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Rittal, German Edge Cloud und Iotos stellten die erste Edge-Cloud-Komplettlösung „Oncite“ vor. (Bild: Marisa Robles)

Die Datensouveranität sicherzustellen, aber auch und gleichzeitig Unternehmen eine Lösung für eigene Digitalisierungsmaßnahmen anzubieten, war die Motivation, die „erste echtzeitfähige Komplettlösung zum Edge Cloud-basierten Datenmanagement und zur Datenverfügbarkeit entlang der gesamten Lieferkette“ zu konzipieren, kündigt Dr. Karl-Ulrich Köhler am Rittal-Standort Haiger an.

Der CEO Rittal International Stiftung und Vorsitzender der Geschäftsführung von Rittal Herborn, nennt den Grund: „Daten sind der neue Rohstoff und gerade die Automobilindustrie hat hohe Anforderungen hinsichtlich einer hohen und sicheren Datenverfügbarkeit entlang der gesamten Lieferkette, von der Nutzung über intelligente Analysen bis hin zur sicheren und vom Kunden kontrollierbaren Übertragung von Daten in einer hocheffizienten Gesamtumgebung.“

Hierfür seien Komplettlösungen notwendig, die aber „Rittal nicht alleine konzipieren kann. Wir benötigen hierzu Partner“, erläutert Köhler. Deshalb haben sich Rittal, German Edge Cloud und Iotos gemeinsam mit Bosch Connected Industry zusammengeschlossen, um die erste echtzeitfähige Edge-Cloud-Komplettlösung Oncite aus der Taufe zu heben. In diesem Zuge hat die Friedhelm Loh Group das Start-up Iotos aus Limburg zu 100 Prozent übernommen. Das Unternehmen ergänzt das Angebot im Verbund um industrielle IoT-Anwendungen für die intelligente Fabrik des Kunden. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Somit gehören alle drei Unternehmen – Rittal, German Edge Cloud und Iotos – nun zur Friedhelm Loh Group.

Dass für die Bekanntmachungen der Standort Haiger gewählt wurde, kommt nicht von ungefähr: Die weltweit modernste automatisierte und digital integrierte Produktion von Klein- und Kompaktgehäusen läuft derzeit an – und produziert täglich bereits 18 Terabyte Daten. Bei der Grundsteinlegung im Jahr 2016 war das Ziel, eine 24.000 m² große Smart Factory mit hohem Automatisierungsgrad auf die grüne Wiese zu stellen. Dr. Friedhelm Loh, Inhaber und Vorstandsvorsitzender der Unternehmensgruppe, wollte eine hocheffiziente Produktions-, Logistik- und Kommunikationsprozesse im Dreischichtbetrieb, gepaart mit einem über IT-gestützte wissensbasierte Systeme gesteuerten hochautomatisierten Produktionsprozess realisieren, dass zudem fahrerlose Transportsysteme (FTS) für die automatisierte Materialversorgung vorsieht und auf dem modernsten Standard an Umweltschutzmaßnahmen und Energieeffizienz aufsetzt. Derzeit sind über 100 Hightech-Maschinen und Anlagenkomponenten im Betrieb, davon 20 FTS und 60 Roboter. Am Standort Haiger sind etwa 300 Mitarbeiter beschäftigt.

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Oncite ermöglicht ein Edge Cloud-basiertes Datenmanagement und stellt eine echtzeitkonforme Datenverfügbarkeit entlang der gesamten Lieferkette sicher. Marisa Robles

Erste Industrial Edge Cloud Appliance „Oncite“

Oncite, das Produkt (Industrial Edge Cloud Appliance), das Rittal und German Edge Cloud mit Iotos und mit Bosch Connected Industry anbietet, „ist die Antwort auf die Frage, wie produzierende Industriekunden künftig mit der steigenden Komplexität in der Verarbeitung von Produktionsdaten schnell und einfach umgehen können“, erläutert Dr. Karl-Ulrich Köhler. Anforderungen gibt es bereits: Automobilhersteller wie Volkswagen oder BMW haben digitale Plattformen wie die Volkswagen Industrial Cloud oder die Open Manufacturing Platform gestartet. Darüber können Hersteller Daten entlang der gesamten Lieferkette nachverfolgen. Die Lösung Oncite begegnet dem steigenden Bedarf der Echtzeit-fähigen Datenverfügbarkeit mit einem skalierbaren Edge Cloud-Rechenzentrum von German Edge Cloud und Rittal.

