Bild 1: Beim Flash-Laden mit 600 kW für 15 bis 20 Sekunden hilft ein Laser bei der korrekten Positionierung des Energieübertragers.

Bild 1: Beim Flash-Laden mit 600 kW für 15 bis 20 Sekunden hilft ein Laser bei der korrekten Positionierung des Energieübertragers. (Bild: ABB)

Die Einführung von Elektrobussen muss ökologisch effizient und wirtschaftlich sein, da die Kosten für einen Busbetrieb stark von der Fahrplanfrequenz, Flottengröße und der Transportkapazität abhängen. Passend zum individuellen Bedarf der Städte oder der Linien der Verkehrsbetreiber bietet ABB unterschiedliche Ladekonzepte an, um die verschiedenen Herausforderungen zu bewältigen und optimale Lösungen anbieten zu können.

Depot-Laden

Bild 1: Beim Flash-Laden mit 600 kW für 15 bis 20 Sekunden hilft ein Laser bei der korrekten Positionierung des Energieübertragers.

Bild 1: Beim Flash-Laden mit 600 kW für 15 bis 20 Sekunden hilft ein Laser bei der korrekten Positionierung des Energieübertragers. ABB

Bild 2: Über Nacht erfolgt das schonende Aufladen der Batterien im Depot.

Bild 2: Über Nacht erfolgt das schonende Aufladen der Batterien im Depot. ABB

Ein weit verbreitetes Ladeszenario ist das Depot-Laden. Beim Laden im Betriebshof erfolgt das Aufladen der Elektrobusse meist über Nacht, auch Übernachtladung genannt. Das Laden im Depot erfolgt meist über mehrere Stunden mit Leistungen von 50 bis 150 kW. Ziel dieses Ladekonzepts ist ein schonendes Aufladen der gesamten Busflotte. Die Bordbatterie des Elektrobusses verfügt üblicherweise über eine Kapazität von 200 bis 500 kWh, was je nach Auslegung der Batterie einem Gewicht von vier Tonnen entspricht. Die hohe Speicherkapazität ermöglicht Reichweiten von über 180 km, sodass der E-Bus seine Strecke einen Tag lang ohne Zwischenstopps zum Nachladen absolvieren kann. In Bild 2 ist eine Beispielaufstellung einer Depot-Ladeinfrastruktur mit der zusätzlichen Option der Ladung über einen Pantographen dargestellt.

Gelegenheitsladen

Das zweite Ladekonzept nutzt planmäßige Wartezeiten zum Nachladen der Busbatterien. Bei dem sogenannten Gelegenheitsladen, auch Opportunity-Charging genannt, erfolgt das Laden der E-Busse an ausgewählten Haltestellen, etwa Endhaltestellen. Dort sind häufig bereits Zeitpuffer für unvorhergesehene Verspätungen oder Pausen der Busfahrer eingeplant, die sich für Ladevorgänge nutzen lassen. Der Bus verbindet sich automatisch mit einem Pantographen, der sich von der Ladestation zum Busdach herabsenkt. Über die konduktive Verbindung werden die dachmontierten Batterien innerhalb von drei bis sechs Minuten mit 150 bis 600 kW Gleichstrom nachgeladen. Die Reichweite der Busse erhöht sich so ohne Zurückkehren zum Betriebshof und unter Einhaltung des Fahrplans. Opp-Charge ist ein Standard einer Initiative mehrerer Bushersteller und Industrieunternehmen, darunter auch ABB. Je nach Kundenanforderung lässt sich die Technologie auch mit dem Depot-Laden kombinieren.

Besonders sinnvoll ist das Gelegenheitsladen wenn sich der Energiebedarf der Elektrobusse nicht durch reines Depot-Laden decken lässt, etwa aufgrund von Nebenverbrauchern wie der Klimatisierung. Die kleineren Batterien sind außerdem günstiger in der Anschaffung und reduzieren das Fahrzeuggewicht sowie den Stromverbrauch. Opp-Charge-Systeme hat ABB zum Beispiel in Luxemburg Stadt am Bahnhof, im belgischen Namur und in den schwedischen Städten Göteborg und Värnamo realisiert.

