste dargestellt werden. Die Regeln lassen sich so schnell zuweisen. Dadurch kann dem ganzen Design oder einem kompletten Bus ein Wert für die Leiterbahnbreite oder den Abstand zwischen zwei Signalen vorgegeben werden. Wenn es innerhalb des Busses, beispielsweise zwischen Adress- und Datenbus sowie dem Clock-Signal, einen anderen Abstand geben soll, kann der in der weiter unten in der Hierarchie vorher definierte Wert gezielt überschrieben werden. Überschriebene Werte sind auch farblich gekennzeichnet, damit sie in einem Design Review nachvollzogen werden können.

Der zweite, wesentliche Vorteil eines Constraint Managers ist die direkte Verbindung zu den Online Checks. Im PCB Editor kann ein Design Rule Check automatisch prüfen, ob alle Designregeln eingehalten wurden und im Falle eines Regelverstoßes wird ein DRC-Marker im PCB Editor angezeigt und im Constraint Manager der Fehler Rot hervorgehoben. So sind im Constraint Manager auch die Details zu dem Fehler leicht verständlich nachvollziehbar. Ist der maximale Wert für eine Leitungslänge definiert, wird im Feld daneben die echte Länge der Leitung im Layout angezeigt. Der Wert ist Rot bei einem Fehler oder Grün wenn der Wert eingehalten wird. Es geht aber noch einen Schritt weiter und zeigt auch Warnungen für ungeroutete Leitungen an, da der Constraint Manager zusammen mit der DRC-Prüfung auch Fehler erkennt, wo die Platzierung von Bauteilen schon zu weit auseinander ist und beim Verlegen der Leitung der maximale Wert nicht eingehalten werden kann. Somit bekommt der PCB Designer schon beim Platzieren eine Fehlermeldung, wenn Abstände zwischen zwei Bauteilen zu groß sind und ihn damit vor eine unlösbare Aufgabe stellen würden.

Der Vorteil des Constraint Managers ist, dass viele typische Regeln schon vordefiniert sind. In dem Excel-Blatt sind die Felder dafür einheitlich benannt. So können Werte für Abstände zwischen Durchkontaktierungen untereinander oder zu Leitungen oder der PCB-Kontur in einem weiteren Regelsatz definiert werden. Diese vordefinierten Felder ermöglichen es Regelsätze einzusetzen, die sich flexibel an die verschiedenen Lagenaufbauten anpassen. Somit lässt sich ein Regelsatz auf zwei-, vier-, sechs- oder mehrlagigen Leiterplatten anwenden.

Same Net

Grafische Darstellung: DRC zu kleiner Abstand von Via zum selben Netz. FlowCAD

Eigene Formeln vermeiden

Das Ziel des Constraint Managers ist es eigene Formeln für Designregeln zu vermeiden. Es ist zwar möglich sich selbst Formeln für Designregeln zu definieren, aber diese Vorgehensweise hat einen großen Nachteil. Selbst definierte Formeln sind unübersichtlich und meist nicht selbsterklärend. Sie prüfen zwar das Gewünschte, aber zu einem späteren Zeitpunkt. Außerdem ist es für Dritte schwer den Sinn der Formel zu erkennen. Darum wird im Constraint Manager versucht alle Constraints, die zu den gängigen Technologien erforderlich sind, in vordefinierten Feldern abzubilden. So lassen sich alle Eigenschaften für DDR2, DDR3 oder PCI Express-Schnittstellen definieren.

Aber auch für Hochstromanwendungen gibt es die Anforderungen, dass je nach Spannungsklasse unterschiedliche Sicherheitsabstände eingehalten werden müssen. Um in der Stromversorgung eine Spannung trotz Spannungsabfall auf der Leiterplatte sicherzustellen, werden Sense-Leitungen verlegt, die auf dem Rückweg vom Verbraucher zur Quelle eigene Abstandsregeln zum selben Netz haben. Da der Spannungsabfall durch den Leitungswiderstand gemessen werden soll, darf der Wert nicht durch eine elektrische Verbindung vorher verändert werden. Auch lassen sich für höhere Ströme Via-Pattern definieren damit beispielsweise immer drei Durchkontaktierungen eines Typs verwendet werden müssen, um die Stromtragfähigkeit zu gewährleisten.