„Die Automobilzulieferer stehen derzeit vor einer großen Herausforderung. Denn VW und BMW starteten kürzlich eine Digitalisierungs-Offensive mit der Errichtung eigener digitaler Produktionsplattformen“, erklärt Dr. Sebastian Ritz, Geschäftsführer der German Edge Cloud: „Die Automobilzulieferer mit insgesamt bis zu 100.000 Fabriken sollen auf diese sowie auf die noch folgenden Plattformen weiterer Automobil­hersteller und der Top Tier Supplier adaptiert werden. Die Zulieferer wollen die Kontrolle über ihre Produktionsdaten behalten, aber ihren Zuliefererstatus nicht riskieren. Dafür benötigen sie eine finanzierbare Plug- and Produce-Lösung.“ In der Automobilzuliefererkette ermöglicht Oncite den sicheren Supply-Chain-über­greifenden Datenaustausch mit den kommenden digitalen Produktionsplattformen der Hersteller und Top Tier Supplier. Darüber hinaus bildet die Lösung mit ihren industriellen Anwendungen von Bosch Connected Industry, German Edge Cloud und IoTOS die Basis für die Umsetzung von Industrie 4.0-Anwendungen zur weiteren Digitalisierung von Fabriken.

Oncite besteht aus Edge-Cloud-Infrastrukturen (IaaS) auf Basis flexibel skalierbarer Edge-Cloud-Rechenzentren von Rittal, Plattformen für Datenanalyse (PaaS) und industriespezifische KI-Anwendungen (SaaS) inklusive vollumfänglichem Service. Iotos bietet im Verbund Softwarelösungen zum Beispiel zur Vernetzung von Geräten und Maschinen, Echtzeit-Analyse sowie der Nachverfolgbarkeit aller Komponenten in der Lieferkette. „Ziel ist es, unseren Kunden Transparenz über die komplette Wertschöpfungskette zu verschaffen, ihre Produktivität zu steigern, Wartungskosten zu minimieren und gleichzeitig digitalisierte Geschäftsmodelle zu implementieren“, betont Dieter Meuser, Geschäftsführer von Iotos: „Wir freuen uns, dass wir jetzt zu einer starken Unternehmensgruppe gehören, die anerkannter Vorreiter bei der Entwicklung von Lösungen für die Digitalisierung des Mittelstands ist.“

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In der Friedhelm Loh Group vereint (v.l.n.r.): Dr. Sebastian Ritz von German Edge Cloud, Dieter Meuser von Iotos und Dr. Karl-Ulrich Köhler von Rittal. Marisa Robles

Produktionsdaten bleiben vor Ort

Oncite steht direkt vor Ort in den Fabriken und damit dort, wo die Daten entstehen. Die Daten werden daher zeit- und ortsnah erfasst, gespeichert, verarbeitet und ausgewertet. „Dadurch, dass alle gesammelten Daten vor Ort bleiben, behält der Anwender die volle Kontrolle und entscheidet selbst, ob und wie er die verarbeiteten Daten an die verschiedenen digitalen Produktionsplattformen der OEMs und Top Tier Supplier übermittelt. Die Datenhaltung und der Austausch produktionsrelevanter Informationen mit Kunden und Lieferanten können über IoT-Plattformen wie SupplyOn oder Mindsphere von Siemens unter Erhalt der Datensouveränität erfolgen“, erklärt Dr. Ritz. Auf diese Weise entstehe ein gesamtheitliches Ökosystem für die produzierende Industrie – im Verbund starker Industrie- und Forschungspartner, ist er überzeugt.