 

Wie Busse innerhalb von 15 bis 20 Sekunden an der Haltestelle ihre Energiespeicher füllen können, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Flash-Laden

Eine weitere Variante der Elektrifizierung ist das sogenannte Flash-Laden. Mit dieser Technologie wird ein Aufladen innerhalb von lediglich 20 Sekunden ermöglicht. Das Flash-Laden ermöglicht den Einsatz von kleineren Busbatterien gegenüber dem reinen Depot- und Gelegenheitsladen. Flash-Laden eignet sich optimal für Strecken mit hoher Busfrequenz und hohem Passagieraufkommen ohne längere Standzeiten der Busse. Besonders auf Hauptlinien zu Stoßzeiten oder als günstige Alternative zur Straßenbahn zeigt das Flash-Laden seine Stärken. Pro Ladung wird die Traktionsbatterie mit genügend Energie geladen, um selbst im Winter bei komplett elektrischer Heizung einen bis drei Kilometer zu fahren.

Weniger Batterien, mehr Fahrgastraum

Ein grundlegender Unterschied zwischen Bus und Auto ist die fest vorgegebene Route. Die Frage nach der Reichweite des täglichen Betriebs lässt sich auf die Reichweite zur nächsten Nachlademöglichkeit neu definieren. Busse halten planbar an Haltestellen und ermöglich somit ein strategisches Platzieren der Ladepunkte. Mit der Möglichkeit einer Nachladung des Busses im laufenden Betrieb sind schwere Batterien vermeidbar. Die Busbatterien lassen sich kleiner dimensionieren und das Fahrzeug ist leichter, agiler und energieeffizienter und kann auch kleinere Steigungen bewältigen. Zusätzlich bietet der Bus mehr Raum für Fahrgäste. Voraussetzungen für das Betriebskonzept des Ladens auf der Strecke ist die Einhaltung des Fahrplans und Vermeidung von verlängerten Standzeiten zum Nachladen.

Die hohe Ladeleistung der Flash-Ladestationen (600 kW, 20 Sekunden) können sich mit Lastspitzen auf das lokale Netz auswirken. Flash-Ladestationen glätten die hohe Last jedoch über einen Batteriespeicher auf Infrastrukturseite. Beim Ladevorgang des Busses wird gespeicherte Energie der Ladestation genutzt und anschließend wieder über einen Zeitraum von mehreren Minuten netzschonend aufgefüllt. Der vom Netz bezogene Strom zum Auffüllen des Energiespeichers beträgt im Vergleich zum Ladestrom so nur ein Zehntel und lässt sich über einen Niederspannungsnetzanschluss realisieren. Das Aus- und Einsteigen von Fahrgästen dauert zwischen 15 und 25 Sekunden. Daher sollte die Verbindung von Bus zur Ladeinfrastruktur so wenig Zeit wie möglich benötigen. Das Energy-Transfer-System (ETS) erreicht einen automatisierten Aufbau der Verbindung in unter einer Sekunde. Ein Laser hilft bei der Positionierung des Dachpantographen und bei der Herstellung der Verbindung zur Stromschiene der Ladeinfrastruktur. Der Aufbau der Ladeverbindung beginnt sobald der Busfahrer die Parkbremse betätigt. Elektrobusse in diesem System benötigen daher auch keine Oberleitungen (Bild 1).

Flash-Laden im Detail

Bild 3: Simulation eines typischen Fahrverlaufs eines Elektrobusses im Normalbetrieb.

Bild 3: Simulation eines typischen Fahrverlaufs eines Elektrobusses im Normalbetrieb mit Flash-Laden und Nachladen an der Endstation. ABB

Der Wechsel vom Dieselbus zum Elektrobus soll keine Fahrplanänderungen mit sich bringen oder den Einsatz von zusätzlichen Bussen erfordern. Diese Anforderungen waren die Grundlage für die Entwicklung von zwei verschiedenen Ladestationen entlang der Strecke zusätzlich zum Depotladen. Die Zusammensetzung der Ladestationen ist abhängig von den individuellen Streckengegebenheiten der Buslinie und des Busnetzes. Die Flash-Ladestationen liefern dem Bus einen kurzen Energieschub. Die Ladeleistung von 600 kW für 15 bis 20 Sekunden reicht jedoch nicht für ein komplettes Aufladen der Busbatterien. Daher erfolgt zusätzlich an den Endhaltestellen ein Nachladen mit 400 kW für vier bis fünf Minuten. Die Streckengegebenheiten mit Distanz und Höhenprofil gegenüber dem Ladezustand der Busbatterie ist in Bild 3 simuliert. Die Gesamtladelösung kann aus bis zu drei Arten von Ladestationen bestehen: TFS (Terminal Feeding Station), 3-5 Minuten DC-Schnellladen an Endhaltestellen, FFS (Flash Feeding Station), 15-20 Sekunden Flash-Laden an jeder dritten oder vierten Haltestelle und DFS (Depot Feeding Station), 15-60 Minuten schonendes DC-Laden.