Methodisches Wiederverwenden

Die Kombination aus Constraint Manager und Online Design Rule Checks lässt sich schnell und effizient für umfangreiche Fertigungsregeln verwenden. Zur Übersichtlichkeit können CSet-Regelsätze (Constraint Sets) definiert und in einer Bibliothek abgelegt werden. So muss man sich nur einmal beim Erstellen des Regelsatzes Gedanken machen, wie die unterschiedlichen Fertigungsanforderungen als Designregel umgesetzt werden. Beim Anwenden des Regelsatzes werden die Regeln automatisch auf die Signal- und Versorgungslagen zugeordnet. Sollen Angebote für mehrere Leiterplatten-Fertiger zur Verfügung stehen, können die Regelsätze je nach Anbieter ausgetauscht werden und es wird angezeigt, ob das Design bei allen Anbietern die Fertigungsvorschriften einhält.

Viele Kombinationen von Abstandsregeln

Die große Herausforderung an einen PCB Tool ist es, die Abstandsregeln für neue Technologien übersichtlich und für jeden verständlich zu definieren und zu verwalten. Normale Abstandsregeln werden einfach im Constraint Manager eingegeben. Was macht man aber bei Starr-Flex oder Leiterplatten mit Embedded Components? Hier gibt es von verschiedenen Herstellern ganz unterschiedliche Fertigungsprozesse und entsprechend komplexe Regeln, die noch nicht standardisiert sind. Für solche Fälle ist es erforderlich ein flexibles System zu haben, in dem alles gegen alles mit einer Abstandsregel versehen werden kann, also dass Abstandsregeln zwischen allen Kombinationen von Designelementen möglich sind. Daraus ergibt sich eine sehr große Matrix aus Elementen, die gegeneinander mit einem Abstandswert versehen werden könnten.

Zur Eingabe dieser nicht vordefinierten Abstandsregeln gibt es einen zweistufigen Flow. Über eine riesige Matrix mit dynamischen Filtern lassen sich die entsprechenden Objekt-Pärchen schnell selektieren. Die dynamische Filterung zeigt zum Beispiel bei Adhesive in der Spalte links und Solder in der Zeile oben, eine viel kleinere Matrix aus allen Klebe- und Lötflächen zueinander an. Durch ein Häkchen wird im Block darunter ein individueller Regelsatz für diese Kombination erzeugt. Die Matrix zeigt alle definierten und verwendeten Objekte im Design an, sodass es keine Einschränkungen bei dieser Methode gibt und dennoch die Regeln schnell zu erfassen und übersichtlich zu verwalten sind.

Constraint Manager - Spacing

Flexible Advanced Spacing Rules für nicht vordefinierte Abstandsregeln. FlowCAD

Auch Überlappungen definieren

Mit dieser Methode können also auch Regeln für Regionen definiert werden, in denen sich Bereiche mit besonderen Regeln überlappen müssen. Die ist der Fall, wenn der Bereich einer starrflexiblen Leiterplatte definiert werden muss, an dem der Übergang von starr auf flexibel stattfindet. Hier dürfen keine Durchkontaktierungen sein und die Leiterbahnen müssen eine Mindestbreite haben. Weitere Regeln, die über diese Advanced Rules definiert werden, sind beispielsweise die Bereiche für den Lötstopplack auf Innenlagen, wenn Embedded Komponenten innerhalb der Leiterplatte verbaut werden müssen oder die Größe der Kavitäten die Embedded Komponenten umgeben.

Bei einem mittleren Design kommen schnell einige hundert oder tausend Designregeln zusammen. Eine organisierte Verwaltung und standardisierte Eingabe und Darstellung helfen dem Entwickler-Team die Regeln so zu erfassen, dass sie selbst nach Jahren vom selben Team problemlos verstanden und nachvollzogen werden können. Aber viel wichtiger ist die eindeutige Designregelvergabe auch für die Mitarbeiter im CAM-Bereich der Leiterplattenfertigung. Nur wenn die Regeln eindeutig sind, kann der CAM-Mitarbeiter diese bei der Datenaufbereitung richtig berücksichtigen und es werden auch Leiterplatten gefertigt, die der Designabsicht des Entwicklers entsprechen.

Dirk Müller

(Bild: FlowCAD)
ist Geschäftsführer bei FlowCAD.

(hw)

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