Überdies lassen sich die industriellen Anwendungen von Bosch Connected Industry, German Edge Cloud, IoTOS und Rittal können passgenau für definierte, aber auch prozessspezifische Anforderungen einsetzen. „Der Betreiber hat mit Oncite sehr schnell eine Lösung und bedeutend geringere Kosten für die Integration in die bestehende fabrikinterne IT-Landschaft sowie den nachfolgenden laufenden Betrieb“, beschreibt Dr. Sebastian Ritz die Vorteile und fährt fort: „Wachsen die Anforderungen, können weitere Services und Rechnerleistung schnell eingebunden bzw. hinzugebucht werden. Die Lösung wird inklusive skalierbarer Edge Cloud IT-Infrastruktur, einer offenen IIoT-Plattform sowie Off-Edge Cloud-Nutzung und Full-Service angeboten.“

Die Abbildung von Verarbeitungsketten von der Edge zu digitalen Produktionsplatt­formen auf Basis der Hyper Scaler Public Cloud-Infrastrukturen über das von German Edge Cloud implementierte Multi- beziehungsweise Cross-Cloud-Management ist jederzeit möglich. Kunden erhalten mit Oncite einen Full Managed Service, inklusive Hardware-Infrastruktur. Damit ist die geforderte Hochverfügbarkeit und Skalierbarkeit für industrielle Software-Anwendungen zu mittelstandsgerechten Betriebskosten sicherstellt.

Mit den Unternehmen Rittal, German Edge Cloud und IoTOS, aber auch mit Eplan (Engineering) und iNNOVO Cloud (Managed Services) richtet sich die Friedhelm Loh Group auf die Integration der Wertschöpfungsketten in Industrie und IT aus. Es gehe künftig nicht allein um das beste Produkt und die effizienteste Lösung in den Wertschöpfungsketten der Industriekunden. Es gehe auch darum, die dafür notwendigen datengetriebenen Prozesse vom Kunden bis zum Kunden sowie entlang der gesamten Lieferkette und innerhalb der intelligenten Fabriken wertschöpfend zu integrieren, ist sich Dr. Friedhelm Loh sicher: „Wer das beste Produkt und die beste Plattform mit entsprechenden Anwendungen hat, dem gehört die Zukunft.“

Oncite auch für Elektronikfertigung interessant

Dass sich Oncite für jede produzierende Branche eignet, belegte Rittal mit einer Success Story mit Limtronik. Die Edge-Cloud-Komplettlösung Oncite ist bei Limtronik seit etwa 8 Monaten im Einsatz. Der Elektronikfertigungs-Dienstleister betreibt eine hochmoderne, digitalisierte Fabrik mit Cloud-fähigen Systemen, die die Anlagen steuern. Gleichzeitig tauschen Maschinen entlang der SMT-Linie selbstständig Daten untereinander aus. Dies dient zum einen zum klassischen Tracking-and-Tracing respektive zur Rückverfolgbarkeit für die Kunden. „Die Erhebung der Daten kostet in der Regel eine Menge an indirektem Aufwand in der Produktion“, erklärt Gerd Ohl. Der Geschäftsführer von Limtronik. „Das bedeutet, die saubere Anlage der Stammdaten, die lückenlose Versionsstandverwaltung für die Kundenprojekte und die Anbindung der Infrastruktur an die gängigen Systeme machen ein Unternehmen wie uns im direkten Vergleich etwas teurer. Diesen Nachteil machen wir mit einer niedrigen Fehlerquote und hohen Transparenz wieder wett.“

Nahezu jede Maschine ist im Hause Limtronik an ein übergeordnetes System angeschlossen. „Jeder neue Arbeitsplatz, ob manuell oder maschinell, muss unserer Industrie 4.0-Philosophie entsprechen. Somit können wir schon heute eine immense Menge an unterschiedlichen Daten zur Verfügung stellen“, ergänzt Ohl. Dies führe dazu, dass die Produktionsdaten in vollem Umfang nutzbar gemacht werden können. In seiner Präsentation zeigte er anschaulich, wie Oncite bei Limtronik funktioniert und welche Vorteile damit verbunden sind. „Die Anwendungsbereiche, die sich durch die aus unseren intelligenten Systemen resultierenden Daten ergeben, sind vielfältig. Dies reicht bis zum smarten Produkt und Service. Fakt ist: Wertschöpfung durch Daten ist die Zukunft für unsere Kunden. Wir unterstützen dies auf allen Ebenen“, resümiert er.

Marisa Robles

Chefredakteurin Productronic

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