 

Im Folgenden beschreibt der Artikel einen typischen Fahrzyklus und wie Flash-Laden letztlich in der Praxis aussieht.

Ein typischer Fahrzyklus

Morgens verlässt der Bus den Betriebshof mit vollem Batteriespeicher. Der Bus fährt zur ersten Endhaltestelle (TFS) seiner Linie und füllt dort seine Batterien wieder vollständig auf. Normaler Linienbetrieb erfolgt zyklisch: Der Bus fährt die Linie von Endhaltestelle zu Endhaltestelle ab und nimmt Fahrgäste auf. An ausgewählten Haltestellen erfolgt die Ultraschnellladung (FFS) während Fahrgäste ein- und aussteigen. Zudem wird der Bus vollständig an den Endhaltestellen nachgeladen. Nach Beendigung des Dienstes kehrt der Bus ohne Fahrgäste zum Betriebshof zurück und die Batterien werden über Nacht geladen (DFS). Alternativ lässt sich der Bus an einer Terminal Ladestation (TFS) vor dem Depot aufladen.

Flash-Laden in der Praxis

Bild 4: Nach erfolgreichem Test ist das Flash-Laden seit 2018 auf einer Linie in Genf im Betrieb.

Bild 4: Nach erfolgreichem Test ist das Flash-Laden seit 2018 auf einer Linie in Genf im Betrieb. ABB

Das Flash-Ladesystem kam in Europa zum ersten Mal bei dem sogenannten Tosa-Pilotprojekt im Mai 2013 zum Einsatz: Auf einer Teststrecke zwischen dem Genfer Flughafen und dem Ausstellungszentrum Palexpo wurde ein Demonstrationsbus bis Ende 2014 im öffentlichen Verkehr eingesetzt und getestet (Bild 4). Das erfolgreiche Pilotprojekt überzeugte die öffentlichen Genfer Verkehrsbetriebe TPG davon, auf dieser Strecke langfristig auf die Flash-Ladetechnologie zu setzen und zwölf Busse für den kommerziellen Betrieb zu ordern. Nach der vollständigen Inbetriebnahme der Buslin / ie 23 im Jahr 2018 verkehren die zwölf Gelenkbusse zu den Hauptverkehrszeiten in beiden Richtungen im Zehnminutentakt und mit einer Kapazität von je 133 Personen und befördern mehr als 10.000 Fahrgäste am Tag.

In Genf wurden an 13 von insgesamt 50 Haltestationen entlang der städtischen Buslinie 23 sogenannte Flash-Ladestationen installiert. Durch die geringe Anzahl an Ladestationen waren die Investitionskosten für die Infrastruktur relativ niedrig, während gleichzeitig ein optimaler und sicherer Betrieb gewährleistet wird. An den Endhaltestellen wurden drei weitere Ladestationen aufgebaut, welche die Bordbatterien über das automatische Anschlusssystem während der Pausen für die Busfahrer mit 400 kW in vier bis sechs Minuten aufladen. Im Depot gibt es außerdem Ladestationen, an denen die Busse in 30 Minuten bei 45 kW aufgeladen werden, um die erforderliche Energie für die Strecke zwischen dem Depot und der Umlaufstrecke bereitzustellen.

Verkehrsbetreiber werden bei der individuellen Betrachtung und Auswahl der passenden Ladeinfrastruktur von ABB unterstützt. Die Auslegung einer oder mehrerer neuer Elektrobuslinien erfolgt mithilfe eines von ABB entwickelten Analysetools, das bei der optimalen Positionierung der Ladeinfrastruktur unterstützt. Nach der Identifikation der zu elektrifizierenden Linie wird eine Energiesimulation mithilfe von Schlüsselparametern wie zum Beispiel der kommerziellen Geschwindigkeit, der Zusatzverbraucher und des genauen Fahrplans durchgeführt. Auf Basis dieser Simulation erfolgt die Konzeptionierung der optimalen Ladeinfrastruktur.

 

Dieser Beitrag ist in der emobility tec, dem technischen und technologischen Fachmedium für Hybridfahrzeuge und Elektromobilität, erschienen.

Valentin Holz

Business Development E-Mobility bei ABB

(na)

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